Vorrede des Uebersetzers.

Gegenwärtiges Buch sollte schon vorige Ostermesse herauskommen, allein wichtigere Geschäfte liessen mir nicht Zeit genug, die Uebersetzung desselben eher zu vollenden, und ohne die gütige Hülfe meines Freundes, des Herrn Bode, der selbst einige Bogen übersetzt hat, wäre sie noch itzt nicht fertig. Diese Verzögerung ist mir um des Verfassers willen leid, der sich freundschaftlich gegen mich darüber beklagt, weil er glaubt, daß ihm seine itzige musikalische Reise durch Deutschland durch die frühere Bekanntmachung[3] dieses Werks oftmals wäre erleichtert worden. Wie gern hätte ich diesem würdigen Manne den Dienst erwiesen! Doch hoffentlich wird die Lesung dieses Tagebuchs die Freunde der Tonkunst, welche seine Bekanntschaft gemacht haben, oder auch andere, die wichtige Materialien zur Geschichte der deutschen Musik besitzen, noch itzt aufmuntern, sie ihm so dienstwillig mitzutheilen, als es die Italiäner in Ansehung ihrer Musik gethan haben, und noch immer zu thun fortfahren.

Einige Anmerkungen, welche ich hinzugefügt habe, werden vielleicht für verschiedene Leser nicht ganz unnütz seyn; zwar enthalten sie nicht allemal unbekannte Wahrheiten, allein gewisse Sachen kann man beynahe nicht oft genug wiederholen. Ich habe ihrer nicht mehr[4] machen mögen, damit man nicht glaubte, ich wollte mich dem Verfasser oder den Lesern zum Lehrer aufdringen, da ich nur ihr Dollmetscher seyn soll. Von der einen, S. 139. argwohne ich so schon, daß sie nicht völlig richtig sey, wenigstens ist mir seit der Zeit eingefallen, daß der von Nicolaus Jenson gedruckte Decor puellorum als das älteste in Italien gedruckte Buch angegeben wird. Maittaire hat dieß Buch beschrieben, allein ich habe ihn nicht bey der Hand. Auch bemerke ich eben, daß die Note S. 203. einige Leser wider meine Absicht verleiten könnte, den Palestrina und Pränestinus für zwey verschiedene Komponisten zu halten.

Die angehängten Lebensbeschreibungen hatte der Verfasser, den auf jener Seite angeführten alten Kirchenmusiken beygefügt; sie können, wie dieß Tagebuch,[5] zum Beweise dienen, wie viel Gutes und Lesenswürdiges man von seiner allgemeinen Geschichte der Musik erwarten dürfe. Der Eifer dieses Mannes für sein Unternehmen hat wenig seines gleichen; ich weiß, daß er selbst aus Amerika, ja sogar aus der neu entdeckten Insel Otaiti, Materialien dazu sich zu verschaffen gewust hat. Um destomehr verdient er eine allgemeine Unterstützung, vornehmlich da sein Eifer mit Einsicht, Geschmack und Unpartheylichkeit verbunden ist.

Quelle:
Carl Burney's der Musik Doctors Tagebuch einer Musikalischen Reise. [Bd. I]: durch Frankreich und Italien, Hamburg 1772 [Nachdruck: Charles Burney: Tagebuch einer musikalischen Reise. Kassel 2003], S. III3-VI6.
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