17. Die drei Schwestern.

[36] Auf den Fideriser Heubergen stand ein kleines Häuschen, in welchem drei Schwestern wohnten. Eine von ihnen war schneeweiß, schön und gut; die andere eine böse schwarze Hexe; die dritte halb weiß und halb schwarz, halb gut und halb bös. Wenn die Hexe den Leuten im Tal Unheil anrichten wollte, und die Gute es durch Rat und Warnung zu verhindern suchte, dann trat allemal die Mittlere zwischen sie und bewirkte, daß die Hälfte des Unheils zugelassen und die andere Hälfte abgewendet wurde.

Einst machten die Fideriser Burschen und Mädchen eine Bergpartie und wurden in der Nähe des Häuschens der drei Schwestern vom Regen überfallen. Die Gute erbarmte sich der jungen Gesellschaft und lud die Durchnäßten in die Stube. Sie wollte ihnen Küchlein backen; aber die Hexe stieß sie aus der Küche und buk der Gesellschaft selber Küchlein, die von außen schön goldgelb wurden, inwendig aber giftig waren. Das verdroß die Gute und sie weinte. Die Mittlere kam dazu, buk aus grobem Hausmehl grobe braune Küchlein und sagte zur Guten: »Wir stellen beide, die goldgelben und die braunen, den Gästen vor; die Eigennützigen werden die schönen giftigen essen und sterben; die Bescheidenen hingegen die braunen, und ihnen wird nichts geschehen; so geht es halb und halb wie immer.« Die Hälfte der Gesellschaft, die von den goldgelben aß, starb; die bessere Hälfte kehrte von der Guten reich beschenkt nach Hause.

Quelle:
Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: H.R. Sauerländer, 1869, S. 36.
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