52. Die »Klaus« bei Heinstert und die Statue des h. Thomas.

[90] In dem Walde von Ansler und nicht weit von Heinstert und Perel entfernt erhob sich ehemals eine Einsiedelei, von der noch Steine und Löcher als Überreste zu sehen sind. Der Ort, wo dieselbe stand, heißt noch heute »d'Klaus«. In der Klaus, zu welcher einige Hektar Wald- und Saatland gehörten, befand sich eine ziemlich mangelhaft geschnitzte Holzstatue des h. Thomas, dem die Einsiedelei geweiht war.

Als die Klause zerstört wurde, und die frommen Eremiten ihr trautes Heim verlassen mußten, machten Heinstert und Perel, die beiden Nachbardörfer, sich die herrenlosen Ruinen streitig. Es kam zu einem Prozeß, in welchem die Richter Perel das frühere Besitztum der Einsiedler zusprachen, weil dieses Dorf der Klause am nächsten gelegen war. Um aber späteren Mißhelligkeiten vorzubeugen,[90] wurde gleichzeitig verordnet, daß die Klause mit allem, was dazu gehörte, stets das rechtmäßige Eigentum jener Gemeinde sein sollte, in deren Kirche sich das oben erwähnte Bild des h. Thomas befände. Deswegen brachte man noch am nämlichen Tage die Statue von Heinstert nach Perel.

Wie groß war jedoch das Erstaunen des Heinsterter Küsters, als derselbe am folgenden Morgen zur Frühmesse läuten ging und vor der Kirchthüre die Statue des h. Thomas sah. Der Heilige war ganz mit Kot beschmutzt, hielt einen knotigen Wanderstab in der Hand und lehnte sich gegen die Kirchthüre, gleichsam als wolle er gern an seinen alten Platz zurückkehren. Auf das Geschrei des Küsters kamen die Leute herzugelaufen und starrten das Wunder an. Der Heilige hatte mit denen von Perel nichts wollen zu thun haben und war während der Nacht trotz des garstig 'n Wetters nach Heinstert zurückgekehrt.

Als die Pereler vernahmen, welchen Streich ihnen der Heilige gespielt, machten sie wohl saure Gesichter; aber sie waren nicht so kühn, sich dem Willen des Heiligen zu widersetzen. Die Klaus gehörte fortan der Gemeinde, oder vielmehr der Kirchenfakrik von Heinstert. Der h. Thomas wurde zum Schutzpatron erwählt, und seine obwohl grob geschnitzte Statue befindet sich noch immer auf dem Altar der Dorfkirche und wird in großen Ehren gehalten.35

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Vgl. E. Tandel. 287,

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 90-91.
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