IX.

Vollendung der ›Meistersinger‹.

[199] Ernennung Hohenlohes und Verlobung des Königs. – Besuch Wagners in München. – Niederlassung in Starnberg. – Aufführung des ›Lohengrin‹: Episode mit Tichatschek. – J. Fröbel und die ›Süddeutsche Presse‹. – ›Deutsche Kunst und deutsche Politik‹. – Liszts Besuch in Triebschen. – Vollendung der ›Meistersinger‹. – Ausflug nach Paris.


Doch schien für eine kurze Zeit in den mir widerstrebenden Stimmungen eine gewisse erwartungsvolle Ruhe, gleich einem Stillstande, eingetreten zu sein.

Richard Wagner.


Die Ernennung des Fürsten Chlodwig von Hohenlohe zum Minister des Äußern – an Stelle des unglückseligen ›Professor-Ministers‹ – war, zu Beginn des neuen Jahres, der erste Schritt des Königs auf der freudig betretenen neuen Bahn. Bis zum Jahresschluß war diese, ganz aus eigener Initiative hervorgegangene Neuwahl sorgfältig geheim gehalten worden; bloß am fernen Schweizer See war man im voraus in das Kommende eingeweiht. ›Morgen wirst Du lesen‹, schreibt daher Bülow, noch von Triebschen aus, am Sylvesterabend an J. Raff, ›daß Fürst Hohenlohe Minister geworden. Der hat ein verständiges Programm, ohne alle Extravaganzen und Vorurteile. Der König hat sich aus freien Stücken von der nativistisch kolorierten Liberalenclique (Chef Neumayr) losgesagt, und damit einen gesunden Instinkt bewiesen, der versprechend ist für das, was seit lange von ihm mit Recht erwartet wird.‹1 Mit dieser Berufung war zur weiteren Gestaltung der deutschen Nationalangelegenheiten ein wichtiger Schritt getan Bereits in der Kammersitzung vom 19. Januar 1867 bezeichnete dieser würdige Staatsmann die engste Anlehnung an den norddeutschen Bund, mit Erhaltung der Selbständigkeit der bayerischen Krone, als das Programm, dem er seine Kräfte zu widmen gedenke. ›Seine Berufung zum Lenker der bayerischen Politik beruhte‹, – so sagt ein [200] sehr einsichtiger Beurteiler2 – ›auf einer ebenso vornehmen als kühnen Konzeption des jungen Königs. Der ehemals reichsunmittelbare Fürst galt in den Kreisen der Herrschenden als ein gefährlicher Demokrat und Preußengänger, als ein Freund der Presse und der öffentlichen Meinung, und da Ludwig II. im Grunde seiner Seele vor allem Nationalvereinlichen einen fast angeborenen Abscheu hatte (S. 123), so war sein Vertrauen zu Hohenlohe eigentlich ein Rätsel. Es war ein Sieg des Idealismus, der schon so oft Wunder gewirkt, wo die Klugheit der Snobs in die Brüche gegangen war. In der Tat brachte Ludwig jenes Vertrauen nur dem unantastbaren Charakter, nebenbei wohl auch dem fürstlichen Range des bayerischen Granden entgegen. Wenn Ludwig II. nichts weiter hinterlassen hätte, als die Erinnerung an seine leidenschaftliche Vergötterung Richard Wagners und an das felsenfeste Vertrauen eines kaum Zwanzigjährigen auf Männer wie Döllinger und Chlodwig Hohenlohe – und wie einsam stand er mit diesem Vertrauen in dem Pinselwald seiner Räte! – so müßten wir schon deshalb den hohen Geist dieses Bayernfürsten sattsam bewundern, dessen Lichtgestalt die dunklen Wolken der alten und aller kommenden Gegenreformationen überstrahlt.‹3

Auf diesem Wege einzig ließ sich denn auch eine Annäherung Bülows und – besuchsweise – selbst Wagners in München wieder anbahnen. ›Am Tage, wo von der Pfordten aus dem Ministerium des Äußern gegangen worden ist, hat ein königliches Dekret mich zum Kgl Bayerischen Hofkapellmeister im außerordentlichen Dienste kreiert‹, meldet Bülow bald darauf.4 Und in wie hohen Grade König Ludwig von seinen neuesten Maßnahmen eine Einwirkung auf die Entschlüsse des Meisters, und ein demnächstiges Wiedersehen in der Isarstadt erhoffte, das geht aus einem Briefe des jungen Monarchen an Wagner vom 6. Januar mit Bestimmtheit hervor. Das Wiedereintreffen Wagners in München nach Wegräumung des gröbsten Hindernisses gilt ihm nunmehr als gesichert, er fordert ihn bloß dazu auf, seinen als ganz gewiß angenommenen Besuch um wenige Tage zu verzögern. ›Fürst Hohenlohe, ein ruhiger, fester, edelgesinnter Herr‹, heißt es in diesem Briefe, ›bat mich nämlich dringend, Sie, teurer Freund, zu ersuchen, um einige Tage Ihre Abreise zu verschieben. Eine große Partei bringt Hohenlohes Ernennung mit Ihrer Hierherkunft auf das engste zusammen; er meint nun, kämen Sie jetzt‹... Nun, so weit waren die Dinge in Wahrheit noch nicht gereist! Und insbesondere hätte es dem Meister gerade jetzt die äußerste Überwindung gekostet, sich um irgend welcher, noch so wichtigen Besprechungen von seiner Arbeit loszureißen,5 die ihn vielmehr bis zu ihrer [201] Vollendung bei Tag und Nacht gänzlich in ihre Zauberbande fesselte. Bei Tag und Nacht, – so ist z.B. der jetzige Schluß der ›Meistersinger‹ buchstäblich am 28. Januar 1867 ›in der Nacht‹ gedichtet (wie es dem Verfasser vor langen Jahren einmal in Wahnfried durch den Anblick eines merkwürdigen alten Blättchens vergegenwärtigend vor die Augen trat!); das mächtige, weitausschauende, prophetische Mahnwort:


›Habt Acht! Uns drohen üble Streich': – zerfällt erst deutsches Volk und Reich,

in falscher welscher Majestät kein Fürst bald mehr sein Volk versteht;

und welschen Dunst mit welschem Tand sie pflanzen uns ins deutsche Land.

Was deutsch und echt, wußt' keiner mehr, lebt's nicht in deutscher Meister Ehr'!‹


Wie es den ganzen deutschen Kulturgedanken Wagners, den Inhalt der Schrift ›Deutsche Kunst und deutsche Politik‹ gleichsam in nuce zusammenfaßt, so entstammt es auch demselben Jahre, in welchem die Gedanken zu dieser Schrift, mitten unter der Arbeit an den ›Meistersingern‹, in dem Geiste ihres Verfassers sich sammelten. Am 7. Februar war die erste Bleistiftskizze des 3. Aktes fertig; vier Wochen später, am 5. (oder 7.) März der ausgeführtere Kompositions-Entwurf, d.h. die gesamte musikalische Ausführung des Werkes, bis auf die Instrumentation. Gleichzeitig setzte der junge Richter seine Kopiaturen fort und begann bereits die Solopartien aus der Skizze ins Reine auszuschreiben, und arbeitete Karl Tausig in Wien nach den bereits fertig gestochenen Teilen der Partitur an dem Klavierauszug. ›Er macht‹, schreibt Bülow über ihn, ›seine Sache recht gewissenhaft und praktisch, und gestattet außerdem gütigst, daß das Manuskript mir vor dem Stiche zur Durchsicht anvertraut werde.‹6 Die Vollendung der gesamten Partitur wurde damals noch für Mitte des Sommers, die erste Aufführung für den Herbst in das Auge gefaßt. Als Zeitpunkt dazu schwebte ursprünglich der 25. August, als Geburtstag König Ludwigs vor. Dann trat, als ein völlig neuer Termin von ganz hervorragender Bedeutung, der 12. Oktober in den Vordergrund: er war – als Hochzeitstag des Königs in Aussicht genommen! Denn um die gleiche Zeit, in welcher dieser, nach der Beseitigung Pfordtens, in eine neue tatkräftige und tatenreiche Ära seiner Regierung trat und die einzelnen Schritte derselben, der Entwurf der neuen Wehrverfassung für Bayern und die tatsächliche Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die Veröffentlichung des Schutz- und Trutzbündnisses mit Preußen (S. 193), die durch Gründung des norddeutschen Bundes notwendig gewordenen neuen [202] Zollvereinsverträge, das neue Schulgesetz, Schlag auf Schlag einander auf dem Fuße folgten, – um die gleiche Zeit überraschte der junge Monarch sein Volk durch die gänzlich ungeahnte Kunde von seiner soeben erfolgten Verlobung. Die von ihm auserwählte Braut war seine, um zwei Jahre jüngere Cousine, Herzogin Sophie, Tochter des Herzogs Maximilian in Bayern und Schwester der Kaiserin Elisabeth von Österreich. Groß und aufrichtig war die Freude der Bevölkerung, als man in München am 22. Januar im Theater zum ersten Male das Brautpaar mit der Königin-Mutter in der Königsloge zusammen erblickte. Dieses eine Mal stand die Neigung des jungen Herrschers in ganz unmittelbarer vollster Übereinstimmung mit derjenigen der Allgemeinheit. Das war etwas, dem man folgen, was man fassen und begreifen konnte, und die eingeborene natürliche Liebe des Volkes zu seinem angestammten Königshause fand sich durch die Wahl einer bayerischen Prinzessin, einer einheimischen Fürstentochter, doppelt befriedigt, in seinem Lokalpatriotismus gehoben und bestärkt.

Aus Bülows gleichzeitigen Briefen erfahren wir (20. Februar) von Wagners ›gutem Humor‹, sowie daß sämtliche Arbeiten an den ›Meistersingern‹, sowohl seine eigene, als die seiner kopierenden und arrangierenden Gehilfen, in stetigem vollen Gange seien.7 Die Braut des Königs habe Wagner einen sehr schönen Brief geschrieben, ›une lettre très comme il faut – plus que »Wohlgeboren«: sie bitte ihn, ihre ewig treue Freundschaft anzunehmen.‹8 Er selbst – Bülow – habe dem Meister versprochen, sein Möglichstes zu tun, um des Königs Wünschen nachzukommen.9 Daß letzteres ihm nicht leicht fiel, geht aus verschiedenen vertraulichen Kundgebungen seines freundschaftlichen Briefwechsels unzweideutig hervor. Seine eben erwähnte Ernennung zum Kgl. Hofkapellmeister in außerordentlichen Diensten hatte er einstweilen durchaus nur als eine Ernennung in partibus infidelium, als ein ›zeit- und objektgemäßes Prädikat‹ aufgefaßt, an dessen Verleihung sich für ihn keine praktischen Konsequenzen knüpften, und demgemäß an eine Rückübersiedelung nach München nicht gedacht, bevor die ihm im letzten Sommer gegebene Zusage, – die ›Bestrafung der Verbrecher‹ (S. 181) – nicht im buchstäblichsten Sinne erfüllt wäre! Und daran fehlte noch viel. Die bloße Absetzung eines Ministers, so gut dieselbe dem bayerischen Staatswesen bekommen mochte, konnte er nicht als die ihm verheißene Genugtuung ansehen. Noch immer befanden sich in der Umgebung des Königs Personen, die an jenen abscheulichen verleumderischen Agitationen in gravierender Weise beteiligt waren; noch immer saßen dieselben Ehrabschneider in voller öffentlicher Anerkennung in den Redaktionen der Münchener Jesuitenblätter. Dies war ein [203] Differenzpunkt zwischen ihm und dem königlichen Herrn, im Betreff dessen, wie so manche bittere Äußerung in seinen Briefen bekundet, der preußische Edelmann in ihm zeitweilig sich aufbäumte. ›Trotzdem ich kein Republikaner bin, würde ich doch nur einem Könige zu dienen vermögen, der königlich denkt und handelt, – nicht bloß künstlerisch empfindet.‹10 Dem entsprechend hatte er am 12. Februar, wegen der ihm nicht genügenden Propositionen, eine förmliche Ablehnung nach München telegraphisch ergehen lassen, und einer erneuten Offerte das alte Ultimatum entgegengesetzt. Es hatte demnach etwas zu bedeuten, wenn er in Aussicht stellte, in dieser Sache ›sein Möglichstes zu tun‹. ›Wenn Hohenlohe stürzt – wozu die Jesuiten alles aufbieten – so sind wir unmöglich für München, oder München für uns.‹ Niemand konnte ihm, nach allen bisherigen Erfahrungen, eine schwarzsichtige Äußerung, wie die vorstehende, verdenken; und daß ähnliche Erwägungen Wagner selbst nicht fremd blieben, und von ihm dem Könige nicht verschwiegen wurden, dafür zeugt ein briefliches Wort des letzteren: ›Seien Sie außer Sorge wegen Hohenlohe; ich habe Vertrauen auf ihn und bin froh, das Portefeuille in seinen Händen zu wissen; auch versucht es niemand, mein Vertrauen in ihn wankend zu machen.‹11

So standen die Dinge um den 5. März, bei Vollendung der Komposition seines großen Werkes, und nichts hielt den Meister für den Augenblick davon zurück, der herzlichst verlangenden Einladung des königlichen Freundes zu entsprechen, als die unbezwingliche Abneigung gegen dieses unselige München, in dem er nur Haß und Bitterkeit erfahren. Doch mußte dieser innere Widerwille für einen kurzen – zehntägigen – Aufenthalt (vom 9. bis 18. März) überwunden werden: galt es doch nicht allein dem persönlichen Wiedersehen mit dem jungen Freunde, der sich den ganzen Winter hindurch so energisch tätig erwiesen, sondern den unvermeidlichen Vorbesprechungen mit der Hoftheaterintendanz wegen der Vorbereitungen zu den ›Meistersingern‹. Am Sonnabend, den 9. traf er demgemäß in der Isarstadt ein, wo er im Hotel ›Bayrischer Hof‹ Wohnung nahm, und von einer Anzahl ergebener dortiger Freunde, unter ihnen August Röckel, empfangen wurde. Tags darauf, am Sonntag den 10., erfolgte die erhebende Begrüßung mit dem jungen Könige, der sich nicht genug tun konnte, um ihm seine Freude zu bezeigen, daß er ihn wiederhabe, und an dieses Wiederbetreten seiner Residenz weitgehende Hoffnungen für eine erneute dauernde Niederlassung knüpfte. Es war dieselbe hohe, schöne, jugendlich schlanke Gestalt, die da vor ihm stand, wie ehedem, mit dem tief beseelten feurigen Glanz in den dunklen Augen, und es hielt schwer, ihrem begeisterten, hoffnungsvollen Drängen zu widerstehen. Wenigstens das eine mußte ihm Wagner versprechen, daß er von der zweiten Hälfte des Mai ab [204] für die Zeit der bevorstehenden Musteraufführungen des ›Tannhäuser‹ und des ›Lohengrin‹ auf längere Zeit in Starnberg sein Gast sein, die letzte Arbeit an den ›Meistersingern‹ in seiner Nähe vollenden wolle. Nichtsdestoweniger scheint der bloße Druck der, im übrigen unveränderten, Münchener Umgebung fast physisch auf dem Meister gelastet zu haben Einige Briefzeilen an seinen Arzt vom nächsten Tage (11. März) enthalten die Mitteilung: er fühle sich so angegriffen, daß er nur auf seine Schonung bedacht sein müsse. Dies geht auch aus den ziemlich eingehenden Nachrichten hervor, die Fürst Hohenlohe über seine erste persönliche Begegnung mit ihm in sein Tagebuch aufgezeichnet hat.12 Bereits am 10. März habe er sich zum Besuch bei dem Fürsten angemeldet, nachher aber wegen Unwohlseins sein Ausbleiben entschuldigt Somit habe denn er, Hohenlohe, am 12. ihm geschrieben, um ihn für den heutigen Abend zu sich einzuladen. ›Er kam um 1/2, 7 Uhr‹, heißt es dann weiter ›Anfangs war er etwas befangen, sprach von allgemeinen Dingen und entschuldigte sich, daß er überhaupt eigentlich kein Recht habe, zu mir zu kommen. Ich setzte ihn in eine behaglichere Stimmung, indem ich ihm sagte, wir hätten zwei Vereinigungspunkte: wir seien von derselben Partei gehaßt und einig in gleicher Verehrung für den König. Darauf wurde er mitteilender, sprach von der Art, wie man den König behandelt und gequält habe, so daß er (der König) zweimal ihm geschrieben habe, er würde abdanken, und erzählte unter Beteuerungen, daß er sich damit nicht rühmen wolle, daß er mich dem König als Minister empfohlen. Dann kam er auf die Aufgabe Bayerns als deutscher Staat, dessen Bevölkerung die Gewandtheit der Franken mit der Phantasie der Schwaben und der Naturkraft der Bayern vereinige; daß der König ganz der Mann sei, diesen deutschen Staat zu regieren und das Ideal des Deutschtums zu verwirklichen; kam dann auf seine Kunstrichtung zu sprechen, auf seine hiesigen Erfahrungen, auf seine Pläne mit der Einrichtung einer Kunstschule, auf die Hindernisse, die ihm in den Weg gelegt seien, und endlich auf das Kabinet. Dazwischen sprach er von der Notwendigkeit, daß ich im Ministerium bliebe; worauf ich ihm erwiderte, daß dies nicht von mir abhinge; ich könne nicht dafür einstehen, daß man nicht das Vertrauen des Königs in mich untergrabe, und sei dessen um so weniger sicher, als der König nach der Tradition des Kgl. Hauses nicht direkt, sondern nur durch das Kabinet mit mir verkehre.13 Er sagte nun, daß dies nicht so bleiben könne; worauf ich ihn [205] darauf aufmerksam machte, daß es sehr gefährlich sei, sich mit dem Kabinet in einen Kampf einzulassen; er wisse das am besten.‹ Da der Meister nun auch des politischen Programmes des Fürsten Erwähnung tat, ging dieser noch auf einige Einzelheiten desselben ein, und die Unterredung schloß mit dem Wunsche und der Hoffnung von seiten Wagners, daß der König nie das Vertrauen in Hohenlohe verlieren möchte.

Gewiß trugen die Eindrücke solcher Begegnungen, wie die mit dem Monarchen selbst und dem ihm wohlgesinnten Fürsten, das ihrige dazu bei, daß der rein physische Druck des bloßen Aufenthaltes in der bayerischen Hauptstadt sich so weit legte, um an die weiteren ihm obliegenden Geschäfte gehen zu können. Dem entsprechend lauten denn auch die Mitteilungen Bülows, der kurz darauf eintraf, über sein Befinden. ›Wagner hier – frisch und guter Dinge. Heute und folgende Tage Konferenzen‹ – mit der Hoftheaterintendanz.14 Das Ergebnis dieser Besprechungen, mit dem Könige und der Intendanz, war das folgende: am 10. Juni die neueinstudierte Aufführung des ›Lohengrin‹, nach welcher der König die brennendste Sehnsucht empfand, am 12. Oktober zu seiner Vermählungsfeier die ›Meistersinger von Nürnberg‹. Vom 15. April an sollte Bülow als Kgl. Bayerischer Hofkapellmeister und Direktor der Kgl. Musikschule dauernd nach München übersiedeln. Infolge der Annahme dieser Stellung verlieh ihm der König das Ritterkreuz des St. Michaelsordens 1. Klasse. Auch die königliche Braut mußte der Meister – am Sonnabend, den 16. März – in persönlicher Vorstellung kennen lernen; leider konnte König Ludwig nicht dabei mit anwesend sein, aber er begleitete den Vorgang in seinem Geiste. ›Während ich diese Zeilen niederschreibe, wird meine Sophie das längst ersehnte Glück genießen, Sie zu sehen und traut zu sprechen...‹ Zwei Tage später, am Montag den 18. früh verließ Wagner München, von Bülow bis Augsburg begleitet, wo dieser eine Klaviersoiree zu geben hatte; dann setzte er allein die Reise nach Triebschen fort, wo er Abends eintraf.

Wie unheilvoll verwirrend die verschiedenartigsten Einflüsse auf diesem vulkanischen Boden – trotz des besten Willens von oben – sich durchkreuzten, das beweist eine kurze Episode aus dem Anfang April, über deren Einzelheiten wir nicht weiter unterrichtet sind und die wir daher ausschließlich nach den [206] andeutenden Aufzeichnungen Bülows reproduzieren. Von uns aus können wir nur die Tatsache bestätigen, daß sie den Meister abermals, zu einem viertägigen Aufenthalte in München, aus seiner Arbeitsruhe herausriß, und daß er am Morgen nach seiner Ankunft (Freitag den 5.) früh nach 10 Uhr, d.h. nach den täglichen Arbeitsstunden des Königs, eine nochmalige Audienz bei ihm hatte. Natürlich waren wieder die ›Vermittler und Berichterstatter‹ aus dem Kgl. Kabinet am Werke gewesen! In den fragmentarischen, gleichsam momentphotographischen, aber zusammenhangslosen, brieflichen Nachrichten Bülows nimmt sich diese Episode seltsam genug aus. Er schreibt am 5., also gerade am Tage dieser Audienz: ›Alles ist wiederum zusammengestürzt. Die Schwäche des einen, dessen Befehl allein uns hätte schützen können, die Niedertracht der ihn beherrschenden treulosen Diener – n'en parlons plus. Ich bleibe in Basel. Wagner gestern nach München gereist, um für sich und mich definitiv Valet zu sagen.‹ Am 7.: ›R. W. telegraphiert mir, daß in München wiederum alles in Ordnung sei, und heute Abend wird er mir das Nötige mitteilen, da er den Rückweg über hier eingeschlagen. Es ist zum Verrücktwerden!‹ Und am nächsten Tage: ›Wagner seit gestern Abend hier. Ziemlich heiter – obwohl noch alles in Frage steht.‹15

Am Gründonnerstag den 18. April vollzog sich denn endlich – nach allen Schwankungen – der definitive Wiedereintritt Bülows in die Münchener Umgebung und in seine Funktion als ordentlicher Hofkapellmeister, in welcher er – niemand über sich, ›nur den König zum Chef hatte‹. Für die Triebchener Häuslichkeit ergab sich daraus – für die nächstbevorstehende Zeit – eine schmerzliche Vereinsamung. Mitte Mai sollte auch Wagner nach Starnberg, wo ihm der König in nächster Nähe von Schloß Berg Privatwohnung hatte mieten lassen. Dort sollte er die ›Meistersinger‹ zu Ende instrumentieren. Einstweilen hatte Bülow – nach kurzem Verweilen im Hotel16 – im Hinblick auf häufige kürzere Besuche des Meisters, in der Arcostraße 11 eine größere Wohnung genommen, als für seine Bedürfnisse nötig gewesen wäre. Zwei abgeschlossene Zimmer blieben darin stets für Wagner reserviert. Für die bevorstehende Trennung von seiner Gemahlin war er bemüht, seine Mutter zur Übersiedelung aus Berlin nach München zu bewegen. So weit war alles vorbereitet. Wie ungern Wagner indeß an solche Münchener Aufenthalte dachte, geht daraus hervor, daß er es, so viel an ihm war, nicht daran fehlen ließ, selbst die Einladung nach Starnberg rückgängig zu machen. Ein Briefchen vom 15. Mai an seinen Diener Mrazek bezeugt dies. ›Erkundigen Sie sich am Samstag doch bei Herrn Rat Düfflipp17: ich denke, Sie werden dann [207] von ihm erfahren, daß ich nicht nach Starnberg komme... Ich hoffe, der König wird mir erlauben hier zu bleiben.‹ Umsonst, das Verlangen des Königs, nach anderthalb Jahren der Trennung den Freund wieder in seiner Nähe zu haben, war zu lebhaft, zu entschieden, um ihm den Kummer einer förmlichen Ablehnung zu machen. So ging er denn in der vorletzten Maiwoche nach München, wurde daselbst aber auf der Stelle unwohl, und verbrachte zur Pflege seiner Gesundheit acht Tage bei Bülows, bevor er nach Starnberg übersiedelte. Von der inzwischen eingetretenen Änderung zum Bessern in den Münchener Lokalverhältnissen, ja einer gewissen Popularität, die er sich in der Zeit seiner Abwesenheit bei dem Publikum gewonnen, legte übrigens der Umstand Zeugnis ab, daß eine Münchener Privatkapelle es unternehmen konnte, seinen Geburtstag unter allgemeinem Zudrang durch ein festliches Konzert zu begehen. Wer an jenem Abend in die Westendhalle trat, mochte wohl nicht annehmen, daß der durch diese Feier Verherrlichte vor kaum achtzehn Monaten durch eine – ›Revolution‹ (!) aus derselben Stadt vertrieben worden war! Noch nie war das geräumige Lokal so überfüllt gewesen: Hunderte von Personen fanden keinen Sitzplatz und standen in dichtgeschlossenen Reihen. Neben Fragmenten aus ›Tannhäuser‹ und ›Lohengrin‹ kam u.a. auch das ›Liebesmahl der Apostel‹ zur Ausführung; das ›Meistersinger‹Vorspiel war bei der Probe am Vormittag von keinem Geringeren als Bülow einstudiert worden. Eine lautlose, ja andächtige Stille herrschte während der ganzen ununterbrochenen drei und einhalbstündigen Produktion. Dies hinderte weder die musikalischen, noch die politischen Antagonisten ihrer aparten Meinungen nach wie vor journalistisch sich zu entledigen; doch war ihrer unterminierenden Wirksamkeit durch die bloße Tatsache des Vorganges mehr oder weniger der Boden entzogen.

Um die gleiche Zeit (24. und 25. Mai) hielt sich auch J. Fröbel einige Tage in München auf, das Projekt der neu zu begründenden Zeitung war von dem Könige wieder aufgenommen. Fröbel war, von Stuttgart aus, wo er damals in württembergischen Diensten stand, mit den leitenden bayerischen Staatsmännern, dem Fürsten Hohenlohe und dem Ministerialrat Grafen Tauffkirchen, in Beziehung getreten und von ihnen mit diplomatischen Aufträgen nach Wien betraut worden. Die Beteiligung an dem zu begründenden Organ hatte ihm Tauffkirchen brieflich angetragen und dazu Plan und Vorschläge von ihm erwünscht. Es wurde ihm nun neben der obersten Leitung des projektierten neuen Blattes eine Professur der Politik an der Universität in Aussicht gestellt, doch kam es noch nicht zu festen Abmachungen. ›Gleichzeitig mit mir‹, so berichtet er selbst, ›war Richard Wagner in München angekommen.18 Er führte mich Abends bei Hans von Bülow ein, wo ich auch[208] August Röckel traf. Wagner kam auf seinen Plan (?) zurück, mich zum Kabinetssekretär des Königs zu machen‹ – das kann doch nur heißen: ihm zu einer, seinen Fähigkeiten entsprechenden Anstellung im Kgl. Kabinet zu verhelfen. ›Ich teilte ihm das Zeitungs- und Professurprojekt mit, und er meinte, das wäre der beste Weg zu dem von ihm erstrebten Ziele, wenn dasselbe sich nicht unmittelbar erreichen lassen sollte.‹19 Der weitere Verlauf dieser Angelegenheit wird uns bald näher beschäftigen.

Am 30. Mai bezog Wagner die kleine Villa am Starnberger See, die auf Befehl des Königs für die Zeit der Proben nahe bei Schloß Berg für ihn eingerichtet war. Die Vorbereitungen für ›Lohengrin‹ waren in vollem Gange. Leider hatte Bülow bei seiner Ankunft im Kgl. Orchester viel liederliche Wirtschaft eingerissen gefunden und mußte mit deren Besserung sogleich ein Odium auf sich laden. Sein erster, schon im Vorjahr erteilter Befehl war die Anschaffung einer neuen, ›unverklebten und unverrötelten‹ Partitur gewesen; die vorhandene, mit den schmachvollen Rietzschen und Lachnerschen Strichen, war auf keine Weise in einen gebrauchsfähigen Zustand zu bringen. Nach dieser Partitur hatten auch die Stimmen völlig neu ausgeschrieben werden müssen. Von seiner Arbeit während der Proben geben die ›Signale‹ vom 6. Juni ein anschauliches Bild. ›Herr von Bülow‹, heißt es in diesem Bericht, ›hat ein neues System eingeführt. Vorige Woche gab es eine kleine Million Proben: a) für Violinen, erste und zweite, Violen usw. allein; b) für Holzbläser und Hörner allein; c) für Trompeten, Posaunen und Schlaginstrumente allein; d) für die Theatermusik. Dann folgte eine vierstündige Ensembleprobe des Streichquintetts, und jetzt gibt es für jeden Akt eine dreistündige Orchester-Gesamtprobe in Anwesenheit nicht unter Mitwirkung des Gesangpersonals. Alle Szenenproben finden vorläufig nur mit Klavier statt, nächste Woche alles zusammen. Dies neue System, das eigentlich nur für den Dirigenten ermüdend ist, soll sich vortrefflich bewähren; Herr v. Bülow soll täglich zehn Stunden im Theater zubringen und wahrscheinlich schläft er auch die Nacht dort, damit er frühmorgens immer der erste auf dem Schlachtfelde ist!‹ – Für die Hauptrolle war ursprünglich, trotz der traurigen Erfahrungen am Pariser Tannhäuser, Niemann in Aussicht genommen; er hatte sich aber einer Durchführung seiner Partie ›ohne Striche‹ nicht für gewachsen erklärt. Den wahren und einzigen Sänger und Darsteller hatte die rauhe Hand des Geschickes zu früh seiner tatenreichen Laufbahn entrissen! Somit war die Wahl des Meisters auf seinen alten Dresdener Freund und Kampfgenossen Tichatschek gefallen. Wirklich war ja diese Rolle vor zwanzig Jahren gerade für seine, dem Tondichter damals so vertraute Stimme entworfen [209] und ausgeführt. Für den Telramund war ein junger Sänger, Franz Betz, schon seit Jahren Mitglied des Berliner Hofopernpersonales, als Gast berufen worden. Er hatte die Sängerlaufbahn noch unter Anregung Schnorrs eingeschlagen, dessen glorreiches Vorbild auf ihn als damaligen Karlsruher Polytechniker von tiefem Eindruck gewesen war und ihn zur Kunst bestimmt hatte. Erst seit kurzer Zeit war jedoch sein Ruf im Beginn sich zu befestigen, und seine eigentliche Bedeutung sollte er erst den ihm durch Wagner gebotenen Aufgaben danken. Die Rolle der Elsa war einem ebenfalls noch jugendlichen Talente, dem Frl. Mathilde Mallinger anvertraut, die Partie der Ortrud einer Frau Bertram-Mayer aus Nürnberg. Jede Einzelheit der ganzen Aufführung, in Soli, Chören, Orchester aber war mit unerhörtem Fleiße von Bülow überwacht und geleitet worden. ›Auch Regie (sagt er selbst von sich) habe ich treiben müssen und mich ziemlich rasch hineingefunden.‹ ›Wagner war leider sehr angegriffen‹, schreibt er am 8. Juni an Dr. Gille, ›hat sich jedoch auf meine Bitte entschlossen, die letzten Proben szenisch und musikalisch zu kontrollieren. Nun bekommen wir wirklich eine recht korrekte Aufführung, relativ ein »Muster«. Tichatschek glänzend, Betz und Bertram-Mayer vortrefflich, Mallinger sehr poetisch.‹

Die Generalprobe fand am Dienstag den 11. Juni statt, in Anwesenheit des Königs und vor zahlreich geladenen Gästen. Es erfüllte Wagner mit Freude, von dem an Jahren gealterten Dresdener Freunde denselben energischen Silberklang der Stimme, den er bei der Ausführung des Werkes im Sinne gehabt, ganz so glanzvoll jugendlich wieder zu vernehmen, wie er ihm nach so langer Zwischenzeit noch in der Erinnerung vorschwebte. In seinen, ein Jahr später geschriebenen ›Erinnerungen an Schnorr‹, welche die Grenze von Tichatscheks Begabung, gegenüber dem weit umfassenderen Können des dahingeschiedenen Sängerhelden, so genau bestimmen, heißt es gleichwohl über Tichatscheks Wiedergabe der Erzählung des dritten Aktes: ›wer noch kürzlich von ihm im Lohengrin die Erzählung vom heiligen Gral in edelst klangvoller, erhabener Einfachheit vorgetragen hörte, der war wie von einem wirklich erlebten Wunder tief ergriffen und gerührt.‹ Er konnte sich am Schlusse der Probe nicht enthalten, den alten Freund auf offener Szene mit dankbarer Herzlichkeit zu umarmen. Nichtsdestoweniger vollzog sich noch im letzten Augenblick auf höheren Befehl eine Veränderung in der Rollenbesetzung. Dem Könige hatte die äußere Erscheinung Tichatscheks mißfallen; er hatte ihn in mündlicher Äußerung gegen seine Umgebung einen ›Ritter von der traurigen Gestalt‹ genannt. Es war ihm namentlich aufgefallen, den Sänger in einem anderen als dem befohlenen Kostüm, insonderheit ohne den ›blauen Mantel‹ auftreten zu sehen. Auch sei es ihm unmöglich, sich den Träger der Heldenrolle anders als einen zweiundzwanzigjährigen Jüngling zu denken und die Rolle von einem älteren Darsteller ausgeführt zu sehen. In einem an Düfflipp gerichteten [210] Schreiben befahl er demnach – unter möglichster Festhaltung des Aufführungs-Termines – die Besetzung durch Nachbaur oder Vogl. Sehr unzufrieden hatte er sich auch mit der Leistung der Bertram-Mayer ausgesprochen: sie sei ihrer Partie nicht gewachsen; es solle eine andere Sängerin telegraphisch nach München berufen werden.20 Es war allzu natürlich, daß der phantasiebegabte junge Herrscher sich in der langen (mehr als zweijährigen!) Zwischenzeit, in der er sich nach der Aufführung gerade dieses Werkes gesehnt, – ein sehr bestimmtes szenisches Bild davon in seinem Innern ausgeprägt, und daß er nun, am Ziele seines so lange unbefriedigt gebliebenen Wunsches, dieses innere Bild genau so, wie er es sich gedacht, auf seiner eigenen Bühne verkörpert wünschte. Trotzdem gab es Tags darauf zwischen Düfflipp, Bülow und dem Intendanten Perfall ernstliche Verhandlungen über die Art, wie die königlichen Wünsche zu realisieren wären, und noch am Donnerstag hatte niemand dazu Lust, dem Sänger die unangenehme Mitteilung zu machen. Auch Wagner nicht. Im Gegenteil, nachdem er einmal das Engagement Tichatscheks vermittelt, stand er auch für ihn ein; und indem er es dem Könige überließ, auf seiner Hofbühne den ›Lohengrin‹ ganz nach seinem Belieben sich dargestellt zu sehen, nahm er für seine Person vielmehr aus der getroffenen Verfügung den Anlaß, seinen Münchener Aufenthalt unverzüglich abzubrechen und sich – noch vor der Aufführung – eiligst nach Luzern zurückzubegeben. Von hier aus gab er, gleich nach seiner Ankunft, dem tiefgekränkten alten Freunde eine Ehrenerklärung in Form eines, zur Veröffentlichung bestimmten Briefes. Er schloß sich dabei an die offizielle Bekanntmachung, durch welche das Münchener Publikum beschwichtigt worden war, nämlich: daß Tichatschek durch ein plötzliches Unwohlsein an der Ausführung seiner Rolle verhindert worden sei. ›Du hast‹, so rief er ihm zu, ›so viele und schöne Siege in Deiner langen Sängerlaufbahn gewonnen; nimm diesmal nur mit dem Triumphe vorlieb, Deinem alten Freunde zu seiner großen Genugtuung bewiesen zu haben, daß er auf Dich und Deine wunderbare Gabe noch kräftig zählen kann, während Unmut und Trauer über das immer größere Verkommen edler Kräfte ihn immer mehr zur Entsagung und Einsamkeit drängen.‹

Der Aufführung selbst, die am Sonntag den 16. Juni vor sich ging, wohnte der Meister demnach nicht bei. An Stelle Tichatscheks und der Frau Mayer war, den Wünschen des Königs entsprechend, ein ganz jugendliches Sängerpaar aus der Schule Friedrich Schmitts: Heinrich Vogl und dessen nachmalige Gattin Therese Thoma, getreten, – so daß das gesamte Personal den Anblick einer Pflanzschule von frischen, strebenden Kräften darbot. Unter [211] Bülows Leitung war insbesondere der instrumentale Teil der Aufführung vollendet zu nennen. Keine Kürzung, kein Kapellmeisterstrich verunstaltete die erhabene Größe des Werkes, und es machte auf seine besten Kenner einen völlig neuen Eindruck. Die Aufnahme war, bei fast fünfstündiger Dauer (von 6 bis gegen 11 Uhr) eine glänzende; das Theater war – für München unerhört! – trotz der erhöhten Preise ausverkauft. Der König dankte Bülow in einem sehr schönen Brief. Seit Menschengedenken, sagt ein Augenzeuge, habe es kein solches Ensemble von Chor und Orchester gegeben. ›Bülow! welche Bahn hat er durchlaufen‹, rief Cornelius aus, ›bis er an diesen Punkt anlangte, den wir wohl seinen Zenith nennen möchten.‹ Er ›spiele den »Lohengrin« wie eine der großen Sonaten von Beethoven‹, sagt derselbe Beurteiler. Unmittelbar nach der Aufführung ging es an die Vorstudien der für den nächsten Monat – Ende Juli – angeordneten ›Tannhäuser‹-Aufführung in der neuen Bearbeitung. Während Bülow für die Durchführung auch dieser Aufgabe seine ganze Arbeitskraft, ja seine Gesundheit einsetzte, mußte es ihm dagegen von seiten der Mitwirkenden und der Intendanz begegnen, daß der Mangel einer geordneten Disziplin, die völlig kopflose Leitung an oberster Stelle, durch Fahrlässigkeit und Chikane das Gelingen auf eine unerhörte Weise erschwerte.21 Dazu kam, daß er noch ganz kurz vor dem angenommenen Termin der Generalprobe – in den Tagen vom 18. bis 21. Juli – nach Paris geschickt wurde, wo er gelegentlich der Weltausstellung, seitens der bayerischen Gesandtschaft daselbst, zum Kommissar der Jury für das internationale Militärmusik-Konzert vorgeschlagen war. Ungefähr um die gleiche Zeit, im Laufe des Monats Juli, hielt sich auch König Ludwig kurze Zeit in Paris auf, wohin ihn die Ausstellung lockte.22 Er reiste inkognito, unter angenommenem Grafentitel, verkehrte aber doch mit dem Kaiser Napoleon, den er auf einer Fahrt nach dem Walde von Compiègne begleitete, und von dem er sich das alte, in der Restauration begriffene Pierrefonds zeigen ließ. Der Tod seines Oheims, des Königs Otto von Griechenland, rief ihn (26. Juli) plötzlich ab; schon auf der Hinreise jedoch war er, zur Vorbereitung auf die bevorstehende, von ihm angeordnete ›Tannhäuser‹-Vorstellung auf der Durchreise in Thüringen eingekehrt und hatte sich die Räume der Wartburg zeigen lassen. Die Aufführung fand, nach Besiegung aller bedeutenden Schwierigkeiten der Besetzung und Einstudierung, am 1. August vor einem vollständig gefällten Hause statt; zwei Tage später, am Sonnabend den 3. August, noch eine Separatvorstellung in den Vormittagsstunden von 11 1/2 bis 3 Uhr, welcher der König von Anfang bis zum Schluß in der Mittelloge beiwohnte. Unmittelbar darauf trat Bülow, in höchstem Grade der Erholung [212] bedürftig, seine sechswöchentliche Urlaubsreise an, die ihn zunächst nach Triebschen, von dort in die Einsamkeit des Inntales (St. Moritz) führte.

Wie der Meister selbst über diese aufopfernden Bemühungen Bülows zugunsten der Erfüllung königlicher Wünsche dachte, darüber haben wir bereits bei früherer Gelegenheit (S. 175) berichtet. Er hielt alle diese Bestrebungen im höheren Sinne zum mindesten für ›verfrüht‹, da bisher für die methodische Ausbildung der dafür nötigen Kräfte noch so wenig geschehen war. Auch der jubelnde Beifall des Münchener Publikums konnte ihn unmöglich darüber täuschen, daß diese Versuche für jetzt jeder soliden Grundlage entbehrten, und demgemäß auf den öffentlichen Geschmack durchaus ohne jede dauernde Wirkung bleiben mußten. ›Ein einziges Mal‹, sagt er daher in späterem Rückblick, ›gelangte ich in München dazu, mein Werk wenigstens in betreff seines rhythmisch architektonischen Baues, meinen Intentionen vollkommen gemäß, einzustudieren. Wer mit wirklichem Gefühl und Verständnis den hieraus resultierenden Aufführungen beiwohnte, verwunderte sich jetzt nur über eines: nämlich, daß es dem Publikum gänzlich gleich blieb, ob es den, Lohengrin. so oder anders aufgeführt erhielt. Ward die Oper späterhin wieder nach der alten Routine gegeben, so blieb der Eindruck immer derselbe. Eine Erfahrung, welche den Direktor des Theaters recht behaglich stimmen konnte, mich aber notwendig wiederum sehr gleichgiltig gegen das Befassen mit dem deutschen Publikum machen mußte.‹23 Um so dringender ergab sich die Notwendigkeit, durch die so lange verschobene Errichtung der, seit Jahren geplanten ›Musikschule‹ unter Bülows Oberleitung – an Stelle des bisherigen, gänzlich unfruchtbaren Konservatoriums – den fehlenden Unterbau für die Verwirklichung jeder höheren künstlerischen Absicht zu liefern Unter beständigen Intriguen und Abwiegelungen seitens der Lachner- Partei24 war die definitive Begründung dieses Institutes, an dessen Etat Bülow bereits im Herbst 1865 gearbeitet (S. 117), nunmehr endlich für den Oktober des laufenden Jahres festgesetzt. Und wieder finden wir dieses Unternehmen, ganz wie damals, in allerengster zeitlicher Verbindung mit der Begründung des notwendigen publizistischen Organes, aus welchem das Publikum die Anleitung für die richtige Beurteilung der obwaltenden großen Kunstfragen und reformatorischen Schritte gewinnen könnte, von deren wahrem Wesen es einstweilen auch nicht das mindeste Verständnis hatte Wagner selbst hatte hierfür lange zwischen einem bloßen Kunstblatte, im Anschluß an die Musikschule, und einer einflußreichen großen politischen Zeitung geschwankt. Wie die Dinge augenblicklich lagen, bot sich ihm die letztere Möglichkeit fast ohne sein besonderes Zutun dar.

Wir gedachten bereits der durch Hohenlohe an Fröbel gerichteten Aufforderung [213] zur Ausarbeitung eines Programmes für eine projektierte offizielle süddeutsche Zeitung. Was dem Meister durch die Intriguen seiner Gegner im damaligen Ministerium noch vor zwei Jahren so unendlich schwer gemacht worden war und ihm so viele Verfolgungen zugezogen hatte, wurde ihm jetzt, als die Frucht seiner eigenen früheren Anregungen, fast fertig entgegen gebracht. ›Am 28. Juli‹, erzählt Fröbel, ›überreichte ich dem Fürsten das gewünschte Schriftstück, welcher vollständig damit übereinstimmte. Mein Programm für die Wirksamkeit der Zeitung, für welche der Titel »Süddeutsche Presse« gewählt wurde, fand ohne irgend eine Einwendung die einstimmige Billigung des Ministerrates und die Genehmigung des Königs. Am 29. August wurde zwischen der bayerischen Regierung und mir ein auf die Herausgabe des Blattes bezüglicher Vertrag abgeschlossen und am 1. Oktober erschien die erste Nummer.‹ Zur ökonomischen Sicherstellung des neuen Blattes, welches an die Stelle der eingehenden ›Bayerischen Zeitung‹ trat, verpflichtete sich in diesem Vertrage die Staatsregierung für den Zeitraum von fünf Vierteljahren (also bis zum 1. Januar 1869) zur Deckung eines allfälligen Defizits. ›Zu Honoraren und Raum für Kunstkritik und Kunsttheorie im Wagnerschen Geiste, besonders mit Bezug auf Theater und Musik, hatte der König außer der Staatssubvention (von zwanzigtausend Gulden) auf die nämlichen fünf Vierteljahre eine weitere namhafte Summe (zehntausend Gulden) aus seiner Kabinetskasse zugesagt. Ich stimmte mit Wagner in der Ansicht überein, daß das Theater mit dem politischen Leben des Volkes in eine wesentliche Verbindung gesetzt werden sollte; daß er sich unter der Wirksamkeit des Blattes, woraus alles Gute auch für seine Kunsttendenzen folgen werde, die Befreiung des bayerischen Volkes von dem verwahrlosenden Einflusse der Geistlichkeit und der Bureaukratie dachte, konnte als leitender Gedanke für die Beeinflussung der inneren Politik nur meine Beistimmung finden.‹25 Um sich andererseits in betreff der gebrachten Opfer sicher zu stellen, betonte der Meister in seinen Korrespondenzen mit Fröbel ausdrücklich, der durch ihn vermittelte königliche Zuschuß solle ›zu Stipulationen für Errichtung einer artistischen Separatredaktion führen‹ und leitete daraus von Hause aus mit Bestimmtheit einen Einfluß auf den, der Kunstkritik gewidmeten Teil des Inhaltes und auf die Wahl der ihn liefernden Schriftsteller ab.26 ›Die Anfang Oktober in München erscheinende »Süddeutsche Presse« hat in der Person Richard Wagners einen Chefredakteur des Feuilletons gefunden‹, konnte man damals in den Zeitungen lesen.27 War eine derartige Bezeichnung der Sachlage auch sehr kurzweg über das Knie gebrochen, so prägte sich doch das eine in ihr aus, daß nicht die subjektiven Ein- und Ansichten eines [214] J. Fröbel für die hier zur Geltung gelangenden Kunstanschauungen maßgebend sein konnten, sondern bei dem ganzen Unternehmen die Verwirklichung der gleichen ernsten und hohen Absichten in das Auge gefaßt war, die den Meister schon um die ›Tristan‹-Zeit und im darauf folgenden Herbst beschäftigt hatten. Auch die königliche Unterstützung konnte keinem anderen Zwecke, als diesem einzigen dienen wollen. Schon das Verhältnis, daß von der gesamten Subventionssumme ein volles Dritteil auf das sonst so geringschätzig behandelte ›Feuilleton‹ entfiel, bekundete deutlich die höhere Absicht, die hervorragende Wichtigkeit, welche der Durchführung der hier vorzutragenden Gedanken beigemessen wurde. Das alles erscheint uns heute so einfach, klar und verständlich – und doch, welch sonderbare Kämpfe standen dem Meister selbst auch noch auf diesem, von ihm selbst errichteten Grund und Boden bevor!

Seit seiner Rückkehr aus München nach Luzern beschäftigte ihn hier in voller Zurückgezogenheit die Vollendung seines Werkes, der Partitur der ›Meistersinger von Nürnberg‹. Aber wie sein unausgesetzt tätiger Geist es von jeher gewohnt war, sich bei einer Arbeit von der anderen zu erholen, so geschah es auch jetzt. Gerade während dieser Sommermonate sammelte er sich zu der Abfassung der gedankenreichen Abhandlung über ›Deutsche Kunst und deutsche Politik‹, in welcher er die Beobachtungen und Erfahrungen, die er von der Höhe seines künstlerischen Ideales aus an der geschichtlichen Entwickelung des deutschen Geistes gemacht, in einem großen Zusammenhang niederlegte. Sie war für das neue Organ, die ›Süddeutsche Presse‹, bestimmt und wandte sich demnach an die weiteste Öffentlichkeit. In der Gedrängtheit und Fülle ihres Gehaltes, in dem unversieglichen Reichtum der Gedanken und Anschauungen, die hier aus dem tief und warm erregten Inneren des Genius strömen, läßt sie sich in der ganzen Weltliteratur nur noch mit ein er anderen in Vergleichung stellen, – wir haben diese Zusammenstellung schon bei einer früheren Gelegenheit angedeutet und durchgeführt. Diese Schrift des reformatorischen Künstlergeistes hat ihr einziges ebenbürtiges Gegenstück in des großen Glaubens-Reformators: ›Sendschreiben an den christlichen Adel deutscher Nation‹. Wollte Gott, daß die Zeit nicht mehr fern sei, wo sie zur obligatorischen Lektüre an sämtlichen deutschen Schulen gemacht wird! Im Anschluß an einen bedeutsamen Ausspruch des befreundeten Politikers Konstantin Frantz über den verderblichen Einfluß der materialistischen französischen Bildung und die ihr gegenüberzustellende ›rechte deutsche Propaganda‹ wird die Bedeutung des deutschen Geistes für die Gesamtentwickelung der neueren europäischen Völker konstatiert. ›Wie bei der Zertrümmerung des römischen Weltreiches mit seiner nivellierenden, endlich ertötenden Zivilisation eine völlige Regeneration des europäischen Völkerblutes nötig war, dürfte heute zur Befreiung von dem freiheitsmörderischen Einflusse der französischen Zivilisation eine [215] Wiedergeburt des Völkergeistes erforderlich sein.‹ Derselben Nation, von welcher einst jene Regeneration ausging, scheine auch die Vollbringung dieser Wiedergeburt vorbehalten zu sein. Die französische Zivilisation sei ohne das Volk, die deutsche Kunst ohne die Fürsten entstanden: abseits von dem Hofe des genialsten deutschen Herrschers, Friedrichs des Großen, habe sich die Wiedergeburt des deutschen Geistes vollzogen. Wie daher jene zu keiner gemütlichen Tiefe gelangen könne, weil sie das Volk nur überkleide, nicht aber ihm in das Herz dringe, so gebreche es dagegen der zweiten an Macht und adeliger Vollendung, weil sie die Höfe der Fürsten noch nicht erreichen und die Herzen der Herrscher dem deutschen Geiste noch nicht erschließen kann. ›Dem deutschen Geiste, der unserer Einsicht, unserem Gefühle kenntlich nur erst noch in dem idealen Aufschwunge der großen Schöpfer der deutschen Wiedergeburt des vorigen Jahrhunderts nachweisbar ist, – diesem Geiste im deutschen Staatswesen die voll entsprechende Grundlage zu geben, heißt so viel als die beste und einzig dauerhafte Staatsverfassung gründen.‹ Alle Hoffnungen für eine deutsche Bildung macht er demgemäß von der Entscheidung abhängig, ob in dem durch die Wiedergeburt der Kunst neugestalteten öffentlichen Leben ein Theater erstehe, welches dem innersten Motiv seiner Kultur in der Weise entspräche, wie das Theater der alten Griechen dem griechischen Geiste entsprach. Dann erst würde auch die bildende Kunst und jede andere Kunst wieder an dem belebenden Quell angelangt sein, aus welchem sie bei den Griechen sich ernährte.

Dem von Fröbel veröffentlichten Programm für die Wirksamkeit der ›Süddeutschen Presse‹ konnte der Meister mit lebhafter Zufriedenheit beistimmen. ›Haben Sie Dank für Ihr treffliches Programm‹, schrieb er ihm von Luzern, ›ich stehe mit Leib und Seele dazu.‹ Noch vor dem Beginn des Erscheinens der Zeitung gelangte (gegen Ende September) eine Probenummer zu weitester Versendung. Dieselbe brachte außer einem glänzenden Einführungs-Artikel des Redakteurs bereits auch den ersten Abschnitt der Abhandlung Wagners, aber ohne Namensnennung des Verfassers. Nicht der Name, sondern die Sache, die Macht der darin enthaltenen Gedanken, sollte vorerst ihre Wirkung auf den Leser ausüben. Auch die kleineren Aufsätze, welche er in der nächstfolgenden Zeit eben demselben Blatte anvertraute,28 sind ohne seine Namensunterzeichnung erschienen. Aus dem tiefen Schweigen seiner Arbeit an dem letzten Akte der ›Meistersinger‹ dringt im übrigen kein Laut über sein äußeres Leben zu uns, außer einigen anekdotischen Berichten nach mündlichen Erzählungen seines jungen Gehilfen bei den Kopierarbeiten für Partitur und Stimmen, Hans Richter,29 der nun schon bald ein ganzes Jahr [216] im oberen Stock der Villa Triebschen ein Zimmer inne hatte und dem er jede Seite der Partitur, sobald sie vollendet war, eigenhändig überbrachte. Sein Arbeitszimmer lag unter jenem Richters, – aber in den dreizehn Monaten, welche dieser unter seinem Dache weilte, hatte Richter ihn (während der Arbeit) keinen Ton auf dem Klavier anschlagen hören: ›ein Beweis, daß er während des Komponierens jedes Tonbild klar im Kopfe hatte.‹30 Auf die sonderbare Frage, ob ihn der Meister jemals in bezug auf die Anwendung der Instrumente zu Rate gezogen (!!), erwiderte Richter: ›Nein, darüber brauchte Wagner keinen Rat. Er wußte mehr als irgend ein anderer. Ein einziges Mal kam er, mit einer noch nassen Seite seiner Partitur, auf mein Zimmer, und fragte mich: »Glauben Sie, daß diese Phrase auf dem Horn in diesem schnellen Tempo gespielt werden kann? Ist sie nicht zu schwierig?« Es war die Stelle aus dem Finale des zweiten Aktes, wo das Horn das Thema von Beckmessers Ständchen aufnimmt. Ich sah die Passage an und versicherte ihm: »Gewiß kann es gespielt werden, aber es wird seltsam und näselnd klingen.« »Vorzüglich!«, rief Wagner aus, »das ist gerade, was ich beabsichtigt habe. Es wird sicher die gewünschte Wirkung machen.« Ich mußte also mein Horn nehmen und die Stelle mehrmals spielen, jedesmal schneller als vorher. Er war entzückt, denn der Effekt war genau der von ihm gemeinte.‹ So weit die Erinnerungen Richters. Auf keine bessere Weise konnte er in die Tiefen dieser Partitur eindringen, als dadurch, daß jede ihrer Noten, frisch aus Wagners Feder kommend, durch die seinige ging! In jeder Hinsicht war das in Triebschen verbrachte Jahr für den späteren Meisterdirigenten von höchster erziehender Bedeutung. Erst mußte er in unmittelbarem Verkehr des Meisters persönlicher Jünger werden und jene Weihen empfangen, welche nur dieser beglückende tägliche Umgang verleihen konnte. Gegen Ende September entließ ihn Wagner für einige Tage auf Urlaub nach München, um die vorbereitenden Maßnahmen für die, von ihm zu leitenden Chorproben zu treffen, – die Malerarbeiten für die Dekorationen hatten bereits seit dem Sommer im Glaspalast ihren Anfang genommen. Um ihm für die Zeit der bevorstehenden Studien, die sich nicht allein auf den Chor, sondern auch auf die Solisten erstreckten, eine feste Grundlage für seine äußere Existenz zu geben, wünschte ihm Wagner – nach Erledigung seiner Kopiearbeiten – eine förmliche Anstellung als Chordirigent und Instruktor, eigens für die Aufführung der ›Meistersinger‹, zugewiesen zu sehen. ›Wenn nach Deinem Ermessen‹, schreibt er daher (3. Oktober) an Bülow, ›die Verlängerung seines Aufenthaltes in München seiner Anstellung förderlich sein kann, soll er noch den nötigen Urlaub von mir hierzu sich als erteilt ansehen.‹31

Um die gleiche Zeit hatte sich Heinrich Laube, der inzwischen seine Beziehungen [217] zum Wiener Hofburgtheater gelöst und eine neue Anknüpfung suchte, mit dem Anliegen an ihn gewandt, seine Anstellung am Münchener Hoftheater zu befürworten. Nach bestem Wissen und Gewissen konnte der Meister diese Bitte erfüllen. ›Lies Laubes Brief‹, fährt er daher in dem eben erwähnten Schreiben an Bülow fort. ›Er ist – glaube mir – keiner von den Schlechten. Würde Perfall Intendant, so könnte er sich gar keinen besseren zum Oberregisseur oder technischen Direktor bestellen: er ist sehr praktisch, versteht viel, enorm tätig und straff. Das übrige wäre meine Sache.‹32 Man erkennt aus diesem Schreiben die ungetrübte gute Gesinnung Wagners gegen den Jugendfreund, dessen gelegentliche Gastfreundschaft er noch in den trüben Wiener Jahren genossen.33 Nachdem er ihm sofort zustimmend auf sein Anliegen geantwortet und sich beim Kabinetssekretär Dûsslipp für ihn verwendet, unterließ es Laube nicht, sofort persönlich in München zu erscheinen und wegen Übernahme der Direktion in eine Unterhandlung zu treten, welche bekanntlich – doch nicht zum Ziele führte. Dies war aber nicht Wagners Schuld, sondern lag in Verhältnissen begründet, die sich (wie so manches andere in der bayerischen Hauptstadt!) seinem Einfluß entzogen. Der Groll jedoch, welchen Laube von diesem Augenblick an auf ihn warf, war des alten Freundes und sonst ehrenwerten Charakters wenig würdig. Wir werden den, ganz unvermutet explodierenden Äußerungen dieser Laubeschen Gereiztheit späterhin noch begegnen!

Noch ein ganz anderes Ereignis aber fällt in diese Oktobertage, kurz vor der gänzlichen Vollendung der ›Meistersinger‹. Es war ein Besuch Liszts, dieses wunderbaren Freundes, den Wagner während der ganzen langen Zeit ihrer innigen Freundschaft doch immer nur auf Tage, höchstens auf Wochen in trautem Verkehr von Person zu Person genossen, – zuletzt vor drei Jahren (S. 22/24) und seitdem nicht wieder, selbst zum ›Tristan‹ nicht (S. 83/84)! Er war im Laufe des Sommers, einer Einladung des Großherzogs folgend, von Rom aus nach Weimar gekommen, um daselbst, zur achthundertjährigen Feier der Erbauung der Wartburg, einer Aufführung seiner ›heiligen Elisabeth‹ beizuwohnen. Gegen Ende September kam er auf einige Wochen nach München, gerade noch rechtzeitig, um bei den Vorstellungen des ›Tannhäuser‹ (22. Sept.) und des ›Lohengrin‹ (29. Sept.), unter Bülows Leitung, zugegen zu sein und u.a. auch die soeben erschienene Probenummer der ›Süddeutschen Presse‹ (mit einem Briefe vom 26. Sept.) nach Rom an die Fürstin Wittgenstein zu schicken.34 Von München aus begab er sich über Stuttgart, wo er mit Richard Pohl zusammentraf, in Begleitung dieses letzteren nach Basel. Hier überraschte er seinen Reisegenossen mit der Nachricht, daß er den Rückweg nach München über – Triebschen nehmen [218] werde, wo er sich soeben bei Wagner telegraphisch angemeldet. ›Diese Reiseroute‹, so erzählt Pohl,35 ›hatte für mich etwas Geheimnisvolles. Ich konnte anfänglich nicht begreifen, weshalb Liszt nicht das Verlangen zeigte, nach mehrjähriger36 Trennung Wagner auf längere Zeit zu sehen und zu sprechen, bis mir der Gedanke kam, daß Liszt es überhaupt niemand wissen lassen wollte, daß er nach Triebschen ging. Für die Welt, die ihn ja überall beobachtete, war er auf der Rückreise von Basel nach München unterwegs; der »Umweg« über Triebschen blieb sein Geheimnis. Schließlich kam ich auf den Gedanken, daß die Reise nach Basel nur der Vorwand, der Besuch in Triebschen aber das eigentliche Reiseziel gewesen sei.‹ In der Frühe des 9. Oktober bestiegen sie den ersten Zug nach Luzern, das sie Mittags nach zwei Uhr erreichten. ›Bei seiner Ankunft in Luzern wurde Liszt am Bahnhofe von Wagners Diener, Stocker, empfangen und in des Meisters Einspänner direkt nach Triebschen gefahren.‹ Ein ›historischer‹ alter Schimmel, der einst beim Sonderbundskriege das Schlachtroß des Luzerner Kommandanten gewesen war, habe den Wagen gezogen. ›Was veranlaßte nun Liszt‹, so fragt Pohl, ›zu diesem Inkognitobesuche? was hatte er Wagner Spezielles zu sagen? Er ließ darüber keine Silbe verlauten, wie er überhaupt über seine persönlichen Absichten und Pläne stets ein diplomatisches Schweigen zu beobachten liebte. Genug, an jenem Oktobertage hat Liszt mit Wagner eine wichtige Unterredung gehabt, die er so geheim hielt, daß er nicht einmal die Tatsache dieser Unterredung zur öffentlichen Kenntnis gelangen lassen wollte.‹ Leicht können wir es uns sagen, daß es sich dabei um die entscheidende Angelegenheit in Wagners Leben gehandelt habe, die einzige, welcher auch Liszt nicht fernstand und die gewiß auch während seines mehrwöchentlichen Aufenthaltes in München zwischen ihm und Bülows den Gegenstand ernster Beratungen gebildet haben muß.

Bei seiner Rückkehr nach München sprach er die bedeutenden Worte: ›Ich war bei Wagner, das ist das Beste, was ich getan habe. Es ist mir, als ob ich Napoleon auf St. Helena gesehen hätte.‹ Seinen Reisebegleiter Pohl hatte er nicht mit angemeldet: ›er wollte Wagner allein sprechen, und wußte auch nicht, wie der Meister einen weiteren Besuch aufnehmen würde.‹ Deshalb war Pohl vom Schweizerhof aus mit dem Dampfer nach Flüelen gefahren, um den einsamen Nachmittag auf diese Weise zu verbringen. Als er im Abenddunkel von dort zurückkam, stand der Einspänner mit dem Schimmel schon vor dem Gasthof, dessen Personal sich in einiger Aufregung befand. Seit einer Stunde wartete Wagners Wagen auf ihn; der Kutscher hatte den Auftrag, ihn samt Gepäck nach Triebschen zu bringen, er sollte dort wohnen. [219] So verdanken wir der Erinnerung Pohls eine recht genaue Schilderung dieses Abends, die wir in verkürzter Form unserer Erzählung einschalten. ›Als ich in Triebschen ankam, war es schon ganz dunkel; die Laternen am Luzerner Quai flimmerten über den See herüber, der Pilatus reckte sich riesenhaft in den Nachthimmel, – ringsum die tiefste Stille. Als der Wagen durch das Hoftor einfuhr, schlug ein großer Hund grimmig an: es war Ruß, der schwarze Neufundländer des Meisters Es kostete einige Mühe, bis der herbeigeeilte Stocker den treuen Wächter überzeugt hatte, daß ich ein Verehrer seines Herrn sei. Der Meister empfing mich äußerst freundlich und machte mir nur den Vorwurf, daß ich sehr lange auf mich habe warten lassen; das Souper sei nun schon vorüber. Ich erklärte mein spätes Kommen und mußte nun »nachexerzieren«. Wagner war in der allerbesten Laune; er setzte sich bald plaudernd an den Tisch, bald ging er, lebhaft erregt, im Salon auf und ab. Er erzählte, welche Mühe und Not er gehabt habe, um seine kleine Villa wohnlich einzurichten: es habe an allem gefehlt, sogar an Ofen. Jetzt war aber alles in schönster Ordnung; zum geschmackvollsten Arrangement besaß Wagner bekanntlich ein erstaunliches Talent Alle Zimmer waren hell erleuchtet, teils durch Hängelampen, teils durch Wandleuchter; im Schlafzimmer brannte eine rote Glasampel. Liszt war mit Wagner etwa sechs Stunden ganz allein gewesen und hatte also hinlänglich Zeit gehabt, sich auszusprechen. Als ich ankam, saß er am Bechsteinschen Flügel, die Partitur der »Meistersinger« lag auf dem Notenpult aufgeschlagen; der erste Akt war schon durchgespielt, der zweite begann. Wie Liszt diese, ihm völlig unbekannte, schwierige Partitur prima vista spielte, war einzig in seiner Art. Wagner sang dazu – ich habe nie eine schönere Aufführung der »Meistersinger« gehört. Diese Wahrheit des Ausdruckes, diese Schönheit der Phrasierung, diese Klarheit in allen Details war hinreißend! Nur beim zweiten Finale stockte Liszt: »das muß man auf der Bühne hören, es ist zu polyphon, mm es am Klavier herauszubringen«, sagte er. Über den dritten Akt war er am meisten entzückt – so etwas könne niemand machen, als Wagner, erklärte er mehreremal, wenn er vor Staunen und Entzücken innehielt, um die Stelle noch einmal zu spielen. Bis Mitternacht wurde musiziert; dann brach Liszt auf, da er am andern Morgen fünf Uhr schon weiter reisen wollte. Wagner geleitete ihn in sein Schlafzimmer im oberen Stock; ich erhielt ein Zimmer gegenüber. Wagner hatte seine Leute früher zur Ruhe gehen lassen, damit sie am andern Morgen rechtzeitig bei der Hand seien. Der Meister war deshalb genötigt, eigenhändig in allen Zimmern die Lampen zu löschen, die Türen zu verschließen usw. Liszt hatte seinen montenegrinischen Kammerdiener Spiridion bei sich, der ihn bediente. Am andern Morgen war Liszt zuerst wach: als er abfahren wollte, erschien, trotz der frühen Stunde, Wagner im Hausflur, um sich aufs herzlichste zu verabschieden. Ich begleitete Liszt [220] bis Luzern zum Bahnhofe; er reiste über den Bodensee direkt nach München, wo er Abends eintreffen wollte. Meine Frage, weshalb er denn seinen Aufenthalt bei Wagner nicht verlängert habe, schnitt er mit den Worten ab: »Es ging nicht. Man muß in allen Fällen korrekt verfahren und präzis sein.«‹37

Zehn Tage nach diesem Besuche, am Sonntag den 20. Oktober, war die Partitur der ›Meistersinger‹ völlig abgeschlossen, der letzte Federzug an dieser gewaltigen Schöpfung seiner reifsten Meisterschaft getan. In diesem selben Monat Oktober hatte die Vermählungsfeier des jungen Monarchen stattfinden sollen, zu ihrer Verherrlichung war, wie wir uns erinnern, die erste Aufführung des Werkes durch den König selbst bestimmt gewesen. Und doch hätte sich der Meister aus diesem Grunde mit der Vollendung nicht zu beeilen gehabt. Schon seit länger war die Hinausschiebung der Feierlichkeit um einen vollen Monat, bis Ende November, beschlossene Sache; noch vor dem letzten Abschluß des Werkes aber erfolgte der definitive Bruch, die Aufhebung der Verlobung in gegenseitigem Einverständnis. In einem schönen ernsten Briefe vom 19. Oktober teilte sich der königliche Freund ihm darüber ausführlich mit. Seine Verlobte habe sein Wesen nur oberflächlich zu beurteilen verstanden: sie besitze nicht die Tiefe, die er von seiner zukünftigen Gattin verlange, und er danke Gott, daß er rechtzeitig zu dieser Erkenntnis gekommen. Leider war der kurze Traum eines zukünftigen Eheglückes, den der junge Einsame auf dem Throne geträumt, auch für seine idealen Pläne nicht ohne Nachwirkungen geblieben. Die beabsichtigte Vermählung hatte ihn in nicht unerhebliche Unkosten verwickelt; der von ihm immer noch festgehaltene Plan des Theaterbaues für die Nibelungen, dessen Beginn von ihm noch für dieses laufende Jahr bestimmt gewesen war, mußte um dieser unvermeidlichen Ausgaben willen auf das kommende Jahr verschoben werden. Der Aufschub des Unternehmens, an welchem der königliche Beschützer des großen reformatorischen Kunstgedankens mit ganzer Seele hing, fiel ihm in Wahrheit nicht leicht. Er wäre ihm aber noch schwerer gefallen, hätte er sich sagen können, daß damit ein weiterer Schritt auf dem Wege der völligen Loslösung desselben von seiner Hauptstadt getan war! Erst die Folge sollte dies immer deutlicher bezeigen.

Nach so anhaltender, unausgesetzter Tätigkeit bedurfte der Meister dringend einer völligen Ausspannung. Er beschloß daher, als zerstreuende [221] Diversion, in etwa achttägiger Reise einen Blick in die Pariser Weltausstellung dieses Jahres zu werfen, deren Schließung mit dem Ende Oktober bevorstand. Wie diese Ausstellung, seit dem Anfang Mai, als das erste große derartige Unternehmen auf dem Kontinent, der Anziehungspunkt für ganz Europa gewesen war, so waren ihm sowohl der königliche Freund, als auch Bülow, wie bereits erwähnt, in ihrem Besuche bereits vorausgegangen. Am 28. Oktober traf er in Paris ein, und nahm im Grand Hôtel Wohnung Leider vereinigten sich eine große Erschöpfung und ein beschwerlicher Magenkatarrh zu der Wirkung, daß ihm die Tage seines dortigen Verweilens dadurch getrübt wurden Besuche machte er nicht, mit Ausnahme eines solchen bei Olivier, den er aber verreist fand, und seinem alten Freunde Charles Nuitter,38 der ihm auch bei dieser Gelegenheit, wie ehedem, seine Treue und Ergebenheit bewies. Aus seinen an Bülows gerichteten Briefen wird uns mitgeteilt, daß er aus einkassierten französischen Tantiemen auch zwei große Puppen für die beiden Bülowschen Kinder, Daniela und Blandine, gekauft habe. Einmal besuchte er auch das Théâtre Gymnase, wir wissen aber nicht, zu welcher Aufführung. Auf der Ausstellung dauerte ihn ein armer Händler, der bis zum Schluß derselben eine kostbare Sammlung farbenprächtiger tropischer Schmetterlinge nicht verkauft hatte: er kaufte sie ihm ab und sie bildet noch heutigen Tages einen Schmuck des großen Saales in Wahnfried. Vor allem aber fand bei diesem kurzen Aufenthalte in Paris das ergreifende Erlebnis statt, dessen er noch zwanzig Jahre später gedenkt, da es sich seiner inneren Anschauung so tief eingegraben, daß er den empfangenen Eindruck nicht wieder loswerden konnte. Soeben hatte er noch in ›Deutsche Kunst und deutsche Politik‹ bei einer Beurteilung des französischen Volkscharakters die hoffnungsvolle Annahme ausgesprochen, daß die Mischungen und Brechungen desselben gewiß nicht mindere Anlagen zur Bildung des Reinmenschlichen in sich schlössen, als die anderweitigen Glieder der europäischen Völkerfamilie.39 Nun aber mußte er durch den eigenen Augenschein, durch ›eine Stunde wahrhaftigsten Sehens‹ etwas erfahren, was ihn, tiefer belehrte, als alle Philosophie ›Geschichts- und Rassenkunde‹. Wir schalten daher diese Erzählung mit seinen eigenen Worten hier ein.40

›Es war am Schließungstage der Pariser Weltausstellung des Jahres 1867. Den Schulen war an diesem Tage der freie Besuch derselben gestattet worden. Am Ausgange des Gebäudes durch den Einzug der Tausende von männlichen und weiblichen Zöglingen der Pariser Schulen festgehalten, verblieb ich eine Stunde lang in der Musterung fast jedes einzelnen dieses, eine ganze Zukunft darstellenden, Jugendheeres verloren Mir wurde das [222] Erlebnis dieser Stunde zu einem ungeheuren Ereignis, so daß ich vor tiefster Ergriffenheit endlich in Tränen und Schluchzen ausbrach. Dies wurde von einer geistlichen Lehrschwester beachtet, welche einen der Mädchenzüge mit höchster Sorgsamkeit anleitete und am Portale des Einganges wie verstohlen nur aufzublicken sich erlaubte. Zu flüchtig nur traf mich ihr Blick, um, selbst wohl im günstigsten Fall, von meinem Zustande ihr ein Verständnis zu erwecken; doch hatte ich mich soeben bereits gut genug im Sehen geübt, um in diesem Blicke eine unaussprechlich schöne Sorge als die Seele ihres Lebens zu lesen. Diese Erscheinung faßte mich um so dringender, als ich nirgends sonst in den unabsehbaren Reihen der Gefährten und Führer auf eine gleiche, ja nur ähnliche getroffen war. Im Gegenteile hatte mich hier alles mit Grauen und Jammer erfüllt: ich ersah alle Laster der Weltstadtsbevölkerung im voraus gebildet, neben Schwäche und Krankhaftigkeit, Rohheit und boshaftes Begehren, Stumpfheit und Herabgedrücktheit natürlicher Lebhaftigkeit, Scheu und Angst neben Frechheit und Tücke. Dies alles angeführt von Lehrern allermeist geistlichen Standes in der häßlich eleganten Tracht des neumodischen Priestertums; sie selbst willenlos, streng und hart, aber mehr gehorchend als herrschend. Ohne Seele alles – außer jener einen armen Schwester.‹

Ein langes tiefes Schweigen, so beschließt er diese Erzählung, habe ihn von dem Eindrucke jenes ungeheuren Sehens erholt. ›Sehen und Schweigen: dies wären endlich auch die Elemente einer würdigen Errettung aus dieser Welt. Nur wer aus solchem Schweigen seine Stimme erhebt, darf endlich auch gehört werden.‹ Und schweigend nahm er denn für diesmal von der glänzenden Kapitale Frankreichs Abschied, um sich ohne Verzug in die Stille seines Schweizer Aufenthaltes, zu dem alten Hause am Vierwaldstätter See zurückzuwenden.

Fußnoten

1 H. v. Bülow, Briefe IV, S. 169.


2 Dr. Georg Hirthin der Münchener ›Jugend‹ 1902, Nr. 35.


3 ›Ludwig der Einsame‹, Aphorismen von Georg Hirth a. a. O., S. 576.


4 Bülow, Briefe IV, S. 170.


5 Vgl. dazu die Äußerung Bülows an J. Raff, vom 17. Januar, wonach Wagner sich damit einverstanden erkläre, seinen einstweilen bloß für Militärorchester gesetzten ›Huldigungsmarsch‹ durch Raff instrumentiert zu sehen. ›Er bittet‹, heißt es dann weiter, Schott hiervon in Kenntnis zu setzen, da er absolut keinen Brief jetzt schreiben kann: ›Kompositionsfieber‹ (Briefe IV, S. 171).


6 Ebenda IV, S. 170. Dagegen rührt das Vorspiel in dem Tausigschen Klavierauszug, ein wahres Wunderwerk der Arrangierkunst, bekanntlich direkt von Bülow her (S. 190 des vorliegenden Bandes, Anm. 3).


7 Bülow, Briefe IV, S. 175.


8 An Liszt, 20. Febr. 1867.


9 An A. Ritter, Ende Februar (Bülow, Briefe IV, S. 176).


10 An J. Raff, 16. Febr. 1867.


11 Der König an Wagner, 5. März 1867.


12 Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt 1906), S. 211 des ersten Bandes.


13 Mit dieser Erklärung sagte der Fürst dem Meister nichts Neues, vgl. dessen für die ganzen Zustände charakteristische briefliche Äußerung an Dr. Schanzenbach vom 20. Februar 1867, also noch vor der oben geschilderten Begegnung: ›Ich weiß, daß es im besonderen Interesse der Umgebung des Königs zu liegen scheint, der eigentümlichen Scheu desselben, delikate Fragen direkt mit den betreffenden höchsten Beamten zu verhandeln, dadurch zu schmeicheln, daß man sich als Vermittler und Berichterstatter meldet. Diese Vermittler und Berichterstatter – geehrtester Freund – sind die Teufel, an welchen das ganze kgl. Staatswesen Bayerns gegenwärtig leidet. Stößt der Fürst auf Mißtrauen seitens des Königs, so möge er sicher sein, daß dieses Mißtrauen ganz vorzüglich damit genährt wird, daß eben diese Vermittler und Berichterstatter u.a. auch dem König übermitteln und berichten, daß Fürst Hohenlohe etwa äußerst bedenklich in meinem Betreff gesinnt sei, auch überhaupt usw. Wenn es Ihnen als gutem Bayer daran liegt, den Fürsten Hohenlohe am Staatsruder erhalten zu sehen, so suchen Sie ihn zu bewegen, nicht mit dem Kultusminister Gresser, sondern mit Sr. Majestät selbst ein offenes, beruhigendes Wort über mich zu sprechen‹ usw.


14 An Draeseke, 14. März 1867.


15 Bülow, Briefe IV, S. 180/81 (an Felix Draeseke)


16 Röckel an Wagner (Ostermontag, den 22. April): ›Bülows schon so ziemlich in Ordnung, und werden in einigen Tagen das Hotel verlassen.‹


17 Hofrat Lorenz von Düfflipp, Sekretär des Königs und Nachfolger Pfistermeisters im Kgl. Kabinet.


18 Fröbel fügt noch die Worte hinzu: ›und wohnte im gleichen Gasthause‹. Daß diese letztere Angabe irrtümlich ist, erhellt daraus, daß Wagners ›Gasthaus‹ bei diesen Münchener Besuchen – die Wohnung Bülows war!


19 Fröbel, II, S. 178.


20 Vgl hierzu: ›Joseph Tichatschek. Eine biogr. Skizze‹ (von M. Fürstenau, Leipzig, G Heinze 1868) und: Bülow, Briefe IV, S. 188.


21 Vgl. dazu die ›Bemerkungen, die Kgl. Hoftheaterintendanz betreffend‹, in Bülows Briefen IV, S. 193.


22 Vgl. hierzu die Bemerkung im ›Anhang‹ dieses Bandes.


23 Ges. Schriften IX, S. 342.


24 Vgl. z.B. Bülows Briefe IV, S. 205.


25 Fröbel, Memoiren II, S. 480. 484/85 (verkürzt).


26 Ebendaselbst S. 485.


27 Vgl. z.B. ›Signale für die mus. Welt‹ v. 12. Sept. 67.


28 Sie sind unter dem Titel ›Zensuren‹ im VIII. Bande der ›Gesammelten Schriften‹ abgedruckt und betreffen W. H. Riehl und Ferd. Hiller.


29 Im ›Guide musical‹ 1893.


30 Vgl. die hierauf bezügliche Bemerkung im Anhang.


31 Bülow, Briefe IV, S. 207.


32 Ebendaselbst, S. 207/08.


33 Vgl. Bd. III, S. 338/40.


34 Liszts Briefe VI, S. 156.


35 Richard Pohl, ›Liszts Besuch in Triebschen‹ in Kürschners ›Wagner-Jahrbuch‹ 1886, S. 78 ff.


36 Pohl schreibt irrtümlich: ›sechsjähriger‹.


37 Am Tage nach seiner Rückkehr schrieb er an die Fürstin Wittgenstein: ›Ich bin nur einen halben Tag bei Wagner geblieben. Er hat sich im Äußeren sehr verändert; er ist mager geworden, das Antlitz gefurcht. Aber sein Genie hat keine Schwächung erfahren. Die »Meistersinger« haben mich durch Mark und Kühnheit, durch Kraft, Glut und unerschöpflichen Reichtum in Erstaunen gesetzt. Kein anderer als er wäre imstande gewesen, ein solches Meisterwerk hervorzubringen‹ (Liszt, Briefe VI, S. 159).


38 Band III des vorliegenden Werkes, S. 271. 291. 302. 331 u. sonst.


39 Ges. Schr. VIII, S. 97.


40 Ges. Schr. X, S. 410/11 (Brief an Heinrich v. Stein).

Quelle:
Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 4, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 199-223.
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