Krankheiten.274

[98] Will man erfahren, ob es mit einem Kranken besser werden wird, oder ob nicht, so soll man so viel Erde, als in eine grosse Schüssel hineingeht, um Mitternacht von einem frischen Grabe [auf dem Kirchhofe] nehmen und in eine Schüssel hineinthun, darnach in die Schüssel Gerste säen. Dann soll der Kranke alle Morgen das Waschwasser vom Gesichte auf die Schüssel fallen lassen, und das neun Tage lang. Wenn nun die Gerste in dieser Zeit gelb aufgeht, so hilft dem Kranken nichts mehr; geht sie aber grün auf, so wird es wieder besser mit ihm. Früh vor der Sonne soll dann nach neun Tagen der Kranke die Schüssel an einen Ort hintragen, wo er selbst nicht wieder hinkommt. Solche Schüsseln findet man daher manchmal in der Erde.

Bei der Buschmühle wurden einmal viele dergleichen [?] Schüsseln und Töpfe gefunden, auf dem Acker gegen Morgen von der Wiese, weil da niemand früher ging. Manche waren mit Harn (mokś) gefüllt und mit einem Teller zugedeckt. B.

Gegen die Pest pesta soll man mit Wachholderbeeren [jałoweńc, Juniperus] räuchern.[98]

Gegen die Auszehrung, habcerunga: den Kranken vermessen, měriś. Dazu muss derselbe sich mit dem Gesichte nach unten auf den Fussboden hinlegen, die Arme geklaftert275. Dann soll man zuerst die Armlänge, von Knöchel [am Handgelenk] zu Knöchel messen, alsdann über Kreuz messen, vom Kopfe schräg bis zum rechten Fusse, und vom Kopfe schräg bis zum linken Fusse, und so dreimal messen »auf« abnehmenden Mond. B.

Hundefleisch psowe měso essen hilft etwas gegen die Auszehrung.

Gegen »Fieber« (zymnica kaltes Fieber, hica Hitze), soll man – in eine Tasse einsegen, scaś, und davon drei Morgen nach einander jedesmal einen oder mehrere Schluck voll trinken, dann kommt das Fieber nicht wieder.

– um Mitternacht auf einen Kirchhof gehen, von neun Grabkreuzen Splitter abschneiden, und zwar von jedem Kreuze je drei, dieselben in ein Papierchen thun, und das Papierchen auf die Herzgrube legen und neun Tage tragen. Alsdann soll man die Splitter in fliessendes Wasser werfen. B.

– von neun einjährigen Zweigen des Hundeholzes, psowedźowe dŕewo, die grüne Rinde abschaben, dieselbe kochen und trinken. B.

Gegen Brand, hogeń, am Beine die Blätter von reginowe zele [Solanum nigrum L.] auflegen; dieselben aufgelegt helfen aber auch gegen vieles andere.

Gegen das rothe, fliegende Feuer, hogeń: besprechen und mit »weisser Oelsalbe« bestreichen; dieselbe zieht es allemal heraus.

Gegen das »böse Wesen«, die schwere Krankheit, śěška chórosć, sła chórosć (widlišća, zławěc Schleife). [Epilepsia, fallende Sucht], auch spinkanje, spinki bei Kindern, soll einer, der noch nicht das böse Wesen gesehen hat, einen Fensterflügel aus dem Stubenfenster herausnehmen, vor das Bett des Kranken treten, den Fensterflügel vor sich halten und durch denselben den Kranken ansehen. B.

– auch gegen Krämpfe, kramfe, – Garn, das ein Kind unter sechs Jahren gesponnen hat, kochen, ausdrücken und das Garn um Hände und Füsse des Kranken wickeln. B.

– wenn in der Familie Mass zum Sarge [bei einem Todesfalle] genommen wird, das Sargmass aufheben und dem Kranken, der das böse Wesen hat, unter das Bett legen, so dass er darauf liegt. B.

– einen Hasen, der ja über viele Grenzen wegläuft, wenn er trächtig ist, schiessen und die Jungen herausnehmen; drei Stück müssen es sein. Dieselben aufschneiden, das Herz herausnehmen, zu Pulver machen und mit Wasser oder Branntwein dem Kranken eingeben. B.

– sich beim Kopfe des Kranken [im Bette], wenn es ihn sehr reisst, hinstellen und ein Gewehr nach draussen durch das Fenster abschiessen. Erschrickt er, so wird es besser, wenn nicht, so ist es mit ihm vorbei. B.

– eine »abgestorbene276« Flachshechel277, hochlica, in ein Tuch einwickeln und unter das Kopfkissen des Kranken legen, aber so, dass die Spitzen [Nägel] ihn nicht stechen, oder in den Hals fahren können. B.

Wenn ein Schwein geschlachtet wird, wird ein gewisser Knochen, der »Todtenknochen« (smertna głowa) herausgenommen. Diesen ganzen Knochen[99] soll man zu Pulver stossen und dem Kinde gegen Krämpfe [padaca chórosć] mit Zuckerwasser eingeben, und zwar vom männlichen Schweine einem männlichen, vom weiblichen einem weiblichen Kinde. S.

Gegen die Gelbsucht žołśelizna, – eine Schleihe [einen Schlei, lin] fangen, ihr durch die Schnauze einen Bindfaden ziehen und sie lebendig über die Herzgrube festbinden, so dass sie der Länge nach herunterhängt; so soll sie auch sterben. Neun Tage soll sie umgebunden bleiben und am neunten in fliessendes Wasser geworfen werden.

– frischen Theer, [smoła] der in einem Gefässe ist, in die Nase ziehen278. B.

– in ein »eingesegnetes279« Licht von Wachs ein Loch machen, Wasser hineingiessen und dann in das Loch ein Goldstück hineinthun. Das Wasser alle Morgen früh austrinken, immer wieder frisches Wasser hineingiessen und so neun Tage lang thun.

Gegen Bleichsucht280, die Blüthen von der weissen »Brenn-«Nessel [Lamium album], kochen und trinken. B.

Gegen Bilmann [weisser Staar] hilft anfänglich: Tabackrauch in die Augen pusten; auch weisser Zucker, zu Pulver gestossen und ebenfalls in die Augen gepustet.

Wenn einem etwas in das Auge gekommen ist: einen Krebsstein [rakowe woko] nehmen und sich vor »Schlafengehen« in das Auge setzen. Der geht dann um das Auge herum und nimmt mit, was im Auge war, S.

Gegen Halsleiden: einen Gewitterstein281 [ńewjedaškowy kameń] gegen den Hals drücken. B.

– den Samen der grossen Silberdistel [Carduus Marianus] zerklopfen und mit Branntwein oder Wasser einnehmen. B.

– desgleichen die grossen Zähne des Hechtes [šćipjeł], fein zu Pulver zerstossen, einnehmen. B.

Gegen Seitenstechen [Pleuritus] w boce kałańe den Gewitterstein282 in Wasser trinken283. B.

Gegen die Mutterplage, die bei Frauen maśi, maśica [maćeŕnica Neustadt], bei Männern kulka284 heisst, – frische Kalmuswurzeln [Acorus calamus] pflücken, von denselben die schwarze Rinde entfernen, dann die Wurzeln schaben, das Geschabte in den Mund nehmen und aussaugen. Oder kalmus in Kornbranntwein einlegen und diesen trinken. B.

– von einem »alten« Gewitterstein etwas abfeilen und mit Wasser trinken.

– den »Schlamm«285 aus der Pfeife ab- und einen kleinen Löffel voll in ein Glas Wasser giessen und das Wasser trinken. B.

Gegen den »Fluss« [Reissen, Ziehen, Rheuma] eine bernstein Kette um den Hals tragen. B.

Wenn einer unter Leuten den Anblick dostaće gekriegt hat, so soll z.B. eine kluge Frau mudra žeńska etliche glühende Kohlen in einen Topf voll fliessenden Wassers einschütten und drei Kreuze machen. Zischen syće[100] die Kohlen, so hilft es dem Kranken, und derjenige, der ihm den Anblick angethan, kriegt Blasen auf den Lippen (guba se zdujo). Das Wasser mit den Kohlen wird dann über Kreuz auf die Kizina (kicina286) geschüttet. Das hilft dem, der daran glaubt. Bei Vieh soll man es ebenso machen. S.

I, 219. Wenn man den Anblick [naglěd] verspricht mit: »Juro, [oder Meto, u.s.w.], wer dir Anblick geben will« u.s.w. soll man dem, der den A. hat, ein kleines Stückchen Brot oder Zucker beim Versprechen zu essen geben. B.

Gegen »Schreck« zlěkańe, – bei Kindern wie Erwachsenen drei Schwalbennester nehmen, von solchen Schwalben, welche in Gebäuden nisten [Hirundo rustica], von jedem einzelnen Neste etwas abnehmen mit drei Fingern und dies auf Holzkohlen räuchern.287 B.

– einen Flausch Haare von dem, der einen erschreckte, zu Pulver gebrannt trinken. S.

Gegen Heiserkeit źibaś, źibatosć, surowe (ja som źibaty) und Halsübel [namentlich Halsbräune] mit Salbey, źałbija, und Honig gurgeln und dann beides hinunterschlucken.

Gegen Ohrensausen den Stengel vom Kürbiss, bańa, klein schneiden, auf glühenden Kohlen räuchern und sich den Rauch in die Ohren ziehen lassen.

Gegen schlechtes Hören, ryjne słyšańe [Surditas], Blätter von der Erle wólša [Alnus glutinosa], die der Wind in Furchen getrieben hat, oder Zäckchen, gałuski, die der Wind hingeweht, – die sollen noch besser sein – auf Kohlen legen, so dass sie rauchen, dann in einen Trichter thun, und den Trichter gegen das Ohr halten, dass das Brausen und der Dampf in das Ohr zieht. B.

Gegen (angeschwollene) Mandeln, tłuste załze, kule na šyji, eine Handvoll Hasenkohl, huchacowy kał, einpflücken und in einer Tunke (zupa) mit Butter braten, so dass der Hasenkohl weich wird. Dann ihn auf einem Läppchen, so warm als man er tragen kann, auf die Mandel thun und das vier, fünfmal täglich wiederholen. B.

Gegen heftige Kreuzschmerzen (křica bóli), Hafer in einem Tiegel mit Wasser aufwärmen, zusammenrühren und in einem Säckchen auf das Kreuz legen. B.[101]

– ein eichenes Brett am Ofen wärmen und sich mit dem Rücken der Länge nach darauf legen. B.

Gegen Kopfschmerz, głowubólenje, soll man mit »Sadelbaum«, cerkwine zele, räuchern. B.

Gegen Zahnschmerzen, zubybólenje, mit Sadelbaum räuchern, auch mit Wachholder, jałoweńc. B.

– drei Freitage hinter einander sich die Nägel abschneiden und sie in der Traufe begraben, wo das Wasser herunterläuft. B.

– auf ein weisses Papier schreiben (untereinander): Sitt Sät Omet und es auf die Backe thun, früh morgens dasselbe abnehmen und im Feuer verbrennen. B.

Wenn man nicht essen kann, die Blätter von połon in ein Glas Branntwein legen, und sie entweder drei Tage lang an den Ofen stellen, oder neun Tage auf das Fenster an die Sonne. Dann früh Morgens ein Glas voll trinken. B.

– Morgens und abends eine Tasse schwachen Wermuth-Aufguss trinken, auch Wermuth essen. Ebenfalls gut sind: Kalmus, Omanswurzel [Inula Helenium], Wermuth und Wachholderbeeren in einem Aufguss von Kornschnaps. B.

Gegen Nasenbluten, nos křaweńe, das Blut in einer Eierschale auffangen und dieselbe auf eine glühende Kohle legen. Sobald das Blut vertrocknet ist, hört auch das Nasenbluten auf. B.

Auf Schnittwunden »Spinnwebe«, pawcyna, legen. B.

Gegen die Krätze, drapawa,288 sich mit Kienöl einschmieren und zerklopfte Lorbeeren in Brotsuppe essen. B.

Wilowe zele: (in der Umgegend von Schleife) gebraucht gegen den wil. Wil ist, wenn einem auf den Händen die Haut über Kreuz aufspringt (zwischen den Fingern Risse sind und »Materie« [Eiter] herauskommt), oder auf dem Kopfe die Haare sich verfilzen, zusammenwachsen, zusammenwirbeln, so dass man sie nicht gut durchkämmen kann, oder bei den Pferden die Kammhaare [in der Mähne] sich verfilzen. Man kocht die w.z. und wäscht damit die betreffenden Glieder und das Haar. Man sagt: »To jo ten wil, ten ma wila«.289 Schleife. Rowno. Mühlrose.[102]

Gegen die »Franzosen«, francozaŕe [Syphilis], alle Morgen beim Bäcker sich gebackene Semmeln, guski, holen und ganz warm mit frischem Leinöl essen. B.

Gegen Warzen, brodajce, von einer Birke neun Zäckchen abbrechen und wenn es zur Kirche läutet, damit die Warzen schlagen, dann gehen sie weg. B.

– ein Stückchen Strippe, das man zufällig findet, dreimal über die Warzen streichen und es dann schweigend wieder an denselben Ort, wo man es gefunden hat, hinlegen. Hilft es nicht beim ersten Mal, so macht man es öfter. B.

– Krebse, raki, kochen und den Schaum vom kochenden Wasser, wenn er überlaufen will, nehmen, damit dreimal über die Warzen wischen und dabei sagen: »Das helfe mir (das helfe Dir, Majka)« u.s.w. B.

Wenn einem Mädchen die »Regel« [menstrua] cas (auch młody mjasec290) ausbleibt: eine »Handvoll« cerẃene buśańki pflücken, davon den dritten Theil nehmen und in einer Obertasse voll Wasser kochen. Davon soll das Mädchen des Morgens früh die eine Hälfte, abends die andere austrinken. Dann soll sie einen Tag warten. Wenn dann die Regel nicht gekommen ist, am dritten Tage den zweiten Theil der Handvoll c. buśańki kochen u.s.w. B.

Wenn Weiber ausser der cas (menstrua) grossen Blutverlust haben, so sollen sie den Schwamm, (gubica), welcher auf alten Obstbäumen wächst, zu Pulver zerreiben und mit Salzwasser trinken. Das hilft sehr. S.

– oder eine Kuh rothes Wasser hat, und nichts helfen will, so soll man denen das Geblüt (Regel) von einer Jungfrau, die noch mit keinem Manne zusammen war, zu trinken geben. Dazu spült man das Hemde mit dem Blute aus, und giebt es dem Mädchen im Kaffee, dem Vieh im »Saufen« zu trinken. Heiligensee.

Wenn Weibern die Regel ausbleibt, so sollen sie Tausendguldenkaut [Erythraea Centaurium] und Hundekamille [Anthemis Cotula (nach Bolle)] trinken. Heiligensee.

Sommersprossen, pěgi [Lentigo], vergehen, wenn man das Gesicht mit »Paddenlaich«, žabiny nerk,291 bestreicht. G.-S.

Gegen Hühnerauge, kuŕeca riś292 [Callus] soll man einer ganz schwarzen Henne (Huhn) mit dem Finger dreimal in den A. (riś) hineinfassen, mit demselben Finger dreimal auf das Hühnerauge drücken und dreimal sagen: »Das helfe« u.s.w. Das soll man dreimal thun zur Zeit, wenn in der letzten Woche der Mond zum Abnehmen ist, jeden Monat einmal.

Kleine Kinder haben manchmal »Mitesser293«, rědne włosy [wörtlich: schöne Haare] oft viele Jahre hindurch, die auf Lenden, Leib, Kopf, hinter den Ohren, wie Borsten, šćeś, sich zeigen. Dagegen Buschkraut [Schreckkraut, Cirsium oleraceum Scop., auch Carduus crispus L. I, 227] přězlicka kochen und mit Hefen, droždźije, einen Teig, śěsto, daraus machen,[103] diesen auf ein grosses weisses Tuch schmieren und darin das ganze Kind einwickeln. Dann kommen da, wo die rědne włosy sind, weisse kleine »Pupse« [pup Knospe] heraus. B.

Wenn einem die Haare ausfallen, so soll er Klettenwurzel, (bugliny, in Schleife badak294) mit Wasser sämig kochen und damit die Haare einschmieren. B.

Wenn man die Haare mit Milch wäscht, bleiben sie schwarz. B.

Wer rothe Haare hat, soll sie mit einem Bleikamme kämmen, dann werden sie schwärzer. B.

Gegen Trunksucht soll man junge Mäuse in Branntwein, palenc, kochen, diesen durchseigen und in anderen Branntwein hineingiessen, denselben muss dann der Trinker [Trunkebold] pijańc295 austrinken. B.

– eine Katze prügeln bis sie segt, scy, und dann die Sege dem Trinker in Branntwein zu trinken geben. B.

– lebendige Frösche in Schnaps hineinwerfen, die Frösche sterben und vier und zwanzig Stunden auf dem Ofen stehen lassen. Dann die Frösche herausnehmen und den palenc, in den sie eingesegt haben, in anderen Schnaps giessen und diesen dann dem Trinker zu trinken geben. Dann speit bluwa der Trinker; manche haben sich schon zu Tode gespieen.

Gegen Tollwuth soll man den Biss vom Hunde sogleich abwaschen und frische Erde aus einem Fliesse darauf thun, auch Brotschnitte 'mit bestreichen und gleichzeitig besprechen. B.[104]

(sćuklina) die majska waka [Meloe] den Maiwurm, lebendig in Leinöl thun und daraus eine Salbe machen. Diese ist auch gut, wenn das Vieh Kolik hat.296 S.

Gegen Hundebiss das Blut abwischen und sagen:


»O heilig ist die Wunde,

O heilig ist die Stunde,

O heilig ist der Tag,

Wo die Wunde geschehen hat.

Das walte Gott«.


Und dann mit »Peruvial-Wunden-Oel-Balsam« bestreichen. B.

Gegen den Brand beim Vieh soll man zwischen den beiden Marien einen Maulwurf křet greifen, ihn zwischen den Händen sterben lassen und Leber und Herz herausnehmen. Diese trocknen, zu Pulver stossen, und zusammen mit Bieressig, Schiesspulver, Schwefel (für einen Dreier), weisser Kreide [krida], frischen Hühnereiern und schwarzem Russ abkochen; dann alles eingeben. B.

Die waka Geschwür [am Halse, Kinnbacken, Leibe] beim Rindvieh soll man verfluchen und sagen:


»Böses Gewächse, verflucht seist Du!

Und Du sollst nicht mehr gären

Und sollst nicht mehr schwären,

Bis die Mutter Maria

Wird den anderen Sohn gebären«


und sie dann mit Kienöl bestreichen.

Gegen die waka dem Vieh einen »Gewitterstein« mit einer Strippe umhängen, dann vergeht sie. I, 230.

Wenn eine Färse jałojca gekalbt (hoćeliła) hat und nicht Milch geben will: für einen Silbergroschen Schwefel kaufen, ihn zerstossen, in vier Theile theilen und auf viermal eingeben.

Wenn bei den Kühen die Nachgeburt posledk, ta slěna [»das Letzte«] nicht abgehen will: ihnen gekochte cerkwinowe zele eingeben. B.

274

»Chorosć přiźo z ekstrapóstom, polěpšota z wółkami, die Krankheit kommt mit Extrapost, die Besserung mit Ochsen.«

275

Seitwärts ausgestreckt. Die ganze Breite derselben: eine Klafter [Mass].

276

Auch unter Deutschen spricht man von »abgestorbenem« Schlüssel, Gesangbuch u.d. [d.h. von einem Verstorbenen]; bezeichnend für die volksthümliche Auffassung (auch des Alterthums), nicht mangelhafte deutsche Ausdrucksweise.

277

Die Flachshechel dient zum Abstreifen der Flachsknoten und besteht aus einem Brettstück, durch welches eiserne Nägel geschlagen sind, welche auf der einen Seite des Brettes ihrer ganzen Länge nach hervorstehen. Durch die Nägel zieht man die Flachsbündchen.

278

Anderswo: in ein Theerfass sehen.

279

Ein Licht, das während des Segens in der Kirche gewesen ist.

280

Wona ma běły cas, sie hat weisse Zeit [w. Fluss]. Sylow, Sylow.

281

Vorgeschichtliches durchbohrtes Steinbeil (I, 270).

282

Vorgeschichtliches durchbohrtes Steinbeil (I, 270).

283

Der Stein wird angefeilt, hufilony, und der Steinstaub getrunken.

284

Kulka darum, weil sie wie ein Kloss (kulka) unter der Herzgrube drückt, [kulki Kartoffeln zwischen Spremberg. Muskau; knydle (deutsch Knödel = Kloss) Burg; knipele Schmogrow; knedly Werben; Zwahr knyle] u.s.w.

285

Jauche, jucha, welche sich beim Rauchen im Pfeifenrohre bildet.

286

Die ganze Reihe der Hirnflächen der Balken, welche sich in der Wand des Blockhauses kreuzen, heisst kicina; indessen auch die Ecke, welche sie bilden so genannt. I, 199. In: naša stara ńaboga u.s.w. auch als Schlussreim: ten dej po kicine górej lěsć (der soll in der Kizina d'rauf liegen).

287

Unter Deutschen lehrt die Mutter dem Kinde: »Bei schwerem Schreck sollst Du gleich auspinkeln (scaś)« [Thiere, z.B. auch Fledermäuse, lassen vor Schreck ihr Wasser]. Spielen Kinder abends mit Feuer: »Spiel nicht mit Feuer, sonst pinkelst Du die Nacht ein«. Nach schwerem Schreck gleich auspissen, sonst kriegt man kalte Schiffe (Harn; schiffen). Der Schreck ist ein Uebel unter Deutschen wie Wenden, doch scheinen die Wenden mehr darunter zu leiden. Sehr oft hat er im Volke körperliche Uebel und Leiden zur Folge. So bekommen Wendinnen häufig vom Schreck Ausschläge am Munde und auf den Lippen. Ein mir bekannter Wende bekam das Nervenfieber vor Schreck und verlor das Gehör fast gänzlich. [I, 176 und 177.] I, 24. I, 214, 215. Ein Hund biss einem Jungen so in die Waden, dass alle Zähne im Fleische zu sehen waren. Ich sagte zur jammernden Mutter: »Der Biss kann schlimme Folgen haben, und die Schmerzen!« »To nic! ale ten zlěk, ten zlěk, ten bógi gólc jo krynuł, to možo hyšći šlim hordowaś. Ach, das nicht, aber der Schreck, der Schreck, den der arme Junge gekriegt hat, das kann noch sehr schlimm werden.« Am gebräuchlichsten unter den Wenden dreimal hinter (auch gegen) den auszuspucken, vor dem man sich erschrocken hat. – In der Apotheke: flüssiges Schreckmittel.

288

Redensart: »Ja mam šy, pchy a drapawu, hyšći luźe grońe, až mam nerech, ich habe Läuse, Flöhe und Krätze, [und] noch, sagen die Leute, ich habe Schmutz.« – »Was besser ist, wie eine Laus, das trägt man mit nach Haus.« B.

Wenn einer sich den Fuss erfroren hat, eine Frostbeule auf der Zehe entsteht und es einem immer so auf einer Stelle krümmt, so sagt man: »Ty maš tu wešku, Du hast das Läuschen.« Mancher hat schon mit Stecknadeln danach gestochen, weil ein Wurm darin sitzen soll. – »Der Fuss krümmt mir, ta noga mě swerbi.« S.

289

Wenn einer weisse Hosen anhat und die Leinwand zieht (über den Beinen) solche Kreuze [Falten], so sagt man: »Ty maš wily nogach, Du hast Wile an den Beinen;« das soll äusserlich das Zeichen sein. Wenn die Haare zusammenkleben: »Ten ma wily na głowje, der hat Wile auf dem Kopfe«. Bohsdorf. Bei den Niederwenden der Wendehals [Jynx torquilla]: wilowa głowa; auch in Burg [wo ł = w] wilowa gesprochen. – Vergl. S. 43. Auch im Spreewalde wird eine [zweifelhaft: ob deutsche oder wendische] Geschichte von einem Pfarrer und Küster erzählt, welche sich nach einem gewissen Vorfall am Sonntag Morgen in der Kirche ein Erlebniss singend berichten. – Hantscho-Hano theilte mit: »Der Herr Mühlenmeister aus Tschelln wusste, aus alten Zeiten, dass W. eine Göttin des ganzen Wildes sei gewesen und S. Göttin des Grünen, nämlich sämmtlicher Pflanzen und Bäume.«

290

D.h. Neumond, auch cerweny krał (wie im deutschen: rother König) genannt; »tak dłuyko ak kwiśo, so lange sie blüht (die Regel hat)«.

291

Damit bezeichnet das Volk einen gewissen Schlamm [Pflanzen] im Wasser.

292

Kura Henne. Manche nennen auch die Warze k. riś. Wenn die Haut z.B. an den Armen (in Folge rauher Witterung d.J.) aufspringt [schilpert], so dass aus der aufgesprungenen Haut die rothe Haut hervorsieht: »Bei Dir werden bald Kücken [kuretka, Hühnerchen] herauskommen,« weil »aus der aufgesprungenen Haut das Rothe wie aus den Eiern herauskuckt«. Reissen aber Finger, Hacken (pety) so auf, dass Risse entstehen, so sagt man z.B.: »Ja mam palcy, pěty spukane«. Ich habe einen Nietnagel: luźe mé gramuju (wörtlich: die Leute hassen mich).

293

Unter Deutschen heissen sonst die comedones, welche in der Haut, namentlich auf der Nase vorkommen, »Mitesser«.

294

Badak niederw. Distel, Schleife wóset.

295

Wahrspruch der Trinker:

»Paleńc piś.

Žeńsku biś,

Źiśi z hoknom chytaś«

oder statt des: źiśi u.s.w.

»Šykno zalubiś.«

»Schnaps trinken.

Die Frau schlagen (prügeln),

Die Kinder aus dem Fenster werfen.«

Oder: »Alles verschwören«. »Lubej piś, ako se daś biś, lieber trinken als sich schlagen lassen.«

»Wele spiwaś, mało požeraś, gótujo suchu šyju, viel singen, wenig schlingen, macht einen trocknen Hals.«

»Ja mam lubku z Grabenca,

Ta ma flašku pałeńca,

Ich habe ein Liebchen aus Finsterwalde,

Die hat ein Fläschchen Schnaps.« –

»Schon wieder ein Lied gesungen,

Da folgt ein Schnäpschen d'rauf:

In Polen und in Ungarn,

Da ist es sehr Gebrauch« u.s.w. –

»Ein neues Lied, ein neues Lied

Von dem versoffnen Kupferschmied,

Und wenn das Lied nicht weiter kann,

Dann fang ich wieder von vorne an.« –

»Habt Ihr nicht meinen Mann gesehen?

Das versoffne Luder?« –

Beim Zutrinken sagt der eine: »Ja was wiźim, ich sehe Euch« und trinkt das Gläschen (oder beide ihre) aus, dann sagt der zweite, das Gläschen erhebend: » Ja was słyšym, ich höre Euch«. – Allgemein war: Prost (prosit). – Wenn einer nieste, sagten die Alten mehr als jetzt: »Bog pomogaj, Gott helfe,« auch: »Prost«. B.

296

Als Futter für die Maiwacken pflücken die Jungen rotwica, manche hüten sie im Garten darauf. Der »vergoldete« Wurm, der mehr Salbe hat, gilt 3, der schwarze 1 Pfennig.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 98-105.
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