[912] Drey und sechszigstes Schreiben.

Nachrichten von Ancona, verschiedenen Creaturen des adriatischen Meeres, von Senegallia, Fano, Pesaro, Catholica, Rimini, dem Flusse Rubicone, wie auch von den Städten Cesenatico und Cervia.

Von Loreto bis Ancona sind funfzehn italienische Meilen in einer angenehmen Ebene, die von den Flüssen Musone und Aspido durchschnitten wird; wobey ich nicht umhin kann zu bemerken, daß wenige Gebirge so viele Bäche und Flüsse von sich ausschütten, als das Apenninische auf seiner ostlichen Seite thut. Rand links: Reichthum des Apenninischen Gebirges an Wasser.

Ancona ist eine bergichte und schlecht bebauete Stadt, so von den Griechen wegen ihrer Lage, die einem gekrümmten Ellenbogen gleicht, den Namen bekommen hat. Rand links: Ancona. Ueber einem ihrer Thore liest man: Rand links: Ueberschrift über einem ihrer Thore.


Alma Fides, Proceres, vestram quæ condidit Urbem

Gaudet in hoc socia vivere Pace loco.


Die Domkirche liegt auf einer Höhe, von welcher die Aussicht über die Stadt und den Seestrand vor trefflich ist. Rand links: Domkirche. An der kleinen Galerie vor der Kirche ruhen zwo vorausstehende Seulen auf zween großen marmornen Löwen. In dem Gebäude selbst, welches sehr dunkel ist, bemerket manzur linken Hand, nicht weit vom Hauptaltare, folgende Inscription:


Solus in occultis degens Hieronymus antris

Hic recubo montis accola Chymerici,

Unde mare & terras tenebrosumque aëra cerno

Et video cœlum, quod colo, Sydereum.
[912]

Die Stadt ist mit einer Citadelle und einigen Befestigungswerken versehen, welche aber gegen eine Armee keinen sonderlichen Widerstand thun würden. Rand rechts: Fortification Hafen. Der Hafen ist gut1, die Handlung aber dennoch schlecht, wie sie allenthalben im päbstlichen Gebiethe zu seyn pflegt, ob man gleich allhier einem jeden, von was für Religion er seyn mag, außer dem öffentlichen Gottesdienste alle Freyheiten genießen läßt. Die Juden wohnen in großer Anzahl zu Ancona, aber in besondern Gassen. Rand rechts: Juden. Um sich von den Christen zu unterscheiden, müssen sie auf dem Hute einen Flecken von hellrothem Tuche tragen. Ihre Synagoge oder Schule ist gut gewölbt, lang, und mit vielen Lampen gezieret. Die Börse hat eine schöne Facciata. Rand rechts: Börse. Ueber dem Eingange zeiget sich ein Reuter nebst etlichen andern Statuen. Inwendig findet sich ein schöner hoher gewölbter Saal, worinnen nebst andern Statuen auch der Glaube, die Liebe, die Hoffnung und die Religion aufgestellet sind. Zur Sicherheit des Hafens dienet ein starker Molo, bey dessen Anfange ein Triumphbogen zu sehen ist, welchen der römische Rath dem Kaiser Trajan, seiner Gemahlinn Plotina, und seiner Schwester Marciana aufrichten lassen, weil gedachter Kaiser aus seinem eigenen Vermögen diesen Hafen in bessern Stand gesetzet hat. Rand rechts: Triumphbogen. Man bemerket zwar, daß dieser Bogen ehemals mit vielen metallenen Statuen, Siegeszeichen und Schriften müsse gezieret gewesen und demnach ganz anders in die Augen gefallen seyn, als solches heut zu Tage sich findet; allein die Bildhauerarbeit, so den großen Marmorsteinen, woraus er besteht, eingegraben ist, hat nicht so leicht, als wenn sie nur durch eine Incrustation daran befestiget gewesen wäre, verderbet oder weggenommen werden können, und hat demnach dieser Arcus mehrere Schönheit und Dauer behalten, als sonst das Alterthum andern dergleichen Denkmaalen zu verstatten pflegt. Der Marmor ist aus der Insel Paros genommen und so genau zusammen verbunden, daß es fast scheint, als bestünde er nur aus einem einzigen Stücke. Auf jeder Seite zeigen sich vier gestreifte Seulen von korinthischer Ordnung. Ueber demselben stehen an der Facciata gegen die Stadt die Worte: Rand rechts: Inscriptionen.


Imp. Cæsari. Divi. Nervæ. F. Nervæ

Trajano. Optimo. Aug. Germanic.

Dacico. Pont. Max. Tr. Pot. XVIIII. Imp. IX.

Cos. VI. P. P. Providentissimo. Principi.

Senatus. P. Q. R. quod. accessum.

Italiæ. hoc. etiam. addito. ex. pecunia. sua.

Portu. tutiorem. navigantibus. reddiderit.


Zwischen den Seulen liest man zur linken Hand desjenigen, der den Bogen von der Stadtseite ansieht:


Plotinæ.

Aug.

Conjugi. Aug.


und zur rechten:


Divæ. Marcianæ. Sorori. Aug.
[913]

Das Ende des Molo ist befestiget und mit acht bis zwölf Canonen besetzt. Rand links: Molo. Das hölzerne Dach des runden Hauptplatzes ruhet auf keinen Pfeilern, sondern hält und drängt sich in einen frey. hängenden Balken, als in den Mittelpunct eines runden Gewölbes zusammen.

Die Gestalt und Farbe der Einwohner von Ancona, absonderlich des Frauenzimmers, ist schöner als in dem übrigen Italien, dergestalt, daß sie fast scheinen allhier von anderm Geblüte zu seyn, und währet dieses über Senigallia, Fano und Pesaro bis Rimini. Rand links: Schönheit der Einwohner. Wenn es wahr ist, daß die blühende Jugend, welche sich auf den Akademien aufhält, nebst dem zahlreichen Hofstaate vieles beyträgt, daß Leipzig, Halle und Dresden in Deutschland gleichsam Baumschulen des schönsten Frauenzimmers sind: so könnte man auch die gute Gestalt des weiblichen Geschlechtes von Fano, Ancona etc. dem häufigen Durchreisen der Fremden und Pilgrime beymessen. Rand links: Woher sie komme?

Das ostliche Ufer von Italien ist viel angenehmer und fruchtbarer, als das meiste von dessen Abendseite, sonderlich wenn man den Strich von Genua bis Livorno in Betrachtung zieht. Rand links: Ostliches Ufer von Italien. Das ganze adriatische Meer ist reich von Fischen und Muscheln. Was mir unter diesen am besondersten vorgekommen, sind die Ballani oder Ballari, eine Art Muscheln, welche lebendig in großen Steinen gefunden werden. Rand links: Lebendige Muscheln in Steinen. Sie haben die äußerste Seite ihrer dünnen Schale rauh, sind länglich und gleichen einigermaßen den Dattelkernen, daher man sie auch Dattili del Mare nennet. Rand links: Dattili del Mare. Sie werden vornehmlich bey dem Monte Comero oder Conaro, zehn italienische Meilen von Ancona in dem seichten Ufer des Meeres gefunden, woselbst viele leimichte Erde, die mit dem grauen Töpferthone übereinkömmt, und verschiedene Arten von porosen Steinen anzutreffen sind. In die kleinen Oeffnungen dieser Steine und Klumpen Thones fügen sich die ovula der Muschel oder ihre noch ganz kleine Brut, welche vermittelst der obgleich gar engen Löcher dennoch Luft und Wasser schöpfen, mithin durch ihre eigene Bewegung den Stein, der sie umschließt, etwas abnutzen, und sich also mehrern Platz zum Wachsthume bereiten kann. Der Thon ist innenher zwar hart, dabey aber immer feucht, und das äußerste desselben weichlich. Nachdem die Einwohner von Ancona bemerket haben, daß diese Muscheln bey ihnen viel größer werden, als in der Gegend des Monte Conaro, so holen sie solche von dem letztgedachten Orte in Kähnen ab, und legen sie innerhalb ihres Molo in den Hafen, wo die Tiefe des schlammigen Grundes ihnen mehrere Ruhe und Nahrung, um bald groß zu werden, giebt. Bey der Aussuchung der Steine sieht man vornehmlich auf diejenigen, an deren äußerster Fläche kleine Löchlein, als gewisse Anzeichen der darinnen verborgenen Muscheln, bemerket werden. Oftmals verstopfet sich oder verschlammet die Oeffnung, wodurch der Saame der Muschel in den Stein gekommen, also daß man nichts mehr von solchem Eingange erkennet, die Muschel aber fährt fort zu wachsen und ihre Nahrung von der Feuchtigkeit des Steines zu nehmen. Ich habe etliche solcher Steine aus dem Hafen von Ancona von einander geschlagen, und darinnen zwanzig bis dreyssig lebendige Muscheln angetroffen, ob man gleich von außen nicht die geringste Oeffnung verspürete. Sie bleiben beständig in einer Stelle des Steines liegen, und läßt ihnen der harte Stein, mit welchem sie als mit einem wohlschließenden Futteral umgeben sind, nicht mehr Platz oder Zwischenraum, als zu einer geringen Oeffnung ihrer Schale nöthig ist, damit sie gleichsam nur Odem holen mögen. Sie können auf keine andere Art wieder aus dem Steine kommen, als wenn dieser zerschlagen wird, und ist der Eingang, wodurch sie hineingekommen, da sie noch ganz klein oder nur Eyer waren, viel zu enge, als daß sie durch denselben ihren Rückweg nehmen könnten. Wie man vorgiebt, so bleibt nur eine am Leben, wenn zwo oder mehrere in einem Steine durch ihr zunehmendes Wachsthum zusammen kommen. Ihre[914] Zeugung und Ernährung kann man einigermaßen aus demjenigen, was sich mit den Mücken, Würmern und Spinnen in den Galläpfeln oder excrescentiis der Eichenblätter begiebt, erläutern. Was die Lage der ballani anlangt, so ist zwar solche nicht allezeit diametr. diter gegen das Centrum gerichtet, indessen aber haben jedoch die meisten den dicksten Theil ihres Körpers, der die mehreste Nahrung an sich nimmt, am weitesten von der äußersten Fläche entfernet. Die innerste Seite der Schale ist weiß, die äußere aber aschfarben. Die größesten zu Ancona haben nicht viel über die Länge eines Fingers. Wenn sie außer dem Steine sind uno sich recht öffnen, lassen sie nach Art der Solenium, die zu Venedig Cappe Lunghe genennet werden, einen langen Strich, der einem dicken Wurme gleicht und eines Fingers lang ist, herunter hängen. Dieser ist ganz weiß, und mit einem hellen Wasser gefüllet, welches sie von sich spritzen, wenn man sie drücket. Diejenigen, so eine sonderliche Delicatesse an ihnen finden, führen solche daher, daß diese Muscheln nicht von schlechtem und groben Merwasser, sondern gleichsam von dessen subtilstem Thaue, der durch den Stein dringt, und gleichsam filtriret wird, sich ernähren. Sowohl der innere Fisch der Muschel, als auch der Saft, den er von sich giebt, glänzet im Finstern so hell, daß man eine gedruckte Schrift dabey lesen kann. Das Wasser, worinnen eine solche Muschel zerdrücket wird, giebt gleichfalls in einem Glase einen Schein von sich, der acht bis zwölf Stunden anhält. Allein dieses ist nichts außerordentliches, weil man im Danteln einen hellen Schein auch bey den Austern, wenn sie frisch aufgemacht werden, wie nicht weniger an dem Fleische des Schelfisches bemerket.

Es gehöret eine Gewohnheit dazu, um den Geschmack dieser Ballani gut zu finden; indessen versendet man viele nach Rom, woselbst man ein boccone di Cardinale daraus machet. Eine Art davon findet sich auch bey Civita Vecchia, wie nicht weniger bey Narbona. Etliche Naturkündiger nennen sie von einem griechischen Worte, so verborgene Sachen andeutet, Pholades oder Pholas. Die Steine, worinnen sie liegen, heißen in der Gegend von Ancona Sassi del Ballaro.

Die Austern hebt man zu Ancona bisweilen etliche Jahre im Seewasser eingeschlossen und lebendig auf. Rand rechts: Austern. Sie sind zwar groß, aber gar weichlich und von keinem guten Geschmacke. Eine besondere Art Seekrebse wird hier Nocchia genennt, und sehen sie aus als kleine Humber, die in England Labster genennet werden, sind aber dabey von viel zarterem und wohlgeschmackterm Fleische. Rand rechts: Seekrebse. Sie haben weniger Füße, als die gemeinen Krebse, auch den Kopf und Schwanz von besonderer Gestalt. Die Weibchen tragen ihre Eyer längst dem ganzen Leibe, und finden sich solche in der Frühlingszeit an ihnen. Die größesten Krebse dieser Art sind einer Hand lang, und wird sie von einigenSquilla arenaria genennt.

Unter andern Seecreaturen, die ich bey Ancona und längst des adriatischen Meeres bemerket, findet sich ein Fisch, Sepi, der auf seinem Kopfe eine weiße längliche Schale hat. Rand rechts: Fisch Sepi. Diese liegt häufig am Ufer von dem übrigen Körper abgesondert, und wird, wenn sie klein gerieben worden, zur Reinigung des Silberzeuges gebrauchet.

Die Concha univalvis, so im Latein Patella genennet wird, hängt sich an die Felsen an, und gebraucht sich des kleinen Loches, welches man in dem Mittelpuncte ihrer gewölbten Schale findet, um ihre excrementa dadurch auszuwerfen. Rand rechts: Patella.

Patella major wird von etlichen diejenige Muschel genennt, welche wegen ihres innern Perlenmutterglanzes zur Zierde der Grotten und Wasserkünste häufig gebraucht wird. Rand rechts: Orecchia marina. Ihr gewöhnlicher Nomen ist Orecchia marina, und findet man sie sowohl im adriatischen als neapolitanischen[915] Meere. Durch die Löcher, welche man in linea spirali an ihr bemerket, zieht sie Wasser an sich.

Eine Art kleiner Muscheln, die gleichfalls in Menge an den Strand geworfen wird, sieht nicht anders aus, als wenn sie mit kleinen arabischen Buchstaben beschrieben wären, und heißt Bavarazzi del Mare. Rand links: Bavarazzi del mare. Die Charakteren sind von unzähligen Veränderungen, und glaube ich nicht, daß in diesem Stücke eine einzige solcher Muscheln der andern ähnlich sehe2.

Die Solenes, Fistulæ, Canales oder Ungues, wie sie im Lateinischen wegen der Farbe und Materie ihrer Schale genennt werden, gleichen den Heften von Scheermessern und werden in Venedig Cappelonghe, anderwärts aber und in hiesiger Gegend Cannolichii und Pesci Canelle genennt. Rand links: Solenes. Sie finden sich auch in verschiedenen Gegenden der mittelländischen See.

Die Concha Rhomboides oder Musculus Striatus, Mitulus, wie auch Arca Noæ genannt, hat an ihrer Schale kleine Fäsichen, die den Haaren oder der Wolle gleichen. Rand links: Arca Noæ.

Der Nautilus subtilis, der insbesondere Polpo Moscardino genennt wird, giebt dem feinsten Papiere an der Weiße nichts nach. Rand links: Polpo Moscardino..

Die Noce gentili di Mare oder Nuces Marinæ sind erhobene, gestreifte und mit braunen Binden oderFasciis gezierte Muscheln ex genere bivalvium. Rand links: Noce di mare. Die schönsten und am besten gefärbten trifft man auf den africanischen Küsten an.

Die Chiocciola celata ist eine besondere Art von Schnecken, so außenher rauh und erdfarbig ist, unter dieser Verhüllung aber eine als Perlenmutter glänzende Schale hat. Rand links: Chiocciola celata, ihr Deckel. Ihre Oeffnung bedecket sie mit einem deckel, welcher an ihrem Fleische nicht anders als der Nagel am Finger fest gewachsen ist. Dergleichen haben fast alle Turbinatæ, und könnte man sie in Ansehung dessen mit unter die Testacea bivalvia rechnen. Die äußerste Seite ist glatt und eben, von brauner und röthlicher Farbe, auch eine Linea spiralis darauf zu sehen. Die andere Seite hängt am Fleische der Muschel fest, bis sie nach deren Tode abfällt. Itztgedachte Deckel sind dasjenige, was man zu Pozzuolo Occhi di pesce nennet. Andere heißen sie Occhi di S. Lucia, Umbilicos marinos, Umbellos, Belliculos und Pietre di S. Margarita. Rand links: Occhi di S. Lucia.

Die häufig in der adriatischen See anzutreffendeTestacea Turbinata haben dieses gemein, daß die Kreise, mit welchen sie sich erweitern, in Ansehung des Centri sich alle von der linken nach der rechten Hand schlingen. Manche haben zehn bis dreyzehn Volutas oder[916] Giros, und laufen sehr spitzig zu. Rand links: Turbinatæ. Viele sind mit spitzigen Zacken versehen, und werden nach der Anzahl derselben Pentadattili, Heptadattili etc. genennet. Einige endigen sich mit einem langen Schnabel, und könnten mit Rechte den Titel von Rostratis führen. Unter diese letzte Classe gehören die Purpuræ Echinatæ oderTurbinatæ, Vermiculatæ und Chermisinæ, wenn es erlaubt ist diesen letzten Namen von der alten sardinischen Stadt Chermi zu entlehnen, woselbst man angefangen haben soll, aus dem rothen Safte oder Blute, welches diese Muscheln bey sich führen, die Wollecramoisi- oder carmesinroth zu färben. Rand rechts:Purpuræ.

Der Namen von Purpur wird bey den Alten in gar weitläuftigem Verstande genommen, und begreift alles helle und glänzende, dergestalt, daß sie auch sogar den Schnee purpurfärbig genennt haben3. Rand rechts: Weitläuftiger Verstand des Wortes Purpur bey den Alten. Purpura aculeata.

Eine Art der itztgemeldten Turbinatarum ist nicht nur längst dem Orificio oder ihrer Oeffnung, sondern auch in ihren vier geräumigsten Volutis und Kreisen dergestalt mit spitzigen Zacken besetzt, daß man sie mit Rechte Purpuram aculeatam nennet. Die Neapolitaner geben ihr den Namen von Sconciglio Spinoso.

Man findet in der adriatischen See ferner die so genannten Jakobsmuscheln, welche sonst Pectines, Ctenites und Conchites striati heißen. Rand rechts: Jakobsmuscheln. Sie sind auriti und striati, haben die eine Hälfte fast ganz eben und glatt, die andere aberconvex und erhoben. Diese letzte Hälfte der Muschel wird in Holland und anderwärts gebraucht, um die Austern darinnen zu braten.

Die Tubulara Purpurea, Spongia rubra, oder dasAlcyonium Milesium wird in sehr großen Stücken etwas tiefer in der See gefunden. Rand rechts: Tubulara Purpurea. Seine schöne Farbe gleicht den rothen Corallen, und wird es wegen solcher von etlichen wiewohl mit Unrechte unter die Corallengewachse gezählet. Eigentlich ist diese Masse nichts anders als eine Zusammensetzung vieler tausend zarter Röhrchen, welche einer gewissen Art von Würmern zur Wohnung und zum Neste dienen.

An vielen Muscheln setzet sich ein dunkelbraunes Gewächs oder Vegetabile an, das mit groben Haaren einige Gleichheit hat, daher es auch Fucus Capillaris genennt wird, und öfters drey Vierthel bis eine ganze Elle lang ist. Rand rechts: Fucus capillaris.

Die Pilæ marinæ zeigen sich nicht weniger in guter Anzahl, und scheinen ein Mischmasch von mancherley in einander verwachsenem Unrathe zu seyn. Rand rechts: Pilæ marinæ.

Unter den kleinern Muscheln finden sich viele von außerordentlicher und gleichsam monströser Art, so sich nicht wohl unter die gemeinen Classen bringen lassen, und daher von den Italienern Capricciose genennet werden. Rand rechts: Capricciose.[917]

Die größesten von den Muscheln der hiesigen Gegend sind die Pinnæ oder Pernæ, welche letzte Benennung sie von ihrer einem Schinken gleichenden Gestalt erhalten haben. Rand links: Pinnæ Das äußerste ihrer Schalen ist roth, und bey ihrem spitzigen Ende wächst oder setzet sich insgemein ein byssus marinus an, der zuweilen vier bis sechs Zoll lang ist. Diese Muschel wird bey zween Fuß lang, und könnte wegen ihrer Gestalt und Große denen indianischen Völkern, von welchen gemeldet wird, daß sie ihre Häuser mit Muschelschalen decken, keine unebenen Dienste thun4. Rand links: Verschiedener Gebrauch der Muschelschalen.

Die Ebbe und Fluth beträgt bey Ancona einen Unterschied von ein bis anderthalb Fuß, wird aber immer geringer, je näher der Sinus Adriaticus seiner Vereinigung mit dem mittelländischen Meere kömmt. Rand links: Ebbe und Fluth. Hingegen vermehret sich solcher Unterschied, je weiter sich der Golfo gegen Norden und die Stadt Venedig erstrecket.

Die Stadt Senegaglia, so den Namen von ihren Erbauern den Gallis Senonibus hat, liegt sechszehn italienische Meilen von Ancona an der See; hat ober nichts, das einen neugierigen Reisenden aufhalten könnte. Rand links: Senegaglia. Zwischen dem Flusse Misa, der durch diese Stadt läuft, und dem Strome Cesano deuten etliche Graben die Gränzen des römischen Lagers gegen die Karthaginenser an, gleichwie man jenseits des Cesano einige Andenken des karthaginensischen Lagers zu finden glaubet. Rand links: Altes römisches Lager. Dieses ist gewiß, daß Asdrubal (von welchem auch ein benachbarter Berg seine Benennung hat) ein Bruder des berühmten Hannibals, in dieser Gegend sein Kriegsheer nebst dem Leben eingebüßet hat5. Rand links: Wahlstatt des Asdrubals.

Von Senegaglla bis Fano sind zwo Posten oder sechszehn italienische Meilen. Rand links: Fano. Diejenigen, so die Gegend dieses letztgedachten Ortes für die schönste von ganz Italien halten, thun gewißlich vielen andern großes Unrecht. Seinen Namen hat er von dem Tempel oder Fano Fortunæ, der vor alten Zeiten allhier gestanden, und zu dessen Andenken noch heut zu Tage die Fortuna auf dem Springbrunnen des Marktes und in dem Wapen der Stadt gesehen wird. Das beste, welches allhierzu betrachten vorkömmt, ist der marmorne Triumphbogen, der bis auf die Zeiten des Pabstes Pius, da er im Jahre 1458 in der Belagerung dieser Stadt vom Geschütze übel zugerichtet worden, in gutem Staude geblieben. Rand links: Triumphbogen. Er hat drey Pforten, davon aber die eine kleinere zur linken Seite (wenn man von der Stadt kömmt) dem Baue der St. Michaeliskirche Platz gemachet hat, und die andere mit einem kleinen Hause verbauet ist, dergestalt, daß nur das mittlere Thor übrig geblieben, über dessen Bogen jedoch auch der Ochsenkopf, welcher ehemals daran gestanden, anitzt vergeblich gesuchet wird. Die Inscriptionen sind theils mit Unkraute bewachsen, theils durch die Länge der Zeit verzehret. Man hat indessen das Andenken davon in einer Abschrift, welche nebst dem Abrisse der Ehrenpforte außen an der Wand der gedachten Michaeliskirche eingehauen ist, zu erhalten gesuchet. Ueber dieser Abzeichnung liest man: Rand links: Inscriptionen.


Effigies


Arcus ab Augusto erecti posteaque tormentis ex parte diruti bello Pii II. contra Fanen. Ann. M. CCCC. LXIII.
[918]

Ferner zeigen sich an dem obersten Theile, der mit sieben Oeffnungen, als mit so vielen Thüren, durchbrochen ist, die Worte:


Divo Augusto Pio Constantino Patri Domino. Q.


und besser darunter:


Imp. Cæsar. Divi. F. Augustus. Pontifex. Maximus. Cos. XIII. Tribunitia. Potest. XXXII. Imp. XXVI. Pater. Patriæ. Murum. dedit.

Curante. L. Turcio. Secundo. Aproniani. Præf. Urb. Fil. Asterio. V. C. Corr. Flam. &. Piceni.


Vitruvius meldet, daß diese Stadt zum Andenken Augusti, der sie mit Mauern umgeben, den NamenJuliæ Fanestris angenommen, da sie vorher anders und nach Pomponii Melä Zeugnisse Colonia Fanestris geheißen.

In der Domkirche ist ein schönes Gemälde, welches die Verkündigung Mariä vorstellet, ferner das letzte Abendmahl des Heilandes und die Sammlung des Manna von der Hand des Quercini, imgleichen die Himmelfahrt Mariä vom Caraccioli zu sehen. Rand rechts: Domkirche. In der Kapelle der h. Mariä hat Domenichino die funfzehn Geheimnisse des Rosenkranzes gemalet.

Die Peterskirche verdienet gleichfalls wegen ihrer schönen Gemälde, Marmorarbeit und der Cuppola in Augenschein genommen zu werden. Rand rechts: Peterskirche. Auf dem Hauptaltare stehen zween wohlgearbeitete Engel aus weißem Marmo di Carrara. Das Gemälde, so Christum vorstellet, wie er dem Apostel Petrus die Schlüssel des Himmelreichs giebt, ist vom Guido Reni; auf den Seiten findet sich die Auferweckung der Tabea von einem Flamländer gemalet, und die Historie des Lahmen, welchen Petrus heilet, vonSimone Cantarini detto Pesarese.

Einer von Adel, Torelli genannt, hat am Markte ein artiges Theater für Opern und Komödien bauen lassen, dessen man sich in der Carnavalszeit bedienet. Rand rechts: Opernhaus.

Von Fano ist Pesaro acht italienische Meilen entfernet. Rand rechts: Pesaro. Springbrunnen. Allhier sieht man einen Springbrunnen, welcher zwar nicht sehr hoch, aber mit wohleingerichteten Zierrathen versehen ist. Von seinem obern Gefäße, das die Gestalt eines Kelchglases hat, spritzen Seegöttinnen und Meerpferde das Wasser aus mehr als dreyßig Oeffnungen. An der einen Seite liest man die Worte:


Pisauri Patritii ære publico,


auf der andern aber die Namen derjenigen, unter deren Aufsicht dieses Werk verfertiget worden.

Man betrachtet auf dem großen Markte die marmorne Statue des sitzenden Pabstes Urbans des achten, an dessen viereckigtem Piedestal folgende Inscriptionen zu lesen sind: Rand rechts: Statue Urbans des achten. Inscriptionen.


VRBANO VIII. P. O. M.

Civitas Pisaurensis

Per egregia ejus prudentiæ consilia

Cum universa ad Metaurum ditione

Inter plurimas difficultates sine strepitu armorum[919]

Ad Sedis Apostolicæ dominationem revocata

Præclaro constantlæ ac moderationis exemplo

Sanctas Prædecessorum leges confirmante

Mox præter alia plurima beneficia

Liberali condonatione

Sexaginta millium aureorum obstricta

Grati animi monumentum.


II.


Ob justitiam integerrime administratam

Et publicam securitatem in tota provincia

Sine ullius capitali supplicio

Partam & conservatam

Ob tam providam annonæ curam

Ut in magna sterilitate annorum

Nulli fuerit vel publice vel privatim gravis,

Ob restitutos ejus beneficio & autoritate

Saluberrimos aquæductus Pisaurensium commodo

Iidem memores posuere.


III.


BENEDICTVS DE BENEDICTIS ET JOHAN. ANDREAS DE ABBATIBVS,

OLIVERVSPatritius Pisaurenus

Egregio huic operi faciundo

Autoritate publica præfecti

Impigre perfici curarunt.

A. D. MDCLXXXIV.


IV.


FRANCISCI CARDINALIS BARBERINI

Sub Patruo Vrbano VIII.

IndustrIæ, Solertiæ, beneficentiæ singular.

In hac civitate totaque provincia

Recuperanda, ordinanda, fovenda,

Pisaurenses posterorum gratæ memoriæ Consul. posuere.


Pesaro ist ein großer und ansehnlicher Ort, dessen Befestigungswerke aber nicht viel sogen wollen, obgleich in einer Inscription über dem Thore nach Rimini viel Wesens mit folgenden Worten daraus gemacht wird: Rand links: Fortification.


GUIDUS UBALDUS DUX URBINI IIII.hostium pallori ac pavori, oppidanorum & suorum saluti atque ornamento Pisauri amplificata circummunitione, quam a se prius excogitatam Franciscus Maria Pater ob vitæ brevitatem vix inchoatam reliquit, paternis vestigiis prudentissime inhærens admirabili studio ac diligentia perfecit. M. D. LXIV.


Die Feigen, so in der Gegend um Pesaro wachsen, werden für die besten von Italien gehalten und so gar denen sclavonischen vorgezogen. Rand links: Feigen.[920]

Poggio Imperiale, ein ehemaliges Lustschloß der Herzoge von Urbino, liegt eine italienische Meile von der Stadt auf einem Berge, und hat etliche gute Gemälde vom Genga nebst einer schönen Orangerie. Rand rechts: Poggio Imperiale.

Bis Pesaro sind die Gegenden an der See zwar angenehm; der Grund und Boden aber nicht gut. Rand rechts: Gegenden. Absonderlich trifft man nach der letzten Postwechslung vielen Sand an.

Von Pesaro kömmt man durch ein treffliches Ackerland, so vermittelst der Bäume und Weinreben in Alleen und viereckigte Feldungen getheilet ist. Der ganze Strich Landes gehöret zum Herzogthume Urbino, welches die Päbste, nachdem der letzte Herr davon, Franciscus Maria von Rovere, im Jahre 1631, ohne männliche Leibeserben abgegangen, zur pabstlichen Kammer gezogen haben. Rand rechts: Erbtheilung des Herzogthums Urbino. Itztgedachter Herzog hatte die päbstlichen Anfoderungen vermittelst eines im Jahre 1626 gemachten Testaments befestiget, auch das Land wirklich schon abgetreten, seines vor ihm verstorbenen Sohnes Friedrich Ubalds Tochter aber Victoria, eine Gemahlinn des florentinischen Großherzogs Ferdinand des zweyten (an welchen sie im Jahre 1631, da sie nur acht Jahre alt war, verheirathet worden) erbete die Allodialgüter, und daher kömmt es, daß sowohl Poggio Imperiale, als etliche andere Oerter dieser Gegend dem florentinischen Hause zugehören.

Ohngefähr eine italienische Meile von Catholica (so sieben Meilen von Pesaro liegt), kömmt man vermittelst einer aus Backsteinen aufgeführten und aus einem Bogen bestehenden Brücke über einen Graben, worinnen bey trocknem Wetter kein Tropfe Wassers zu finden ist. Nichts destoweniger hat man sich nicht gescheuet, folgende hochmüthige Inscription in Marmor darauf zu setzen: Rand rechts: Hochmüthige Inscription einer Brücke.


Clemente X. P. O. M.

Torrenti crebris alluvionibus tumido

Aucto ingentibus prædis

Cladibus editis formidabili

Pontem hunc opere magnifico juxta & commodo viatoribus

Pietate proximi Jubilæi Romam advocaudis

Palutius Cardinalis Alterius S. R. E. Camer.

Imponendum ære suo curavit. Ann. Dom.

MDCLXXIV.


Hic qui sublimis Pons nititur arduus arcu

Impositoque vagas pondere calcat aquas,

ALTERIUMtestatur opus dominoque6 superbus

ALTERIOclarum sidere7 nomen habet.

Si foret Eridano nitidis pons dandus in astris

Non alio dignus, credite, ponte foret.


Man könnte aber mit allem Rechte auf diesen Graben diejenigen Verse appliciren, die man kürzlich auf den Canal, welchen in Deutschland ein vornehmer Reichsstand zu Beförderung der Handlung seines Landes, führen lassen, ohne Ursache verfertiget hat:


Mingite montanæ, silvestres mingite Musæ,

Exigit immensas iste canalis aquas.
[921]

Catholica ist ein Dorf, so von den orthodoxen Bischöfen, welche sich im Jahre 359 von dem Concilio zu Rimini, als sie von den Arianern überstimmet worden, hieher begeben, seine Benennung er halten hat. Rand links: Catholica. Concilium wider die Arianer. Zum Andenken dieses Handels liest man an der Mauer der Kirche nicht weit von dem Eingange folgende Schrift:


Anno reparatæ Salutis CCCLIX.

Liberio Pont. Max. Constantio Imp.

Cum Hæreticorum fraudibus ingemiscens Orbis terrarum

Se Arianum esse miratus est,

Ex quadringentis Episcopis ad Synodum Ariminensem convocatis

Perpauci orthodoxi in hunc locum ventitantes

Ut seorsim ab Arianis sacra facerent,

Et Catholica communione Catholicos impertirent,

Occasionem præbuerunt, ut vicus ipse Catholica nuncuparetur.

Cujus nominis rationem ac totius rei gestæ memoriam

Cæsar Cardinalis Baronius Annalibus Ecclesiasticis inseruit,

Bernardinus Cardinalis Spada

Ad peregrinantium pietatem erudiendam

Amoremque suum erga patriam provinciam testandum

Hoc posito marmore indicavit. Ann. Dom.

M. DC. XXVII.


Etliche italienische Meilen von Catholica, nach der Seite gegen Rimini, sieht man in dem Meere die Ueberreste der alten Stadt Concha. Rand links: Alte Stadt Concha. Ferner läßt man linker Hand die Republik St. Marino liegen, welche die Freyheit mehr ihrem armseligen Zustande, als der Klugheit ihrer Regenten zu danken hat.

Rimini oder Ariminum war sonst eine ansehnliche Stadt, welche aber ein großes von ihrem Wohlstande verlohren und sonderlich im Jahre 1671 vom Erdbeben vieles erlitten hat. Rand links: Rimini. Sie zeiget noch viele Andenken ihres berühmten Alterthums. Auf der Seite von Pesaro findet sich vor der Stadt ein alter Triumphbogen, der an jeder Facciata mit zwo korinthischen Seulen und zwey Brustbildern gezieret ist. Rand links: Triumphbogen. Gegen das Feld liest man die Worte:


Coss. Sept designat. Oct. Aug. M. V. Celeberrimeis Italiæ vieis consilio Senatus Pop. – – – lleis – – –


Auf der andern Seite steht an einer Pyramide:


Coss. Ariminen. poss. id. Mart. M. DLXVII.


Auf dem Markte ist folgendes in einen viereckigten Stein eingegraben: Rand links: Denkmaal Julius Cäsars.


C. Cæsar

Dict,

Rubicone

Superato

Civili bell.

Commilit.

Suos hic

In foro Ar.

Adlocut.
[922]

Auf der andern Seite:


Suggestum hunc vetustate collapsum Coss. Arim. mensium Novembris & Decemb. MDLV. restit.


An dem Gesimse dieses Steines oder Piedestal:


Camillo. Passarel. excoss. procuran.


An der Mauer des Rathhauses zeiget ein alter Stein folgende Schrift:


C. Cæsari August. Cos. vias omnes a Rimin. 5tern.


Ferner ist unten an diesem Gebäude wegen der Ankunft etlicher japanischen Gesandten folgendes Denkmaal eingegraben: Rand rechts: imgl. etlichen japanischen Gesandten.


Mantii Franci Regis Bungi, Michaëlis Protasii Arimanorum Regis, ac Barptolomæi Omuræ Principis, Juliani, Martinique Comitum, ab Japanor. remotiss. insulis ad D. Gregorium XIII. legatorum, ut jam susceptam Christi fidem profiterentur, optatiss Ariminum adventui XVI. Kl. Julii publico sumptu, maximaque lætitia hosp. MDLXXXV. Sixto V. P. O. M. seden. S. P. Q. Ar. D.


Andere allhier befindliche Inscriptionen betreffen etliche um die Stadt wohlverdiente Landskinder, die beförderte Aufnahme der Stadt nach der Pest und dergleichen Verdienste. Rand rechts: Andere Inscriptionen. Eine davon ist in folgenden Worten abgefaßt:


Civitas hæc & Curia

Terræ motus inclementia dirutæ

Anno Salutis MDCLXXII.

Civium calamitatibus

Diu superstites ingemuere

Donec unam regnatrix

CLEMENTISX P. M. munificentia

Pecuniario subsidio

Mœnibus suis destitutam erexit,


Alteram majori clade prostratam

Publico ære

Provida Senatus magnificentia

INNOCENTIO XI. Pont. Max.

Parente totius Orbis Optimo

Card. Dominico Maria Cursio

Antistite hujus Urbis optatiss.

Ac Æmillæ Legato vigilantiss.

Pristinæ Majestati restituit

Anno Domini M. DC. LXXXVII.


Wer an allen diesen Werken viele Majestät bemerken will, muß gute Augen haben.

Hinter dem Kapuziuerkloster zeiget man noch etliche wenige rudera, die von einem Amphitheater übrig geblieben seyn sollen. Rand rechts: Amphitheater. Weil solche in einem Garten liegen und nicht sogleich in die Augen fallen, so hat man für nöthig erachtet, an einer Mauer außerhalb des Klosters eine Hand einzuhauen, welche mit dem Finger andeutet, wohin man sehensoll; uno liest man über derselben:


Amphitheatri olim P. Sempronio Cos. excitati reliquias indigitat Sen. Ar.


Auf der Seite der Stadt, wo man nach Ravenna geht, zeigen sich bey einer Brücke. Rand rechts: Brücke welche über den Fluß Ariminum (so der Stadt den Namen gegeben und auch Marecchia[923] genennt wird) angeleget ist, an dem Thore etliche Inscriptionen, woraus man wahrnimmt, daß Augustus und Tiberius solche Brücke angeleget oder wenigstens verbessert haben. Sie ist zweyhundert Fuß lang, funfzehn breit, und ruhet auf fünf Bogen.

Mitten auf dem Platze vor dem Rathhause wird anitzt an einem schönen Springbrunnen gearbeitet, worauf eine kleine Statue des Apostels Pauli ausbronzo zu stehen kömmt. Rand links: Springbrunnen. Nahe dabey ist das Bildniß des Pabstes Pauli des fünften gleichfalls von Metall zu betrachten.

Die Franciscanerkirche ist im Jahre 1450 von Sigismund Pandulfus aus der Familie der Malatesta (welche lange Zeit Herren von Rimini gewesen) erbauet, wie die über der Hauptthüre befindliche Nachricht andeutet. Rand links: Franciscanerkirche. Familie der Malatesta. Es scheint bey solcher Gelegenheit eine Gedächtnißmünze gepräget zu seyn, von welcher Herr D. Köhler in seinen historischen Münzbelustigungen handelt. Dieser Sigismund Pandulfus dienete den Venetianern zwey Jahre lang als General gegen die Türken in Morea, und als er die Stadt Sparta eroberte, nahm er die Gebeine des Themistius, eines berühmten konstantinopolitanischen Philosophen, der unter die deutlichsten Ausleger Aristotelis gezählet werden kann, mit sich zurück, und ließ sie in einen marmornen Sarg legen, welcher auswendig an der Kirche mit folgender Aufschrift zu sehen ist: Rand links: Grab Themistii Byzantini.


Themistii Byzantini

Philosophorum sua tempestate Principis reliquum

Sigismundus Pandulfus Malatesta Pand. F.

Belli Pelopon. adversus Turcarum Regem Imperator

Ob ingentem eruditorum, quo flagrat, amorem

Huc adferendum introque mittendum

Curavit. M. CCCC. LXV.


Nächst diesem Sarge sind noch sechs andere dergleichen außer der Kirche zu sehen, worinnen die Gebeine berühmter Gelehrten, worunter der Jurist Sebastian Vantius und Robert Valturius (welcher zwölf Bücher de arte militari geschrieben, und solche unserm itztgedachten Malatesta dediciret hat) sich befinden, aufgehoben sind. Rand links: Grab Vantius und Valturius.

Die Schrift an des Vantius Denkmaale ist folgende:


SEBASTIANO VANTIOV. C. & acutissimo Jurls Interpreti, quod patriam cvesque suos ampliss. meritis prosecutus sit, & accurate a se scriptos Juris Commentarios ediderit, quodque lites publicas valde graves & diuturnas tandem diligentia & studio diremerit, Romæ adhuc viventi hunc monumenti locum imer præcell viros S. P. Q. Arim. attrib. Q. censuerunt L. D. D. D. V. Feb. MDLVI. Paulo IV Pont. Max.


Sein marmornes Brustbild steht innen in einer Kapelle der Kirche.

Valturius Epitaphium ist:


ROBERTI VALTVRIIqui de re militari duodecim libros ad Sigismundum Pandulphum Malt. Accuratissime scripsit, quique Roberto Malt. Fil. comitate & fide carus exstitit Pandulphus Mal. Sigismundi nepos adhuc impubes memor officii hoc monumento B. ossa condi jussit Vixit ann. LXX. M. VI. D. XVI.


Das Bildniß Sigismundi Pandulfi mit seiner gewöhnlichen Kriegsrüstung hat der Erzherzog Ferdinand in der berühmten Rüstkammer zu Ambras in Tirol aufstellen, und ihm[924] wegen der Liebe, die er bey allen Gelegenheiten für die Gelehrten bezeuget hatte, ein großes Buch in die Hand geben lassen. Rand links: Bildniß Sigism. Pandulfus. Er starb im Jahre 1468, und liest man rechter Hand in der Kirche nahe bey der Thüre an seinem marmornen Grabmaale folgende Schrift, worinnen der Diphthongus æ nach der Gewohnheit der damaligen Zeit mit einem e ausgedrücket ist: Rand rechts: Sein Epitaphium.


Sum Sigismundus Malateste e sanguine gentis

Pandulfus genitor Patria Flaminia est.

Vitam obiit VII. Id. Oct. etatis sue ann.


Dabey sind etliche alte Standarten aufgehängt, und ferner ein Helm mit zwey Hörnern zu sehen. Die beygesetzten Verse, in welchen Malatesta sich selbst für einen Hahnrey erkennet, schicken sich nirgends weniger hin als in ein geistliches Gebäude, und sind in folgenden Worten verfasset: Rand rechts: Trost der Hahnreyschaft.


Porto le corna ch'ogn'uno le vede,

Et tal le porta che non se lo crede.


Womit nach Francisci Sansovini8 Muthmaßung Malatesta auf seine unglücklichen Ehen zielen und andeuten wollen, daß, wann er Hörner getragen, er solche auch zu beschneiden oder abzuwerfen gewußt habe, indem er seine ersten zwo Frauen mit Gift und die dritte mit dem Strange hinrichten lassen, obgleich die zweyte eine Tochter des Markgrafen Nikolas von Este und Ferrara war, die letzte aber Franciscum Sfortiam, Herzog von Mayland, zum Vater hatte.

Auf beyden Seiten in der Kirche sind mehrere Begräbnisse der Malatestischen Familie zu sehen. Die Kirche selbst ist noch nicht gewölbt, sondern ihre Decke mit Balken belegt.

Die Reisenden, so Wissenschaften lieben, vergessen in Rimini nicht, die zahlreiche Bibliothek des Grafen von Gambalonga zu besehen, welche nach den Verordnungen des Fideicommissi, womit sie beleget ist, unterhalten wird. Rand rechts: Bibliothek des Grafen Gambalonga. Sie steht in einem schönen Gebäude und hat eine gute Einrichtung.

Rimini war vorzeiten mit einem guten Hafen versehen, der aber nunmehr fast gänzlich mit Sande verschüttet ist, also daß kaum kleine Fahrzeuge einlaufen können. Rand rechts: Ehemaliger Hafen. Obgedachter Sigismund Pand. Malatesta nahm die Marmorsteine, womit der Hafen eingefasset war, zu Erbauung der Franciscanerkirche hinweg, weil er wohl sah, daß sie an ihrem alten Orte nichts mehr nütze seyn könnten. Das Meer war schon damals eine halbe italienische Meile zurück gewichen, und heut zu Tage ist der backsteinerne Thurm, welcher ehemals zum Pharo diente, auf allen Seiten mit Gärten umgeben. Rand rechts: Pharus. Indessen zeiget man noch am Ufer die Gegend, woselbst der h. Antonius den Fischen geprediget haben soll. Rand rechts: Ort, wo St Antonius den Fischen geprediget hat.

Etliche italienische Meilen von Rimini kömmt man vermittelst einer Brücke über den Fluß Lusa, welchen Clementino, Giacomo Villani und etliche andere Gelehrte irriger Weise für den Rubicon der Alten angesehen haben. Rand rechts: Fluß Lusa. Zwo Meilen vor Cesenatico geht man über den Fiumesino, und kaum funfzig bis sechszig Schritte davon über den Pisatello, welcher sich gleich darauf in den Fiumesino er gießt. Rand rechts: Fiumesino. So geringe und klein der Pisatello bey anhaltendem trocknen Wetter ist, so berühmt ist er dennoch in der römischen Historie unter dem Namen Rubiconis, weil er die Gränze zwischen den italienischen Provinzen und der Gallia[925] Cisapina war9. Rand rechts: Rubicon dir alte Gränze von Italien Rand rechts: Piscatello. Aus dieser Ursache brachen Julius Cäsars feindselige Absichten völlig an den Tag, als er mit seinem Kriegsheere über diesen Fluß rückte, theils weil nach den alten Gesetzen kein Feldherr ohne des römischen Raths und Volks Verordnung die ihm untergebenen Legionen aus den Gränzen seiner Provinz in eine andere führen durfte; theils weil die aus den Kriegszügen zurück kommenden Völker nicht ferner gewaffnet über diesen Gränzfluß in die Regiones Suburbicarias oder nach Rom anrücken durften, sondern ihr Gewehr ablegen mußten, wenn sie nicht für Feinde des Vaterlandes gehalten werden wollten. Rand links: Cäsars Entschluß an diesem Flusse. Nachdem Cäsar einmal den Entschluß gefaßt hatte, diese Gesetze zu übertreten, so hieß es freylich: Jacta est alea, und war auf keinen gütlichen Vergleich mehr zu gedenken. LVCANVS schreibt davon in seiner Pharsalia Lib. I folgender Gestalt:


Jam gelidas Cæsar cursu superaverat Alpes,

Ingentesque animo motus bellumque futurum

Ceperat: ut ventum est parvi Rubiconis ad undas,

Ingens visa duci patriæ trepidantis imago

Clara per obscuram vultu mœstissima noctem,

Turrigero canos effundens vertice crines,

Cæsarie lacera nudisque adstare lacertis,

Et gemitu permista loqui: quo tenditis ultra?

Quo fertis mea signa viri? si jure venitis,

Si cives, huc usque licet – – –.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Fonte cadit modico, parvisque impellitur undis

Puniceus Rubicon, cum fervida canduit æstas:

Perque imas serpit valles, & Gallica certus

Limes ab Ausoniis disterminat arva colonis.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Cæsar ut adversam superato gurgite ripam

Attigit, Hesperiæ vetitis & constitit arvis,

Hic, ait, hic pacem temerutaque jura relinquo;

Te, Fortuna, sequor: procul hinc jam fœdera sunto.

Credidimus fatis, utendum est judice bello.


SVETONIVSin vita Julii Cæsarisc. 31 setzet:Cæsar – – consecutus cohortes ad Rubiconem flumen, qui Provinciæ ejus finis erat, paullum constitit: ac reputans, quantum moliretur, conversus ad proximos, etiammum, inquit, regredi possumus: quodsi ponticulum transcrimus omnia armis agenda erunt. – – cap. 32: Tunc Cæsar, Eatur, inquit, quo Deorum ostenta & inimcorum iniquitas vocat. Jacta alca est, inquit.

ScipioCLARAMONTIVS von Cesena hat in einem besondern Buche des Pisatello Ehre gerettet und gezeiget, daß solcher, und nicht die Lusa, des NamensRubiconis sich anzumaßen habe. Jener wird noch heut zu Tage von den benachbarten Bauern Rugon genennt. Was des Pisatello Gerechtsame außer allen Zweifel zu setzen scheint, ist ein altes steinernes Denkmaal, welches am Ufer des Pisatello ausgegraben und auf Anhalten der Stadt Cesena[926] von dem damaligen Legato der Provinz Romagna, dem Kardinal Bivarola wieder aufgerichtet worden. Rand links: Altes Denkmaal von der Gränze am Pisatello. Es findet sich solches auf dem Wege von Rimini nach Cesena, nicht weit von dieser letzten Stadt, und wird insgemein la Colonna di Rubicone genennt. An einer Pyramide, womit es sich endiget, liest man:


S. P. Q. R. Sanctio ad Rubiconis pontem.


Unter derselben stehen auf einem großen Marmor die Worte:


Jussu mandatuve Pop. Rom. Cos. Imp. Trib. Miles, Tyro, Commilito, Commilito, armate quisquis es, manipulariæve centurio, turmæve Legionarlæ, hic sistito, vexillum sinito, arma deponito nec citra hunc amnem Rubiconem signa, ductum exercitum, commeatumve traducito. Si quis ergo hujusce jussionis adversus præcepta ierit, feceritve, adjudicatus esto hostis S. P. Q. R. ac si contra Patriam arma tulerit Penates que e sacris penetralibus asportaverit.

S. P. Q. R. Sanctio Plebisciti S. Ve C.


An der basi sind die Worte eingegraben:


Ultra hos fines arma proferre liceat nemini.


Ferner ist folgende neuere Inscription daselbst zu finden:


Rubiconem ponti subjectum transis Viator

Romano interdicto Cæsaris ausu

Et adagio JACTÆ ALEÆ celebratum

Flumini huic stabilem imponere trajectum

Ethnica diu vetuit pavida superstitio

Catholica nunc suasit secura Religio

Innocent. X. Summo Pont.

Card. Donghio Legato

Anno MDCLIV.


Cesena bleibt weit zur linken Hand liegen, wenn man von Rimini nach Ravenna will. Hingegen kömmt man über Cesenatico, welcher Ort einen artigen Hafen und einen wohlangelegten Canal hat, an dessen Brücke auf der Seite von Rimini zwo schöne marmorne Seulen von korinthischer Ordnung stehen. Rand rechts: Cesenatico. Auf derjenigen, die zur rechten Hand sich findet, ist ein Drache vorgestellet, und unter solchem liest man: Rand rechts: Inscriptionen von zwo Seulen.


Jo. Petrus Ghisl. Præses P. C.


Am Piedestal ist folgendes eingegraben:


Ut maris intumescentis

Undas occluderent

In hujus postea canalis ac portus

Custodiam & munditiem

Iterum ad fluendum quotidie relaxandas

Veteri ponte jam pene etate

Confecto

Novum hunc ere publico a fundamentis

Erexere

S. P. Q. C.

Anno Domini MDCCXVL
[927]

Ueber der andern Seule zeiget sich das päbstliche Wapen mit den darunter gesetzten Worten:


Gregorio XIII. Pont. Max.


Und am Fußgestelle:


Ulysses Joseph S. R. E.

Presb. Card. Gozzadinus

Immolensis Episcopus

Ac

Romandiolæ a Latere Legatus

Omnium amore

Omnium Onore10 dignissunus Pontem, quem ligneum repererat,

Lateritium reliquit.


Auf dem halben Wege zwischen Cesenatico und Savio kömmt man durch die bischöfliche Stadt Cervia, welche zu Anfang dieses Jahrhunderts ihre ganze Lage verändert hat, indem sie ehemals eine Vierthelstunde weiter von dem Meere entfernet war, wegen der ungesunden Luft aber, die sich daselbst stets äußerte, hieher versetzet worden. Rand links: Verlegung der Stadt Cervia wegen ungesunder Luft. Diese neue Stadt ist mit schönen, breiten und meistentheils unter einem Dache gebaueten Straßen angeleget. Auf der Seite gegen Savio oder Ravenna steht über dem Stadtthore, so in der Mitte eines langen Pallastes ist, folgende Nachricht eingehauen: Rand links: Davon handlende Inscription.


Cerviæ Urbem insalubri damnatam cœlo

Ad solitudinem jam diu redactam

In hujus apricam Adriatici plagam

Clementiori perflandam aura

Propinquo spectandam mari

Nunquam amea tentato opere

Innocentius XII. & Clemens XI. Rom. Pontifices

Fulvii S. R. E. Cardinalis Astalii

Solicitudine allaborame

Laurentii Corsini Ecclesiastici ærarii generalis Præfecti

Adspirante studio

Michaëlis Angeli Comitis Mafæi Æmillæ Quæstoris

Votis exposcentibus

Traduxerunt

Ann. Dom. MDCCIII.


Man sollte kaum glauben, daß ein so geringer Unterschied, in Ansehung der Entfernung eines Ortes vom andern, eine so große Veränderung, was die gesunde Luft der Gegend anlangt, nach sich ziehen könnte, wenn die Erfahrung solches, insbesondere in den warmen Ländern, nicht täglich auch bey noch geringerer Entfernung der Oerter, lehrete. Rand links: Geringer Unterschied der Entfernung.

Wenn man obgedachtes Thor hinter sich gelassen, kömmt man über einen schönen und breiten Canal, durch welchen in den Monaten Junius, Julius und Augustus (da nämlich das Wetter am heißesten und weniger Regen einfällt) das Wasser landwärts in eine etwas niedrige Gegend (worinnen sonst nur Binsen und schlechtes Unkraut wächst) gelassen wird. Rand links: Salzwerke.[928]

Dieser niedrigere Strich Landes erstrecket sich über eine halbe Stunde in seiner Länge, und die Breite ist an etlichen Orten nicht viel geringer. Die Hitze der Sonne verzehret allhier das flüchtige Wasser dergestalt, daß das Salz, welches hernach raffiniret werden kann, mit großem Vortheile der päbstlichen Kammer, zurück bleibt. Die päbstliche über den apenninischen Gebirgen liegende Provinzen, Urbino, Ferrara, Ancona, Bologna und Romagna bekommen ihr meistes Salz hieraus.

Hinter Rimini fängt zwar das Land schon an schlecht zu werden; allein so unfruchtbar ist es nirgends als zwischen Cervia und Ravenna, da man an dem Ufer der See nichts als Sand, und in dem Lande nur Moräste, Binsen und dergleichen antrifft. Rand rechts: Unfruchtbare Gegend.

Drey bis vier Meilen vor Ravenna kömmt man durch einen Wald11, der aus Pigni besteht, welche Bäume vollkommen den Fichten oder vielmehr Führen gleichen, ausgenommen, daß sie sich oben in breite Kronen ausbreiten, und ihr Holz nach Gewürze riecht. Rand rechts: Wald von Pigni. Ihre Frucht, Pigna genannt, ist dicker als die Tannzapfen und begiebt sich von einander, wenn man sie auf Kohlen leget, dergestalt, daß man die Kerne heraus nehmen und entweder ohne fernere Zubereitung essen oder an Brühen verbrauchen kann. Man treibt hier vielen Handel damit. Die trocknen Hülsen geben ein helles und schönes Feuer, daher sie vornehmlich in Kaminen verbraucht werden.

Zwo italienische Meilen vor Ravenna kömmt man nächst am Kloster La Classe vorbey, welches dem h. Apollinaris zu Ehren im Jahre 534 angefangen, 548 vollendet, und im Jahre 1721, Innocentio XIII. & Cornelio Bentivolo Cardin. Legato sedentibus, (wie eine Inscription rechter Hand in der Galerie vor der Kirche meldet) erneuert worden. Rand rechts: KlosterLa Classe. Die Patres nennen sich Monachos Classenses, wie auch Camaldulenses. Die Thüren der Kirche stunden dieses mal offen, es war aber weder in derselben noch in dem Kloster eine lebende Seele anzutreffen; weil die Mönche wegen der ungesunden Luft dieser Gegend, sobald die Jahreszeit anfängt warm zu werden, das Kloster verlassen, und den Sommer in Ravenna zubringen. Rand rechts: Steht im Sommer ledig. Die Kirche hat auf jeder Seite zwölf trefflich schöne Seulen von weiß-grauem Marmor, und in allen zehn große steinerne Särge, worinnen Bischöfe von Ravenna (deren einige in den Epitaphiis Sanctissimi und ter beatissimi genennt werden) begraben liegen. Rand rechts: Kirche. Inwendig über dem Haupteingange deutet eine Inscription an, daß im Jahre 1653 der Leib des h. Apollinaris aus Ravenna wieder hieher gebracht worden sey. Rechter Hand, wenn man gegen den Hauptaltar geht, zeiget sich an der Mauer eine miteisernem Gitterwerke eingefaßte Fußstapfe, welche Gregorius der große, da er wegen der Heiligkeit dieses Ortes in eine Entzückung gerathen, dem Steine eingedruckt hinterlassen. Rand rechts: Fußstapfe Gregorius des großen. Die Stellung des Fußes ist also beschaffen, daß es scheint, es habe der Heilige vielmehr zur Kirche hinaus, als hinein gehen wollen. Die Thür, wodurch Gregorius der große in die Kirche getreten, ist anitzt vermauert, und liest man über derselben:


D. O. M. Sanctum

Gregorium M.

Pontificem ter maximum

Per januam hanc

Templum ingredientem

Ob loci sanctitatem & majestatem

In exstasin raptum[929]

Vestigium nudi pedis limini infixisse

Quod antiqua populi veneratione

Craticula ferrea

coopertum est

In Urbe Ravenna

Traditio & Fama

Viget.


Der Hauptaltar ist isolé oder rund herum frey, von gelbem Marmor mit vier schönen korinthischen Seulen aus einem Marmor, der weiße und schwarze Adern hat. Hinter und auch über demselben stellet eine zwar alte, jedoch sehr gute, mosaische Arbeit die Bildnisse vieler Heiligen sammt den dabey mit gleicher Kunst eingelegten Namen vor. In dem Altare sind viele Heiligthümer verwahret, darunter sich auch etliche Stücke vom Kreuze des Heilandes befinden. Linker Hand, wenn man in die Kirche kömmt, zeigen sich an der Wand folgende Worte: Rand links: Des Kaisers Otto des dritten Pönitenz.


†. Otho III. Rom. Imp. Germ. ob patrata crimina austeriori disciplinæ Sancti Romualdi obtemperans, emenso nudis pedibus ab Urbe Roma ad Garganum montem itinere Basilicam hanc & Cœnobium Classense XXXX. dies pœnitens inhabitavit, & hic cilicio ac voluntariis castigationibus peccata sua expians augustum dedit humilitatis exemplum, & Imperator sibi Templum hoc & pœnitentiam suam nobilitat. Anno P. C. M.

Fußnoten

1 Zum Ruhme des Hafens saget man insgemein: Unus Petrus est in Roma; una Turris in Cremona; unus Portus in Ancona.


2 Diese Anmerkung bestätiget die Richtigkeit desPrincipii idenitatis indiscernibilium, eines Satzes, welcher selbst den Weltweisen des Alterthums nicht unbekannt gewesen ist. Auch selbst den Weltweisen des Alterthums? Niemand wird leugnen, daß Leibnitz, diese Zierde der Deutschen, die angeführte Wahrheit in ein helleres Licht gesetzet habe. Und das ist vielleicht die Ursache, warum ihm die neuern Weltweisen die Ehre der Erfindung gönnen. WOLF.Cosmo I. p. 191: Leibnitius primus advertit. HAMBEKGERelem. Phys. p. 186: Hancthesin, non dari perfecte homogenea, illustris invenit Leibnitius. Allein es ist der Billigkeit gemäß, daß wir auch dem Alterthume Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Cicero, dieser so bekannte Römer, welcher sich boy seinen aufgeklärten Begriffen noch dazu auf politiores physicos beruft, soll im Namen alleralten Weltweisenreden Quæst. acad. l. IIII, n. 50: Quis enim dederit, aut omnia Deum posse, aut ita facturum esse, si possit? Quomodo autem sumis, ut si quid cui simile essepos-sit, sequatur, ut etiam internosci difficulter possit? deinde, ut ne vix internosci quidem? postremo, ut idem sit? N. 54: Similitudines vero aut geminorum aut signorum annulis impressorum pueriliter consectantur. Quis enim nostrum similitudines negat esse, quum eæ plurimis in rebus adpareant? Sed si satis est ad tollendam cognitionem similia esse multa multorum, cur eo non estis contenti, præsertim concedentibus nobis? & cur potius id contenditis, quod rerum natura non patitur, ut suo quidque genere sit tale quale est, nec sit in duobus aut pluribusnulla re differens ulla communitas? ut sibi sint ova ovorum & apes apum simillimæ. N. 55: Quid pugnas igitur? aut quid tibi vis in geminis? conceditur enim similes esse, quo contentus esse potueras. Tu autem vis eosdem esse plane. non similes, quod fieri nullo modo potest. Deinde confugis ad physicos eos, qui maxime in acidemia irridentur, a quibus ne tu quidem jam te abstinebis, & ais Democritum dicere innimerabiles esse mundos, & quidem sie quosdam inter sese non solum similes, sed undique perfecte & absolute ita pares, ut inter eos nihil prorsus intersit, & eos quidem innumerabiles. Und abermalsN. 56: Primum quidem me ad Democritum vocas, cui non adsentior potiusque refellam propter id, quod dilucide docetur a politioribus physicis, singularum rerum singulas proprietates esse.


3 ALEINOVANVSad Liviam – – purpurea sub nive terra latet. Beym Horaz werden die Schwanen, und beym Catull die Aeste der Eichen purpurei genennet. Anakreon setzet πορφϕνρἅν ἀφοδίτην.


4 PetrusMARTYRlib. IV, Dec. 3 bezeuget, daß etliche Völker in Indien sich der Muscheln zu demjenigen Ende bedienen, wozu Adam und Eva in den gemeinen Gemälden die Feigenblätter gebraucht haben. Andere reinigen sie von der groben oder dunkeln Schale, und verfertigen eine Art von Fensterscheiben daraus, dergleichen man bey Sloane in London sehen kann. In dem Hause vom Busche nahe beym Haag ist eine Austerschale von solcher Größe, daß sie zumBassin einer Fontaine dienet. Bey Goa wurde einsmals von ungefähr mit einem Anker eine Auster herausgezogen, deren fleischichtes Theil über hundert Pfund wog. Ihre zwo grossen Schalen werden noch in der königlichen Kunst- und Naturkammer zu Kopenhagen gezeiget, und hat jede am Gewichte zwey hundert und vier und zwanzig Pfund, im Umfange acht und einen halben Fuß, und im Diameter mehr als viertehalb Fuß. In des Chevalier Hano Sloane vortrefflichen Sammlung natürlicher und künstlicher Merkwürdigkeiten kann man eine zackigte Austerschale betrachten, die in dem Durchschnitte ihrer größten Länge sieben gemeiner Spannen hat.


5 LIVIVSLib. XXVII, fin.


6 Auf dem Steine steht unrecht domininoque.


7 Die Altieri führen Sterne in ihrem Wapen.


8 Dell' Origine delle Case Illustri d'Italia, p. 368,edit. Venet. 1670, 4.


9 PLIN. Hist. Nat. lib. III, c. 15: Octava regio determinatur Arimino, Pado, Apennino. In ora fluvius Crustumium, Ariminum colonia cum anunibus Arimino & Aprusa. Fluvius hinc Rubico, quondam finis Italiæ. Conf.SIDON. APOLLINAR. Lib. I, Epist. V. VibiusSEQVESTER& alii.


10 So liest man, gleichwie auch in der vorigen Inscription etate und ere.


11 Dieses Waldes gedenket schon IORNANDESde reb. Gothicis.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 930.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Papinianus

Papinianus

Am Hofe des kaiserlichen Brüder Caracalla und Geta dient der angesehene Jurist Papinian als Reichshofmeister. Im Streit um die Macht tötet ein Bruder den anderen und verlangt von Papinian die Rechtfertigung seines Mordes, doch dieser beugt weder das Recht noch sich selbst und stirbt schließlich den Märtyrertod.

110 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon