IV.

Aufführung des Liebesverbotes.

[237] Zerwürfnis mit Friedrich Brockhaus. – Engagementsreise durch Böhmen und Süddeutschland. – Die Schröder-Devrient in Nürnberg. – Tod des Onkels Adolf. – Wiedereintritt in die Magdeburger Funktion. – Feurige Betätigung. – Gleichgültigkeit des Publikums. – Das Theater in seiner Existenz bedroht. – Bankerott-Erklärung der Direktion. – Aufführung des ›Liebesverbotes‹.


Ich irrte einst und möcht' es nun verbüßen,

wie mach' ich mich der Jugendsünde frei?

Das Werk lag' ich demütig Dir zu Füßen,

daß deine Gnade mein Erlöser sei.

(Widmung des ›Liebesverbotes‹ an König Ludwig II.)


Wir betonten zuvor, daß der Mensch zu seinem Schicksal nicht bloß durch lockende Vorspiegelungen gezogen, sondern auch gedrängt werde. Was den jungen Meister noch einmal an die Stätte so nachteiliger Erfahrungen lockte, das haben wir uns vergegenwärtigt; was ihn aber andrerseits aus seiner eigenen Vaterstadt und dem Kreise der Seinigen völlig wegdrängte, ist noch unerwähnt geblieben. Ein schöner, fast leidenschaftlich beredter, liebevoller Brief an die Mutter bringt dies deutlich zum Ausdruck. Er hatte während seines achttägigen Aufenthaltes in Leipzig eine Begegnung mit seinem Schwager Friedrich Brockhaus gehabt, die seinen Stolz auf das tiefste verletzte und zwischen ihm und jenem, wie er selbst sagt, zu einer entscheidenden Katastrophe wurde. Er fand sich hart und ungerecht von ihm beurteilt, seine Verdienste während dieses ersten Jahres seiner praktischen Tätigkeit verkannt und statt dessen den begreiflichen materiellen Verfall seiner Lage, an welchem die elenden Magdeburgischen Theaterzustände die Hauptschuld trugen, sich zum Vorwurf gemacht. Und die Schwester Luise war nicht für ihn eingetreten. ›Nur an dich, liebste Mutter‹, so ruft er ihr daher aus der Ferne zu, ›denke ich mit der innigsten Liebe und der tiefsten Rührung zurück; – ich weiß es wohl, Geschwister gehen ihren eigenen Weg, – jedes hat sich und seine Zukunft, und die Umgebungen, die mit beiden zusammenhängen, im Auge. Es ist so und ich fühle das selbst; es ist eine Zeit, in der sich eine Trennung [238] von selbst macht, – wir gehen dann in unseren gegenseitigen Beziehungen nur vom Standpunkte des äußeren Lebens aus; wir werden untereinander befreundete Diplomaten, – wir schweigen da, wo es uns politisch erscheint, – und sprechen da, wo es unsre Ansicht von der Sache verlangt, und wenn wir von einander entfernt sind, sprechen wir am meisten. Ach, wie steht doch über alle dem die Liebe einer Mutter!1 ... Ich werde euch für die Zukunft wenig von meinem Tun und Treiben berichten, – sie urteilen nach den äußeren Ergebnissen, und die werden sie erfahren ohne mein Dazutun. Sei es nun, wie und auf welche Art es wolle, ich bin nun einmal selbständig und will mir allein genug sein. O diese Demütigung vor Brockhaus ist tief in mein Herz gegraben, und die bittersten Vorwürfe peinigen mich, daß ich ihm das Recht in die Hände gab, mich zu demütigen. Ich werde mich ganz mit ihm ausgleichen, aber nun und nimmermehr mit ihm einigen, und wenn ich darum Unrecht hätte, so will ich lieber mit diesem Unrecht sterben. Ich entziehe mich ihnen gänzlich. Recht kann nicht jeder Mensch haben, und ich hatte Unrecht; – aber ich werde es ihnen – nie gestehen, sondern mich so stellen, daß ich ihnen nichts zu gestehen habe. Und dies ist jetzt meine große Sünde gewesen, daß ich mich ihnen in die Hände spielte, daß ich mich so weit brachte, ihnen auch nur das mindeste Recht über mich einzuräumen. Wir stehen übrigens einander so fern, daß es lächerlich wäre, mich mit ihnen einigen zu wollen! Und doch, wie freue ich mich über diese Katastrophe, die mich nun zur vollkommenen Erkenntnis brachte, daß ich von niemand in dieser Welt etwas zu erwarten habe, sondern ganz allein auf mich angewiesen bin. Nun fühle ich mich erst selbständig. Denn das war es, was mir mangelte, was mich erschlaffte und fahrlässig machte; – es war ein gewisses unbestimmtes, bewußtloses Vertrauen auf einen Rückhalt, das sich dummer Weise nicht nur auf Apel beschränkte... Ich bin jetzt über alles enttäuscht, und bin deshalb sehr froh. Meine Weichheit mußte diese Erfahrung machen, – sie wird mir in jeder Beziehung nützen. Ich bitte sie nur, vor der Hand mir ihre Teilnahme zu versagen, – sie würde mir lästig sein, – du, – dein Herz – deine Liebe sei mein einziger Rückhalt, in denen ich in allen Nöten meines kommenden Lebens Trost und Hoffnung suchen werde –; Mutterliebe bedarf keiner Gründe, – jede andere will wissen, warum sie liebt, und wird daher zur Achtung‹.

Wir haben diese warmen, entschiedenen Erklärungen fast ohne Verkürzung, in ihrem vollen Umfang, hierhergesetzt, wegen ihrer hohen biographischen Wichtigkeit. Nicht oft hören wir den jungen Wagner in so voller, eingehender [239] Darlegung sich kundgeben – wie ungezählt viele seiner Briefe aus dieser frühen Jugendperiode sind, achtlos verzettelt, uns und der spätesten Nachwelt verloren gegangen! Der Stempel des Genius ruht auf jedem Wort und Satze, die überlegene Reise eines sittlich geläuterten Geistes, in Verbindung mit dem Erlebnis eines Zweiundzwanzigjährigen. Er hatte zum ersten Male erfahren, was er von nun ab tausend Male erfahren sollte. Wir haben uns enthalten, diese Erklärungen bei jedem einzelnen Passus mit denjenigen Reflexionen zu unterbrechen, welche der Leser selbst dabei anstellen wird, – wie darin von Satz zu Satz Liebe mit Stolz, und dieser letztere, so weit es ihm nur freisteht sich zu behaupten und in keinem Bruchteil seines Wesens etwas zu vergeben, selbst mit der Versöhnlichkeit eines großen Herzens gepaart ist. Wir erkennen nun aber erst recht, was ihn – neben der bereits gefaßten Neigung – nach Magdeburg zurücktrieb, als dem einzigen Orte, wo er für seine, nicht von ihm gesuchte und gewollte, vielmehr ihm aufgedrängte ›Selbständigkeit‹ eine Anknüpfung hatte. Er war noch so jung, und dachte so bescheiden von sich, daß er den Fehler, so handgreiflich dieser auch in den lokalen Bedingungen der unglücklichen Stätte seiner ersten künstlerischen Taten bedingt war, vielmehr in sich selber suchte. Noch einmal sollte demnach, und nun entscheidend, dieser Ort und diese von ihm unzertrennlichen Bedingungen, seine Hoffnungen in Trümmer schlagen. Er suchte den Fehler in sich, und vermeinte die Abhilfe deshalb in den Händen zu haben. Er beschuldigt sich der Weichheit, Fahrlässigkeit, eines unbestimmten, unbewußten Vertrauens auf etwas außer ihm Liegendes; nun wolle er härter, fester in sich begründet sein. Waren denn die ihm entgegentretenden Schwierigkeiten nicht zu überwinden, mit allem was er in sich trug, um die ihm anvertraute Künstlerschar zu hohen Zielen zu führen? Und welche Hoffnungen durfte er nicht allein auf sein neues, noch unvollendetes Werk begründen! Hatten noch die ›Feen‹ zu ausschließlich seinem jugendlich idealen Sinn, seiner einseitig schwärmerischen Verehrung für die großen Vorbilder seiner frühen Jugend Ausdruck verliehen, – wie weit lagen sie jetzt hinter ihm! Nun wollte er nach bestem Bewußtsein so recht auf den wirklichen Boden des Theaters sich stellen, auf welchem er, als nunmehr erfahrener Praktiker, unmittelbar mit dem Publikum sich berühren konnte, indem er dabei zugleich dem Geiste Ausdruck gab, in welchem er sich mit allen lebendig Strebenden unter den Zeitgenossen eins wußte: dem Geist der Freiheit, der Menschlichkeit, mit einem Wort, jenes ›Liberalismus‹, der seinem Freunde Laube als die ›neue Bergpredigt‹ erschien. In diesem Sinne hatte sein neues Werk für ihn, so übermütig es sich im einzelnen gab, einen streng sittlichen Gehalt und selbst die von ihm späterhin unzweideutig verworfene ›Leichtfertigkeit‹ der Ausführung, mit ihren französischen und italienischen Anklängen war der bewußte Ausdruck einer gewonnenen Überzeugung. ›Ich irrte einst‹ – – aber es ist ein Irrtum, der uns die vollste Achtung [240] abzwingt. Sein neues Werk mußte ihm das Fundament für die von ihm zu erringende Anerkennung und Selbständigkeit werden, wenn es bald in feurigen Zungen von der Bühne herab zu den Zeitgenossen redete!

Seine nächste Aufgabe war, im Auftrag und als Bevollmächtigter des Magdeburger Theaterdirektors, eine größere Rundreise zum Abschluß neuer Engagements. Er konnte, bei der Auswahl der Kräfte, getrost die Bedürfnisse seines ›Liebesverbotes‹ im Auge behalten; seine Interessen gingen mit denen der Direktion Hand in Hand. Er vermied es dabei, die großen Theater aufzusuchen und begab sich mehr an kleinere Orte. So ist der eben von uns angeführte Brief aus Karlsbad in Böhmen vom 25. Juli 1835 datiert. ›Ich war in Teplitz und Prag‹, heißt es darin über seine bisherigen Schritte, ›und fand nichts für meine Besorgungen, als die Bestätigung meines Planes nicht nach Wien zu gehen, sondern nur noch mehr Hinweisungen auf die Richtung, die ich jetzt eingeschlagen. Moritz2 war in Prag und hat mir in dieser Hinsicht viel an die Hand gegeben. Ich habe an alle Individuen, auf die ich reflektiere, von Prag aus geschrieben, damit ich im voraus weiß, woran ich mit ihnen bin, und keinen Weg umsonst mache. In Nürnberg erwarte ich ihre Antworten, wohin ich morgen oder übermorgen abgehe, da ich nur noch einen Brief aus Magdeburg erwarte, um mein hiesiges Geschäft in Ordnung zu brin gen‹. Zum Verständnis des Nachfolgenden diene die Erwähnung des Umstandes, daß die Schwester Klara und ihr Gatte Wolfram, nach wechselnden Engagements in Augsburg (1828/29), Magdeburg (1829/30) und anderen kleineren Bühnen damals eben in Nürnberg engagiert waren und vor dem Zusammenbruch des dortigen Theaters standen. ›In Nürnberg werde ich mich aufhalten; wenn ein Theater in der Auflösung ist, erwischt man manches leicht; – auch können mir Wolframs über vieles Auskunft geben, so daß ich auf ihr Urteil hin vielleicht manche Reise erspare‹. Während dieses Aufenthaltes in der alten ›Meistersinger‹-Stadt traf er unerwartet auch wieder mit der Schröder-Devrient zusammen, die, aus dem Bade Kissingen kommend, an der Pegnitz zu einem kurzen Gastspiele Halt machte. Nach seinem mißglückten Magdeburger Konzert – vor einem Vierteljahr – hatte er somit wieder Gelegenheit, die außerordentliche Frau zu sehen und zu begrüßen. Das Opernpersonal des kleinen Nürnberger Theaters bot keine große Auswahl an zu ermöglichenden Vorstellungen; außer ›Fidelio‹ war nichts anderes als die ›Schweizerfamilie‹ herauszubringen. Die Künstlerin beklagte sich hierüber, da die Emmeline eine ihrer frühesten Jugendrollen war, die sie auch zum Überdruß oft gegeben hatte. Auch Wagner sah der Schweizerfamilie mit Mißbehagen [241] entgegen. Er glaubte nicht anders, als daß die matte Oper und die altmodisch sentimentale Rolle den bisher von ihr erhaltenen großen Eindruck beim Publikum, wie bei ihm selbst schwächen würde. Um so größer war sein Erstaunen und seine Ergriffenheit, als er gerade an diesem Abende die unbegreifliche Frau erst in ihrer vollen, wahrhaft hinreißenden Größe kennen lernen sollte. ›Daß so etwas, wie die Darstellung dieses Schweizermädchens, nicht als Monument allen Zeiten erkenntlich festgehalten und überliefert werden kann!‹ ruft er in der Rückerinnerung daran noch nach mehr als dreißig Jahren aus. Die große Künstlerin erhob die schwächlich unbedeutende Partie der Emmeline durch den Zauber ihrer Wiedergabe zu einer Leistung, die ihrer sonstigen künstlerischen Bedeutung nicht allein ebenbürtig war, sondern diese für ihn erst in das hellste Licht setzte. Einen neuen Einblick in dieselbe hatte er gerade von seinem episodischen Nürnberger Aufenthalt nicht erwartet, und größer als je erschien ihm die Aufgabe des dramatischen Tondichters, wenn er in jedem Moment seiner Schöpfung auf gleicher Höhe mit dieser wunderbaren Darstellerin sich erhalten wollte.

Wir können nach den gleichzeitigen Nachrichten nicht ganz genau überblicken, wie weit seine Reise den jungen Meister damals noch führte; nur aus einem Briefchen an Rosalie vom Beginn des folgenden Monates (3. September) entnehmen wir, daß er sie bis Frankfurt am Main ausgedehnt, dort aber jedenfalls in Verlegenheit hinsichtlich seines Reisegeldes geraten sein müsse, da der seitens der Direktion an ihn adressierte Posterestantebrief mit einliegenden 5 Friedrichsd'or ihn daselbst verfehlte. Bei dennoch drängender Abreise hinterließ er den Auftrag, ihm diesen Brief nach Leipzig nachzusenden, welches er auf der Rückreise wieder berührte. Nur kurz und eilig war diesmal sein Verweilen, da ihm nicht viel Zeit mehr übrig blieb. Er ließ sogar, um sich in bequemerer Weise der Eilpost nach Magdeburg zu bedienen, seinen Reisekoffer bei den Seinigen zurück und begnügte sich mit Rosaliens Reisetasche, um beide demnächst durch einen Boten wieder umtauschen zu lassen.

Entweder hier in Leipzig, oder schon auf einer vorausgegangenen Station erfuhr er auch von dem während seiner Abwesenheit erfolgten Ableben seines Onkels Adolf. Dieser hatte seine letzten Tage auf dem Gute des befreundeten Grafen Hohenthal, Seumes großherzigen Gönners, verbracht; am 1. August 1835 hatte ihm hier ein sanfter Tod das Auge geschlossen, nachdem es lange genug auf den Erscheinungen dieser Welt geweilt und zuletzt auf den heranreifenden Knaben getroffen war, dessen lebhafter Wissensdrang ihn dem wunderlichen alten Onkel in seiner büchererfüllten Stube zugeführt hatte, um von ihm über Shakespeare und Dante, Sophokles und Calderon Belehrung zu empfangen. Las dies Auge in ihm? Spürte es, was in dem Fünfzehnjährigen lebte? Noch ruhte es auf ihm, als in wenig Jahren aus dem Knaben der Jüngling geworden war, der sich nach der ersten Wildheit studentischer Ausschweifungen [242] als gesetzter Komponist zahlreicher Ouvertüren und Symphonien zu bewähren schien: als wollte er die Mahnung befolgen, die des Oheims väterliche Sorge dem älteren Bruder Albert hatte zuteil werden lassen: ›Wähne ja nicht, daß Freiheit das willkürliche Greifen und Fassen nach dem ausgelegten Reichtum der Außenwelt sei, sondern das Bleiben und Beharren, oder doch die baldige kindlich gehorsame Rückkehr in das Vaterhaus, dem wir entlaufen, die frische Erinnerung an die Liebe, die und wie sie uns von Ewigkeit gedacht und entworfen. Dies laß dir angelegen sein; denn dies möchte leicht die Musik sein, welche zuvörderst studiert sein will, dann aber auch die unerschöpflichsten Harmonieen in uns ertönen läßt. Dann magst du auch mit allem Fleiß der andern obliegen, die nur ein Wiederhall von dieser ist‹. Die Musik, die dem jungen Richard Wagner aus der Symphonie Beethovens entgegentönte, sie war ihm das Vater- und Mutterhaus, ja die ›Mutter‹ selbst, der er ›entlaufen‹ mußte, um als Dramatiker der verlockenden ›Außenwelt‹ nachzustreben; doch nur, um sie allendlich an dem wiedergewonnenen mütterlichen Heiligtum erlösend vergehen zu lassen. Hierzu war eine weite Bahn zu durchmessen; und wenn ihn, da er – offen empfänglich jedem Reiz des Lebens – der licht- und farbenprächtig vor ihm ›ausgelegten‹ Welt der Erscheinung die Arme nachbreitete, die Musik selbst auf den betretenen Pfad zu locken schien, so war es nicht die Musik, die in geweihten Stunden als Offenbarung des Unsäglichen zu ihm gesprochen. Über die ›Oper‹ hinaus strebte sein jugendlicher Drang dem wahren, erst zu ermöglichenden Drama zu; – für jetzt aber war es eben die ›Oper‹, und für den Onkel Adolf sogar nur das ›Theater‹, oder der ›Thalienstall‹, in den er nur mit größtem Mißbehagen die Geschwister des Wagnerschen Hauses nacheinander ›eingepfercht‹ sah. Und so wendete sich das Auge, das auf dem Knaben mit fast verwunderter Teilnahme geruht und diese dem leidenschaftlicher erregten Jüngling, dem strebenden jungen Musiker bewahrt hatte, nur seltener zu dem Chordirigenten von Würzburg; und es schloß sich ganz, eben da der Magdeburger Musikdirektor sich mit vollem Feuer diesem Theater hingab, – nicht ohne eigene innere Zweifel an dessen künstlerischer und moralischer Beschaffenheit, aber für jetzt mit Überläubung dieser Zweifel.

Als Wagner im Herbst nach Magdeburg zurück kehrte, fand er daselbst, wie wir gesehen haben, nicht ohne sein Zutun, eine gute Operngesellschaft vor. Er selbst hatte sich reichliche Mühe darum gegeben. Zu den von ihm im Auftrag der Direktion engagierten Kräften gehörte auch sein eigener Schwager Wolfram und die Schwester Klara, von der er nie anders als mit größter Zärtlichkeit spricht. Ein Briefchen an Rosalie vom 3. September, gleichzeitig mit der bewußten Reisetasche nach Leipzig entsandt, um durch den Überbringer zugleich seinen Koffer zurückzuerhalten, handelt eigens davon, daß Wolframs auf jeden Fall hier engagiert seien; das Reisegeld für sie, 50 Taler, sei aber leider [243] erst vorgestern an sie abgegangen. Es werde dahier schon, ›und wie aufs liebe Brot‹, auf sie gezählt. ›Es steht übrigens hier recht passabel, es ist ord(entlicher geworden),3 die Leute bekommen ihr Geld. Ich glaube daß wir mit der Oper hier sehr reüssieren werden.‹ Somit ließ sich das neue Bühnenjahr etwas hoffnungsreicher an. Wenn die Erfolge trotzdem nicht nach den Wünschen des Musikdirektors ausfielen, der es seinerseits an nichts fehlen ließ, um mit den vorhandenen Kräften etwas entsprechend Tüchtiges zu leisten, so lag dies einzig an der zuvor charakterisierten Indifferenz des Publikums. Durch Schumann dazu veranlaßt, sandte er diesem am Schluß des Theaterjahres für seine Musikzeitung einen gedrängten Bericht über die Magdeburger Kunst- und Theaterverhältnisse, den er nicht mit seinem Namen zeichnete, weshalb er darin auch von sich selbst bei vorkommender unvermeidlicher Erwähnung in der dritten Person spricht. Er beginnt sein mißbilligendes Resümee mit einer Bemerkung über die Logenkonzerte, in denen ein wohlbesetztes Orchester unter einem ›Dirigenten voll Feuer und hochzeitlicher Wonne‹ dann und wann gut musiziere und die dennoch vom Publikum vernachlässigt würden. Dann wendet er sich zum Theater: ›Was wollen Sie mehr‹, ruft er aus, wenn ich Ihnen versichere, daß wir in diesem Winter eine Oper hatten, wie noch nie? Was sagen Sie dazu, daß alle Hiesigen dies zugestanden und die Oper doch nicht besuchten? Was sagen Sie dazu, daß sich diese Oper nicht halten konnte und noch vor Ablauf des Winterhalbjahres aufgelöst werden mußte? Was sagen Sie dazu, mein Herr? Aber Spaß bei Seite, die Sache ärgert Einen. Bemühungen, Glück und Zufall brachten hier ein so vortreffliches Opernensemble zusammen, daß man es, wie gesagt, nicht besser wünschen konnte. Ich will z. B. ein Theater sehen, das die Sopranpartieen im ›Lestocq‹ so leicht besetzen kann, wie es bei uns durch die Pollert, die Limbach und die Schindler – Elisabeth, Katharina und Eudoxia – geschehen konnte. Wir hatten einen tüchtigen ersten Tenor, Freimüller, einen zweiten mit einer charmanten jugendlichen Bruststimme, Schreiber, sowie einen guten Bassisten, Krug, der zugleich die Chöre recht brav einstudiert. Rechnet man nun noch hinzu, daß ein junger, gewandter Künstler, wie der Musikdirektor Richard Wagner, mit Geist und Geschick bemüht war, das Ensemble tüchtig herzustellen, so konnte es gar nicht fehlen, daß durch dieses Zusammenwirken uns wahre Kunstgenüsse geboten wurden. Unter diese rechnen wir zumal die Vorstellungen der neu einstudierten Opern, wie ›Jessonda‹, ›Lestocq‹...

Was hier in geistvoll lebendigem Rückblick unübertrefflich klar und deutlich zusammengefaßt ist, – dasselbe von Schritt zu Schritt durch das Magdeburger Opernrepertoire des Theaterjahres 1835/36 hindurch im einzelnen sich [244] berichten zu lassen, dürfte auch den geduldigen Leser ermüden, weshalb wir ihm hiermit freie Vollmacht erteilen, die nächstfolgenden Seiten zu überschlagen. Doch möchten wir immerhin die Arbeitsleistung Wagners im Laufe dieses Winters nicht ganz mit Stillschweigen übergehen, um so mehr, als eingehende fleißige Forschungen uns vollauf die Möglichkeit dazu gewähren. ›Daß trotz der mißlichen finanziellen Lage des Theaters das künstlerische Renommee Bethmanns keinen Schaden erlitt‹, so sagt unser Gewährsmann,4 hat er zweifellos zum großen Teil der Mitarbeiterschaft seines Musikdirektors zu verdanken, der alle seine Kräfte einsetzte, um Zuhörer heranzuziehen. Am 1. Oktober wurde die Oper mit ›Zampa‹ von Herold eröffnet; es folgten die ›Schweizerfamilie‹, mit Dem. Reithmeier vom Hamburger Theater als Emmeline und dem Bassisten Gräfe vom Hamburger Theater; dann weiter die ›Stumme von Portici‹ mit Freimüller als Masaniello und Gräfe als Pietro. In der Vorstellung des ›Zampa‹ vom 12. Oktober taucht eine Dem. Planer als Sängerin auf, jedenfalls Minnas Schwester Amalie Planer; die Kritik nennt sie ›Planer d. j.‹ und lobt ihre volle und klangreiche Stimme, sowie daß sie hinsichtlich ihres Spiels die kühnsten Erwartungen übertroffen habe. Am 15. Oktober dirigierte Wagner den ›Dorfbarbier‹, am 22. und 25. ›Romeo und Julia‹ und am 3. November den ›Freischütz‹. ›Orchester und Chor‹, läßt sich der gleichzeitige Magdeburger Theaterreferent vernehmen, ›ließen nichts zu wünschen übrig; möge das Publikum den Fleiß und den Eifer des Dirigenten anerkennen‹. Bei der Aufführung des ›Freischütz‹ liegt die Partie der ›Agathe‹ in den Händen der Mme. Pollert vom Hoftheater in St. Petersburg, die auch am 17. im ›Barbier von Sevilla‹ auftritt und durch ihren ausgezeichneten Koloraturgesang Aufsehen erregt. Trotz des ungünstigen Kassenbestandes erfolgte alsbald ihr Engagement, sowie bald darauf auch dasjenige der Dem. Limbach, vom Frankfurter Theater. Trotzdem ergehen noch in demselben Monat an die Magdeburger Zeitungsöffentlichkeit laute Klagen des Direktors über die Fahnenflucht der Theaterfreunde: ›sollte die Teilnahme des Publikums mich nicht in den Stand setzen, die Bühne zu erhalten, so wird mich der Vorwurf nicht treffen, als sei ihr Unwert an dem Verfalle schuld gewesen‹.5

Diese elenden Zustände, verbunden mit einer unverdienten Zurücksetzung, veranlaßten um diese Zeit die Schauspielerin Wilhelmine Planer ihren Magdeburger Kontrakt zu lösen und sich anderwärts – am Königstädtischen Theater [245] in Berlin – ein Engagement zu suchen.6 Auf Wagner war dieser unvorhergesehene Fortgang derjenigen, um derentwillen er fast allein in die unzuverlässigen Magdeburger Verhältnisse wieder eingetreten war, von dem größten Eindruck. Gerade ihre Entfernung von dem bisher gemeinsamen Aufenthaltsorte wurde ihm zur Ursache, sich desto fester an sie zu binden. Im Nachlaß Tichatscheks soll sich der eigenhändige Brief des jungen Meisters an die Entflohene befinden, in welchem er zum ersten Male mit voller Rückhaltlosigkeit seine Neigung erklärt und ihr, nach eingehender Behandlung der Sachlage, rund heraus einen Heiratsantrag stellt, – um sie zur Rückkehr nach Magdeburg zu veranlassen. Er beschließt diesen Antrag mit der drastischen Androhung der Maßregeln, die er im entgegengesetzten Falle zu ergreifen gedenke: wenn sie nicht zurückkehren und seine ihr dargebotene Hand annehmen würde, so würde er seinerseits alle fernere Tätigkeit aufgeben, sich, dem Trunk ergeben und so schnell als möglich zum Teufel gehen.7 Der Erfolg dieser stürmischen Werbung war in der Tat der, daß die Rückkehr unmittelbar darauf stattfand; bereits vor Jahresschluß treffen wir Dem. Planer d. ä. wieder inmitten des Magdeburger Personales.

Das in seiner Existenz bereits bedrohte Theater förderte inzwischen am 4. Dezember eine Aufführung von ›Fra Diavolo‹, am 8. eine Wiederholung der ›Stummen von Portici‹ zutage; dann am 11. die erste Magdeburger Aufführung von Spohrs, damals an den kleineren deutschen Bühnen noch neuer Oper, ›Jessonda‹. ›Für die Wahl und für die Sorge, daß alle Partieen mit Fleiß einstudiert waren, dem Musikdirektor lobende Anerkennung‹, heißt es in dem Bericht der Magdeburgischen Zeitung. Am 15. Dezember trafen die Prinzen Wilhelm und Karl von Preußen in Magdeburgs Mauern ein; ihnen zu Ehren geht die erste Wiederholung der ›Jessonda‹ als Festvorstellung in Szene. Es würde gewiß lohnend sein, in den etwaigen Briefen und Tagebuchaufzeichnungen des Prinzen Wilhelm aus jener Zeit sich nach irgend einer Erinnerung an diese Aufführung umzusehen; damals waren es der junge Prinz Wilhelm von Preußen und der an Jahren noch jüngere Musikdirektor [246] Richard Wagner, welche diese Aufführung unter einem Dache vereinigte: vierzig Jahre später, als beide einander auf dem Bayreuther Hügel persönlich begegneten, standen der siegreiche, greise Heldenkaiser als Begründer des deutschen Reiches und der durch tausend Lebensdrangsale hindurchgeschrittene Reformator der deutschen Kunst einander gegenüber – Als Anfangsnummer der festlichen Neujahrsvorstellung am 1. Januar 1836 dirigierte Wagner eine seiner Ouvertüren als ›Festouvertüre‹ (es dürfte die in Cdur gewesen sein), außerdem die Kolumbus-Ouvertüre. Am 3. Januar folgt die ›weiße Dame‹, am 5. ›Jessonda‹, dann mehrere Wiederholungen früher gegebener Opern; am 3. Februar Aubers damals völlig neue Oper ›Lestocq‹.

Das letztgenannte Produkt, der jüngste Sprößling der Auberschen Muse, war erst das Jahr zuvor auf der Pariser Opéra comique an das Licht der Lampen getreten. Ihrer teilweisen Verwandtschaft mit der ›Stummen‹ hatte sie es zu verdanken, daß sich Wagner in Wahrheit ganz besondere Mühe mit ihr gegeben hatte, indem er es namentlich darauf absah, alles, was darin den Geist jener Oper zurückrufen konnte, zur rechten Wirkung zu bringen. So verstärkte er das russische Bataillon, welches auf der Szene zur Unterstützung einer Revolution geworben wird, durch eine kräftige Anzahl von Militärsängern der Magdeburger Garnison zu einer ansehnlichen Masse, die namentlich den Theaterdirektor sehr erschreckte, und erzielte hiermit einen ganz gewaltigen Effekt. Die Kritik rühmte ›die in jeder Beziehung gelungene Vorstellung, das vortrefflich gelungene Ensemble im ganzen und die lobenswerte Präzision im einzelnen.8 Zu tadeln‹, fährt sie fort ›war höchstens, daß sich das Publikum nicht zahlreich genug eingefunden hatte‹.9 Wiederholungen fanden am 7. und 9. Februar statt; die Magdeburgische Zeitung hat dafür folgende rühmende Worte: ›wir fühlen uns gedrungen, dem Herrn Musikdirektor Wagner unseren Dank für den unermüdlichen Fleiß und die emsige Tätigkeit, die er dem Einstudieren dieser Oper vorzugsweise gewidmet zu haben scheint, hiermit öffentlich auszusprechen. Möge sein eifriges Streben, uns Neues und Vollkommenes vorzuführen, stets von so glänzendem Erfolge gekrönt sein‹. Und trotz alledem blieb es dabei, daß die Indolenz des Publikums, wie die dadurch bedingten finanziellen Verhältnisse des Theaters, ein Gedeihen nicht aufkommen ließen. Der mehrfach von uns angezogene Referent der Schumannschen Zeitschrift fährt daher, an dieser Stelle für jeden aufmerksamen Leser seine [247] Maske recht deutlich lüftend, in seiner Betrachtung fort: ›An Herrn Wagner und seines- und meinesgleichen sehe ich, was für eine Qual es ist, in allen Nerven und Fasern Bewegung zu fühlen und mitten in dieser Handels- und Kriegsstadt wohnen zu müssen. Es ist hier ein sehr anständiges, vages Treiben, das nicht einmal zu einem entschiedenen Rückschritt führt, denn dieser ist doch wenigstens eine Bewegung, und man hätte Aussicht, auf diese Art wieder einmal in den Urzustand zurückzukommen, der zur Veränderung doch passabel angenehm sein müßte! – Aber nein, es steht‹.

Unter diesen Umständen konnte der junge Künstler nichts Geeigneteres beginnen, als während des Winters mitten unter allen Berufspflichten die auf einige Zeit liegen gelassene Komposition des ›Liebesverbotes‹ wieder aufzunehmen und in raschem Zuge zum Abschluß zu führen. Es galt sie eilig zu beenden; denn das klar vorausgesehene Ereignis einer vorzeitigen Auflösung der ganzen Operngesellschaft stand vor der Tür, und an ein Fortbestehen der Theaterunternehmung des würdigen Direktors Bethmann, unter irgend welcher Form, war nicht zu denken.10 Dennoch rechnete Wagner mit Bestimmtheit darauf, daß die Aufführung seiner Oper durch das, ihm noch zu Gebote stehende, vorzügliche Personal zum Ausgangspunkt einer gründlichen Wendung seiner mißlichen Lage werden sollte. Von einer Gagenzahlung war seit lange nicht die Rede gewesen. Zur Entschädigung für seine Reisekosten vom vorigen Sommer hatte er jedoch eine Benefiz-Vorstellung zu fordern. Natürlich bestimmte er eine Aufführung seines Werkes dazu und bemühte sich hierbei, der Direktion diese ihm zu erweisende Gunst so wenig als möglich kostspielig zu machen. Da diese dessenungeachtet einige Auslagen für die neue Oper zu tragen hatte, verabredete er, daß die Einnahme der ersten Aufführung ihr überlassen werden sollte, wogegen er selbst nur die zweite für sich in Anspruch nahm. Wohl durfte er dabei auch eines materiellen Erfolges sich für ziemlich versichert halten. Hier war ein Werk, dessen Eindruck auf das Publikum unfehlbar vorauszusehen war, voll Feuer und Leben, und dabei gänzlich innerhalb des Rahmens der gewohnten Anforderungen gehalten. Daß die Zeit des Einstudierens und der Aufführung ganz an das Ende der Saison hinausgerückt wurde, erschien ihm gar nicht ungünstig: aller Voraussicht nach [248] mußten doch gerade die letzten Vorstellungen des Opernpersonales mit ausnahmsweise besonderer Teilnahme beachtet werden, und auch seine persönliche Beliebtheit dabei mit ins Gewicht fallen.

So hatte er sich hoffnungsvoll auch gegen die Seinigen mitgeteilt, ohne ihnen den höchst zweifelhaften Stand der Dinge in Magdeburg zu verschweigen, wenngleich es ihm selbst im Laufe des Monats März noch nicht völlig zum Bewußtsein kam, in welchem Maße der Boden unter seinen Füßen unterminiert sei. ›Daß Du dich nun fest bestimmt hast‹, schreibt ihm daraufhin die Mutter, ›Deine Oper unter Deiner Leitung aufzuführen, ist mir eine große Beruhigung. Aber warum, guter Richard, wolltest Du auch den großen Vorteil aus Deinen Händen geben? Hat die Oper nur erst da gefallen, dann gehest Du mit mehr Sicherheit an andre, größere Bühnen. Nun, der liebe Gott segne Dich und Dein Vorhaben! ich fürchte immer, die Zeit, und Dinge, entreißen mir Dein Herz! Gott erhalte mir nur diesen Lohn auf Erden.‹ über sein ferneres Verweilen in Magdeburg heißt es: ›Du schreibst mir nicht, daß Du in Magdeburg bleibst; ich bitte Dich recht mütterlich, bleib' ja, wenn es nur möglich ist, da, und wenn Du auch mit der Hälfte Gage bleiben solltest, – da kannst Du freilich den Sommer über nichts von Deinen Schulden bezahlen.‹ Daß seine briefliche Nachricht, aus der großen Schwierigkeit seiner dortigen Verhältnisse heraus, eine besonders bittere Bemerkung über den Schwager Brockhaus enthalten haben müsse, darauf deutet eine andere Stelle desselben mütterlichen Schreibens; ›Rosalien fiel Dein Brief in die Hände (denn daß ich ihr diesen Brief nicht zu lesen gegeben hätte, kannst Du wohl glauben), sie konnte sich den ganzen Weg nicht über Deine Herzlosigkeit beruhigen; ich bat sie, daß sie kein Redens bei Brockhausens davon machen sollte; sie hat es nicht getan, aber den ganzen Tag geweint! Es hat mich wohl gerührt, als kurz darnach Dr. Kühne11 hier war und sie mit vieler Herzlichkeit von Dir und Deinem Talent sprach. Sie sagte, er möchte doch mit Ringelhardt zu der Aufführung Deiner Oper nach Magdeburg reisen – Kühne liebt und versteht Musik, und lebt nur in diesen Kreisen. Schreib' mir ja gewiß, zu welcher Zeit Du glaubst mit Deiner Oper fertig zu werden? Du kannst nicht genug glauben, wie sehr ich mich darauf freue! Und glaub' mir, die ganze Familie freut sich darauf, denn glaub' nur nicht, daß sie bösen Sinn gegen Dich haben Verdenken kann ich Dir nicht, wenn Du jetzt Fritz vermeidest, – nach dem was zwischen Dir und ihm vorgefallen ist (S. 238), ist es gut, daß Gras darüber wächst und Du dir erst eine Stellung ihm gegenüber gibst. Jetzt hat er mit dem Hermann, seinem Bruder, eben diese Not! Der [249] arbeitet nicht genug, denkt nicht an Geldverdienen, und die Brüder12 haben Angst vor dem Geben...‹

Soweit die liebevolle Stimme der Mutter, sie suchte ihm so viel Tröstliches zuzurufen, als in ihrer Macht stand. Leider mußten seine Aufführungspläne alsbald einen neuen Stoß erleiden: das von ihm noch ins Auge gefaßte, auf Ende April 1836 festgesetzte, vermeintliche ›gute Ende der Saison‹ wurde – gar nicht erreicht. Die öffentlich in der Zeitung erklärte Zahlungsunfähigkeit der Direktion wirkte auf das Personal wie die ausgegebene Parole: rette sich, wer kann! Das Orchester revoltierte und war nur durch eine Benefizvorstellung zu beschwichtigen Ebenso das Chorpersonal. Die beliebtesten Opernmitglieder, die sich anderweitig besser versorgen konnten, nahmen auswärtige Engagements an (Freimüller nach Leipzig, die Pollert an das Königstädtische Theater in Berlin) und der Direktion stand, bei ihrer erklärten Insolvenz, kein Mittel dagegen zur Verfügung. Nun ward ihm allerdings bange. Das Zustandekommen einer Aufführung seiner Oper erschien mehr als fraglich. Einzig der großen Beliebtheit, deren er sich bei allen Opernmitgliedern erfreute, hatte er es zu verdanken, daß sich die Sänger nicht nur zum Aushalten bis Ende März, sondern auch zur Übernahme des – in Anbetracht der kurzen Zeit – so anstrengenden Einstudierens seiner Oper bewegen ließen, an deren Partitur er kaum den letzten Federstrich gemacht. Sollten noch zwei Aufführungen zustande kommen, so war die Zeit so knapp bemessen, daß für sämtliche Proben nur zehn Tage zu Gebote standen. Und dabei handelte es sich keineswegs um ein leichtes Singspiel, sondern um eine große Oper mit zahlreichen und starken Ensemblesätzen. Nun wurden Orchester- und Gesangsstimmen ausgeschrieben, früh und abends unausgesetzt studiert. Die nach dem Breiten Weg hin belegenen Parterrelokalitäten des Theatergebäudes, welche damals zu Solo- und Chorproben benutzt wurden, sahen das Personal der Oper täglich versammelt, und den jungen Meister in vollster Tätigkeit. Trotzdem konnte er nicht verhindern, daß die Mitwirkenden, die sich ihm zur Liebe der besonderen Anstrengung unterzogen, ihre starken Partieen kaum halb auswendig wußten. Da es rein unmöglich war, bei den Geplagten zu einiger Sicherheit, namentlich des Gedächtnisses, zu gelangen, rechnete er schließlich auf ein Wunder, welches seiner bereits erlangten Geschicklichkeit im Dirigieren gelingen sollte. Welche eigentümliche Fähigkeit er schon damals besaß, den Sängern einzuhelfen und sie, trotz höchster Unsicherheit, in einem gewissen täuschenden Fluß zu erhalten, das zeigte sich in[250] den wenigen Orchesterproben, wo er durch beständiges Soufflieren, lautes Mitsingen und drastische Anrufe betreffs der nötigen Aktion, das Ganze so im Geleis erhielt, daß man glauben konnte, es müsse sich ganz erträglich ausnehmen. ›Leider beachteten wir nicht, daß bei der Aufführung, in Anwesenheit des Publikums, all diese drastischen Mittel zur Bewegung der dramatisch-musikalischen Maschinerie sich einzig auf die Zeichen meines Taktstockes und die Arbeit meines Mienenspiels beschränken mußten!‹

Noch andere Hindernisse gab es zu besiegen. Die Polizei stieß sich an dem aufregenden Titel ›das Liebesverbot‹; und hätte er diesen nicht geändert, so wäre schließlich gar der bloße Name des Stückes an dem gänzlichen Scheitern seiner Unternehmung Schuld gewesen. Es war in der Woche vor Ostern, und dem Theater waren Aufführungen lustiger oder gar frivoler Stücke in dieser Zeit untersagt Glücklicherweise hatte die Magistratsperson, mit welcher er zu unterhandeln hatte, mit dem Gedichte selbst sich nicht näher eingelassen; und da der Autor versicherte, es sei nach einem sehr ernsten Shakespeareschen Stücke gearbeitet, begnügte man sich mit der Abänderung des Titels, wogegen die Benennung › die Novize von Palermo‹ nichts Bedenkliches zu haben schien.13 Schlimmer war es, daß auch die Zuschauer über den eigentlichen Inhalt der Handlung im Dunkeln bleiben sollten: denn die Direktion brachte den Druck von Textbüchern nicht mehr zustande.

Die erste Aufführung war ursprünglich auf Sonntag, den 27. März angesetzt gewesen Zwar nicht ›Kühne und Ringelhardt‹, wohl aber die treue Mutter kündigte ihren Besuch von Leipzig aus dazu an. In rührend freudigen Zeilen, vom 24 datiert, meldet sie – offenbar auf seine Einladung hin – ihre Ankunft: ›Ich komme, und freue mich recht von Herzen auf Dich. Ja auf Dich! dann auch auf Deine Oper, aber da schlägt das Herz der Mutter ängstlich. – Wie es auch komme, es heißt genug: Du hast eine Oper geschrieben und nicht aufgeführt, eine zweite geschrieben und – aufgeführt,14 – also einen großen Schritt vorwärts getan! Doch davon mündlich. Morgen [251] sei es abends mit dem Eilwagen, oder mittags mit dem Lohnkutscher, reife ich von hier ab und komme also Sonnabend Abend gewiß in Magdeburg an; (ich) bitte Dich, mich bei Dir aufzunehmen, ich will die zwei Nächte bei Dir auf dem Sofa schlafen Sorge dafür, daß ich bei meiner Ankunft in Deine Wohnung kann.‹ Wie es schließlich kam, daß sie nach dieser zuversichtlichen Anmeldung doch nicht eintraf, darüber hat sich keine Nachricht erhalten. Inzwischen war die Aufführung vom Sonntag auf Dienstag, den 29. März vertagt worden; vermutlich, weil die Mitwirkenden ihre Partieen noch nicht beherrschten. Eine Nachtprobe des Orchesters war ihr vorausgegangen, zu welcher die Musiker bloß durch die Aussicht auf ein opulentes Abendessen zu gewinnen gewesen waren. Die Vormerkungen waren zahlreich, das Haus am Abend außerordentlich gefüllt, die Spannung groß und allgemein. Aber die Sänger, namentlich des männlichen Personals, waren infolge der übereilten Aufführung so unsicher, daß hierdurch eine vom Anfang bis zum Ende alle Wirksamkeit ihrer Rollen lähmende Befangenheit entstand. Der erste Tenorist, Freimüller, mit dem schwächsten Gedächtnis begabt, suchte dem lebhaften und aufregenden Charakter der Rolle des Luzio, durch seine in ›Fra Dia volo‹ und ›Zampa‹ erlangte Routine, namentlich aber auch durch einen unmäßig dicken flatternden bunten Federbusch, mit bestem Willen aufzuhelfen. Trotzdem war es dem Publikum nicht zu verdenken, daß es, besonders in Ermangelung von Textbüchern, über die Vorgänge der nur gesungenen Handlung im Unklaren blieb. Mit Ausnahme einiger Partieen der Sängerinnen, welche auch beifällig aufgenommen wurden, blieb das Ganze, welches von dem Autor auf eine kecke, energische Aktion und Sprache abgesehen war, ein musikalisches Schattenspiel auf der Szene, zu welcher das Orchester mit oft übertriebenem Geräusch seine unerklärlichen Ergüsse zum besten gab. ›Als charakteristisch für meine Behandlung der Tonfarben erwähne ich, daß der Direktor eines preußischen Militärmusikkorps, welchem übrigens die Sache gefallen hatte, mir für zukünftige Arbeiten doch eine wohlgemeinte Anleitung zur Behandlung der türkischen Trommel zu geben für nötig hielt.‹15 Die Vorstellung war allen, wie ein Traum; kein Mensch konnte einen Begriff von der Sache bekommen; dennoch wurde, was halbwegs gut ging, gehörig applaudiert.

Wohl fühlend, daß sein Werk keinen Eindruck hervorgebracht und das Publikum in einer gänzlich unentschiedenen Stimmung darüber gelassen hatte, was dies Alles eigentlich zu sagen gehabt, rechnete er den noch, in Anbetracht des Umstandes, daß es die letzte Aufführung des Opernpersonals war, auf eine gute, ja große Einnahme von der zweiten Vorstellung, weshalb er sich denn auch nicht hindern ließ, die sogenannten ›vollen Preise‹ für den Eintritt zu verlangen.16 ›Ob bis zum Beginn der Ouvertüre‹, so erzählt er selbst, ›sich [252] einige Menschen im Saale eingefunden haben würden, kann ich nicht genau ermessen: ungefähr eine Viertelstunde vor dem beabsichtigten Beginn sah ich meine Hauswirtin mit ihrem Gemahl, und sehr auffallenderweise einen polnischen Juden im vollen Kostüm in den Sperrsitzen des Parterres. Dem ohngeachtet hoffte ich noch auf Zuwachs.‹ Aber ein Unstern schien über dieser Aufführung zu walten. Ein Eifersuchtskonflikt zwischen dem Gemahl der ersten Sängerin, der Darstellerin der Isabella (Madame Pollert) und dem zweiten Tenoristen, einem sehr jungen hübschen Menschen, dem Sänger des Claudio (Schreiber), führte, eine Viertelstunde vor dem Beginn der Vorstellung, zu den unerhörtesten Szenen hinter den Kulissen. Der gekränkte Gatte hielt die lang ersehnte Gelegenheit für gekommen, wo er an dem Liebhaber seiner Frau Rache zu nehmen habe: Claudio ward stark von ihm geschlagen und gestoßen, so daß der Unglückliche mit blutendem Gesicht in die Garderobe entweichen mußte. Isabella erhielt hiervon Kunde, stürzte verzweiflungsvoll ihrem tobenden Gemahl entgegen, und erhielt von diesem so starke Püffe, daß sie darüber in Krämpfe verfiel. Die Verwirrung im Personal kannte bald keine Grenze mehr. Für und wider ward Partei genommen, und es fehlte wenig, daß es zu einer allgemeinen Schlägerei gekommen wäre, da es schien, als dünkte dieser unglückselige Abend allen geeignet, schließliche Abrechnung für vermeintliche gegenseitige Beleidigungen zu nehmen. So viel stellte sich heraus, daß das unter dem Liebesverbot des Gatten Isabellas leidende Paar unfähig geworden war, heute aufzutreten. Der Regisseur wurde vor den Vorhang geschickt, um dem Publikum anzukündigen, daß ›eingetretener Hindernisse halber‹ die angesagte Aufführung nicht stattfinden könne.

Eine Komödiantenrauferei als Verhinderung der Wiederholung seiner Oper, – das war der letzte Eindruck aus seiner ersten Dirigententätigkeit an einem deutschen Theater! Und dazu war die vereitelte Benefizvorstellung, durch den Ausfall der damit verknüpften notwendigen Einnahme, in materieller Beziehung der denkbar ungünstigste Abschluß seiner Magdeburger Musikdirektorlaufbahn. Hatte es für den, bei seinem Eintritt in diese Funktion zum erstenmal auf sich selbst Gestellten gegolten, zu den praktischen Erfahrungen [253] in seiner Kunst nun auch Erfahrungen des Lebens zu sammeln, so mußte er allzu bald in schonungslosester Weise das Zutreffende der Goetheschen Weisheitsformel an sich erproben: ›Erfahrung besteht darin, daß man erfährt, was man nicht zu erfahren wünscht‹. Und ach! leider auch: was es nicht einmal zu erfahren lohnt! Denn jene zehrenden Kämpfe mit den Nichtigkeiten des Lebens, jene harten Nöte und Entbehrungen, welche dazu geeignet sein mögen, haltlose Charaktere in sich selber zu kräftigen, wie Stürme den Baum in seinen Wurzeln befestigen, – wie sehr werden sie zur sinnlos grausamen Marter für die höher veranlagte Natur, die an ihnen ihre Kräfte vergeuden muß, anstatt sie im Dienst ihrer wahren inneren Entwickelung, dem unabweisbaren Triebe folgend, selbst im Irren rastlos zu betätigen!

Zunächst war seine Situation nach jeder Richtung hin eine hoffnungslose. Sie legte den Grund zu den außerordentlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten seiner Existenz in den nächstfolgenden Jahren. Bei alledem hatte ihn seine früh ergriffene (besser gesagt, ihm aufgedrängte) Selbständigkeit doch auch noch zu mancher jugendlichen Unbesonnenheit verleitet. Dafür meldete sich nun der ›Ernst des Lebens‹ und brach mit seiner vollen Wucht über ihn herein. Geldnot und Schulden plagten ihn von allen Seiten. Er tastete hierhin und dorthin, um einen Anhalt zu gewinnen. In einem bald darauf geschriebenen Brief an die Mutter heißt es: ›Also Klara ist bei Euch, das gute, gute Geschöpf! – Wie geht es denn nur mit ihrem Manne? In meiner furchtbarsten Not und Verzweiflung schrieb ich ihm einmal von Magdeburg aus, – habe aber keine Antwort erhalten‹. An dem eintönigen Grau seines Horizontes zeigte sich dem Genußfreudigen und Liebesbedürftigen kein noch so schmaler Streifen eines heiteren Himmelsblau.

Fußnoten

1 Hier folgen jene herzensberedten Worte, die wir an einer früheren Stelle dieses Bandes (S. 89/90) für sich haben sprechen lassen, um die Empfindungen zu bezeichnen, die ihn über alle Differenzen mit den übrigen Gliedern der Familie, Schwester und Schwager hinaus, mit der Mutter verbanden.


2 Moritz, Schauspieler in Prag, ein altbewährter Bekannter und Freund der Familie aus der Zeit von Rosaliens Prager Engagement, und in den Berichten über ihre dortigen Leistungen häufig als neben ihr auftretend genannt (vgl. S. 103 des vorliegenden Bandes, oben).


3 An dieser Stelle ist ein Stück des Papiers (die auslaufende Zeile) zerstört. Der ganze Brief – gegenwärtig im Besitz des Herrn F. Avenarius – hat stark gelitten.


4 Wilhelm Hasse, ›R. Wagner in Magdeburg‹ a. a. O.


5 Dazu bemerkt, die trüben Erfahrungen Bethmanns bestätigend, die Magdeburgische Zeitung: ›Wahr ist dies; und die Direktion hat wohlgetan, es offen auszusprechen Ansprüche werden hier gestellt, wie sie höchstens an die königliche Bühne oder die Hamburgische gemacht werden können, und die Abonnenten lassen die Direktion im Stich. Wenn dieser Schritt Bethmanns nicht hilft, so wird es gehen, wie es gehen muß. Magdeburg wird kein Theater, oder auf kurze Zeit ein nicht zu genießendes haben‹ (vgl. hierzu die Magdeburg. Zeitg. Nr. 251/53 vom 19./21. Mai 1898).


6 Die uns vorliegende – in diesem Punkt vielleicht ungenaue – Quelle spricht davon, daß man einer begünstigteren Nebenbuhlerin und nicht ihr die Partie der Julia in Shakespeares Liebestragödie habe anvertrauen wollen.


7 Der amerikanische Journalist (New-York Tribune), welcher diesen Brief aus völliger Vergessenheit zum ersten Mal an das Licht gezogen hat, beschließt seine Mitteilungen mit dem charakteristischen Zusatz: ›Es scheint kaum wahrscheinlich, daß Herr Glasenapp von der Existenz dieses Briefes keine Kenntnis gehabt habe; denn derselbe befand sich in der Autographensammlung eines der ergebensten Freunde Wagners, des Sängers Tichatschek‹. Nun, sowohl dem Verfasser dieses Buches wie den nächsten Angehörigen des Meisters sind zur Zeit trotz aller Bemühungen noch manche seiner brieflichen Lebenszeugnisse unbekannt, eben weil sie sich in privaten ›Autographensammlungen‹ aller Art, nicht aber an der einzig dafür geeigneten Stätte, in dem Archiv des Hauses Wahnfried befinden.


8 Mme. Pollert gab die Elisabeth, Dem. Schindler die Eudoxia, Dem. Limbach die Katharina, Herr Freimüller den Lestocq, Herr Krug den Goloschin, Herr Georg Bethmann den Straloff (Wilh. Hasse, ›R. Wagner in Magdeburg‹ a. a. O.).


9 Das damalige Publikum zog, wie es scheint, den Besuch des Cirque Royal auf dem Neuen Markte vor, in dem Baptiste Loisset die große Pantomime ›Mazeppa oder die Tataren‹ aufführte und den lebenden Hirsch Coco im Brillantfeuer auftreten ließ (W. Hasse, a. a. O.).


10 Der Chronist dieser denkwürdigen Theatersaison erwähnt unter den krampfhaften Versuchen, durch Experimente aller Art das Publikum anzulocken, sogar eine Vorstellung der ›berühmten Pariser Tänzerin Romanine‹, welche im Laufe des Februar im Stadttheater unter lautem Beifall auf dem Drahtseil getanzt habe!! ›Nur schüchtern wagt sich am 25. Februar »Don Juan« hervor, der zum Vorteil für Dem. Schindler in Szene geht. Für den 4. März wird »Norma« angekündigt, kommt aber erst am 8. heraus. Am 11. und 15. März wird sie wiederholt, am letztgenannten Datum »zum Benefiz für Mme. Pollert wegen rückständiger Gage«. Einige Tage später erklärt die Direktion in der Zeitung ihre Zahlungsunfähigkeit‹ (W. Hasse, a. a. O.).


11 Dr. Gustav Kühne, nach Laubes Abgang 1835 an die ›Zeitung für die elegante Welt‹ berufen, die er von da ab acht Jahre lang, bis Ende 1842, redigierte, wo sie Laube bekanntlich von neuem übernahm.


12 Friedrich und Heinrich, als Vertreter der Brockhausschen Firma, sind gemeint. Professor Hermann Brockhaus, damals Ottiliens Bräutigam, hat dem Meister immer am nächsten von ihnen gestanden (daß auch er – nach Ansicht der Brüder – nicht genug sollte gearbeitet haben, klingt allerdings seltsam!); wogegen die reservierte Handlung der beiden andern Brüder gegen Wagner sich auch in seinem späteren Leben im wesentlichen immer gleich geblieben ist!


13 Der ganze Vorgang spiegelt sich in den Anzeigen der Magdeburgischen Zeitung wieder, in deren erster der Titel ›Das Liebesverbot‹ noch beibehalten, in der zweiten hingegen weggefallen ist. Hier der Wortlaut beider: ›(Theateranzeige.) Morgen, Sonntag, den 27. März, Abonnement suspendu, zu vollen Preisen, jedoch mit Annahme der Abonnementsbillets gegen Aufzahlung, zum ersten Male: Das Liebesverbot oder: Die Novize von Palermo, große komische Oper in 2 Aufzügen von Richard Wagner.‹ Dagegen lautet die Anzeige vom 29. März: ›(Theateranzeige.) Heute, Dienstag, den 29. März (Abonnement suspendu usw. wie oben) zum ersten Male: Die Novize von Palermo, große Oper in 2 Akten, Komposition und Dichtung von Richardt (sic) Wagner. Die Direktion.‹


14 Im Original fehlt der Gedankenstrich vor dem Worte ›aufgeführt‹, dagegen ist letzteres bei der Wiederholung (also da, wo wir den Strich gesetzt) zum Zweck einer entsprechenden Hervorhebung durch einen großen Anfangsbuchstaben gekennzeichnet. Vgl. das auf S. 36 dieses vorliegenden Bandes über ihre originelle Orthographie Gesagte.


15 R. Wagner, Ges. Schriften I, 31.


16 Hier der Wortlaut der Theateranzeige: ›Heute, Mittwoch, den 30. März (Abonnement suspendu, zu vollen Preisen, zum Benefiz für Herrn Musikdirektor Richard Wagner), zum zweiten Male: Die Novize von Palermo, große Oper in 2 Aufzügen, Dichtung und Komposition von Richard Wagner. – (Wegen eintretender Osterfeiertage bleibt das Theater bis zum 3. April, als dem ersten Osterfeiertag, geschlossen.)‹ Daran schließt sich die Anzeige des Benefizianten: ›Ein verehrtes Publikum gebe ich mir hiermit die Ehre zu benachrichtigen, daß heute, am 30. März, die von mir komponierte Oper: Die Novize von Palermo, zu meinem Benefiz, und zugleich als letzte Darstellung unserer Oper, aufgeführt wird, und bitte daher ein hochzuverehrendes Publikum um eine gütige Teilnahme, wozu ganz ergebenst einladet: Richard Wagner, Musikdirektor des Magdeburger Stadttheaters‹ (Magdeburg. Zeitung vom 29. Mai 1836).

Quelle:
Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 237-254.
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