Das Stiefmütterchen.

[43] Dass das Stiefmütterchen, syrotka119, so heisst, ist also gekommen. Mal waren zwei Eheleute, die hatten zwei Mädchen. Und die Frau starb und der[43] Mann nahm sich wieder eine andere Frau und die kriegte auch zwei Mädchen. Und setzte für die Stiefkinder immer nur einen Stuhl hin, aber für jedes ihrer eigenen Kinder einen und für sich selbst zwei. Wie sie nun gestorben waren, setzte sie St. Peter auch so hin, und das sieht man noch heute am Stiefmütterchen, denn das ist so »abgemalt«. Die beiden Waisenkinder, die immer auf einem Schemmel (stołk) sitzen mussten, trauern und sind ganz weiss, aber die eigenen Kinder ganz bunt und trauern nicht. Und auch die Stiefmutter auf ihren zwei Stühlen ist ganz blau und roth, und trauert nicht. S.

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Syrota Waise.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 43-44.
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