Die Waldkapelle.

[139] Tief im Wald an dunkler Stelle

Steht ein kleines Gotteshaus.

Neben ihm ein Brünnlein helle

Sprudelt aus der Erd' heraus.


Labend ist der Quell dem Wilde;

Zur Kapelle kommt heran,

Zu Maria's Gnadenbilde,

Gläubig fromm der Pilgersmann.


Glänzend auf dem Hochaltare

Steht die Jungfrau keusch und rein;

Und es hält die Wunderbare

Auf dem Arm das Christkindlein.


Schützend hält sie ihre Rechte

Über ihre Kinder hin,

Daß nicht böse, finstre Mächte

Sie von ihrer Seite zieh'n.


Wenn Dich drücken Angst und Schmerzen,

Und die Thräne heiß Dir quillt,

Blicke hin zum Mutterherzen,

Welches Leid und Kummer stillt!


Wie das Wild zur trauten Quelle

Dürstend eilet immerzu,

Komm' auch Du zur Waldkapelle!

Bei Maria find'st Du Ruh.


8. Mai, 1883.

Erakegli.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 139-140.
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