[337] Der Knabe, der mit dem Riesen wettete.

1. Eine andere Ueberlieferung dieser Sage, ebenfalls aus Süd-Småland, weicht nur wenig davon ab. So wird erzählt: »Das, als der Hirtenknabe und der Riese erproben sollten, welcher der stärkste wäre, der Riese einen großen Stein hoch empor schleuderte; der Stein fiel jedoch immer wieder herab. Der Knabe aber ließ einen Vogel aus, den er gefangen hatte und in seiner Mütze trug. Als nun der Vogel entfloh und nicht zurück kam, glaubte der Riese, daß der Stein zu den Wolken flog und schloß hieraus, daß der Knabe der stärkere von ihnen beiden sei.«

2. In F. Hammerich's Skandinaviske Reiseminder, angeführt in der Zeitschrift Brage og Idun, 2. Bd., 2. Heft (Kjöbenhavn 1839 u. 1840), S. 544 bis 547, kommt eine Ueberlieferung der gegenwärtigen Sage aus Blekinge vor. Sie enthält keine andere Abweichung, außer daß es das Weib des Riesen ist, die Nachts den Knaben tödten will, während er schläft. Aber sie fand statt seiner ein Milchfaß, welches der Knecht in das Bett gelegt hatte. Als sich die Riesenleute zur Ruhe begeben hatten, stand der Knabe auf, und hieb[337] auf ihre Bettstollen los, so daß es krachte. »Wer war es, der mich schlug?« fragte der Riese. »Ich war es nicht, kleiner Vater!« antwortete das Weib, und kroch unter die Decke. Der Knabe aber setzte sein Spiel fort, bis daß ihm der Riese seinen vollen Lohn und die Erlaubniß gab, sogleich fortzugehen. Der Knabe ging hierauf fort, und lachte mit seiner Mutter über die Dummheit des Riesen.

3. In dem zuletzt erwähnten Werke (S. 547–552) kommt eine unechte Ueberlieferung aus Blekinge von einer Sage »Lille Knös« (kleiner Kauz) vor. Der Schluß der genannten Ueberlieferung trägt deutliche Spuren, daß sie aus irgend einer alten Riesensage entlehnt sei, obgleich derselbe durch die Vermischung mit dem in den neueren Volksmärchen bekannten Ulspegel (Eulenspiegel) verfälscht wurde. Er dürfte gleichwol hier angeführt werden, als Seitenstück zum Schluß in unserer oben mitgetheilten Sage, und lautet, wie folgt:

»Es wird erzählt, daß der König gerne Lille Knös los sein wollte, und versprach demjenigen eine große Belohnung, der ihn überwinden könne. Dies erfuhr Ulspegel. Da ließ er sich einen Balg von drei Ochsenhäuten machen, den er um den Leib spannte. Als der Balg fertig war, setzte man zwei große Töpfe über das Feuer, und kochte eine ansehnliche Menge Brei. Hierauf ging Ulspegel zu Lille Knös, und fragte: ›Hast du Lust, zuerst mit mir um die Wette zu essen, und dann um die Wette zu springen?‹ Lille Knös ging darauf ein. Sie setzten sich nun nieder, um zu essen, und aßen nach[338] Herzenslust; aber bei jedem Mundvoll, den Ulspegel aß, schob er zwei Löffel Brei in den Ochsenbalg. Sie fuhren so fort, bis die beiden Töpfe geleert waren; jedoch ließ keiner merken, daß er satt sei. Als sie nun um die Wette laufen sollten, blieb Ulspegel weit zurück, weil ihn der große Balg drückte. Er nahm daher ein Messer hervor, und stieß es in den Balg, so daß der ganze Brei herausrann. Als aber Lille Knös dasselbe thun wollte, stach er sich in den Magen, so daß er zu Boden fiel, und mausetodt war. Man sagt, er liege dort noch heutigen Tages.«

Quelle:
Hyltén-Cavallius, Gunnar/Stephens, George: Schwedische Volkssagen und Märchen. Wien: Haas, 1848, S. 337-339.
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