11. Die unverwischbaren Blutflecken in der Kapuzinerkirche.

[15] Als die Revolutionsmänner die Stadt Arlon eingenommen hatten, drangen mehrere von ihnen in das dortige Kapuzinerkloster, um dort zu plündern und zu morden. Einer der Soldaten stürzte mit geschwungenem Säbel auf einen Mönch los und wollte ihm den Kopf spalten. Allein der Mönch entwich, eilte in die Kirche und flüchtete sich von da auf den Kirchenspeicher. Überall hin folgte ihm der wütende Soldat; und als der gehetzte Mönch denselben auf dem Kirchenspeicher sah, lief er auf einem der Balken, welche das Kleibwerk des Kirchenschiffes zusammen hielten weiter fort, um durch ein Dachfenster seinem Verfolger zu entgehen. In seiner Wut und Hast achtete der Soldat des Balkens nicht, that einen Fehltritt und stürzte durch das schwache Kleibwerk des Gewölbes hindurch auf die Steinplatten der Kirche und blieb tot liegen. Wohl schaffte man den Leichnam des Unglücklichen hinweg; allein die Flecken Blutes, das derselbe bei seinem Sturze vergossen, vermochte man nie und nimmer zu entfernen. Um das Andenken an das traurige Ereignis aus dem Gotteshause fern zu halten, mußte man schließlich, da durch Waschen und Reiben die Blutflecken nicht zu verwischen waren, die betreffende Steinplatte herausnehmen und durch eine neue ersetzen.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 15-16.
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