[1266] Vier und achtzigstes Schreiben.

Reise nach den ober-ungarischen Bergwerken, und ferner nach Ofen, Raab, Comorra etc.

Mein Herr!


Das gute Wetter und die angenehme Jahreszeit haben mich zu einer Lustreise in das benachbarte Ungarn bewogen, von welcher ich meinem Herrn mit folgender kurzen Nachricht aufwarte. Rand links: Weg nach Presburg. Von Wien bis Presburg werden zehn Meilen gerechnet, welche man aber mit einem Rennwagen in sieben bis acht Stunden zurück leget. Eine Vierthelstunde über das kaiserliche Lustschloß Ebersdorf hinaus findet man linker Hand am Wege eine Pyramide; die auf vier Kugeln ruhet, und zum Andenken der allhier geschehenen Zusammenkunst Leopolds des ersten und des polnischen Königes Johann Sobiesky aufgerichtet worden. Rand links: Denkmaal des Kaiser Leopolds und des polnischen Königs Johann Sobiesky. Die daran befindliche Inscription ist folgende:


Anno gloriosi Imperii Leopoldi Primi XXVI. Die XV. Sept. duo longe Maximi Europæ Monarchæ, idem Leopoldus Cæsar Augustus & Johannes Tertius Poloniæ R. liberata prospere obsidione Vienna, acto in fugam ingenti Barbarorum exercitu, occupatis eorundem æneis tormentis commeatuque, reportatis præterea opimis spoliis, hoc loco mter suorum victricia arma invicem gratulabundi convenere, magna utrinque Electoris, Ducum, Principum ac Magnatum comitiva.


Diesem füge ich bey eines Unbekannten zum Lobe des gemeldten Königes Sobiesky nicht übel gerathene Gedanken: Rand links: Inscription auf Johann Sobiesky.


IOHANNI SOBIESCO

Dominatione Polonico, Litthuanico,

Liberatione Austriaco, Pannonico,

Profligatione Ottomannico, Thracieo,

Religione Christianissimo,

Pietate Catholico,

Zelo & obsequio Apostolico,

Inter Reges sapientissimo,[1266]

Inter Duces præstantissimo,

Iater Imperatores, citra fabulas

Solo nomine tremebundo,

Solo nomine hostes profliganti

CVI

Gloria militaris Regnum peperit,

Clementia firmavit,

Meritum perennabit:

QVI

Raro Probitatis & Constantiæ exemplo

Propria deserens, aliena defendens

Docuit quo pacto sancta jura fœderum

Ineantur, excolantur, perficiantur.

Ottomannicam Lunam

Fulgentissimo Crucis vexillo

Æternam Eclypsin minitantem

Ita propere fortiterque a Christianorum finibus

Eliminavit

Ut unum idemque fuerit,

Venisse, Vidisse & Vicisse.

Iater innumeros igitur Christiani Orbis plausus,

Inter vindicatæ Religionis & Imperii lætitiam

Inter cruematæ Lunæ extrema deliquia,

Agnoscant præsentes, fateantur posteri

Non tantum enascenti Evangelio, quo promulgaretur,

Sed etiam promulgato, ne profligaretur,

Utrobique suisse hominem a Deo missum,

CVI NOMEN EAT IOHANNES.


Zwo Meilen vor Presburg besieht man die große Tobaksfabrike, so die kaiserliche Kammer zu Hanburg angeleget hat. Sie ist von sehr vielen Einkünften, weil nicht nur der in hiesiger Gegend, sondern auch in Ungarn wachsende Tobak hieher geliefert werden muß. Das beste Gewächs kommt von der Theiße, und ist der um Kalo bis gegen Carol hin wachsende Tobak fast so gut als der türkische1. Rand rechts: Gränze zwischen Oesterreich und Ungarn. Bey Hanburg auf der Seite nach Presburg liegt ein hohes Bergschloß: nur eine halbe Stunde vor Presburg machet ein kleiner Bach die Gränzscheidung zwischen Oesterreich und Ungarn. Vor alten Zeiten gehörte auch Presburg nebst der umliegenden Gegend zu Oesterreich oder ad Marchiam Orientalem, wie man aus Ottonede S. BLASIO, c XXXII, p. 213. ad ann. 1189 ersehen kann, und gründet sich hierauf das schon etlichemal wiederholte kaiserliche Verlangen, daß besagte Stadt wieder zu Oesterreich geschlagen werden möge.

Die Stadt Presburg liegt in einer Ebene, ist schlecht gebauet, und nur mit einer Mauer und Graben umgeben. Rand rechts: Die Stadt Presburg. Die Vorstadt liegt größtentheils auf einem Hügel, und das[1267] Schloß auf einem hohen Berge. Dieses ist viereckigt und mit vier dergleichen Thürmen gezieret. In verschiedenen Zimmern desselben ist des Kaiser Ferdinands des zweyten historia sacra, oder mancherley Exempel und Proben seiner Tugenden von einem geschickten Mei, ster gemalet. Rand links: Satirisches Gemälde wider die Jesuiten. Des Kaisers Gesicht gleicht sich in jedem dieser Stücke, unter welchen eines von des Malers satirischem Geiste und Dreistigkeit zeuget, indem er zur Seite des Kaisers, welcher dem General Dampier einen Beutel mit Gelde zur Belohnung seiner großen Verdienste darreichet, einen Jesuiten vorstellet, welcher mit gar hungerigen Minen von untenauf den Beutel wegzufischen suchet. Die Aussicht vom Schlosse ist trefflich, absonderlich gegen Nieder-Ungarn und Belgrad, auf welchen Seiten man lauter ebenes Land vor sich hat. Rand links: Aussicht.

Die ungarische Krone und andere Reichsinsignien sind in einem von den vier obgedachten Thürmen verwahret, und werden niemanden gezeiget. Der Eingang dazu ist mit drey eisernen Thüren versperret, zwischen deren ersten zwoen die darüber stehende Wache durch ein eisernes Gitter herabsehen kann.

In dem Zeughause sind viele alte Rüstungen und einige zum Sturme benöthigte Geräthschaften. Rand links: Zeughaus. In der untern Vorstadt ist der an sich selbst gar unansehnliche Hügel, auf welchem der neugekrönte ungarische König zu Pferde vier Schwertstreiche gegen Osten, Süden, West und Norden thut, um dadurch anzudeuten, daß er das Land gegen alle und jede Feinde vertheidigen wolle. Rand links: Der Königsberg. Diese Ceremonie aber ist nicht an den hiesigen Königsberg gebunden, sondern auch an andern Orten, wo die ungarischen Könige gekrönet werden, gewöhnlich, wie man aus Reva fol. 137 ersieht.

Zu Presburg istdas ungarische Kammercollegium, in dessen Sachen aber die Hofkammer zu Wien sich vielmals mischet. Rand links: Kammercollegium. Von vornehmen Standespersonen befindet sich anitzt niemand hier als der Palatinus Regni, Graf Nicolaus Palfy ab Erdöd2, welcher lahm un Füßen und wegen des Podagra in etlichen Jahren nicht aus dem Bette gekommen ist. Er nimmt indessen gern Visiten an, die ihm auch unsere Gesellschaft gab, wobey ein gleichfalls gegenwärtiger Franciscanermönch einen sehr dummen Streich begieng. Rand links: Dumme Reden eines Mönchs. Denn alsder Graf über seinen beschwerlichen Zustand klagte, meldete der Mönch: er wisse auch wohl, wie das beständige Betthüten thue, und habe er es bey einem Beinbruche erfahren, dessen Cur anfänglich so schlecht gerathen, daß das Bein krumm gewachsen, und er den Entschluß gefasset, es noch einmal von einander schlagen zu lassen, damit es nur besser geheilet werden möchte. Der Graf verwunderte sich, daß ein Ordensmann nicht lieber einen krummen Fuß behalten, als doppelte Schmerzen ausstehen wollen; der Mönch aber fuhr mit einer unbedachtsamen Dreistigkeit heraus: Ja! was thut man nicht um recht gehen zu können, und wollte ich eher alle solche Schmerzen noch einmal erdulden. als mich gezwungen sihen, immer als ein Bärnhäuter auf dem Bette zu liegen.[1268]

Uebrigens habe ich bey einem Apotheker in Wien, de Pauli genannt, eine sonderbare und glückliche Cur des Podagra durch den öftern Gebrauch des reinen Terpentins gesehen, welchen er messerspitzenweise, und zwar um den üblen Geschmack zu verhüten, in einer Oblate einnahm. Nach seinem Berichte geht hierauf alle scharfe Unreinigkeit mit dem Urin fort, und obgleich das Podagra nicht gänzlich ausbleibt, so verursachet es doch keine Schwäche in Füßen, welche man im Bette ohne beschwerliche Diät leicht abwarten kann. Bey dieser Cur befindet er sich nun schon zwey Jahre lang gesund, anstatt daß er sonst von dieser Erbkrankheit fast von Jugend auf also geplaget gewesen, daß er die Merkmaale daran noch an verschiedenen Höckern der Glieder an Fingern aufzuweisen hat. Er gebraucht den Terpentin anitzt und alle vierzehn Tage etliche mal hinter einander, und halte ich dafür, daß man nicht allzustarkeDoses hinter einander nehmen solle, um den Urin nicht zu sehr zu treiben, und etwan eine Diabeten (wider welche übrigens das Bristoler Wasser ein treffliches Mittel ist) zu erregen.

Der Prediger der evangelischen Gemeine zu Presburg, Matthias Bel, arbeitet schon seit vielen Jahren an einer weitläuftigen Historie und Beschreibung des Königreichs Ungarn, nach welcher die Gelehrten ein desto größeres Verlangen tragen, je mehr der im Jahre 1723 davon herausgegebene Prodromus von des Autors Wissenschaft, Fleiße und schöner lateinischer Schreibart die Leser überzeuget hat. Er hoffet mit dem geographischen Theile in zweyen Jahren fertig zu seyn. Indessen werden die Beschreibungen eines jeden Strich Landes an diejenigen Comitate, so sie betreffen, eingesandt, um zu vernehmen, ob dabey noch etwas zu erinnern sey. Die ungarische Kanzley in Wien hat die Revision des Werkes, und aus dieser Ursache geht es damit etwas langsam zu. Die vielen dazu gehörigen specialen Landkarten werden mit aller Sorgfalt durch geschickte Ingenieurs verfertiget und sauber gezeichnet. Die Jesuiten haben aus neidischen Absichten dieses Werk vielmals zu hintertreiben gesuchet, auch es einmal so weit gebracht, daß eine Art von Inquisition wider den Bel angestellet worden. Nachdem dieser aber gezeiget, daß er kein Fremder, sondern ein gebohrner Ungar sey, der niemals in einige dem Hause Oesterreich widrige Händel geflochten gewesen, sondern wegen der Ragozzischen Unruhen in die Fremde gegangen, daselbst studiret und nicht eher, als nachdem die Malcontenten gänzlich geschlagen waren, sein Vaterland wieder besuchet habe; daß er auch keinesweges auf Anstiften übelgesinnter Personen, sondern aus purer Liebe seines Vaterlandes ein solches Werk übernommen, woraus sowohl der Landesherr als die Unterthanen vielen Nutzen schöpfen könnten; so wurden die Jesuiten mit ihrem unbilligen Gesuche nicht nur abgewiesen, sondern der Kaiser verordnete auch dem Bel eine jährliche Pension von sechshundert Gulden, mit Befehl, in dem angefangenen Werke fortzufahren3.[1269]

Den Wagen von Wien bis Presburg hatte unsere Gesellschaft von vier Personen mit fünf Gulden bezahlet: weil wir aber von hieraus Ober-Ungarn besehen wollten, woselbst keine ordentliche fahrende Posten zu haben sind; so mußten wir ein eigenes Fuhrwerk mit vier Pferden miethen, für welches wir jedes Tages, wenn wir reiseten, vier Gulden, wenn wir aber still lagen, nur zween Gulden gaben. Rand links: Reise in Ober-Ungarn. Rand links: Ungarische Pferde. Die ungarischen Pferde sind sehr dauerhaft und halten lange aus, die Stärke aber, eine Last im schweren Lande, tiefen Wegen oder Bergen fortzubringen, mangelt ihnen insgemein. In der Ebene spannet man allhier vier Pferde in eine Linie.

Zwo Meilen von Presburg läßt man St. Georg linker Hand unten am Berge liegen. Die an diesem Gebirge befindlichen Weinberge haben ihre Lage gegen Mittag, genießen den ganzen Tag des Sonnenscheines, und ist also kein Wunder, wenn der Wein daselbst wohl geräth. Zu dem sogenannten Ausbruche suchet man die besten Trauben und Beeren aus: weil aber der Ueberrest hernach nothwendig schlecht ist; soist vor kurzer Zeit verbothen worden, dergleichen Ausbruch inskünftige mehr zu machen. Von dem hiesigen ordinairen Weine gilt der Eimer von vierzig wienerischen Maaßen (deren jedes so groß ist, daß es zwey braunschweigische Quartiere ausmachet) auf der Stelle zween rheinische Gulden, und versicherte der ungarische Kammerpräsident, Graf von Erdödi, daß er etliche Jahre her von dem ungarischen Weine, welcher so gut als der beste österreichische hätte seyn sollen, den Eimer für ein und funfzig Kreuzer hätte schaffen wollen. Die Einfuhr in die österreichischen Lande machet die größten Kosten und Schwierigkeiten.

Zu Dsäckliz, oder wie es in zäcktischer4 Sprache genennet wird, Lauschiz, findet man ein schönes dem Fürsten Joseph Esterhasi zuständiges Schloß, und eine halbe Stunde davon linker Hand bey Neudorbel ein dergleichen anderes, so dem Kardinal Csaki gehöret. Rand links: Luftschlösser.

Von Presburg nach Tyrnau (welcher Ort wegen seiner Universität und des Jesuitercollegii bekannt ist), sind sieben Meilen, welche man in sechs Stunden zurück leget. Rand links: Tyrnau. Von hier ist Freystädt zwo Meilen entfernet, der Weg aber bey Leopoldstadt, wegen des vielen Morastes gar beschwerlich. Rand links: Freystädt. Dieser letzte Ort liegt etwan eine Vierthelstunde vor Freystädt, und ist eine regulaire an dem schnell-laufenden Flusse Wage angelegte Festung, welche unter dem Kaiser Leopold nöthig erachtet wurde, als man in dem zwanzigjährigen Stillstande im Jahre 1664 Neuhäusel in türkischen Händen lassen mußte. Sie ist nach der neuen Art befestiget, und alle ihre Werke sind ausgemauert.

Freystädt ist ein weitläuftiger und auf einer Höhe gelegener Ort. Rand links: Gegend. Bis hieher läßt man die Berge allezeit in einer guten Weite linker Hand entfernet liegen; von Freystädt aber fängt das Land schon an, etwas unebner zu werden. Anbey nimmt die Länge der Meilen zu, und brauchten wir zu denen vier Meilen bis Topolschan fünf Stunden.

Von hier aus führet der nächste Weg nach Cremniz über Bryniz, wo des Feldmarschalls Grafen Johann von Palsy weitläuftiges Schloß nebst einem schönen warmen Bade zu sehen ist. Rand links: Länge der ungarischen Meilen. Von Bryniz sind drey Meilen bis Cremniz, diese Meilen aber sind ungarisch, das ist, noch einmal so stark als die deutschen. Die Wege sind allenthalben schlimm, und muß man über ein hohes Gebirge; Cremniz aber liegt in einem tiefen Thale.[1270]

Alle diese Gegenden sind volkreich und die Felder wohl bebauet. Wo die rauhen Berge und Waldungen keinen Weinwachs gestatten, brauet man gutes Bier.

Die sieben sogenannten königlichen freyen Bergstädte sind Cremniz; Königsberg, Schemniz, Neusohl, Bugganz, Dulln und Libeten. Rand rechts: Von den sieben Bergstädten. Sie stehen sämmtlich unter der österreichischen Regierung, weil sie schon voralters von den ungarischen Königen an das Haus Oesterreich versetzet worden. Die ungarischen Landstände aber fragen öfters, warum man nicht bedacht sey, sie wieder einzulösen. Zu diesen sieben Bergstädten gehören noch vier Herrschaften, die sich drey Tagereisen weit und bis an die polnischen Gränzen erstrecken. Rand rechts: Warum sie unter der österreichischen Regierung stehen. Der höchste Befehlshaber in diesen Gegenden ist der Oberkammergraf, und wird diese Bedienung anitzt durch einen geschickten und höflichen Mann, den Baron von Sternbach, bekleidet. Rand rechts: Oberkammergraf Alle Befehle gehen an ihn, und empfängt er solche von niemanden als von der österreichischen Hofkammer; alles Geld geht durch seine Hände; er ist der oberste Richter, von welchem weder in Civil-noch Criminalsachen appelliret werden kann, und stehen unter ihm drey und achtzig Beamte oder Officianten. Seine Besoldung ist von viertausend Gulden, nebst vierhundert und funfzig Gulden Tafelgeldern.

Durch Gelegenheit dieser Bergwerke ernähren sich viele tausend Menschen, und kosten die Gruben zusammen jährlich über eine Million Gulden zu unterhalten, wozu in allen nur sechszigtausend Gulden aus sichern Fonds kommen, das übrige muß durch Bergarbeit erworben werden. Man läßt wenig Vorrath allhier, und hat vielmehr der Kammergraf fast beständige Foderungen wegen gethanen Vorschusses.

Rein Golderz (dergleichen in Siebenbürgen zu haben ist) wird in diesen ungarischen Gebirgen nicht gefunden, sondern es ist allezeit mit Silber oder Bley vermischet, hingegen findet man auch kein Silber, so nicht auch Gold hielte. Rand rechts: Vom Gehalt der Erze. Wenn das Erz sehr reich ist, führt z. E. der Zentner Stein siebenzig Loth Silber bey sich, man verbraucht aber, sonderlich in Cremniz vieles, so nur drey- bis vierlöthig ist. Das an Silber arme Erz, hat öfters das meiste Gold. Das türkische und ungarische Bley (woraus die Türken ihre viereckigten Büchsenkugeln schneiden), hält gemeiniglich Silber und Gold. In dem Bley findet sich zwar das erstere, aber kein Gold. Zu Schemniz machen sie des Jahres etwas mehr als fünf Zentner Goldes; zu Cremniz bekömmt der Kaiser ohngefähr siebenzig und die Gewerken dreyßig Mark. Rand rechts: Einkünfte der ungarischen Bergwerke. Vermittelst des Zusatzes werden aus einem Loth Goldes fünf Ducaten gepräget. Wenn man alles zusammen nimmt, kommen jährlich bey hundert tausend Ducaten aus der Münze der hiesigen Bergstädte, und dennoch wollen einige rechnen, daß diese Werke zusammen nach Abzug aller Unkosten dem Kaiser anitzt kaum sechszigtausend Gulden eintragen.

Neusohl ist fast noch das beste, wegen seines Kupfers, so den Holländern (die zwo Millionen Gulden auf die ungarischen Bergwerke vorgestreckt haben), in Bezahlung der Zinsen angegeben wird. In den Jahren von 1680 bis 1693 brachten die Bergwerke in Ober-Ungarn dem Kaiser jährlich drey Millionen Ueberschuß, es wurden aber damals wöchentlich drey bis viertausend Mark Silbers allein in Schemnitz ge macht, anstatt daß es itzt kaum auf hundert kömmt. Auf die Mark Goldes, wienerischen Gewichtes, gehen etwas mehr als neun und siebenzig und ein halber Ducaten. Die Gewerken aber, so den Schlagschatz bezahlen müssen, bekommen nur vier und siebenzig Ducaten dafür. Die Mark Silbers wird den Gewerken mit funfzehn Gulden funfzehn Kreuzer bezahlt, der Kaiser aber bringt sie auf zwanzig und einen halben Gulden. Das Silber, so angenommen wird, muß geschmeidig und der Gehalt auf die Mark funfzehn Loth und drey Quintlein, oder wenigstens funfzehn[1271] und ein halb Loth zu rechnen seyn. Ueber dieses bekömmt der Kaiser von allem Erze das Urbar oder den zehnten Theil, dergestalt, daß die Kammer jährlich etliche und zwanzigtausend Gulden von den Gewerken zieht. In ganz Ungarn ist keine Accise, die sieben Bergstädte sind auch von Einquartierungen frey. Um dem Mangel des Holzes, so viel es möglich, vorzubauen, ist schon unter Maximilian dem zweyten im Jahre 1573 eine Verordnung ergangen, kraft welcher niemanden in den Gegenden der sieben Bergstädte erlaubet ist, Ziegen zu halten.

Damit aller Verdacht und Argwohn eines Unterschleifes verhütet werde, ist sowohl dem obersten Kammergrafen, als dem Verwalter des Kupferhandels, denen Unter-Kammergrafen und ihren zugeordneten Amtleuten, desgleichen denen Bergmeistern, Bergrichtern, Schichtmeistern, Markscheidern, Theilern, Berggerichtschreibern, geschwornen und allen andern Bergbedienten untersaget, einigen Antheil oder Kuxe an den hiesigen Bergwerken zu haben. Rand links: Vermeidung alles Unterschleifes. Das Wort Kux kömmt aus der böhmischen Sprache, in welcher Kukus einen Theil oder Portion bedeutet. Den Hauern und Arbeitern in den Minen wird die Arbeit von acht Stunden für eine Schicht, und sechsthalb Schichte für eine Woche gerechnet. In Cremniz ist die Arbeit nicht allzubeschwerlich, weil der Grund locker ist, und nicht gar große harte Felsen hat. Die metallhärtige Erde kömmt nebst den Erzsteinen, so vorher gebrannt und mit großen Hämmern von denen zu solcher harten Arbeit als zu einer Strafe und gleichsam ad metalla verurtheilten Leuten in kleine Stücke geschlagen worden, erstlich auf die Pochwerke, allwo alles zu einem subtilen Sande zermalmet wird. Das durchlaufende Wasser nimmt immer das feinste mit weg, und liegt schon in der ersten Rinne eine Plage oder Art von Netzen, in welcher sich das beste und schwerste auf den Boden setzet. Dieses ist so gut, daß es nicht nöthig hat auf den Rost zu kommen. Wenn der andere seine Sand sieben mal gewaschen und darauf Kießtruet, das ist, in einen Kasten geschlemmet worden, so heißt er Schlich, welcher mit Kalk, der nur ein wenig gebrannt worden, vermischet und zum Feuer gebracht wird. Allhier schmelzet er zusammen in eine schwarze Materie, die Lech genannt wird, und vieles Arsenicum bey sich führet, daher sie etliche mal, so lange noch Rauch davon geht, unter freyem Himmel geröstet wird. Solches geschieht auf einem mit Leimen belegten Platze, worauf hernach kleine Kohlen gestreuet werden, über diese wird gespalten Holz gelegt, und dann kömmt der aus den Schmelztiegeln genommene Lech, welcher in Stücke von der Größe einer wälschen Nuß getheilet worden. Nach der Lage vom Lech kommen wieder Kohlen und Holz, und wenn der ganze Hause angezündet worden, brennt er nach Beschaffenheit des Windes oder Wetters fünf bis acht Tage. Dieses Rösten des ausgeschlemmten Schliches ersparet viele Ausgaben, indem ein Zentner bey drey Gulden Unkosten erfodern würde, wenn man ihn, so oft es nöthig, schmelzen wollte, bis daswilde Wesen, so er bey sich führet, abgetrieben wäre. Wenn der geröstete Lech rein genug und das letzte mal geschmolzen wird, läßt man ihn in zerlassen Bley, welcher das mit Golde vermischte Silber an sich zieht, laufen. Ein solcher imprägnirter Zentner Bley hält etwan funfzig bis sechszig Loth Silber, und kömmt auf den Treibherd, damit das Bley wieder abgesondert werde. Ich sah diese Scheidung an dreyssig Zentnern silberhältigen Bleyes zu Cremniz verrichten. Achtzehn bis zwanzig Zentner davon wurden zu Silberglätt und als überfließender Schaum abgenommen, vieles Bley zog sich in den von Leimen gemachten Herd, und an Silber blieben nur funfzig Mark zurück, deren jede siebenzehn Pfennige, das ist, ein und ein Sechszehntheil Loth Golo hielt. Dieses aber war von gar schlechtem Schemnizer Erze, dessen ein Zentner nur zwey bis vier Lothe Silber in sich hatte. Das reiche Erz und der Lech von dem Cremnizer Goldsande aus den[1272] ersten Rinnen und Plagen der Pochwerke, giebt hingegen ein Silber, welches, wenn es aus dem Treibofen kömmt, zwey Drittheile Goldes hält. Auf dem Treibofen blieb das Silber nach dem sogenannten Blick noch in der Glut, bis alles wilde Wesen sich verzehret hatte; welches man daraus schloß, daß das Silber, so an einem eingetunkten eisernen Stäblein hangend blieb, unter dem Hammer schmeidig wurde, und nicht mehr, wie es anfänglich zu thun pflegt, in kleine Stückchen sprang.

Wenn das Silber vom Feuer abgenommen, gekältet und gewogen ist, körnet man es, welches geschieht, wenn solches wieder geschmolzen, ins Wasser gegossen und dabey herum gerühret wird. Die fernere Arbeit wird in Schemniz (woselbst einmal die Einrichtung dazu gemacht ist) verrichtet, und schickt man es dahin in gläsernen Flaschen, in deren jederzehn Mark gekörnten Silbers sind. Daselbst kömmt es in Retorten und nach darauf gegossenem Scheidewasser auf das Feuer, da das Gold, als ein schwarz. gelber Sand auf den Boden fällt, und durch ein wiederholtes Umschmelzen erst zu seiner schönen Farbe gelanget. Das Scheidewasser, worinnen das Silber aufgelöset worden, wird in großen Kolben übergetrieben, das Silber aber bleibt so feste unten auf dem Boden sitzend, daß die Retorten zerschlagen werden müssen. Alles kömmt alsdann wieder auf den Ofen, und indem es zusammen geschmolzen wird, sondert man die Glasscherben unter dem Schaume mit ab.

Man rechnet, daß der Ducaten, wenn er zu Cremniz aus der Münze kömmt, auf zwölf Gulden zu stehen kömmt, und müssen die andern Erze diese Unkosten bestreiten oder gleich machen.

Das Schemnizer Erz hält mehr und besseres Gold als das Cremnizer, dieses letztern hartes Erz aber giebt mehr Lech. Ueberhaupt findet man auch in diesen Gegenden, daß das Erz so am reichsten an Silber ist, dafür arm an Golde sey. Man hat hier angefangen, die alte Erde und den Sand, welchen die Vorfahren nicht genau untersuchet und genutzet haben; wieder auszuwaschen. Wenn dieses acht mal geschehen und der Schlich geschlemmet worden, wird Quecksilber darunter geknätet, welches die Eigenschaft hat, das Gold an sich zu ziehen. Solches Amalgama, oder diese Kugel wird auf ein durchlöchertes Blech gelegt, mit einem Deckel verwahrt, und unter das Blech, Wasser und Kohlen gebracht, da sich dann der Mercurius beym Abtreiben in das Wasser präcipitiret und also gleichfalls beybehalten wird. Das in obgedachter Erde enthaltene Gold ist so subtil, daß es bisweilen auf dem Wasser weggeht, und so flüchtig, daß es sich nicht auf dem Herde würde tractiren lassen. Seine Güte ist so trefflich, daß es achtzehn Karat hält, da das übrige hiesige Gold nur von funfzehn bis sechszehn Karat ist. Gemeldte Anziehungskraft des Mercurs erstrecket sich auch auf das Silber, weiter aber nicht, und alliirt oder vermischt er sich mit keinem andern geringern Metalle. Per o Fernandes de Velasco hat im Jahre 1571 dieses Geheimniß den Spaniern gelehret, welche es mit großem Nutzen in ihren Bergwerken von Potosi gebrauchen. Die Ursachen solcher Wirkung untersuchet Rohaut im dritten Theile seiner Physik cap. 6, art. 27. Die großen irdenen Töpfe, welche man zu den Schmelzarbeiten und imstarken Feuer braucht; kommen alle von Passau, weil man hier noch keine Erde gefunden, die dazu gut genug wäre.

Alles in den ungarischen Bergstädten gefundene Silber und Gold wird nach Cremniz in die Münze gebracht, bey welcher ich mich der artigen Verse, so zu Clausthal über dereinen Thüre der Münze zu lesen sind, erinnere: Rand rechts: Münze


Quod natura parit, labor atque pericula quærunt,

Heic trahit in formas ars operosa suas
[1273]

Die Cremnizer Ducaten unterscheiden sich von andern durch die Schönheit ihrer Farbe, und besitzt eine einzige Familie das Geheimniß ihnen solche zu geben. Rand links: Geheimniß, den Ducaten einegewisse Farbezugeben. Vor wenig Jahren war derjenige, welcher dazu gebraucht wurde, so schelmisch, daß er zu jedem Ducaten etwas mehr Kupfer und dafür weniger Gold nahm; die Sache wurde aber bald entdecket, und sollte er, wie zween seiner Gehülfen wirklich wiederfuhr, geköpfet werden, wenn er nicht aus dem Gefängnisse entwischt und in das Franciscanerkloster zu Cremniz entkommen wäre. Allhier lebte er noch fünf Jahre, und zwar anfänglich in beständiger Hoffnung seiner Begnadigung, weil er in den Gedanken stund, er allein wisse das Geheimniß, den Ducaten die gute Farbe zu geben, und sey er deswegen unentbehrlich. Er betrog sich aber in seiner Meynung, indem sein Bruder eben so viel davon wußte, welcher da er sah, daß man eher den lustre der Farbe an den Ducaten missen, als einen Schelm ungestraft lassen wollte, hingieng und sich zu Fortsetzung der Arbeit, welche sein Bruder ehemals unter Händen gehabt, anboth. Diese Aufführung schmerzte den Entwichenen so sehr, daß erkaum auf dem Todtenbette bewegt werden konnte, sich mit seinem Bruder zu versöhnen.

Schemniz liegt von Cremniz drey Meilen, man hat aber acht bis neun Stunden an diesem Wege zu fahren. Die Gegend des Dorfes Latemer, nicht gar eine und eine halbe Meile von Cremniz hat angenehme Thäler, und bey der Glashütte daselbst findet sich ein warmes Bad, worinnen beyderley Geschlecht zusammen badet. Rand links: Glashütte und warmes Bad bey Latemer. Die Mannspersonen haben nichts als einen Schurz vor, und die Weibspersonen tragen ein Hemd, so oben zugebunden ist. Schemniz liegt in einem tiefen Thale, wie Cremniz, ist aber größer. In Schemniz findet man 1) Gold, 2) Bleyschlich, 3) Kießschlich. Rand links: Schemnizer Erze. Von diesem letztern hält der Zentner zwey Quentlein Silber, und die Mark solches Silbers giebt zwey Loth Goldes.

Man hat hier Erz, davon der Zentner ein Quentlein Silber und zwey und funfzig Pfunde Bley führet. Von dem gerösteten Bleyleche hält der Zentner sechs Loth Silber, worunter zwey Loth Goldes stecken. Man hat hier auch silberreichen Zinnober, welchen etliche für einen unvollkommenen Zinnober halten, dem der Schwefel gemangelt, um sich zu sublimiren. Um Schemniz herum giebt es zwar viele Waldungen, allein dessen ungeachtet fängt man an wegen künftigen Holzmangels besorgt zu seyn, weil wöchentlich dreyhundert und funfzig Roßlasten Kohlen in den Schmelzofen, und bey der übrigen Arbeit alle vierzehn Tage für tausend Gulden Holz verbrauchet werden. Rand links: Holzmangel. Das Tannenholz ist zum Kohlbrennen zu gut, und zum Gebäude in den Gängen nöthig. Wegen solcher Umstände machet man in Schemniz nur die beste und nöthigste Bergarbeit, und schickt das meiste schlechte Erz nach Cremniz, woselbst mehr Holz ist. Bey den Pochwerken ist das Wasser eine unentbehrliche Suche, und geben daher die hiesigen Bergordnungen einem jeden das Recht, zu seinem Waschwerke oder Pucher das Wasser durch eines andern Grund und Boden, vermittelst Schadloshaltung des Eigenthümers, zu führen und zu leiten. Man hat auch die kleinsten Quellen aufgefangen, zusammen geleitet und ihren Lauf also eingerichtet, daß durch ein kleines daraus entstandenes Bächlein alle Pochwerke nebst einem Theile der Wasserkünste getrieben werden; allein alle diese Vorsorge hindert nicht, daß in trockenen Sommern das Wasser zu Schemniz mangelt. Alsdann ruhen die Pochwerke, die Wasserkünste müssen mit Pferden getrieben werden, und die Unkosten erhöhen sich um ein merkliches. Man findet zwar in hiesiger Gegend eine Art von Steinkohlen, welche der General Schmettau durch verschiedene Vorschläge brauchbar zu machen gesuchet hat, allein bisher noch vergeblich, weil sie kein Feuer fangen, sondern, wenn sie auf andere brennende Kohlen geleget werden, mit großem Knallen in viele Stücke zerspringen, dergestalt, daß nichts herum vor Beschädigung sicher ist.[1274]

Die Bäche, so zu den Pochwerken genutzet werden, verliehren in vielen Meilen ihre angenommene trübe Farbe nicht. Rand rechts: Farbe der hiesigen Bäche. Der von Cremniz ist gelblich, der Schemnizer aber wegen des Bleyerzes von schwärzlicher Farbe.

Ich fuhr zu Schemniz auf dem sogenanten Knechte in St. Josephs-Schacht hundert und dreyßig Klaftern hinab. Dieses geschieht ohne Gefahr, weil man in einem ledernen Sitze eingeschnallet wird, und über die Tüchtigkeit des Seiles gute Aufsicht gehalten wird. Ein solches Seil kostet wegen seiner Dicke und Länge siebenhundert und zwanzig Gulden, und dauert in nassen Schachten und schlimmem Wetter kaum fünf bis sechs Wochen, in St. Josephs-Schacht aber, so vor andern trocken ist, siebenzehn bis zwanzig Wochen. Obgedachte hundert und dreyßig Klaftern machen nicht die ganze Tiefe dieses itztgemeldten Schachtes aus, sondern man steigt auf Mannsfahrten oder Leitern noch über funfzehn Klaftern tiefer. Wenn man alle Gänge unter dem Schemnizer-Gebirge durchwandern wollte, würde man drey bis vier Tage dazu vonnöthen haben. Rand rechts: Weitläuftige Gänge. Wegen der großen Unkosten und des geringen Ertrages hat man etliche davon eingehen und mit Wasser anlaufen lassen. Der Fels, worein man arbeitet, ist überaus hart, und muß mit Pulver gesprengt werden, welches die Arbeit kostbarer, als in den übrigen hiesigen Bergstädten machet.

Der ungesunden Witterung in den Gruben abzuhelfen, bedienet man sich vieler Schachte und Stollen. Rand rechts: Mittel wider die ungesunde Witterung. Wenn es außen windig, so ist die Luft in den unterirdischen Gängen die beste, weil sie vermittelst der Schachte und Stollen einen starken Zug hat. Von einer solchen Grube sagen die Bergverständigen in ihrer Sprache: Es ist gut Wetter, das aus- und einziehet, darinnen.Die hiesigen Bergbediente behaupten, daß in denen Orten, wo die Arbeiter mit der Katze, Bergsucht und convulsivischen Krankheiten oft heimgesucht sind, alles nur daran liege, daß die Schachte nicht recht geführet sind. Selbst in Ydria komme das Zittern und Zucken der Arbeiter in den Quecksilberminen großen Theils von ihrem vielen Sausen her. In den ungarischen Bergstädten findet man Leute von achtzig bis neunzig Jahren; ob aber die Mäßigkeit im Trinken etwas zu ihrem Alterbeytrage, lasse ich dahin gestellet seyn, indem doch auch in den drey Orten Cremniz, Schemniz und Neusohl jährlich bey vierzigtausend Eimer Wein und achttausend Eimer Brandtewein ausgetrunken werden. Dieses bleibt indessen gewiß, daß die schlimmste Luft in den Gruben ist, wenn zur Herbst- oder Frühlingszeit die Nebel auf den Bergen liegen. Wo man mit der Arbeit auf Plätze kömmt, da das Licht nicht brennen, sondern verlöschen will, so ist solches ein Zeichen von schädlichen Ausdünstungen und hohe Zeit, daß man frische Luft schöpfe, sonst empfinden die Arbeiter bald einen süßen Geschmack, nach welchem sie gemeiniglich eines jähen Todes hinfallen. Zu Schemniz erstrecket sich die Anzahl der Bergleute so in die Gruben gehen, auf fünf bis sechstausend, bey der Arbeit außer den Gruben werden mit den Zimmerleuten auch bey zweytausend gerechnet, ohne diejenigen, welche mit dem Fuhrwerke beschäfftiget sind. Rand rechts: Anzahl der Arbeiter. Man brauchet auch zur Bergwerksarbeit wenigstens funfzehnhundert Pferde, und wird ein Gespann von zweyen (nachdem die Arbeit hart oder gering ist) wöchentlich für fünf bis sieben Gulden gemiethet. Die sämmtlichen Unkosten, welche der Kaiser auf die Bergwerke allein zu Schemniz wenden muß, belaufen sich alle vierzehn Tage auf zwanzig bis zwey und zwanzigtausend rheinische Gulden, und also jährlich über fünfmal hundert tausend Gulden. Rand rechts: Unkosten.

An dem Hauptwerke hat der Kaiser hundert und drey und zwanzig Portionen oder Kuxe, die übrigen fünfe werden von andern Gewerken bebauet. Rand rechts: Einkünfte. Diese haben auch andere besondere Gruben, ihre eigene Schmelzwerke und weniger Bediente, daher sie das Ihrige besser nutzen. Es haben sich auch etliche adeliche Familien hier niedergelassen, deren Einkünfte[1275] meistens aus den Bergwerken kommen. Ueberhaupt habe ich wohl gemerket, daß die kaiselichen Bedienten der ungarischen Bergstädte den Eintrag dieser Bergwerke gar zu geringe angeben, theils allen Neid abzulehnen, theils um zu verhindern, daß die Kammer nicht immer vieles vorräthiges Geld bey ihnen vermuthe und absodere. Dieses ist auch eine der Ursachen, warum sie mit D. Brückmanns Beschreibung der hiesigen Bergwerke, in seinem Buche, Magnalia DEI in subterraneis genannt, nicht wohl zufrieden sind, weil er alles gar zu herrlich und reich beschrieben hat. Nach dieser Anmerkung lasse ich meinem Herrn die Freyheit, die Summe der sechszigtausend Gulden, welche ich aus den Nachrichten eines vornehmen hiesigen Bedienten, als den sämmtlichen Ertrag, den der Kaiser aus den ungarischen Bergwerken jährlich ziehen soll, um ein merkliches zu erhöhen.

In Schemniz darf niemand Wein schenken, wenn er nicht schon vierhundert Gulden in dem Bergwerke verbauet hat und ein solches Haus besitzt, auf welches solches Recht durch seine alte Herren und Erbauer gebracht worden. Rand links: Vonden Waldburger-Häusern. Diese Häuser werden Waldburger- oder Ringhäuser genennt. Das Privilegium solches Weinschankes wird zwar von den andern Bürgern mit scheelen Augen angesehen, allein wenn die Waldburger nicht gewesen wären, würde das Bergwesen in Ungarn beyweitem nicht in solchen Stand gekommen seyn; worinnen es sich anitzt befindet. Von diesen Leuten muß jeder wöchentlich vier ungarische Gulden (deren einer funfzig Kreuzer ausmachet) auf Hoffnung verbauen. Findet sich gutes Erz; so können sie zwar auf ihre Kosten diese Grube mit fortbauen, zu gleicher Zeit aber müssen sie mit ihrer alten Zubuße, an einem andern Orte, da noch nichts gefunden wird, wieder eintreten. In ihren Rathschlägen gelten die meisten Stimmen, und weil sie in Schemniz zu allen Ausgaben der Stadt ein Drittheil beytragen, so kann die Obrigkeit der Stadt ohne ihre Einwilligung nichts neues vornehmen.

Der Prediger der evangelischen Gemeine zu Schemniz, ein in Bergwerkssachen sehr erfahrner Mann, hat ein schönes Werk von den sieben Bergstädten unter Händen. Ueber Schemniz auf dem Berge sieht man die verfallenen Mauern des Schlosses, auf welchem die Königinn Elisabeth gewohnet hat. In den hiesigen Stadtbüchern liest man, daß die Stadt ihr einsmals fünf Gulden zu einer Reise nach Ofen, und zu einer andern Zeit ein Pferd, so neun Thaler gekostet, verehret habe, woraus die damaligen wohlfeilen Zeiten genugsam erhellen. Unten am Berge dieses Schlosses wohnten ehemals die Tempelherren.

Herrengrund, eine Meile von Neusohl, ist auch wegen des Brunnens, welcher der gemeinen Meynung nach das Eisen in Kupfer verwandelt, berühmt. Rand links: Herrengrund. In der That aber ist das Wasser, worein man das Eisen legt, nichts anders als ein solvirtes Kupfer, in welchem sich das Eisen auflöset, und kupferne Theilchen dafür wieder ansetzen. Rand links: Verwandlung des Eisens in Kupfer. Es geschieht solches in zwo bis drey Wochen; wenn das Eisen aber zu lange im gedachten Cämentwasser liegend bleibt, zerfällt es endlich in ein Kupferpulver. Man kann dergleichen Proben auch mit gemeinem Wasser, in welchem ungarischer oder cyprischer Vitriol (weil der andere, so aus Eisen gezogen ist, dazu nicht tauget) vorher sehr stark aufgelöset worden, verrichten.

Aus dem Abflusse des obgedachten Herrengrundischen Brunnens wird vieles Berggrün, Borax oder Chrysocolla, so nichts andersals ein Ansatz von überreifem Kupfer ist, gewaschen und zur grünen Farbe verbrauchet. Zu Herrengrund findet sich blauer, grüner, rother und weißer Vitriol. Neusohl liegt drey Meilen von Cremniz, und thut man am besten, gleich von diesem Orte dahin zu gehen, ehe man nach Schemniz sich begiebt.

Die Königsbergischen Gruben gaben ehemals treffliche Ausbeuten, und schenkte die Stadt einsmals dem Könige Matthias einen Hund oder in Gängen gebräuchlichen Karrn voll[1276] Ducaten. Rand links: Von den Königsbergischen Gruben. Als sie aber hernach der Gran sich zu sehr näherten, wurden ihre meisten Arbeiten überschwemmet. Viele sehen dieses Unglück als eine außerordentliche Strafe ihres damaligen Uebermuthes an. Vor etlichen Jahren richtete man eine Compagnie auf, welche dieses Bergwerk wieder in Stand zu setzen suchte, und weil die Abführung des Wassers aus den alten Gruben die erste Arbeit seyn mußte, so hat man auch allhier eine von denen Maschinen, so durchs Feuer das Wasser treiben, angeleget. Rand rechts: Neu, angerichtete Compagnie. Isaac Potter, ein Engländer, unternahm dieses Werk, würde es aber ohne Beyhülfe des kaiserlichen Baumeisters Fischer, welcher dergleichen Werk in England gesehen hatte und die Mechanik sehr wohl versteht, schwerlich vollendet haben. Sie that ihre gute Wirkung, und leerete in acht Stunden soviel Wassers aus, als sich in vier und zwanzig Stunden zu sammlen pflegte. Man behauptete auch, daß sie mit gar wenigem Holze innerhalb vier und zwanzig Stunden vierzigtausend Eimer (jeden zu vierzig wienerischen Maaßen gerechnet) aus der Tiefe bringen könnte. Allein dieses ganze Unternehmen von neuen Gruben ist nach einem Einbuß von hundert und funfzig tausend Gulden ins Stecken gerathen, und kann ich nicht sagen, ob die Uneinigkeit der Glieder solcher Gesellschaft, oder weil die Vornehmsten der Zubuße allzubald müde worden, oder etwas anders daran Ursache sey. Man wollte sonst versichern, daß das Silber aus diesem Bergwerke einen sechsten Theil Goldes halte. Indessen ruhet die Feuermaschine, und die meisten der guten Bergbedienten, welche die Compagnie von auswärtigen Bergwerken verschrieben hatte, arbeiten in den kaiserlichen Bergwerken, bis die Compagnie ihrer wieder nöthig hat, wozu es sich aber noch schlecht anläßt.

Zu Slana bey Eperies ist eine weißlichte und an Quecksilber sehr reiche Minera, aus welcher das Quecksilber nicht in Kolben, wie zu Ydria, sondernper descensum gezogen wird. Rand rechts: Quecksilbergruben. Man bauet daselbst drey Stollen, deren einer der Weißenberg, der andere Michaelisstolte, und der dritte Elisabethenstolte genennt wird. Eine dergleichen reiche aber an Farbe röthliche Minera ist auch in Comitatu Gemerensi, ohnweit Eperies. In etlichen Höhlen des Comitats Lipsk finden sich allerley steinerne Figuren, so dem Zucker und Confect gleichen.

Tockay liegt dreyßig ungarische oder wohl sechszig deutsche Meilen von Schemniz, und ist wegen seines Weines durchganz Europa bekannt. Rand rechts: Vom Tockayer-Weine. Es irren diejenigen, welche vorgeben, als sey der Strich Landes, worauf der treffliche Wein wächst, gar klein, und bringe jährlich kaum tausend Fässer voll. Alle diejenigen, so des Landes recht kundig sind, behaupten vielmehr, daß die Gegend, welche dieses herrliche Getränk hervorbringt, und in der ungarischen Sprache Hegy-allya, das Land unter dem Gebirge genennt wird, über sieben Meilen im Umkreise habe. Es finden sich in demselben verschiedene Städte, welche in Ansehung ihrer Lage theils eben so gut, theils noch besser, als Tockay sind, nämlich zur Rechten, von Tockay gegen Norden, Kereszktur, Liszka, Tolorva, Bennye, Patak etc. zur Linken aber Tarzal, Zombor, Mad, Tallyaz. Wenn in diesem Striche Landes alle wüste Weingärten bebauet werden sollten, könnte man ganz Europa mit sogenannten Tockayer-Weine versehen. Es ist solcher, wie bekannt, nicht als ein gewöhnliches Getränk zu gebrauchen. Gute und gesunde Tischweine hat man zu Miskolcz, Szikszo und noch besser von Szanto an bis Gonz; von einem Gebirge, das beynahe vier Meilen in die Länge hat, desgleichen auf der andern Seite von Patak weit über Uitrely hinauf Wer eine gute Menge dieser in der tockayischen Gegend wachsenden Weine kaufen wollte, thäte am besten, daß er sie mit ungarischen daselbst gekauften Ochsen heraus fahren ließe, weil hernach noch auf den Vorspann ein guter Vortheil zu gewinnen wäre. Zu Caschau kann man von allem die beste Nachricht einziehen. In der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien wird ein Stamm oder der unterste Theil eines Weinstockes[1277] gezeiget, um welchen ein dicker aus der Erde gewachsener Golddraht sich geschlungen hat. Rand rechts: Golddraht an einer Weinrebe. Solcher Weinstock ist im Jahre 1670 in einem Weinberge bey Tockay gefunden, und als ein sonderbares Wunder der Natur an den Kaiser gesandt worden. Die Liebhaber des Tockayer-Weines können daraus ein neues Lob für dieses Getränk ziehen, und es vielleicht gar für das wahrhafte aurum potabile ausgeben. Rand links: Beweis daß die Metalle noch täglich wachsen. Zugleich aber giebt dieser Weinstock einen neuen Beweis an die Hand, daß die Metalle noch täglich in der Erde wachsen, ob solches gleich nicht auf Art der Vegetabilium geschieht. Ich habe in dem schönen Kabinette des Zehentner Slüter zu Goslar ein Stück Tannenholz von einem Pfeiler, womit auf dem Harze ein Schacht unterstützet war, gesehen, in welchem gediegenes Kupfer in die Höhe gewachsen war. Wenn es nur an den äußern Seiten des Holzes zu sehen wäre, könnte man diese Wirkung dem Bur oder mineralischen Wasser, so das Holz befeuchtet, zuschreiben, allein so verhält es sich anders, und hat das Kupfer durch die unterste Seite, womit der Tannenbalke in der Erde gestanden, sich subtile Wege gemacht, um gleichsam als Fäden durch das Innerste des Holzes zu dringen. Ich übergehe mit Stillschweigen die vielen Bergwerke, worinnen das Gold und Silber fädenweise in den härtesten Steinen wächst, und kann ich selbst dergleichen ansehnliches Stück von Schemniz aufweisen.

Tockay liegt in einem schönen Lande und einer angenehmen Gegend, wo die Gebirge nicht so rauh, als um Cremniz und Schemniz sind. Ich habe öfters bemerket, daß die Leute, so von Jugend auf in ebenen Landen erzogen sind, sich eher an gebirgichte Gegenden gewöhnen, als daß diejenigen, so lange Zeit in hügelichten und unebenen Districten gelebet haben, das ganz ebene Land schön finden sollten. Rand links: Ob die bergichten Gegenden den Ebenen vorzuziehen. In Ansehung Aegyptens erkläret sich Gott selbst für die bergichten Gegenden, indem er 5 B. Mose 11, v. 9, 10, 11 dem Volke Israel ein herrlicher Land verheißt, worinnen Berge und Thäler, Brunnen, Quellen und Bäche seyn würden, welches in dem heißen Clima nicht anders als höchst angenehm seyn konnte.

Daß die Luft in den Gegenden, wo Berge und Thäler abwechseln, dem menschlichen Körper vortheilhaftiger sey, sieht man in Ungarn selbst, indem in Nieder-Ungarn, woselbst aus den vielen Ebenen große Moräste, dicke stinkende Nebel und weniger frische Quellen entstehen, die Einwohner weit mehrern Krankheiten als in Ober-Ungarn unterworfen sind. Wenn alle übrige Umstände in gleicher Wagschale sich befinden könnten, so ist die Mittelstraße für denjenigen, der die Wahl hat, sich niederzulassen wo er will, wie in andern Dingen, also auch hier, die beste. Die gar zu bergichten Gegenden haben außer den unbequemen Wegen dieses beschwerliche, daß ihre harten Wasser, die nicht nur durch das Getränk sondern auch durch die gekochten Speisen in den menschlichen Körper kommen, gemeiniglich Kröpfe verursachen. Rand links: Ursprung der Kröpfe. Auf einem Gebirge bey Schemniz sind fast alle Einwohner mit diesem Uebelgeplaget, es soll aber der Gebrauch des Wassers aus dem daran liegenden Thale solche überflüßige Zierrathen wieder vertreiben.

Die Tracht der Weibspersonen in den Bergstädten ist nicht häßlich, indem sie die Hemdenärmel mit Bändern zieren, und dergleichen auch vom Kopfe über den Rücken herab hängen[1278] lassen. Rand links: Tracht der Weibspersonen. Auf dem Lande aber geht das gemeine Volk gar schlecht. Die Männer machen ihren einzigen Staat mit einem Pelzmantel, die Weibspersonen sind fast alle gestiefelt, viele gebrauchen sich langer Pelze, der Leib ist mit einer Art Hemdes von grobem Zeuge, der in der Mitte des Leibes mit einem Gürtel zusammen gehalten wird, bedeckt, und um den Kopf sieht man ein weißes Tuch, so sich hinten mit zwoen lang herunter hängenden Binden endiget. Die blaue Farbe ist in Ungarn an der Kleidung beyderley Geschlechtes die gewöhnlichste. Rand rechts: Blaue Kleidung der Ungarn. Ich fragte einsmals einen Berggerichts-Assessor zu Cremniz, woher es komme, daß die Ungarn solche Farbe vor allen andern liebten, und erhielt die Nachricht, die Ursache davon sey in BARCLAIIIcone animorum schon angeführet, da es heiße: Amant caeruleum colorem et profecto iste animos erectos et coelestes quam maxime decet. Der Einfall und die allusion war nicht übel, ich konnte auch destoweniger etwas dagegen einwenden, weil BARCLAII Buch nicht bey der Hand war; ich habe aber hernach gefunden, daß angeführter Autor von den himmlischen und hohen Gemüthern der Ungarn, zu welchen sich die himmelblaue Farbe am besten schicke, nichts gedenke, sondern c. 8 nur setze: Tunicis purpureis maxime utuntur, aut quæ cæralum colorem acceperunt, Et hic vestitus egregie viros decet5.

Uebrigens muß man gestehen, daß die Tracht der vornehmen Ungarn überaus wohl ins Auge fällt. Rand rechts: Sprachen. In Ober-Ungarn spricht der gemeine Mann wenig ungarisch, sondern entweder lateinisch, deutsch oder sclavonisch6. In den Städten findet man viele bürgerliche Leute, die alle diese vier Sprachen reden. Das Latein des gemeinen Volks ist nicht sonderlich, und höret man die Proben von den Husaren, die bey den deutschen Armeen stehen. Einer derselben fragte einsmals nach dem Sattler, bey welchem er Pistolenhalftern bestellen wollte: Ubinam est ille homo, qui facit chirothecas bombardarum. Ihre gemeine Losung, wenn sie unter das Fußvolk verfallen, ist: fuge, fuge, hic Infanteria est. In den Städten ißt und trinkt man gut genug, auf dem Lande aber ist es für Fremde gar zu schlecht, weil man bey dem Mangel an Lebensmitteln oft kaum Stroh zum Nachtlager bekommen kann. Rand rechts: Speisen. Wenn man auch noch Betten findet, so sind selbige so kurz, daß ich nicht anders daraus muthmaßen kann, als daß die Ungarn auf die Art, wie sie zu Pferde sitzen, auch in ihren Betten liegen müssen. Rand rechts: Betten. Sie halten viele Schweine, welche sie in den Rauch oder, nachdem sie solche gesalzen, so lange an die Sonne hängen, bis der Speck gelb wird. Dieses ist eine von den gewöhnlichen Speisen der Bauern. Rand rechts: Häuser. In den Stuben halten sich junge Schweine, Gänse und Hühner nebst den Menschen auf, und haben sie mancher Orten den Westphälern nichts vorzuwerfen.

Zu Schemniz sind sechs bis sieben tausend Einwohner, welche über zwey Drittheile der Stadt ausmachen, der evangelischen Religion zugethan. Der Magistrat ist ganz katholisch, zu Cremniz aber die Hälfte davon evangelisch. Unter die kaiserlichen Bergwerksbedienten oder Officianten werden keine Protestanten aufgenommen. Auf dem Lande in Ober-Ungarn sind die Protestanten in großer Menge, sie werden aber an theils Orten mit Gewalt[1279] und heerdenweise in die römischkatholischen Kirchen getrieben. Zu Pilsen, nicht weit von Schemniz nehmen der päbstliche Geistliche und die unkatholischen Einwohner es nicht gar zu genau gegeneinander. Der Priester liest den Protestanten die Messe, und die, se singen dafür in der katholischen Kirche ihre lutherischen Gesänge. Die protestantischen Bauersleute sind auch so höflich und gefällig gegen die Papisten, daß sie sich häufig des vom Pabste Benedictus dem dreyzehnten verordneten Grußes, Gelobet sey der Herr Jesus Christ, bedienen und solchen aus Gewohnheit so gut hersagen, als wenn sie, gleich den Katholischen, einen großen Ablaß damit verdienen wollten.

Die Reformirten sind in Ungarn am stärksten, was absonderlich Ober. Ungarn anlangt. Ueberhaupt besitzen die Protestanten mehrere Kirchen in denen Provinzen, die unter türkischer Bothmäßigkeit gestanden haben, allwo man mit dem gehörigen Tribute zufrieden war und jeden in seiner Religionsfreyheit ungestört ließ. In jedem der andern Comitaten sind den Protestanten nur zwo Kirchen zugestanden, und wer weis, wie lange sie diese behalten? Rand links: Zustand der Protestanten. Die Römischkatholischen machen kaum den vierten Theil aller Einwohner in Ungarn aus, und tragen zu den Landesauflagen kaum den sechsten Theil, unterdessen machen sie ihren übrigen Landsleuten das Leben sauer genug. Im Jahre 1722 gab der Graf Erdödy, Bischof zu Erla, ein theologisches Werk in Druck und ad Acta Commissionalia zu Presburg, worinnen er behauptet, daß alle Ketzer auszurotten wären. Rand links: Bischof zu Erla, Was mit der neuen Auflage der Bibel in ungarischer Sprache vorgefallen, giebt eine neue Probe, wie man gegen die Protestanten gesinnet sey. Rand links: Erdödy. In den letzten verderblichen Kriegeszeiten und durch andere unglückliche Fälle war das gedruckte Wort Gottes so rar worden, daß in mancher ganzen Gemeine kaum eine oder etliche Bibeln zu finden waren. Rand links: Was mit der Auflage einer ungarischen Bibel vorgegangen. Diesem Mangel und dem daraus nothwendig zu befürchtenden Verfalle des Christenthums abzuhelfen, hatte die Stadt Debreczin, (welche meistentheils aus reformirten Einwohnern besteht und nicht weit von Groß-Waradin liegt,) mit vielen Kosten eine neue Auflage unternommen. Das Werk wurde in Holland getrieben, neue Buchstaben gegossen und in den Jahren 1716 und 1717 geschickte Leute dahin gesandt, um gute Aufsicht über alles zu haben. Es gieng alles glücklich von statten, der Druck gerieth sehr wohl, und kam es nur darauf an, wie man die Exemplare nach Ungarn bringen möchte, ohne daß die Jesuiten7 dahinter kämen und die Sache mit verhaßten Umständen dem kaiserlichen Hofe vortrügen. Auch zu diesem schweren Unternehmen fanden sich Mittel und Rath, indem Alexander Rüsch, ein eifriger Reformirter und Kaufmann von Danzig, sich erboth, auf seine Kosten diese Bücher unter den Namen von andern Kaufmannswaaren nach Ungarn zu liefern. So geheim man die Sache zu halten gesucht hatte, so listig waren die Jesuiten, hinter alles zu kommen, und wurde die Sache von ihnen schon an den kaiserlichen Hofgebracht, da drey tausend wohlgebundene Exemplare[1280] dieser Bibel noch unter Weges in Pohlen, und die übrigen zu Danzig waren. Sobald die Debrecziner hörten, daß die Sache verkundschaftet worden, gaben sie Befehl, ihre Bücher in Pohlen zu lassen, bis sie durch Abgeschickte an den kaiserlichen Hof, vermittelst vieler Vorstellungen, Bitten, Flehen und aller andern möglichen Mittel die freye Einfuhr dieses Werkes erhielten. Kaum aber war solches geschehen, so fand die römischkatholische Clerisey Gelegenheit, die gnädigen Absichten Seiner Kaiserlichen Majestät zu hintertreiben, und die einmal gegebene Resolution widerruffen zu lassen. Die Bücher mußten nach Caschau, wo die Jesuiten ihren vornehmsten Sitz haben, geliefert werden, um daselbst eine genaue Untersuchung und Censur des Bischofs von Erla auszuhalten. Den Debreczinern wurde indessen bedeutet, wenn die neue Uebersetzung vollkommen mit der Vulgata übereinkommen würde, sollte ihnen solche wieder zugestellet werden; fände sich aber solche Uebereinstimmung nicht, so müßte sie entweder auf ewig zurückbehalten oder verbrennet werden, damit die Ketzereyen in Ungarn nicht noch mehr Ueberhand nehmen möchten. Und dabey bleibt es noch bis auf den heutigen Tag. Die Protestanten haben keine Buchdruckereyen weder in Ungarn noch in Siebenbürgen. Rand rechts: Abnehmen der protestantischen Kirchen. Die Einfuhr aller Bücher, die von ihren Glaubenslehren handeln können, ist aufs schärfste verbothen, man schränket das Reisen der ungarischen Studiosorum auf auswärtige Akademien sehr ein, indem man des kaiserlichen Gouverneur und General-Commendanten Erlaubniß oder Salvum Conductum dazu erfodert, daheres nicht anders kommen kann, als daß die protestantische Kirche von Tage zu Tage immer abnehmen muß8. Wenig vornehme Leute sind ihr noch zugethan, und die Forgatschen unter denen letzten, welche sie verlassen haben. Es wollen etliche bemerket haben, daß es dieser Familie seit ihres Abfalles in allen Dingen unglücklich ergehe, und soll einer ihrer Vorfahren, so der reichste und Palatinus von Ungarn gewesen, einen Fluch auf diejenigen seiner Nachkommen, welche die evangelische Religion verlassen würden, geleget haben.

In Siebenbürgen sind wohl fünf und zwanzig Protestanten gegen einen Römischkatholischen zu rechnen, und machen die Evangelisch-Lutherischen, zu welchen die ganze sächsische Nation gehöret, die größte Anzahl aus. Rand rechts: Zustand der Religion in Siebenbürgen. In dem Zäckler-Lande haben die Unitarii über drey hundert Dörfer, aber keine vornehmen Leute mehr, weil sie von allen Bedienungen ausgeschlossen werden.

Ofen ist zwölf ungarische Meilen von Schemniz entfernet, und läßt man nach einem Wege von etlichen Meilen die Stadt Carpen nebst ihrem Berge, der wegen der Hexenversammlung sehr berüchtiget ist, linker Hand liegen. Rand rechts: Hexenversammlung auf dem Berge bey Carpen.9

Waizen ist eine schlechte Stadt, deren Bißthum aber funfzig tausend Gulden jährlich einträgt. Rand rechts: Waizen. Man bauet anitzt an einem neuen bischöflichen Pallaste, der schön und weitläuftig seyn wird. Von hier sind noch vier Meilen nach Ofen in einem ebenen Wege, welchen[1281] man innerhalb fünf Stunden fährt. In dieser Gegend sieht man die beyden Altengebräuchliche Art zu dreschen, indem die Pferde gewohnet sind, in einem Zirkel auf den untergelegten Garben herum zu gehen, und also die Körner aus dem Strohe zu treten. Rand links: Dreschen nach der alten Art.

Zwischen Pest und Ofen geht eine fliegende Fährte hin und wieder. Rand links: Pest. In dem ersten Orte ist ein großes Lazareth und das kaiserliche Magazin von dem Siebenbürgischen und aus der Marmarosch kommenden Salze. Rand links: Lazareth. Solches wird wie zu Halleyn bey Salzburg in großen Stücken aus der Erde gegraben und ist zweyerley, weißes und schwarzes. Rand links: Salzmagazin. Jenes gleicht dem weißesten candirten Zucker oder Alaun; und dieses ist schärfer, und fester, daher es der Landmann nächst den Thüren der Vieh- und Pferdeställe legt, damit das Vieh zu seiner Gesundheit im Ein- und Ausgehen daran lecke.

In Siebenbürgen liegen in einem kleinen Bezirke bey Dæs, Collosch etc. zwölf bis funfzehn solcher Salzwerke beysammen. Man arbeitet ungefähr funfzehn Fuß tief in die Erde, ehe man auf den Salzstein kömmt. Die oberste Oeffnung wird nur so groß gemacht, als zum Ausbringen der Steine genug ist, hernach erweitert man das Gewölbe nach der Form einer Glocke und erstrecket sich die Tiefe von manchen über hundert Klaftern. Von Wien bis Ofen werden sechs und dreyßig Meilen gerechnet. Rand links: Ofen. Die Festung Ofen liegt auf einem Berge, ihre Werke aber sind von keiner Wichtigkeit, wenn man sie mit den niederländischen Festungen in Vergleichung zieht. Rand links: Befestigungswerke. Auf der Ostseite, gegen welche der Churfürst von Bayern in der letzten Belagerung im Jahre 1686 von dem gegenüber liegenden Berge die Attaque geführt, hat man etliche neue Fortificationen angelegt. Eben daselbst hat auch der General Regal einen neuen Pallast für den Commendanten zu bauen angefangen, welcher gar ansehnlich würde geworden seyn, anitzt aber liegen bleibt und nicht weiter als unter das Dach gekommen ist. Die Wasserstadt liegt unter der Festung an der Donau, und die Raizenstadt unten an dem Berge, von welchem, wie itzt gedacht, die Festung angegriffen worden. Rand links: Wasserstadt.

In diesen zwoen untern Städten sind fünferley Bäder, deren eines das Kaiserbad, das andere das Generalsbad, das dritte das Raizenbad, das vierte das Brückenbad, und das fünfte das Blocksbad genennet wird. Rand links: Warme Bäder. Das Kaiserbad ist auf die Art der Rotonda zu Rom gebauet, nämlich mit einem hohen runden Gewölbe, so oben in der Mitte eine geräumige Oeffnung hat, durch welche das Tageslicht hinein fällt. In diesem Bade sind aber auch kleinere Nebenlöcher, so zur Helle des innern Platzes etwas beytragen. Das Raizenbad ist gleichfalls rund und gewölbet. In dem mittelsten großen Raume dieser Bäder befindet sich beyderley Geschlecht untereinander, und ist das Mannsvolk nur mit einer Schürze, und die Weibspersonen mit einem Vorhemde einigermaßen bedeckt. Rand links: Von beyderley Geschlecht beysammen. In dem Raizenbade hält das gemeine Volk auch sogar dieses wenige für überflüßige Ceremonien. Wer in Gesellschaft zu baden Bedenken trägt, kann in jedem dieser obgedachten fünf Oerter, Nebenbäder für sich allein haben. Bey dem Kaiserbade ist eine Mühle, welche, wie zu Arquato, vom heißen Wasser getrieben wird. Dieses sammlet sich vorher in einem Teiche, worinnen keine Fische leben, obgleich WERNHERVSde admirandis Hungariæ aquis, und andere das Gegentheil behaupten. Rand links: Fische imlaulichten Wasser. Unter der Mühle aber, da das Wasser schon laulicht und kalt wird, doch also, daß es niemals gefrieret, finden sich Fische, welche sterben, wenn man sie in das Donauwasser bringt. Auf gleiche Weise verliehren die Donaufische ihr Leben, wenn sie in diesen Bach gebracht werden.

In der Wasserstadt steht noch eine Mosquée, die itzt zur Salzsiederey gebraucht wird. In eben diesem Theile der Stadt ist ein Monument zu Ehren der unbefleckten Empfängniß[1282] der heiligen Maria aufgerichtet worden. Rand links: Moschee. Rand links: Monument der unbefleckte Empfängniß Mariä. Unter andern Sinnbildern und Ueberschriften, ist Ahasverus vorgestellet, wie er der Esther den Zepter darreichet, mit den Worten:


Non pro Te. Ester. V, 2,3. Rand rechts: Beweisederselben.


Auf der andern Seite erscheint eine Taube über der Arche Noä, mit der Beyschrift:


Tu Sola exemta fuisti. ex Genesi.


Ferner liest man bey einer Wolke, die über dem Meere steht, und nach welcher Elias, (so knieend abgebildet ist) seinen Knaben sich umsehen läßt, die Worte:


Non obstat Origo. Lib. II. Reg. c. 8.


In einem Buche, welches von einem Franciscanermönche gehalten wird, liest man:


Decuit, Potuit, Ergo.


Und an einem andern Orte:


En eburis aurique Thronum.

ex lib. II. Reg. c. 10.


Den Weg von Ofen nach Wien legt man zur Sommerszeit in dreyen Tagen zurück. Alt-Ofen liegt drey Vierthel Meilen von demersten Orte, und sieht man daselbst noch die verfallenen Mauern einer Wasserleitung, welche entweder die Römer oder alten Ungarn aufgeführet haben. Rand rechts: Alt-Ofen. Römische Wasserleitung. Man hat auch erst vor wenigen Zeiten einen bequemen Gang, der unter der Erde bis in die Festung Ofen geht, entdecket. Rand rechts: Unterirdischer Gang. Von diesem Gange haben die Türken niemals Wissenschaft gehabt.

Eine Vierthelstunde über Neuendorf, (so auf Ungarisch Nyereg Uifaln genennet wird und acht Meilen von Ofen liegt) kömmt man vor der ehemaligen Ragozzischen Schanze vorbey, welche man nun in einen Calvarienberg verwandelt hat. Rand rechts: Neuendorf. Die Gegend von Ofen bis hieher ist gar angenehm; zur Rechten hat man die Donau und linker Hand kleine Berge. Das Land ist fruchtbar, wird aber wenig genutzet, weil man die Victualien nicht absetzen kann, indessen aber doch große Auflagen bezahlen muß. Bey Ofen wachsen herrliche Melonen in den Weinbergen und zahlt man für das Stück zween bis drey Pfennige. Der Wein ist angenehm zu trinken, und kömmt sonderlich der rothe Ofener dem Französischen etwas bey, welches er mit dem Erlaer und Sixarer gemein hat, gleichwie der Raizersdorfer dem Rheinweine gleicht, sowohl wegen seines Geschmackes: (der jedoch ohne alle Säure ist) als weil er sich länger als der gewöhnliche ungarische Tischwein zu halten pflegt. Rand rechts: Ofener Weine Nachdem der Kaiser sein Gebieth in Servien ausgebreitet hat, ist ein rother Wein von Bethune oder Widin zu Wien bekannt worden, welchen viele allen italienischen Weinen vorziehen, und weil er Corps und Kraft hat, einigermaßen für eine Liqueur gehalten werden kann. Er kömmt dem Preise nach lange so hoch nicht, als die süßen Ausbrüche von ungarischen Weinen, hält sich aber nicht lange, und läßt sich nicht weit verfahren. Von dem Tockayer- und St. Georgen-Weine habe ich oben schon Erwähnung gethan, und kömmt ihnen der Oedenburger in der Stärke am nächsten. Rand rechts: Vom Oedenburger-Weine.

Von Neudorf bis Comorra sind vier Meilen, und reiset man auf halben Wege durch das Dorf Nesmel, woselbst Albertus der zweyte, weil er allzuviele Melonen gegessen, sein Leben gelassen hat10. Rand rechts: Dorf Nesinel. Tod Alberti II. von Melonen.[1283]

Dieser Ort hat fast lauter Reformirte zu Einwohnern, welche seit etlichen Jahren mit Hexenprocessen aufs äußerste verfolget werden. Rand links: Große Hexenprocesse. Vor wenigen Tagen wurden eim Stunde von hier drey Weiber und ein Mann wegen beschuldigter Hexerey und Bündnissen mit dem Teufel lebendig verbrannt, und sitzen noch drey solche vermeynte Delinquenten im Gefängnisse. Die harte Tortur machte solche Leute hundert Sachen bekennen, die offenbar unmöglich sind, und weil die Reformirten nicht allezeit günstige Richter vor sich haben, so müssen sie manches Ungewitter auch in diesem Stücke über sich ergehen lassen. Vor dem Jahre wurde zu Segedia der Stadtrichter mit seiner Frau und vier und dreyßig andern Personen lebendig verbrannt. Als ich einem Katholiken, der mir die Umstände davon erzählte, einige Einwürfe machte, antwortete er: an der rechtmäßigen Beschuldigung des Stadtrichters sey keinesweges zu zweifeln, und erhelle seine Schuld offenbar daraus, daß er nur sieben Loth schwer gewogen, ob er gleich ein dicker und großer Mann gewesen. Rand links: Lächerliche Beschuldigung. Ich fragte: ob die Abwägung öffentlich geschehen; und ob man eine Schnellwage dazu gebrauchet? merkte aber gar bald, daß es nicht rathsam sey, mich weiter an diesem Orte einzulassen. Manche Leute nehmen es schon als ein Zeichen an, daß man in der Walpurgisnacht die Hexenversammlungen auf dem Blocks-Heu- oder Karpenberge wirklich mit besuche, wenn man nicht allen dergleichen Erzählungen seinen blinden Beyfall geben will. Andere machen den Schluß: wer keine Hexen oder Erscheinungen der Poltergeister (wie sie insgemein beschrieben werden) glaubt, glaubet auch keinen Teufel, keine Hölle, keinen Himmel und keinen Gott11.

AdolphusSCEIBONIVS hat in einer Epistola de purgatione Sagarum super aquam frigidam projectarum, nicht nur für eine bekannte und ausgemachte Sache angenommen, daß die Hexen und Hexenmeister von leichterm Gewichte, als andere Menschen wären, sondern auch eine Ursache davon darinnen gesucht, daß der Teufel, als ein Geist und volatilisches Wesen alle Theile des mit ihm im Bunde stehenden Körpers durchdringe, und diesem seine Leichtigkeit mittheile.

Comorra liegt auf der Insel Schütt, wo der Fluß Wage in die Donau fällt, und ist wohl befestiget. Rand links: Comorra. Ferdinand der erste hat diese Festung anlegen lassen, und ist sie nimmer in türkische Hände gerathen. Die auf der nieder-österreichischen Seite der Donau gelegene Gegend besteht in einer großen Ebene, welche aber schlecht bebauet ist. Rand links: Gegend. Man findet zwar viele Anger und Weyden für das Vieh, allein wenig Ackerbau, und hie und da ist der Boden gar sandig. Die Häuser in den Dörfern sind so schlecht, daß man manches für weniger als einen Gulden kaufen kann. Kaum sieht man den Giebel nebst etlichen kleinen Fenstern oder Löchern in demselben außerhalb der Erbe hervor ragen, das übrige ist alles in dem Sande eingegraben.

Außer der Art Schafe, welche auch in andern Ländern gewöhnlich ist, findet sich in Ungarn noch eine andere, welche ansehnliche gewundene Hörner hat, deren Länge öfters zween Fuße übertrifft. Sie werden in besondern Heerden gehütet; und häufig nach Wien gebracht.[1284]

Von Comorra bis Raab, welches eine gute Festung ist, sind fünf Meilen. Von Raab bis Wisselburg (welcher Ort dem Städtchen Ungarisch-Altenburg gegenüber liegt) hat man vier Meilen; von hier bis Regelsbrunn sechs Meilen, und eben so weit von Regelsbrunn nach Wien. Rand rechts: Raab. Der Weg über Brück ist zwar näher, aber auch viel steinigter. Liebhaber der natürlichen Merkwürdigkeiten thun nicht übel, wenn sie ihren Weg nach Wien linker Hand über Oedenburg nehmen, weil in den Steinbrüchen daselbst vielerley schöne Petrefacta, als Pectines auriti maximi et minores, ossa, pisces, Cornua Anamonis, Glossopetræ, Turbinitæ etc. in weißer Erde wohl conservirt gefunden werden. Rand rechts:Petrefacta zu Oedenburg.

Fußnoten

1 Was der Appalto oder Zoll und Verpachtung des Tobaks für große Summen in den sämtlichen kaiserlichen Landen betragen müssen, kann man daraus schon abnehmen, daß das Tobakswesen allein in den österreichischen Provinzen und dem Königreiche Böhmen mit den incorporirten Ländern für sechs hundert und vierzig tausend rheinische Gulden verpachtet worden.


2 Der itzige Palatinus regni, welcher die höchste Würde im Reiche bekleidet, ist Graf Johann Palsy. Eilf Erzämter sind nach der ungarischen Staatsverfassung in dem größesten Ansehen: 1) der Palatinus regni, welcher in den wichtigsten Angelegenheiten des Reichs die Stelle des Königes vertritt; 2) der Reichs und Hofrichter, dieser ist anitzo der Graf Georg Erdödy; 3) der Bannus von Dalmatien, Croatien und Sclavonien; 4) die Waiwoden von Siebenbürgen, der Moldan und Wallachey, welche den prächtigen Beynamen der Hospadoren oder Despoten führen; 5) der Schatzmeister des Reichs; 6) der Mundschenke in der Person Graf Ludwigs von Battyan; 7) der Truchseß Graf Joseph Illyeshazy; 8) der Oberstallmeister Graf Franz Eszterhazy; 9) der Oberkammerherr Fürst Paul Anton Eszterhazy; 10) der Thürhüter Graf Karl Paul Palsy; 11) der Hofmarschall Graf Nikolas Palfy. Alle diese Erzämter hat der Herr Prof. Bel zu Leipzig in einer eignen Abhandlung beschrieben: De archi-officiis regni Hungarici, Hungari Baronatus vocant, commentatio, Lips. 1749, 4.


3 Bel hat nicht nur das Glück gehabt, daß er sich selbst nach dem Tode des Kaisers in der Gnade seiner höchsten Landesobrigkeit befestigen können, sondern er hat auch vom Pabste Clemens dem zwölften Merkmaale einer seltenen Gewogenheit erhalten. Vier goldene wichtige Medaillen, worauf das Bildniß des Pabstes gepräget war; mußten ihni zur Ermunterung dienen, von seinem löblichen Vorhaben nicht abzustehen, bis das ganze Werk zur Vollkommenheit gebracht wäre. Der Nuntius Apostolicus Dominicus Passionei, Erzbischof zu Ephesus, begleitete dieses vorzügliche Geschenk mit einem in dem reinesten Latein und den höflichsten Ausdrücken abgefaßten Briefe, und der kaiserliche Leibarzt von Garelli war der Ueberbringer desselben. Kaiser Karl der sechste erklärte ihn zum kaiserlichen Geschichtschreiber, nachdem er den ersten Theil der Notit. Hungar. vollendet hatte. Bel starb den 29 Aug. 1749.


4 Die Sprache, Nation und Namen der Zäckler scheinen von den alten Scythis oder Scytulis herzukommen.


5 Die Ungarn haben das Vorurtheil des Alterthums vor sich, wenn sie die blaue Farbe als ein Merkmaal des Witzes und der Scharfsinnigkeit lieben. SowohlCICEROde nat. Deor. l. I, c.30, als MINVC. FEL. in Octav. c. 11 unterrichten uns, daß die blaue Farbe überhaupt, und die blauen Augen insbesondere der Minerva geheiliget gewesen, weil man glaubte, daß sie ein aufgewecktes Gemüth verrathen. Kann man aber nicht aus eben diesem Grunde ein Lobredner der alten Deutschen werden, welche die gütige Natur mit blauen Augen gezieret hatte? TACIT. Germ. c. 4: Habitus corporum, quamquam in tanto hominum numero, idem omnibus: truces & coerulei oculi. IV-VENAL. Sat. 13:


Coerula quis stupuit Germani lumina? flavam

Cæsariem et madido torquentem cornua cirro?

Nempe quod hæc illis natura est omnibus una.


6 Slawacéna heißt in der slavonischen oder wendischen Sprache so viel als menschlich und Slawak bedeutet einen Menschen. Scheint es also, daß die Nation der Sclaven sich aus Hochmuth diesen Namen beygelegt, gleichsam als könne kein ander Volk mit so vielem Rechte, wie sie, solches Ehrentitels sich anmaßen.


7 MARTIALISEpigr. IV, de Advocatis fisci:


Turba gravis paci, placidæque inimica quieti,

Quæ semper miseras ssolicitabis opes.


8 Die öffentlichen Nachrichten haben uns bisher die äußerlichen Umstände der Protestanten in Ungarn ziemlich leidlich beschreiben wollen. Und man sollte meynen, daß die römische Kirche von ihrem Blutdurste endlich einmal ablassen würde, zumal in einem Lande, da die Protestanten ihren Monarchen die wichtigsten Dienste geleistet haben. Allein die sichersten Nachrichten beweisen noch immer das Gegentheil. Eine von den neuesten hieher gehörigen Schriften ist: Mathias Bahil, gewesenen evangelischen Predigers in Eperies, traurige Abbildung der protestantischen Gemeinden in Ungarn, Leipzig, 1749, 8.


9 Es war nöthig, daß Ungarn auch einen Ort haben mußte, da sich die Hexen versammlen konnten. Vielleicht aber geht es hier eben so, wie bey dem Blocksberge in Deutschland, da sich die nächsten Nachbarn kaum des Lachens enthalten können, wenn Fremde sich nach der Beschaffenheit der Sache erkundigen wollen. Indessen hat der Aberglaube ein graues Alterthum vor sich, und viele von unsern Mitbürgern ergötzen sich an eben den Träumen, woran sich ihre ältesten Vorfahren belustiget haben. Schon das Alterthum hat diese Grillen verdammet. Concil. Rotomag. ap. BVRCHARD. Worm. decret, I, c. 94: Si aliqua femina est, quæ se dicat cum dæmonum turba in similitudine mulierum transformata certis noctibus equitare super quasdam bestias, et in eorum confortio adnumeratam esse; hæctalis omnimodo ex parochia ejiciatur. VEREL. Hervar. Sag. c. 7: Omni diligentia inquirat rex et episcopus, ne exerceantur errores et superstitio ethnica, uti sunt incantationes et artes magicæ, item si quis per aëra dæmoniaco itinere feratur.


10 Die Geschichtschreiber sind uneins, wenn sie den Ort bestimmen sollen, wo Albertus im Jahre 1439 nach vollendetem Heerzuge wider die Türken gestorben ist. Aeneas Sylvius, Dubravius, Lambecius und Fugger nennen das Dorf Longa, und der letztere unterrichtet uns, daß nicht sowohl die Melonen, als vielmehr ein beygebrachtes Gift den Tod des Kaisers beschleuniget habe, womit die übereinstimmigen Zeugnisse des Chron. Magn. Belg. p. 276, und Konigshofs in der Elsaß, Chron. c. 2, §. 145 zu vergleichen sind.


11 Wenn ein so nichtiger Entscheidungsgrund gelten sollte, so würde der heilige Bonifacius die Anzahl der Gottesleugner vermehren müssen. Er ließ seine Täuflinge den Hexen abschwören: Audite, fratres, et attentius cogitetis, quid in baptismo renuntiastis. Abrenuntiastis enim diabolo, et omnibus operibus ejus, et omnibus pompis ejus. Quid sunt ergo opera diaboli? hæc sunt: idololatria, veneficia, incantationes et sortilegos exquirere, strigas et fictos lupos credere. Qui talia agunt, digni sunt morte, et regnum Dei non consequentur. Auch Karl der große würde sehr verdächtig werden in capit. pro part. Sax. §. 5:Si quis a diabolo deceptus crediderit secundum morem paganorum, virum aliquem aut feminam strigam esse, et homines comedere, et propter hoc ipsum incenderit, vel carnem ejus ad comedendum dederit, vel ipsam comederit, capitis sententia punietur.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 1285.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Fräulein Else

Fräulein Else

Die neunzehnjährige Else erfährt in den Ferien auf dem Rückweg vom Tennisplatz vom Konkurs ihres Vaters und wird von ihrer Mutter gebeten, eine große Summe Geld von einem Geschäftsfreund des Vaters zu leihen. Dieser verlangt als Gegenleistung Ungeheuerliches. Else treibt in einem inneren Monolog einer Verzweiflungstat entgegen.

54 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon