Fährte

[279] Fährte (hierzu Tafel »Fährten und Spuren«), der Abdruck der Tritte, die das zur hohen Jagd gehörende Haarwild im Boden oder im Schnee zurückläßt. Die Abdrücke des zur niedern Jagd gehörenden Haarwildes heißen Spur, beim Federwild Geläuf. Kalt nennt man die Fährten, wenn sie alt, warm, wenn sie frisch sind. Der Jäger, der das Wild nach der F. anzusprechen (zu bestimmen) vermag, heißt fährtengerecht. Die sichere Kenntnis der Fährten und Spuren ist für den Jäger zur Beurteilung von Gattung, Alter und Stärke, oft auch vom Geschlechte des Wildes unentbehrlich, wird aber nur durch Übung erworben. Besonders bei unsern größern Wildarten weicht die Stärke (Größe) der Fährten nach Verschiedenheit der Rasse in verschiedenen Gegenden weit voneinander ab. So zeigt ein guter ostpreußischer oder Ungarhirsch eine doppelt so starke F. als ein Harzhirsch. Auch Jahreszeit, Bewegungsart und Boden bedingen Unterschiede. In der Feistzeit spürt sich das Stück infolge größern Gewichts stärker als im Winter, auf der Flucht, auf feuchtem Sand und Schnee stärker als bei ruhigem Gehen und auf hartem Boden. Ferner läßt sich die Bewegungsart des Tieres aus der F. oder Spur erkennen. Stehen z. B. beim Hafen die Abdrücke der einzelnen Läufe dicht hintereinander, so ist er langsam gehoppelt, unsre Abbildung (2) zeigt ihn mäßig flüchtig, ein noch größerer Abstand der aus den vier Tritten bestehenden einzelnen Spuren läßt auf noch schnellere Bewegung schließen. Dachs, Fuchs, Katze, Fischotter sind auf der Tafel (5, 7, 3 u. 6) langsam sich fortbewegend gedacht, bei Sprung sieht man meist je zwei Tritte, bei Flucht vier Tritte zusammenstehend, von der nächsten Spur durch einen Zwischenraum getrennt, wie auf unsrer Tafel bei Marder und Iltis (9 u. 10).

Die Fährten des Schalenwildes sind an Gestalt einander sehr ähnlich, durch ihre abweichende Stärke jedoch sind Elch- und Rehwild (4) von Verwechselung ausgeschlossen. Rot- (11) und Schwarzwild (8) unterscheiden sich durch die Länge des [279] Schrittes (Entfernung der einzelnen Abdrücke der F. voneinander), die, entsprechend den längern Läufen, beim Rotwild größer ist. Die F. des Schwarzwildes ist ferner im Verhältnis zu ihrer Länge breiter und stumpfer als die des Rotwildes. Zu verwechseln wäre allenfalls die F. des starken Hirsches mit der Schwarzwildfährte, doch ist bei ersterer der Ballen (hinterer Teil des Abdruckes) viel stärker hervortretend (s. auf der Tafel die Ballen neben der Fig. 11 gegenüber denen vor der Fig. 8). Vor allem aber bilden die fast immer sichtbaren Abdrücke der Geäfter des Schwarzwildes (zu beiden Seiten der Zahl 8), die länglich und schräg gestellt sind, ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegen Rotwild, bei dem die Oberrücken, die sich nur im Schnee oder weichem Boden abdrücken, hinter der F. stehen und rund sind (s. bei Fig. 8). Damwild (12) kann mit Rotwild nur verwechselt werden, wenn ein starkes Stück Damwild und ein geringes Stück Rotwild in Frage kommen, doch ist bei ersterm der Ballenabdruck länger als bei letzterm (vgl. die F. zwischen den Fig. 10 u. 13 gegenüber der bei 11).

Während beim Schwarz- und Rehwild das männliche Stück nach der F. vom weiblichen nicht zu unterscheiden ist, beim Damwild nur schwer, ist dies bei guten Abdrücken des Rotwildes leicht möglich. Die alte Jägerei hatte 72 Zeichen für das Ansprechen des Hirsches, die aber nur z. T. zuverlässig sind. Die wichtigsten derselben sind: die Stärke (Größe) der F.; schon der Spießer hat eine F. so stark wie das Alttier. Zum Vergleich dürfen natürlich nur Stücke derselben Gegend herangezogen werden. Die Stümpfe der Schalen ist beim Hirsch weit erheblicher als beim Alttier, da wegen des größern Gewichts sich die Spitzen stärker abnutzen. Zu beachten ist hier, daß im Gebirge bei beiden Geschlechtern die Abnutzung natürlich eine größere ist als auf weichem Niederungsboden. Der Ballen ist beim geringen Hirsch schon stärker und tiefer eingedrückt als beim Tier (Fig. 11 zeigt die F. eines Hirsches). Der Zwang: Während das Tier die Schalen beim Ziehen spreizt, drückt sie der Hirsch fest aneinander, so daß sie in der F. eng schließen. In der Flucht spreizt auch der Hirsch die Schalen. Eine Folge des Zwingens ist der Burgstall, die Erhöhung in der F. zwischen den Ballen und den Schalenrändern, die beim Hirsch hoch hervortritt, während sie beim Tier ganz flach ist. Man spricht von Beitritt, wenn der Hirsch, besonders in der Herbstzeit, den Hinterlauf neben den Vorderlauf setzt. Beim Wild geschieht dies nur, wenn es beschlagen ist, und auch dann nicht ununterbrochen. Die Weite des Schrittes ist beim Hirsch größer als beim Tier. Auch der Schrank, das Abweichen der einzelnen Abdrücke von der geraden Linie, ist beim Hirsch größer als beim Tier; nur hochbeschlagene (hochtragende) Tiere schränken ebenso, doch spreizt das beschlagene Tier die Schalen sehr stark und ist schon daran vom Hirsch zu unterscheiden.

Kaninchen (Fig. 1) und Hase (2) haben gleiche Spuren, die nur in der Größe verschieden sind; die Hinterläufe setzen nebeneinander vor den meist schwächer abgedruckten Vorderläufen auf. Die Katze, sowohl wilde als zahme (3), ist daran zu erkennen, daß die Ballen sehr scharf hervortreten, während die Krallen vollkommen fehlen, da sie beim Laufen eingezogen werden. Der Dachs (5), dessen Spur, wie die des Fischotters (6), alle fünf Zehen nach vorn gerichtet zeigt, ist durch die sehr langen Krallen von letzterm zu unterscheiden, bei dem auch die Schwimmhaut zwiichen den Zehen abgedrückt ist. Die Spur eines starken Hundes (14) ist nur mit der des Wolfes zu verwechseln. Bei letzterm treten aber die mittlern Zehen weiter vor den Seitenzehen hervor und sind enger aneinander geschlossen, so daß die F. gestreckt erscheint, während sie beim Hunde rund ist. Derselbe Unterschied gilt für den Fuchs (7) gegenüber einem schwachen Hunde. Die gewöhnliche Bewegungsart des Hundes, wenn er nicht jagdlich beschäftigt, ist der ruhige Gang, bei dem er die Läufe in unregelmäßige Linie setzt, wie es unsre Tafel zeigt. Beim Fuchs finden wir mehr einen ruhigen Trab, bei dem die einzelnen Abdrücke gleichmäßig fast in einer Linie stehen, er schnürt (7). Bei schärferm Trabe zeigen sich die Läufe zu je zweien, bei der Flucht zu je vieren zusammen. Beim Marder (9) haben wir Baum- oder Edelmarder und Steinmarder, deren Spuren nur bei sehr guten Abdrücken zu unterscheiden sind. Ersterer hat behaarte Fußsohlen, während sie bei letzterm nackt sind und infolgedessen sich die Ballen stärker abdrücken (wie bei Fig. 9). Bei seiner gewöhnlichen Bewegungsart, dem Sprung, setzt er die Tritte so nahe aneinander, daß man häufig nur deren zwei sieht, während auch drei oder alle vier dicht nebeneinander stehen können (die Tafel zeigt Sprungspur). In der Flucht ist die Stellung ähnlich der der Hasenspur. Der Iltis zeigt große Ähnlichkeit mit dem Marder, doch ist die Spur kleiner, meist schärfer abgedrückt und in kürzern Abständen, entsprechend der geringern Stärke des Tieres. Hermelin (13) oder großer Wiesel ist den vorgenannten Spuren sehr ähnlich, aber ganz bedeutend kleiner, das kleine Wiesel hat nur die halbe Größe des Hermelins. Häufig findet man im Schnee die Spur des Eichhörnchens (s.d.), dessen in Form eines gleichseitigen Trapezes gesetzte vier Tritte, entsprechend den weiten Sprüngen, verhältnismäßig weit voneinander abstehen. Mäuse spüren sich mit zwei oder drei kleinen Strichen im Schnee. Das Geläuf des Federwildes gleicht demjenigen des gleichgroßen zahmen Geflügels derselben Gattung, z. B. Auerhuhn dem Puter, Fasan dem Haushuhn, Wildgans und Ente der zahmen Gans, bez. Ente. Das Geläuf kleiner Vögel, z. B. der Singvögel, erlaubt ein Bestimmen der Gattung und Art nicht. Vgl. v. d. Bosch, Fährten- und Spurenkunde (2. Aufl., Berl. 1886); Teuwsen, Fährten und Spuren (Neudamm 1901).

In der Geologie versteht man unter Fährten Abdrücke von Fußstapfen vorweltlicher Tiere, wie sie sich z. B. im Buntsandstein und in der Tertiärformation erhalten haben. Vgl. Fährtensandstein.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 279-280.
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