64. Das Bannen der Geistlichen.

[101] Bei dem frommen Landvolk herrscht vielfach der Glaube, daß die Geistlichen einen Menschen bannen, d.h. bewirken konnten, daß derselbe sich von einem gewissen Platze nicht mehr entfernen konnte[101] Diese Gewalt äußerte sich nur, so lange der zu Bannende noch auf dem Banne der Gemeinde weilte. Hatte z.B. in einem Dorfe ein Mensch ein Verbrechen begangen, und hatte derselbe die Gemarkung des Dorfes noch nicht überschritten, so brauchte ihn der Pfarrer nur zu bannen; und der Verbrecher, der nun trotz aller seiner Anstrengungen den Bann nicht mehr zu verlassen imstande war, wurde mit Leichtigkeit eingefangen. Hatte aber der Verbrecher den Bann des Dorfes, wo er seine Unthat verübt, verlassen, so hatte der Priester keine Gewalt mehr über ihn.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 101-102.
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