370. Das goldene Kegelries auf dem Rosstock.

[264] a) Durch eine ausgedehnte, malerische Rundsicht zeichnet sich aus der Rosstock, der vom Schächen-, Muota- und Riemenstaldentale aus leicht erstiegen wird. Auch die Sage liebt ihn und schenkt ihm ein goldenes Kegelries samt zwei goldenen Kegelkugeln. Das ganze Jahr hindurch ist dieser Schatz tief im Berginnern verborgen oder überhaupt unsichtbar, nur am Palmsonntag, während in der Kirche die Leidensgeschichte des Heilands gelesen wird, oder wie andere wissen wollen, alle 100 Jahre zu Mitte August früh am Morgen, ehe die Sonne an die Gräte scheint, kommt er ans Tageslicht. Ein Bürgler Hirtenbub hat ihn einmal getroffen. Sofort eilte er nach Hause, um einen Korb zu holen. Als er aber mit dem Korbe wieder oben ankam und einpacken wollte, war alles verschwunden. Hätte er einen alten Schlärp darauf gelegt und auf der Stelle zurückgelassen, so wäre das Kegelries nicht verschwunden.


Jos. Maria Gisler, 80 J. alt, Bürglen, u.a.


b) Der Bub stieg zuerst einem Flüehblüemli nach, das er in einem Felsenband blühen sah.


Adelrich Arnold, Bürglen.[264]


c) Der Bub sah das Kegelries, während er bei einem schrecklichen Hagelwetter die Viehherde zusammenhalten musste. Es war aber nur Blendwerk des Bösen, der ihn verleiten wollte, die Pflicht zu verletzen und die gefährdete Herde zu verlassen. Hätte er die Kegel holen wollen, er hätte sie doch nicht gewonnen.


Alois Arnold, 80 J. alt, Sisikon.


d) Ihrer drei spielen dort toujours mit diesem Kegelries. Früher liessen sie sich jeweilen am Karfreitag unter der Passion sehen. Da kletterte einer hinauf, um sich das Ries anzueignen. Schon griff er darnach, als ein Stein unter seinen Füssen losbrach, so dass er in die Tiefe stürzte. Von dieser Stunde an wurden jene drei nie mehr sichtbar und auch das Kegelries nie mehr.


Karl Gisler, 75 J. alt, Unterschächen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 264-265.
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