Das Veilchen.

[133] Stand ein Veilchen ganz alleine

Einst an grünem Waldessaum;

Doch bemerkte man das feine

Schelmchen an dem Boden kaum.


Denn gar traurig schien das Blümlein;

Flehend blickte es mich an;

Aus den blauen zarten Äuglein

Eine große Thräne rann.


»Lasse fahren Leid und Schmerzen!«

Rufe tröstend ich ihm zu.

»Komme mit zu Liebchens Herzen;

Find'st da Seligkeit und Ruh!«


Und nun hatten alle Blümchen,

All zusammen eine Bitt';

Überall ertönt' ein Stimmchen:

»Nimm auch mich zum Liebchen mit!«


24. April, 1881.

Erakegli.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 133-134.
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