Der Drapoling.

823. Der Drapoling von Amsteg.

[216] Es war junge Fastnacht. Eine Schar »Boozi«1, unter ihnen ein Drapoling (eine Maske mit Schellenkleidern), tollte von Amsteg her durch die »Gründe« gegen Silenen zu. Da, wo der Weg anfängt aufwärts gegen die Landstrasse zu steigen, begegnet ihnen ein Priester mit dem Allerheiligsten, das er zu einem Schwerkranken trägt als letzte Wegzehrung. Alle Boozi nehmen ihre Larven ab und knien nieder. Nur der Drapoling kann sich nicht dazu bequemen, sondern flieht davon und versteckt sich in dem nahen Gädemli. Er kam nie mehr zum Vorschein. In dem Gädemli aber ist's nicht geheuer; oft hört man drinnen ein grässliches Gepolter und Schellengerassel.

Als einst eine etwas angeheiterte Gesellschaft an dem berüchtigten Gädemli nachts vorbeischlenderte, anerbot sich einer, mit dem Gespenst zu häägglen, und trotz Abmahnens der Kameraden ging er hin, klopfte an das Gädemli und forderte den Drapoling heraus. Aber mit dem sygs äu nu trochälechtig (gar rasch) wider chu! A b'hiët-is, der syg doch chu wië z'flygädä vo dem Gädäli äwägg!

Einer der Erzähler beschreibt den Drapoling: »Sy hennt 'plätzet's G'wand und ä Hüffä Relläli dra und hennt dië wiëschtäschtä Maschgärä, sy nähmet dië erscht bescht, wo-s' erwitschet. Wenn Schläs'm (schmelzender Schnee) isch, sä springet's i d'Gillä-n-innä und tiënt 'Kind und d'Lytt v'r-spritzä und äu susch d'Lytt erchlipfä und 'Kind ummä spränggä. Mängisch hennt-s ä Stäckä byn-n-ä und machet mit dem allerlei Manever.«


Peter Walker; Gebhard Kieliger u.a.


Fußnoten

1 Boozi: im Reusstal = Masken, die in den Boden- und Seegemeinden und im Schächental »Maschgradä« genannt werden.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 216-217.
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