Fünfzehntes Kapitel
Ankunft in Preßburg • Reise nach Prag • Pichel

[135] Zur versprochenen Zeit traf ich glücklich in Preßburg ein. Gleich bei der ersten Unterredung sagte mir der Bischof: »Ich habe durch Ihre Acquisition neue Lust bekommen, meine Lieblingsneigung, soviel in meinen Kräften steht, zu befriedigen, und ich sehe nicht ein, warum ich es nicht bei 80000 Fl. Einkünfte tun sollte. Ich habe mir daher vorgenommen, jährlich 16000 Fl. auf meine Kapelle zu verwenden. Hier ist die Liste, worauf die vorhandenen Mitglieder derselben verzeichnet sind, und hier eine andere von jenen, die ich zu haben wünsche. Ich gebe Ihnen den Auftrag dazu, und zu dem Ende werden Sie auf meine Kosten eine Reise nach Wien und Prag unternehmen, und mein Haushofmeister soll Sie begleiten, um Kontrakte abschließen zu können.«

In Prag adressierte ich mich an Herrn Strohbach, ersten Violinisten in der italienischen Oper, um mir mit gutem Rat an die Hand zu gehn. Er sagte mir, er wolle mir einen jungen Menschen schicken, den er mir als einen guten Orchesterspieler anpreisen könne, und dieser würde mir, seiner großen Bekanntschaft wegen, ebenso gut als er dienlich sein.

Am andern Morgen kam ein junger Mensch, der schon bei seinem Eintritte mein ganzes Herz an sich riß. Pichel hieß er. Er erbot sich, nicht allein selber als Violinspieler mitzugehen, sondern verschaffte mir auch obendrein Gelegenheit, die übrigen verlangten Subjekte in einem Collegium musicum bei den Karmelitern zu hören. Außer[136] Pichel und Fuchs, welche beide Violinkonzerte sehr brav spielten, hörte ich einen gewissen Ungericht, der nicht nur ein guter Orchestergeiger, sondern auch Baßsänger war. Ferner Herrn Satza, einen sehr guten Flautraversisten, und die zwei sehr braven Waldhornisten Oliva und Pauer. Ich engagierte sie alle.

Da ich bald bei der ersten Sinfonie wahrnahm, daß hier das Orchester sehr gut war, so schickte ich heimlich nach meiner Violine und meinen Musikalien. Als ich sie alle gehört hatte, sagte ich: »Meine Herren! Sie haben für mich gespielt; es ist billig, daß ich auch für Sie spiele.« Ich legte eine neue Sinfonie von mir auf, dirigierte sie selbst und spielte darauf ein Konzert und eine Sonate. – Pichel beredete mich darauf, mich öffentlich hören zu lassen, war gütig genug, alles dahin Gehörige in der kurzen Zeit, die ich nur noch hier zu verweilen hatte, einen Tag nämlich, zu besorgen, und da man mir umsonst assistierte, so hatte ich eine reine Einnahme dafür von 418 Fl., davon ich 28 für ein Souper für die Musiker aussetzte.

In Wien engagierte ich als Violoncellisten den nachher so beliebt gewordenen Wenzel Himmelbauer und als Kontrabassisten den braven Pichelberger. Mit dem weit und breit berühmten Clavicembalisten und Organisten, dem Pater Michael aus dem Minoriten-Orden, konnte ich aber seiner Verhältnisse wegen nicht zu Stande kommen, und er konnte erst durch unmittelbare Verwendung des Bischofs bei dem Provinzial gewonnen werden. Meine Rekruten trafen zur bestimmten Zeit ein, und der Bischof war mit meiner Wahl sowohl als mit meinem Akkord des Gehaltes vollkommen zufrieden.

Während ich in diesem Kommissionsgeschäft begriffen[137] war, hatte der Bischof Herrn Renner, einen vortrefflichen Tenoristen, den Bonno gebildet hatte, in seine Dienste genommen. Aber er kam erst im August nach Großwardein, wohin wir schon Anfang April gingen.

Und so war nun alles nach Möglichkeit arrangiert.

Quelle:
Dittersdorf, Karl Ditters von: Karl Ditters von Dittersdorf Lebensbeschreibung, Seinem Sohne in die Feder diktiert. München 1967, S. 135-138.
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