[1297] Sechs und achtzigstes Schreiben.

Nachrichten von der Stadt Dresden.

Von Prag bis Dresden sind sechszehn Meilen. Auf der vierten Post kömmt man bey Lobeschüz an gar schlimme und steinigte Wege, welche eine halbe Stunde weit anhalten, und desto gefährlicher aussehen, je steiler die eine Seite des Berges nach der daran vorbey fließenden Elbe ist. Rand links: Schlimme Wege. Außig ist wegen seines süßen und starken Weines, Poszkalzky genannt, berühmt, von welchem jährlich höchstens dreyßig bis vierzig Eimer gebauet werden. Rand links: Außig. Rand links: Wein Poszkalzky.

Die Gegend, so ihn hervorbringt, gehört der Stadt zu; der Wein selbst ist gemeiniglich trübe, und bleibt selten über ein Jahr gut. Von Außig bis Peterswalda ist der Weg über hohe Gebirge sehr beschwerlich. Eine halbe Stunde hinter letztgemeldtem Orte geht die sächsische Gränze an, und von Sehiz bis Dresden, welche Orte zwo kleine Meilen von einander liegen, fährt man in einer sehr angenehmen Ebene, welche auf beyden Seiten mit wohl bebaueten Höhen und Hügeln umschlossen ist. Rand links: Dresden.

Dresden ist schon seit langen Jahren wegen seiner kostbaren königlichen Gebäude, ebenen und gleichen Straßen, angenehmen Lage und prächtigen Hofhaltung mit Rechte unter die schönsten Städte von Deutschland gezählet worden, ob sie gleich an Menge der Häuser und Einwohner vielen weichen muß1. Rand links: Anzahl der Häuser. Jene erstrecken sich mit den Vorstädten in allen etwan auf zweytausend fünfhundert, und was die Einwohner anbelangt, versichert der Superintendents, D. Valentin Ernst Löscher, welcher daselbst lebt, und davon genaue Nachricht haben kann, daß ihre Anzahl in Alt- und Neu Dresden sich nicht viel über vierzigtausend Seelen belaufe, worunter sich anitzt bey fünftausend Katholiken befinden. Der Reformirten sind etwan hundert und vierzig bis hundert und funfzig. Unter dieser itztgemachten Rechnung aber ist die Garnison nicht mit begriffen. Im letztverwichenen Jahre wurden in diese Stadt eingebracht und (einen Theil des Weines vielleicht ausgenommen) verzehret: Rand links: Rechnung von Victualien, die in einem Jahre verzehret werden.


8710Stück Rindvieh.

28494Kälber.

43551Hamel.

2219Lämmer.

8266Ziegen.

9910Schweine.

13891/2Zentner Karpen.

552Hirsche.

645Wildkälber.

311Wilde Schweine und Bachen.

188Frischlinge.

27Keuler.

772Rehe.

7214Hafen.

3940Fasanen.

366Schneppen,

25Auerhähne.

13749Rebhühner.

7Birkhühner.

25Haselhühner.

27341/2Faß ausländische Weine.

19361/8Faß Landwein.

2940Faß Most.
[1298]

In Dresden hat man vor allen Dingen dahin zu trachten, daß man das sogenannte grüne Gewölbe oder die Schatzkammer zu sehen bekomme. Diese Sammlung wurde schon vom Churfürsten Augustus angefangen, und damals in einem grünen Gewölbe verwahret, von welchem annoch die heutige Benennung herrühret. Anitzt sind zwar noch etliche Kammern grün, allein die ganze Einrichtung ist verändert und um vieles vergrößert, dergestalt daß diese Schatzkammer nun aus sieben Zimmern und einem Kabinette besteht. Währenden schwedischen Einfalls in Sachsen war alles nach Halle im Magdeburgischen gebracht, und daselbst auf dem Schlosse verwahret. Die Aufsicht darüber hat anitzt der Accisrath und geheime Kämmerier, Gottfried Lange, welcher auch das meiste von denen vier bis sechs Gulden, welche man beym Ausgange dem Diener, der die Thüren aufgeschlossen hat, giebt, bekömmt. Ehe man in die Zimmer tritt, werden den Fremden die Schuhe genau abgekehret, damit destoweniger Staub hineingetragen werde. Die Fußboden aller dieser Zimmer sind von verschiedenem Marmor, der in Sachsen gefunden wird, zusammengesetzt. In dem ersten Gemache sieht man viele kleine metallene Modelle von allerley Statuen und Monumenten, sowohl aus den alten, als neuern Zeiten. Unter jenen befindet sich auch il Toro Farnese. Rand rechts: Kleine Statuen.

Das andere Zimmer ist mit vielen künstlichen Uhren und sich selbst bewegenden Werken aus Gold und Silber versehen. Rand rechts: Automata. Unter andern segelt ein Schiff auf dem Tische währender einer Musik herum, die Ruderknechte arbeiten an Aufziehung des Ankers, und viele andere Personen sind in beständiger Bewegung. Ein anderes Stück stellet Mariam und Joseph mit dem Kinde Jesu im Stalle vor, zu welchem die Hirten und die Weisen aus Morgenland kommen, um den Meßiam zu verehren, da indessen der Himmel und die Wolken in eine große Klarheit sich öffnen etc. Noch ein anderes Stück ist ein Triumphwagen, der ein Orgelwerk in sich fasset und von zween Löwen fortgezogen wird. Die Wand dieses Zimmers ahmet mit ihrer lackirten Arbeit die zusammengesetzten Jaspis und andere dergleichen Steine sehr wohl nach. Der Meister davon, Reinoh genannt, lebet noch in Alt-Dresden.

Im dritten Gemache ist eine zahlreiche Sammlung von Trinkgeschirren und anderer künstlichen Arbeit aus Elfenbein. Rand rechts: Elfenbeinerne Kunststücke. Absonderlich ist ein Schiff mit allen seinen Segeln, Masten und Stricken zu bewundern. Die Nachfolge des sächsischen Stammes, von Christi Geburt an, ist mit erhabenen Buchstaben daran vorgestellet, und dieses zarte Werk unter dem Churfürsten Augustus verfertiget worden.

Das vierte Zimmer ist mit silbernen und noch mehrern goldenen Gefäßen ausgezieret. Die meisten haben zu Trinkgeschirren und Willkommen gedienet, und hält einer von den goldenen fünf Maaße. Viele sind mit goldenen Schaumünzen besetzet.

Im fünften Gemache findet man mancherley kostbare Steine und daraus verfertigte Gefäße, insbesondere aber etliche kostbare Pocale, die mit alten und neuen sowohl in erhabener als hohl gegrabener Arbeit geschnittenen Edelgesteinen besetzt sind. Rand rechts: Gefäße aus kostbaren Steinen. Von diesen Camei undIntagliati sollen für mehr als dreymal hundert tausend Thaler werth vorhanden seyn. Ferner ist ein schönes Kästchen von Schmelz- und florentinischer eingelegter Arbeit zu sehen, nebst einer großen Tafel von erhöheter Arbeit aus Jaspis, Onyx, Chalcedon und dergleichen Steinen, die einen jungen Prinzen zu Pferde vorstellen, vor welchem die Tugenden einhergehen,[1299] um ihm den Weg zu zeigen und die Laster zu verjagen. Rand rechts: Florentinische Arbeit. Kostbare Tafel. Dieses ist ein altes Stück, so im Idsteinischen gearbeitet und mit achtzigtausend Thalern bezahlet worden.

Ueber demselben ist Maria Magdalena in email vorgestellet auf einem Ovalstücke, das anderthalb Ellen hoch ist, und in Ansehung der Größe seines Gleichen noch nicht hat. Die vielen andernEmail-Portraite und Gemälde übergehe ich um der Kürze willen mit Stillschweigen, und gedenke nur noch des Ritters St. Georgen, der mit sehr subtiler Eisenarbeit schon vor hundert Jahren verfertiget und hier zu sehen ist. Rand links: Das größte Email-Stücke in der Welt. In diesem Zimmer saugen die Portraite der Churfürsten zu Sachsen vom Mauritius an in Lebensgröße und mit ihren Trachten. Linker Hand ist ein Kabinet, worinnen noch viele Email Gemälde aufgestellet sind, nebst mancherley Schalen und Geschirren aus den kostbarsten Steinen. Eine Onyxschale hat die Gestalt und Größe einer großen in die Länge gespaltenen Cocusnuß. Dergleichen sind auch von Amethyst und Sardonyx vorhanden, nebst einem Kästchen von Bergkrystalle mit eingeschnittenen Figuren. Insbesondere hat man sich bey vielen Stücken dieses Kabinets bemühet, diejenigen Steine und Perlen, welche von Natur eine gewisse Figur bekommen, daß sie etwas leicht ausdrücken konnten, also zu fassen, daß es scheint, sie wären eigentlich zu einem Theile eines solchen Bildes geschaffen. Rand links: Aus Perlen zusammen gesetzte Figuren. Zu dergleichen Werken gehöret ein großer Vorrath von Juwelen, woraus der Künstler in Zusammensetzung seiner Arbeit nach Gefallen zu wählen hat. Eine von den größten orientalischen Perlen, die hier zu sehen ist, mag, ehe sie gefasset worden, kein sonderlich Ansehen gehabt haben, weil sie zwar von der Größe einer großen wälschen Nuß, dabey aber ungleich und höckericht ist; des Künstlers Hand aber hat sie in Gold und email so wohl zu setzen gewußt, daß sie itzt die Schultern, Brust und den Leib eines verwachsenen Zwärges ausmachet. Eine andere Perle an einer andern Figur schickt sich vollkommen um einen cul bien fait abzubilden. An einem bettlenden schwedischen Invaliden giebt auch eine Perle den Leib ab. Insbesondere verdienet ein Stück, so die Geschichte des Propheten Jonas ausdrücket, gesehen zu werden, indem der Wallfisch, das Schiff, der Prophet und der Seestrand aus großen Perlen zusammen gesetzt, auch die Felsen an der See mit gar ansehnlichen Edelgesteinen vorgestellet sind. Außer diesen bemerket man zwey kleine Bilder oder Personen, welche beysammen liegende und aneinander gewachsene kleine Perlen in einer Schale vor sich hertragen. Die Schale und Perlen machen an jedem Bilde nur ein Stück aus und sind ein Werk der Natur, woran die Kunst sich wenig zu rühmen hat. Zwo andere Personen tragen auf einer Stange Weintrauben, die aus orientalischem Smaragde überaus natürlich gebildet sind. Rand links: Andere Stücke aus Edelgesteinen.

Aus diesem Kabinette geht man wieder zurück in das obgemeldte fünfte Zimmer, worinnen man noch betrachtet ein Kästchen von email fast ganz mit Türkissen und Rubinen bedeckt; etliche Kästchen und Tischblätter von eingelegter florentinischer Arbeit; ein Crucifix und vier kleine Pyramiden von rarem arabischen Marmor (der nicht mehr gegraben wird), welche als ein Geschenk vom Pabste Benedict dem dreyzehnten gekommen sind; etliche Kästchen und kleine Canonen von subtil getriebener Silberarbeit; vier Tische von orientalischem Marmor; eine große Menge Gefäße aus Bergkrystalle, wobey eine dergleichen sehr helle und reine Sphæra oder Kugel von der Größe eines Kopfes ist. Weiter finden sich viele künstlich gearbeitete Straußeneyer, nebst mancherley daraus in Gold und email gefaßten Trinkgeschirren. An vieler Corallen- und Börnsteinern Arbeit fehlet es gleichfalls nicht. Bey den Raritäten aus Perlenmutter steht ein mit großen Perlen besetztes Kästchen, nebst einem Berge, der aus lauter ansehnlichen Perlen mit Golde zusammen gesetzet ist. Sie sind aber allesammt nicht rund. Man hat verschiedene Versuche gethan, dergleichen höckerichte Rand links: Ob man den Perlen die[1300]

Perlen rund zu machen, allein mit vergeblicher Bemühung, weil die Perlen mit Häutchen wachsen, welche sich von Jahren zu Jahren über einander ansetzen, daher sie schelfrig werden, wenn man an einem Orte etwas davon abnimmt. Rand rechts: Rundung geben könne. Man sammlet in des Königes Gebiethe, nämlich aus einem Bache im Hennebergischen, desgleichen aus der Elster auch runde Perlen, so zwar eingeschicket werden, aber nicht in das grüne Gewölbe kommen, als woselbst nur die orientalischen Platz finden.

In die Schränke des sechsten Zimmers sollen alle sächsische Churfürsten in Lebensgröße mit ihren Kleidertrachten zu stehen kommen. Anitzt sieht man in der Mitte eine Uhr in dem Brustbilde eines Frauenzimmers, so in jeder Minute den Kopf von einer Seite zur andern wendet.

Im siebenten Gemache zeiget sich erstlich ein Theezeug mit seinem Aufsatze und Zugehörungen, alles von Email auf Gold und mit Diamanten besetzt. Rand rechts: Kostbares Theezeug. Der Meister davon ist der hiesige Hofjuwelier Joh. Melchior Dinglinger, welchem sechs und vierzig tausend Thaler dafür bezahlet worden sind. Zweytens sieht man eine große Matricem von Smaragd, die von einem Mohren, dessen Brustgehänge mit Edelgesteinen gezieret ist, gehalten wird. Gegenüber steht ein anderer dergleichen Mohr, so in einem Korbe allerley Krystalle nebst Silber- und Golderzen aus den hiesigen Landen vor sich trägt. Drittens folget auf einer Tafel von einer Elle in der Breite und fünf Vierthel Ellen in der Länge die Art und Weise, wie des großen Mogols Geburtstag gefeyert wird. Rand rechts: Des großen Mogols Hofhaltung. Er selbst sitzt auf seinem Throne, und vor ihm beugen sich die Großen seines Reiches, welche ihre Geschenke bringen; indem Vorhofe zeigen sich seine Leibwachen, Elephanten und was nur zum Prachte eines morgenländischen Hofes gehöret. Alles ist von Silber, Gold, email und mit Edelgesteinen reich besetzet. Obgedachter Dinglinger hat mit funfzehn Personen zehn Jahre und acht Monate über dieser Arbeit zugebracht, und für das Werk fünf und achtzig tausend Thaler bekommen. Die in der Mitte dieses Zimmers stehende Seule ist mit schönen bas-reliefs auf arabischen Achat gezieret. Rand rechts: Onyxstein. Man findet an derselben auch einen orientalischen Onyx, welchen Dinglinger für acht und vierzig tausend Thaler angeschaffet hat. Er ist oval, beynahe eine Vierthel-Elle dresdner Maaßes hoch, und mehr als eine Achtel-Elle breit. Es hängen dabey drey etwas kleinere, und von der Größe mittelmäßige Tobaksdosen. Ihre Farbe scheint aus dem rothen in das braune zu fallen, wenn man sie aber gegen die Sonne hält, zeigen sie das schönste Cramoisi. Rand rechts: Achatschale. Eine dabey stehende Schale aus orientalischem Achat übertrifft am Umfange eine sehr große in die Länge getheilte Cocusnuß. Rand rechts: Einzelne Edelgesteine. Von einzelnen Edelgesteinen werden hier gezeiget ein großer orientalischer Saphier, ein außerordentlich großer roher Topas und ein Aquamarin von der Größe einer kleinen mittelmäßigen Faust, nebst vielen andern kostbaren Stücken. Rand rechts: Garnituren von Diamanten. Hierauf folget eine ganze Garniture von Diamanten, worunter die Knöpfe des Kleides, der Ritterorden, der Stern, die Schnallen, das Degengefäß und der Stockknopf begriffen sind. Gegenüber sieht man mit Verwunderung eine dergleichen Garniture von Carniol, die gar hoch geschätzet wird, eine andere von Smaragden, eine Garniture von Saphieren, eine von Rubinen, eine von Rautendiamanten, und noch eine von Brillants. In dem goldenen Vließe, so zur letzt gedachten Garniture gehöret, pranget ein Diamant, welchen der König erst vor etlichen Jahren mit zwey hundert tausend Thalern bezahlet hat. Er übertrifft denjenigen, welcher in des Churfürsten von Bayern Schatze zu sehen ist, indem er die Größe einer mittelmäßigen gespaltenen wälschen Nuß hat, und hundert und vier und neunzig und ein halb Grains wiegt. Zu seinen Seiten sieht man zween andere, deren jeder als eine große Muscate anzusehen ist. Von dieser letztern Größe findet sich auch ein Diamant[1301] auf dem Stockknopfe. Rand links: Vergleich mit den bayerischen Juwelen. Gleichwie nun die hiesigen Diamanten es den bayerischen zuvorthun, also übertreffen hingegen die Rubinen des bayerischen Schatzes, sonderlich der eine große, die hiesigen um ein gutes Theil.

Endlich betrachtet man in diesem letzten Gemache eine kostbare Uhr von Golde mit Edelgesteinen besetzt, desgleichen ein Tischblatt von Jaspis mit schönen Krystall und Amethystadern. Rand links: Sächsischer Jaspis. Dieser Jaspis kömmt vier Meilen von Dresden aus der freybergischen Gegend, und ist erst vor wenigen Jahren für dasjenige, was er ist, erkannt worden. Vorher brauchten die Bauern solche Steine nebst andern um ihre Feldmauern aufzusetzen. Ich habe etliche gute Stücke bekommen, welche wohl ins Auge fallen, aber gar mühsam zu poliren sind.

Dieses wäre nun ein Generalbegriff desjenigen, was im grünen Gewölbe enthalten, und beym Durchsehen bemerket werden können. Rand links: Vergleichung des grünen Gewölbes mit der Tribuna zu Florenz. Denn alle besondere Kostbarkeiten anzudeuten, ist nicht möglich, wird auch von Jahren zu Jahren schwerer, weil sich die Sachen immer mehren. Die florentinische Tribuna mit demjenigen, was dazu gehöret, übertrifft vielleicht am Werthe diesen itztgemeldten Schatz; allein es ist nicht zu leugnen, daß die Fassungen und die wohl ausgesonnene Ordnung, welche man den hiesigen Sachen zu geben gewußt hat, ihnen ein Ansehen machet, welches viel mehr als der florentinische Schatz in die Augen fällt2.

Das Schloß ist wohl meublirt, und verdienen insbesondere die Paradezimmer gesehen zu werden. Rand links: Schloß. Man findet darinnen zwölf Gemälde vom Louis Silvestre, einem Franzosen, die den Raub der Proserpina, die Verwandlung des Actäons und andere dergleichen Fabeln aus dem Ovidius vorstellen. Rand links: Gemälde. Ein anderes Stück von eben dieses Meisters Hand bildet den Abschied des itzigen Churprinzen von seinem Herrn Vater ab, da er in die fremden Länder gehen wollte. Der König verweist ihn an Pallas und Mercur; hinter dem Prinzen ist sein Oberhofmeister zu sehen, dem die Vorsichtigkeit mit ihrem Fernglase zur Seite steht; vor ihnen halten etliche Genii die geographischen Karten von den Ländern, durch welche des Churprinzen Reise eingerichtet war. Der Plafond des Audienzsaales ist gleichfalls vom Silvestre gemalet. Rand links: Spiegel. Man findet in etlichen dieser Zimmer Spiegel von acht bis neun Fuß in der Höhe und von sechs bis sieben Fuß in der Breite. Rand links: Tapeten. Silbergeschirr. In dem herrschaftlichen Redoutensaale stellen sechs große Tapeten eben viele Thaten Alexanders des großen, vor. Unter der Menge des silbernen Geschirres, das in der Silberkammer verwahret wird, sind vier Gueridons, deren jeder vier hundert und ein und siebenzig Mark wiegt, nebst zwölf andern, die nicht viel kleiner sind; wie auch zwey große vasa, deren jedes eines Mannes hoch, kaum von zween Männern umfasset werden kann, und sechs hundert Mark schwer ist. Zwey dergleichen andere dabeystehende Stücke geben diesem itztgemeldten wenig nach. Von den allhier befindlichen acht großen Schwängkesseln wiegt jeder mit dem darinnen stehenden Gefäße acht hundert Mark. Dieses und noch viel mehreres Silberwerk ist alles nur vom[1302] Jahre 1717 bis 1719 verfertiget worden. In dem gemeinen Redoutensaale sind gute Tapeten und darunter etliche von der Bataille bey Höchstädt. Die vielen künstlichen Uhren, kostbaren Tische, schönen bureaux und andere Merkwürdigkeiten, so man hin und wieder in den Zimmern antrifft, übergehe ich mit Stillschweigen, theils um alle Weitläuftigkeit zu vermeiden, theils weil diese Sachen nicht beständig an ihren Orten bleiben. Rand rechts: Confidenz-Tafel. Ein Fremder vergißt nicht, sich die von dem ehemaligen Modellmeister, Andreas Gärtnern, angegebene Confidenztafel zeigen zu lassen, vermittelst welcher der König nebst seinen Vertrauten allein speisen und eine vollbesetzte Tafel mit allen Zubehörungen aus den untersten Zimmern in die Höhe bekommen kann, ohne daß sich ein Bedienter dabey blicken läßt.

In dem Schlosse ist auch die Kunstkammer, aus welcher aber vielerley Dinge theils in das grüne Gewölbe, theils in die Galerien des Zwingers gebracht worden. Rand rechts: Kunstkammer. Indessen habe ich noch im ersten Zimmer bemerket zwölf busta der ersten römischen Kaiser; viele genehete Stücke und Portraite; erhabene Silberarbeit; ponzionirte oder punctirte und verguldete Kupferplatten vom Daniel Kellerthaler, wie der nebst der Jahrzahl 1613 daruntergesetzte Namen ausweist. Die besten und größten Stücke davon sind ein Göttermahl und der Raub der Sabinen.

Unter den letzten liest man:


Ne desit tectum fundavit Romulus Urbem,

Nec civis, virgo rapta Sabina fuit.

Tenuibus auspiciis factum est unum Urbis & Orbis

Imperium ac tandem gloria, Teuto, tua.

V. D.


In dem zweyten Zimmer stehen vielerley künstliche Tische von Ebenholze, eingelegten Perlenmutter, Silber etc. desgleichen verschiedene Stücke von Glasarbeit, unter welchen eine gläserne Orgel anzutreffen, gleichwie man in einem andern Zimmer eine papierne Orgel sieht. Unter den Gemälden ist das vornehmste das in Lebensgröße gemachte Portrait Augustus, des Stifters dieser Kunstkammer, nebst dem Bildnisse des pohlnischen Königs Ladislaus Lokietek oder Locticus, und Cubitalis, welcher im Jahre 1333 gestorben und nur einer Elle hoch gewesen ist.

Im dritten Gemache kommen Gemälde hinter und auf Glas vor; mancherley Staubarbeit; perspectivische Prospecte, Wachsarbeit, und subtile mit der Feder gemachte Zeichnungen. Unter der auch allhier wieder vorhandenen Perlenmutterarbeit ist ein Bluhmenstück und ein Papegey, die durch die Refraction der Stralen mancherley Farben von sich werfen. In den silbernen und goldenen Steinen eines Brettspieles sind die aus Wachs verfertigte Köpfe oder Portraite des Churfürsten Augustus und anderer damals lebenden großen Herren eingefasset. Die Arbeit ist sehr künstlich und wohlgerathen, auch jedes Bildniß einmal in Gold, das anderemal in Silber eingefasset, vorhanden. Unter den alten Trinkgeschirren,[1303] die hier aufgehoben werden3, ist eines von Rhinoceroshorne; ein anders von einer vermeyntlichen Klaue des Vogels Greif, so aber gleichfalls nur ein Horn ist; ein drittes aus einer maldivischen Nuß; ein viertes aus einer Cocusnuß, und viele aus Büffelshörnern, die in Gold und Silber gefasset sind. Auf einem der letzterwähnten Pocale aus Horn oder vielmehr Elfenbeine sind verschiedenebas-reliefs zu sehen und die isländischen Worte: Heilach rar brenninkar pikkar, welche jemand verdolmetschet hat: Der Becher oder Pocal der heiligen Dreyfaltigkeit. Rand links: Vorstellung der Dreyfaltigkeit auf einem Trinkgeschirre. Gott ist darauf vorgebildet mit einem dreyfachen Gesichte, und hält er folgende Figur:


86. Schreiben

Außer diesem ist die h. Maria, das jüngste Gericht, Petrus mit dem Schlüssel, und die vier Evangelisten mit ihren symbolischen Bildern auf diesem Horne vorgestellt4.

In eben diesem Gemache sieht man viele emaillirte Arbeit, Corallenwerke und Meisterstücke der Drechslerkunst, worunter ein Becher befindlich, der hundert andere subtil gedrechselte[1304] in sich begreift, dergestalt, daß immer einer in dem andern stecket. Ueber der Thüre sieht man den Simson in dem Schooße der Delila liegend, es ist aber dieser Held in einem ganzen Kürasse vorgestellt.

Im vierten Zimmer kommen künstliche elfenbeinerne Sachen zum Vorscheine, und darunter ein Stockknopf zwo Tobaksdosen und ein Compaß von des Czars Peter des ersten Arbeit. Ferner zeiget man viele börnsteinerne Dinge, ein Kästchen von florentinischer eingelegter Arbeit auf einem Tische, der aus figurirtem florentinischen Marmor zusammengesetzt ist, vielerley Marmor, der in Sachsen gebrochen wird, eine Menge von Gefäßen aus Serpentin, eine Orgel aus Alabaster mit alter guter kleiner Bildhauerarbeit, viele andere alabasterne Gefäße, davon etliche verguldet sind; ein artiges bas-relief auf einem Sandsteine, welches die nach Bethlehem zu Christo kommende Hirten abbildet, und ein großes elfenbeinernes Horn, so nach Art des berühmten Oldenburgischen mit Figuren verschiedener Thiere gezieret ist.

Im fünften Zimmer sieht man das sächsische Wapen, desgleichen etliche schöne Landschaften und Häuser mit florentinischer Arbeit eingelegt; etliche alte rußische geistliche Gemälde; ein durch Kunst gemachtes Hirschgeweih; die Erhöhung der Schlange in der Wüsten, desgleichen die Kreuzigung Christi und zwo Bataillen sehr klein und künstlich in Holz geschnitten. Von den letzten zweyen Stücken ist jedes mit hundert Ducaten bezahlet worden.

Auf einem einzigen Kirschkerne zählet man vermittelst eines Microscopii hundert und achtzig eingeschnittene menschliche Angesichter. An vielen Tischen und bureaux bewundert man die künstliche eingegrabene oder eingelegte Figuren. Ein bureau ist mit Edelgesteinen, die in Sachsen gefunden werden, besetzet.

Man schätzt auch ein Gefäß aus Specksteine sehr hoch. Endlich machen den Beschluß verschiedene Uhren und Automata mit mancherley Bewegung, Tänzen, Orgelspiel, oder anderer Musik, des Gärtners Universaluhr, so auf drey hundert und sechszig Orte gerichtet[1305] ist, drey Versuche vom Perpetuo Mobili und zwey Originalportraite, deren eines Albertum Animosum, das andereden Churfürsten Augustum mit einem großen Barte im drey und dreyssigsten Jahre seines Alters vorstellet. Ueberhaupt braucht diese Kunstkammer, daß sie in eine andere Ordnung gebracht werde.

Ferner besieht man auf dem Schlosse die Bilder-Galerie oder Sammlung von kostbaren Gemälden, die unter der Aufsicht des Baron le Plat steht. Rand links: Galerie von Gemälden. Der vornehmste dazu gewidmete Saal ist noch nicht gar ausgemalet, übrigens aber schon mit vielen alten kostbaren Stücken gezieret. Zu beyden Seiten stehen etliche große Vasa von Serpentin und viele andere von Porphyr, eine gute Anzahl marmorner und metallener großer Brustbilder, worunter der König Gustav Adolph leicht zu erkennen ist. Der Lacoon aus dem Vatican und viele andere dergleichen meßingene Modelle helfen gleichfalls zur Zierde dieses Saales, der achtzig gemeiner Schritte lang und zwanzig breit ist. Das nächst daran stoßende Zimmer ist voll Portraite und unter denselben des Königes Augustus Bruststück in mosaischer Arbeit sehr schön verfertiget. Der Churprinz und seine Gemahlinn in Lebensgröße sind in Seiden gewirket allhier zu sehen. Ein besonderes Gemach ist für Früchte- und Bluhmenstücke, und ein anderes für Landschaften. Die alten und berühmten Gemälde von Holbein, Cranach etc. sind in zweyen Zimmern beysammen zu finden.

Im Jahre 1711 wurde in dem Zwingergarten der Anfang zu einem schönen Gebäude und zu trefflichen Galerien für die Orangerie gemacht; nachdem aber diese einen andern bequemern Platz gefunden, so sind nunmehr die kostbaren Kabinette von Medaillen, Naturalien, Antiquitäten, Mineralien, versteinerten Dingen, raren Thieren, Insecten, Muscheln, Börnstein, mancherley Gattungen in- und ausländischen Holzes, nebst der Bibliothek, Anatomiekammer und Sammlung sowohl der Instrumente als Curiositäten, die in die Chirurgie, Chymie, Metallurgie, Geometrie, Astronomie, Mathematik, Mechanik und Botanik laufen, hieher gebracht worden. Rand links: Galerien des Zwingers. Die Bibliothek, zu welcher nun auch die Besserische gekommen, steht unter dem Hofrath Sebisch, und ist noch nicht recht eingerichtet5. Rand links: Bibliothek. Ueber das Münzkabinet hat der Hofrath von Fritsch die Aufsicht, es ist aber solches versiegelt, und noch nicht in Ordnung. Rand links: Wünzkabinet. Der Hofrath von Heucher ist über das Naturalienkabinet gesetzt6, Lichtwer über die Mineralien, Michaelis, Adjunctus der Kunstkammer, über die Instrumenta Mathematica und Physica etc. Wenn man diese sämmtliche Galerien besehen hat, giebt man zuletzt dem Thürschließer wenigstens vier Gulden, welche in eine gemeinschaftliche[1306] Büchse kommen, und theilen sich sämmtliche Aufseher dieser Galerien, in die einkommenden Trankgelder.

Linker Hand vom Haupteingange fangen die Petrefacta an, und fällt sogleich ein Skeleton in die Augen, so noch im Steine liegt und von einem Thiere, das die Größe eines Kalbes gehabt, seyn muß. Rand rechts: Petrefacta Man sieht daran die Füße und Spinam dorsi sehr deutlich. Dieses Stück kömmt aus dem Würzburgischen, und hat es der König mit fünf hundert Thalern bezahlet. Hiebey sind die vielen Arten des unreifen oder noch nicht völlig harten Marmors, der in sächsischen Landen gefunden wird, zu sehen, nebst einer Sammlung von mancherley Terris Sigillatis. Unter den versteinerten Sachen, die Confect, Zuckerwerk und Eßwaaren vorstellen, haben auch die anconitanische Dattali del Mare Platz gefunden, nebst einem rothen Marmor, der mit seinen weißen Flecken die westphälischen oder göttingischen Würste sehr natürlich vorstellet. Ferner folgen die Petrefacta, so bey Pirna im Sandsteine, wie auch diejenigen, welche in der nahe bey Dresden fließenden Weisseriz gefunden werden, ein versteinerter Kopf eines Auerochsen, vielerley versteinerte Fische, worunter einer aus dem ilmenauischen Gebirge ganz dick und von erhabenem Fleische gleichsam in seiner Matrice liegt, nebst einem andern, um welchen viele seiner Schuppen im Steine zu sehen sind; andere dergleichen Fische von Ilmenau und aus den eichstädtischen Schieferbrüchen; mancherley Dendriten, sowohl in Art als Schiefer, unter welchen letztern viele Pappenheimische anzutreffen sind; Maxilla superior und inferior eines Elephanten, beyde petrificirt. Rand rechts: Elephanten und Riesen. Der obere Theil kömmt aus Lithauen und der untere aus Amsterdam. An jenem sieht man die runden Höhlen, aus welchen die langen elfenbeinerne Zähne hervorgeraget; übrigens finden sich in beyden Theilen zween große dentes maxillares, die insgemein für Riesenzähne ausgegeben werden. Es fehlt hier auch nicht an versteinerten Krebsen, ramificationibus der stellarum marinarum aus den würtembergischen Adlersteinen, Echinis, Cornibus Ammonis, florentinischem Marmor, Blättern, Zweigen und auch Vogelnestern, so mit subtilem Steine incrustiret sind, dergleichen sonderlich in einem Brunnen bey Jena geschieht.

Unter den Cornibus Ammonis findet sich eines, das zween Schuhe im Diameter hat. Man zeiget auch verschiedene Stücke Holzes, welche mit allerley Mineralien, die sich hineingezogen haben, angefüllet sind; ein Stück Holz, welches in Achat verwandelt worden, und ein anderes versteinertes, so aus Pohlen kömmt, und diejenigen Ringe, welche aus dem jährlichen Anwachse der Stämme entstehen, deutlich zu erkennen giebt. Unter denen Petrefactis, die von Pirna kommen, ist dasjenige eines der raresten Stücke, worauf man gar deutlich einen[1307] fünfeckigten Seestern, von der Art, welche bey Schevelingen und andern Orten der europäischen Meerküsten aus Land geworfen wird, erkennet. Seine Rarität besteht allhier nicht nur darinnen, daß er in einem Sandsteine abgedrücket und erhalten ist, sondern auch, daß diese Creatur selbst gar weichlich und zur Versteinerung oder Eindrückung ihrer Gestalt weniger als viele andere geschickt ist.

In dem hieranstoßenden Vegetabilien-Kabinette sind vielerley besondere Wurzelgewächse, welchen man mit geringer Kunst, zum Exempel mit Anfügung eines Gesichtes und anderer Stücke mancherley Gestalt und Figuren gegeben hat. Rand links: Vegetabilienkabinet. Man sieht ferner Anatomien von Baumblättern, da auf die subtileste Art die kleinesten venæ undarteriæ von dem übrigen und gleichsam fleischigten Theile des Blattes abgesondert und in ihrer Ordnung solchergestalt erhalten worden, daß aus einem Blatte gleichsam drey, nämlich die zwo Membranen und das in der Mitte befindliche Netz, werden. Rand links: Anatomie eines Blattes. Diese Arbeit erfodert viele Mühe, und muß das Blatt oder die Frucht lange Zeit in Wasser maceriret, fleißig abgespület und im Wasser selbst gleichsam anatomiret werden. Weiter kommen vor inSpiritu erhaltene rare Bluhmen; zwey von Gewürznägelein zusammen gesetzte Schiffe, etliche Aeste und Zweige, worauf die Nägelein wachsen; vier Statuen von Riesengröße aus Cypressenholze. Sie sind von Venedig hieher gebracht worden, und kosten zusammen viertausend Thaler. In acht großen Folianten, deren jeder hundert Thaler kostet, sind vielerley insecta und Thiere abgemalt. Eine andere Sammlung stellt auf Pergamen gemalte Bluhmen vor, bey welchen Schade ist, daß das Kräuterwerk nicht dabey gezeichnet worden. Rand links: Sammlung von mancherley Holze. Es sind auch etliche sehr kostbare Herbaria viva vorhanden, und dreyhundert und funfzig Sorten von Holz in einem Schranke also geordnet, als wären es lauter kleine Schiebfächer zu Münzen. Auf jedem Holze steht seine Benennung, und hat ein hiesiger Magister, Clodius genannt, dieses Werk für fünfhundert Reichsthaler an den König verkaufet. Man hatte schon vorher allhier eine dergleichen Sammlung von Hölzern, die noch vorhanden und zwey und dreyßig Arten Holzes (worunter das Kampferholz zu rechnen) mehr hat, als des Clodius seine, allein diese letzte ist viel artiger eingerichtet. Ferner zeigen sich vielerley Hirschgeweihe, welche auf besondere Art in Bäume verwachsen sind; eine lange Stange aus Zimmetholze, nebst einem Kelche aus Ligno Nephritico vero, so unter andern Eigenschaften, die man ihm wider den Stein zuschreibt, auch diese hat, daß er das Getränk, so hinein kömmt, in blau verwandelt. Dieser Becher ist mit zweyhundert Ducaten bezahlt worden. In eben diesem Gemache werden viele auswärtige und andere rare Früchte, als Cocus, maldivische Nüsse, Monstra von Gewächsen, nebst einer Sammlung von allerley Saamen, verwahret.

Hierauf folget das sogenannte Cabinet d'Ignorance, worinnen alles dasjenige aufgehoben wird, was man eigentlich noch nicht recht kennet oder zu nennen und in seine Classen zu bringen weis. Rand links:Cabinet d'Ignorance. Es erstrecket sich dieses insbesondere mit auf die Petrefacta, und finden also die lapides polymorphi, Schraubensteine und dergleichen ihren Platz darinnen. Der Satz: Quantum est! quod nescimus, behält zwar allezeit seine Richtigkeit, allein es könnten doch von den allhier befindlichen Proben etliche mit gutem Rechte herausgenommen, und zum Exempel die Badener-Würfel (wie sie itzt gemeiniglich verkauft werden) unter die artefacta oder aus Betrug gekünstelte Dinge, und die auf den Feuersteinen als kleine weiße Würme anzusehende Fäden und Theilchen unter die versteinerten oder vielmehr geschmolzenen Corallenstücke gerechnet werden, davon ich deutliche Zeugnisse geben kann. Rand links: Badener Würfel.

In der Animalien-Galerie sind vielerley sonderbare Hirschgeweihe und Gehörne von Rehböcken zu sehen. Rand links: Animalien-Galerie. Unter den letzten ist ein Stück, davon man zwar keine Umstände zu[1308] erzählen weis, welches aber an Gestalt genau übereinkömmt mit einem andern, welches ich selbst besitze, und womit es folgende Beschaffenheit hat. Rand rechts: Anmerkungen über ein besonderes Gehörn eines Rehbocks. Vor zehn Jahren wurde auf dem freyherrlichen Gute W. ein junger Rehbock gefangen und aufgezogen, welcher nachdem er einmal aufgesetzet hatte, sehr hitzig wurde, insbesondere auf das Weibsvolk los lief, ihnen die Kleider zerrisse und mit seinen geilen Unternehmungen es endlich dahin brachte, daß man ihn schneiden lassen mußte. Vier Wochen nachdem dieses geschehen, legte er sein erstes Geweih ab, an statt aber daß geschnittene Rehböcke insgemein nicht weiter aufzusetzen pflegen, so bekam dieser wieder ein Gehörn von besonderer Art, welches er auch bey dem sonst gewöhnlichen jährlichen Wechsel nicht wieder ablegte, sondern bis an sein Ende behielt. Die Materie war beyweitem nicht von der Härte, als dergleichen Stangen ordentlicher Weise sind. Es breitete sich aber dasselbe weit aus ohne einzige Spitze, und weil er es niemals gegen die Bäume wetzte, so blieben die rauhen Häute daran sitzen und hingen hie und da herab, also daß solches Geweih endlich einer Krone gleich sah. Ob es der geschehenen Schwächung der Natur zuzuschreiben sey, daß, ob sie gleich ein neu Gehörn zu treiben vermögend gewesen, dennoch solches von keiner so festen und zusammen verbundenen Materie seyn können, lasse ich dahin gestellet seyn. Dieses aber ist noch etwas besonderes, daß durch die geschehene Castrirung der Geruch, welchen er von sich gegeben, gänzlich geändert worden seyn muß. Denn da er vorher in der Brunstzeit vom Hofe in Wald und den Rehen nachgelaufen war, so änderte sich nunmehr das Spiel, und zog er zu solcher Zeit viele andere Rehböcke nach sich, welche ihm bis auf den Hof, woselbst man sie schoß, folgten.

Ich wende mich aber wieder zu der Animalien-Galerie, woselbst etliche Hörner von Hafen, Rhinoceros, Zähne von Elephanten (davon einer bey acht Fuß lang ist) und dergleichen gezeiget werden. Rand rechts: Hörner von Hafen etc. In einem Stücke Elfenbein sieht man eine metallene Kugel, ohne daß man wahrnehmen kann, wo sie hineingekommen, vermuthlich weil das Elfenbein wieder darüber zusammengewachsen ist. Unter den mancherley Bezoaren ist ein orientalischer so groß, daß er über tausend Thaler werth seyn würde, wenn man ihn zum medicinischen Gebrauche verwenden wollte. Rand rechts: Bezoar. Einen schreckhaften Anblick geben die vielen Blasen-Nieren- und Gallensteine, so von Menschen gekommen, und wegen ihrer Größe oder zackigten Figur würdig geschienen, daß sie aufgehoben würden. Rand rechts: Blasen und Nierensteine. Die größten darunter sind von dem Theologen D. Seligmann und dem berühmten Jure Consulto Caspar Ziegler, welcher letztere sowohl in der Blase, als Galle und Nieren damit angefochten gewesen. Andere Steine, die von Hunden, Pferden etc. gekommen, sind gleichfalls in einer guten Anzahl vorhanden.

Hierauf folgen sowohl einheimische als ausländische Schlangen, deren eine einen Frosch, eine andere aber eine Fledermaus im Leibe hat. Rand rechts: Schlangen. Unter andern hier vorhandenen giftigen Thieren finden sich unterschiedene Arten von Scorpionen und Tarantuln. In der Ordnung kommen ferner ein Hase mit acht Beinen; ein Embryo eines Armatillen; ein Crocodil, wie er aus seinem Ey (das die Größe eines Ganseyes hat) auskriecht; eine Art Kröten, Pipal oder Piwal genannt, von welchen das Weibchen seine Eyer in die Valvulas oder kleine Zellen, welche das Männchen auf seinem Rücken hat, leget, dergestalt daß nachmals die Jungen gleichsam aus des alten Männchen Leibe heraus zu wachsen scheinen. Rand rechts: Piwal. Andere glauben, man müsse von diesen Thieren dasjenige für das Weibchen halten, aus welchem die Jungen hervorwachsen und Pipa genennt wird, weil man an der andern Sorte zwar keine genitalia, jedoch aber zween runde testiculos bemerket, aus welchen er dem Weibchen den Saamen durch besondere Poros des Rückens beybringen könne.[1309]

Hiebey zeiget sich noch eine indianische Fledermaus; ein indianischer Waldteufel; ein Nimmersatt, Löffelgans, Casuarius und allerley Arten von Vögeln die man hat zusammen bringen können. Den darunter befindlichen und mit allerley Farben vortrefflich spielenden Colibry nennen die Spanier Tominejo, weil er so klein und leicht ist, daß er sammt seinem Neste kaum zwo Erbsen von der Art, welche in Spanien Tominos genennt wird, wiegt. Das Weibchen ist nicht so schön als das Männchen. Rand links: Sammlung von Eyern. Vogelnester. Die Sammlung von allerley Eyern, worunter auch die monstrosen gehören, ist sehr zahlreich, sowohl als die von Vogelnestern, welche einen Anhang von Wespen-Horniß- und dergleichen Nestern hat, bey welchen oft mehr Anmerkungen und Betrachtungen über die Weisheit des Schöpfers zu machen sind, als man sich insgemein von so gering geachteten Dingen einbildet. Rand links: Insecta undPapillons. Die Insecta und Papillons nehmen viele Schubladen ein. Unter den letzten ist ein sehr großer, der nur zu Nacht fliegt und an dem harten Theile seines Schwanzes leuchtet, daher er auch le Lanternier genennet wird. Rand links: Le Lanternier. Die Schubladen, worinnen diese der Verwesung sehr unterworfene Dinge verwahret sind, werden alle vier Wochen mit einer Mixtur, die aus Terpentin, Oleo Spicæ, und vornehmlich aus Kampfer besteht, bestrichen. Ein Theil der andern Thiere wird in spiritu vini getödtet und nur in schlechtem Brandteweine aufbehalten, weil man glaubt, der spiritus vini sey bey dem beständigen Gebrauche zu scharf und zerfresse die fleischigten Theile. In dem Vorplatze, durch welchen man aus diesem Saale in die folgende Hälfte der Zwingergalerien geht, sind die Ribben und der Kopf eines Wallfisches, welche sonst in dem Schlosse unter dem englischen Thore zu sehen waren, aufgehängt. Rand links: Ribben eines Wallfisches. Die folgende Galerie ist eine Fortsetzung der vorhergehenden, und zeigen sich darinnen Crocodille (welches Thier, so viel man weis, das einzige ist, so nicht allein den untern Kinnbacken, sondern alle beyde sowohl zugleich, als auch jeden besonders bewegen kann) etliche Ichnevmones, priapi und testiculi von Wallfischen, vielerley Schildkröten, eine Carcharita eines Mannes lang, mit doppelten Reihen solcher Zähne, welche mit unter die sogenannten malthesischen Schlangenzungen gerechnet werden; ein ausgestopfter Seehund, so in der Elbe gefangen worden, ein gleichfalls ausgestopfter weißer Biber; ein Polypus; Hörner vom Fische Narval; junge und alte Schwertfische; fliegende Fische; Basilisken, wie solche aus dem Fische, welcher den Namen Rochen führet, gekünstelt werden können; eine von dem Secretär Klein aus Danzig hieher geschenkte Anatomie, oder subtile, jedoch noch an einander hängende Zertheilung der kleinen Seesterne, welche bey Schevelingen und an andern holländischen Ufern häufig gefunden werden; Cavalli marini von Pozzulo. Eine Art von Krebsen oder Cancellis marinis, so gut zu essen ist, und den Namen von Soldat führet, weil er mit einer harten Schale fast bis an den Kopf gewaffnet ist, und viele Courage bey seiner Vertheidigung bezeuget, indem er bey der geringsten verspürten Gefahr am Ufer des Meeres den Kopf in den feuchten Sand gleichsam eingräbt und die zwo scharfen Scheeren wider den Angriff seiner Feinde zu gebrauchen suchet. An dem Kopfe scheint er zart und empfindlich zu seyn, weswegen er, sobald er ausgekrochen,[1310] die erste ledige Schnecke, als die beste aussuchet, um den vordern Theil seines Leibes darinnen in Sicherheit zu bringen. Auch diese Eigenschaft, daß er sich mit fremdem Logiment behilft, streitet nicht mit der Benennung eines Soldaten. Die Scheeren bleiben zur Gegenwehre außer der Schnecke, und springt er gleichsam seinem Feinde entgegen, wenn er am Ufer des Meeres sich noch zu retten glaubt. Die Annäherung des Feuers treibt ihn aus den grössern Schnecken, wenn er sonst nicht heraus will. Ein Schrank hält allerley merkwürdige Naturalien in sich, welche die verstorbene Czaarinn Katharina hieher geschenket hat. Es ist darunter ein in die Runde ausgebreitetesCaput Medusæ, welches mich aufs neue in der Meynung stärket, daß die Seecreaturen, so auf dem Schiefer zu Poll im Herzogthume Würtemberg gefunden wird, und wovon der D. Hiemer eine besondere Schrift herausgegeben hat, kein eigentliches Caput Medusæ sey, ob sie gleich beyde unter ein genus gehören. Ferner wird allhier in spiritu vini ein Hermelin aufbehalten, der nur das Ende des Schwanzes schwarz hat, im übrigen aber, als eine weiße Wiesel anzusehen ist. Rand rechts: Hermelin. An dem Bauche des Weibchen von der indianischen Beutelratze bemerket man einen Sack oder Beutel, welchen dieses Thier, so oft seine Jungen hinein gekrochen, in etwas zusammen ziehen und sie solchergestalt sowohl erwärmen, als vor seinen Feinden leichter erretten kann. Dieser Beutel aber ist von dem Orte, der die Jungen im Mutterleibe beherberget hat, gänzlich unterschieden. Itzt gedachtes Thier wird in Brasilien Philander, Opassom und Carigneja genennt. Das hier befindliche Puramez oder Kraut, so in der Gestalt eines Schafes am Flusse Wolga wachsen soll, ist nichts anders als ein schwammigtes sechs bis acht Zoll langes Gewächs, welches man in eine Form drücket und ihm am Kopfe und an den Füßen mit der Kunst hilft. Rand rechts:Puramez.

Die hiernächst kommenden See- und Corallengewächse werden in Lithophyta, Spongophyta, Keratophyta und Potanophyta eingetheilet7. Unter den Conchiliis ist der sogenannte Oberadmiral mit fünfhundert rheinischen Gulden, und der Orangeadmiral mit tausend Gulden bezahlet worden. Beyde sind von keinem sonderlichen Ansehen. Es fehlen ihnen aber allhier noch die raren Muscheln Cedo nulli, der westindische und ostindische wie auch der Unteradmiral. Man hat auch eine Sammlung von kranken Muscheln angefangen, worunter alle monstrose, übelgewachsene Bäumchen und dergleichen fremde Dinge aufhabende gerechnet werden. Unter den neuern Physicis hat es etliche gegeben, welche auch die Perlen für eine Krankheit der Muscheln oder Austern gehalten haben.

Von Börnstein findet sich ein schönes Kästchen mit einem Brettspiele, Marken und andern Zubehörungen, die der König von Preußen vor etlichen Jahren hieher geschenket hat. Rand rechts: Börnstein. Es mangelt auch nicht an solchen Stücken, worinnen allerley Thiere ohne Beyhülfe der Kunst eingeschlossen sind8. Etliche an einem Stiele hangende und in Börnstein also eingeschlossene Blätter sind mit funfzig Ducaten bezahlet worden. Rand rechts: Thiere darinnen eingeschlossen. In einem andern Stücke bemerket man etwas liquid es oder einen sich bewegenden Tropfen. Von des D. Pezold Kunst etwas mit Börnsteine zu überziehen, sind etliche Proben vorhanden. Aus diesen Zimmern kömmt[1311] man in eine große Grotte, welche nebst dem dazu gehörigen Corallenkabinette mit Muscheln und trefflichen Corallengewächsen ausgezieret, dabey auch mit Scherzwassern versehen ist. An dieselbe stößt eine Galerie, worinnen die raren Thiere, so in Dresden lebendig gewesen, ausgestopft aufgestellet sind. Unter denselben ist ein Pferd, dessen Schweif dreyzehn Ellen und die Mähne fünf Ellen lang gewesen; ein Hund, der keine Vorderfüße gehabt, dergleichen man auch in des Prinzens Eugen Menagerie lebendig sieht; etliche Löwen, Tieger, Bären, Wölfe, ein Corax, ein vierfüßiges Thier, so Vielfraß genannt wird, ein Kalb mit zween Köpfen, auf deren einem eine Art von Fontanges erscheint; ein amerikanischer Waldesel mit schönen weißen und schwarzen Streifen; ein großesbabylonisches Schaf mit sehr breitem und fetten Rücken; ein Bär, der sechs Zentner und zwanzig Pfund gewogen etc.

In der Anatomie-Galerie9 kommen die Sceleta von allen diesen Thieren, die man vorher ausgestopfet gesehen, vor, nebst andern vom Dromedario, Elende, Rennthiere, einem lithauischen fliegenden Eichhorne etc. eine große Sammlung von alten und neuen chirurgischen Instrumenten und Maschinen, Portraite von Leuten, welche ihr Leben auf hundert und fünf und siebenzig und mehrere Jahre gebracht; Abbildungen verschiedener Misgeburten; eine menschliche Hirnschale von der Dicke eines Daumen; ein Hahn mit vier Füßen; zwey Kinder, die nur einen Kopf haben; ein Mägdchen mit einem Haarbeutel aus Fleische; einhymen von einem achtjährigen Mägdchen; ein sceleton humanum mit sammt den Nerven; ein scrotum von abscheulicher Größe, woran vor etlichen Jahren ein Perrückenmacher zu Leipzig gestorben; ein embryo von einem Elephanten, so nicht viel über eine Spanne lang, und schon deutlich gebildet ist; verschiedene embryones humani, worunter etliche von Mohren sind, die deutlich zeigen, wie diese Leute schon von der Zeit der Empfängniß an schwarz sind. Rand links: Von der Schwärze der Mohrenbaut. Ueber die Kunst, vermittelst welcher man viele hier befindliche Theile des menschlichen Leibes z. E. die Haut, Gedärme, matrem piam, matrem duram, das pericranium und dergleichen auch in ihren zartesten Adern und vasis mit gefärbtem Wachse ausgespritzet und gefüllet hat, muß man sich höchlich verwundern, und kommen etliche dieser Stücke aus dem Kabinette des berühmten Ruysch.

In der nächstfolgenden Etampes-Kammer sind etliche hundert tausend Kupferstiche von Portraiten, Landschaften, Gebäuden, geistlichen und weltlichen Historien, Sinnbildern etc. Rand links: Etampes-Kammer. Die Portraite der Maler allein machen etliche Bände aus; daß auch die Bildnisse der Maitressen in ziemlicher Anzahl seyn, ist leicht zu erachten. Die historischen und andern Stücke sind beysammen unter ihren Meistern zu finden.

In der Mineralien-Galerie findet sichalles, was zu Bergwerkssachen gehöret, eine Probirwage, Oefen, Stuffen von allen Metallen, und mit Erz gezierte Berge, worinnen mancherley Bergmannsarbeit vorgestellet wird. Rand links: Mineralien-Galerie. Von Annaberg hat man ein Silbererz, Hornerz genannt, welches so reich ist, daß man schon auf die bloße Stuffe den Stempel einer Münze einprägen kann. Aus der zittauischen Gegend ist ein Topas, der etliche Zentner wiegt, hieher gebracht worden, welcher aber voll Wassers und Federn, oder deutlicher zu sagen, unrein und trübe ist. Vor einem Jahre hat ein Bürger zu Auerbach, zwo Meilen von diesem Orte, in einem unter das Bergamt Falkenstein gehörigen Walde einen Topasbruch entdecket. Die Gegend, wo dieser Stein gefunden wird, ist ein großer siebenzig Ellen[1312] hoher spitziger Fels, ehemals der Schneckenstein, nun aber die Königskrone genannt, der zweyhundert und vierzig Schritte im Umfange hat. Itztgedachte Topase schneiden Glas wie ver beste Diamant, übertreffen an Härte die böhmischen und spanischen, und kommen an Feuer und hoher Goldfarbe den orientalischen gar nahe. Ihre Güte ist unterschieden. Die kostbarsten fallen in das Goldgelbe, und ziehen diese Farbe nach etlicher Meynung, mit dem subtilsten martialischen Schwefel aus den eisenschüßigen Felsen, in welchen sie gebrochen werden, an sich. Einige wenige fallen in das Grünliche, die meisten aber in das Weiße, welche daher den gelben Diamanten nicht unähnlich sind. Um Freyberg und Zwickau herum giebt es gute Hämatiten, Serpentin, Jaspis, Achate, Chalcedonier, weiße Carniole und Opale. Rand rechts: Von andern martialischen Edelgesteinen. In itztgedachter Galerie besieht man auch die Sammlung von allerley Salz, nebst den Proben von ausländischem Marmor; desgleichen schöne Perlen von der Größe eines Kirschkerns, dergleichen in der Elster gefunden werden.

Der mathematische Saal ist über dem Haupteingange der Zwingergebäude. Rand rechts: Mathematischer Saal. Geometrica. Unter den geometrischen Werken befinden sich die alten Instrumente, deren sich der Churfürst Augustus bey seinem Feldmessen gebrauchet, z. E. ein Stock; der die Schritte abgemessen, so oft man damit auf die Erde stampfet, und dieseszwarbis auf sechstausend. Oben im Knopfe ist eine Magnetnadel eingefasset, woraus man abnehmen kann, ob man krumm oder gerade fortgeht. Man zeiget auch etliche von den geometrischen Rissen, die besagter Churfürst (der eine schöne Hand schrieb) selbst aufgenommen und gezeichnet hat. Rand rechts: Runische Kalender. Die Liebhaber mitternächtischer Alterthümer finden hier etliche runische Kalender, über welche sie ihren Muthmassungen freyen Lauf lassen können10. Ferner zeiget sich ein arabischer Globus cœlestis aus Mocka mit arabischen Buchstaben und silbernen in Metall eingelegten Sternen. In dem Circulo Antarctico dieses Globi sind noch keine Sterne bemerket: Vielerley Viatoria oder Schrittmesser, welche an die Wagen befestiget werden können, sind gleichfalls in diesem Zimmer vorhanden. Rand rechts: Arabischer Globus. Eine hier stehende große astronomische Uhr, welche im Jahre 1563 angefangen, im Jahre 1568 unter dem Churfürsten Augustus fertig und von diesem Herrn mit sechszehntausend Thalern bezahlet worden, kann noch heut zu Tage unter die schönen und künstlichen Werke gerechnet werden. Rand rechts: Gnomica. Hierauf folgen die Gnomica und verschiedene Arten von Sonnenuhren; mancherley See-Instrumente, Gruben- und Seekompasse, unter welchen letztern ein chinesischer ist; Artillerie-Instrumente; Astronomica, und unter diesen das sich bewegende Systema Copernicanum, welches der verstorbene Mechanicus Gärtner, wiewohl mit vielen Fehlern verfertiget hat. Rand rechts: See- und Grubenkompasse etc. Artillerieinstrument. Bey den Opticis finden sich die Multiplicationsspiegel, dergleichen in dem prächtigen sächsischen Campement des itztverwichenen Sommers gebraucht worden. Rand rechts: Optica. Sie sind im concavo aus vielen viereckigten kleinen Gläsern zusammengesetzt und mit polirten stählernen Nägeln festgeheftet, daher die brennenden Lampen fast unzählige mal sich repräsentiren, und ungemein viele repercussiones des Lichtes verursachen. Rand rechts: Multiplicationsspiegel. Es ist bekannt, daß man nun auch papierne Brennspiegel machet, und kömmt es hauptsächlich auf die gute Verguldung und Polirung an. Rand rechts: Brennspiegel von Payier Holze. Obgenannter Gärtner hat sein Andenken allhier auch mit einem hölzernen Brennspiegel gestiftet, der beynahe zwölf Fuß oder sechs hiesige Ellen im Diameter hält, das punctum ustionis zwo Ellen, eilf Zoll und fünf Linien von sich[1313] entfernet hat, übrigens aber in der Kraft und Wirkung einem dabey stehenden küpfernen nicht beykömmt. Der hier befindliche und im Jahre 1690 verfertigte Brennspiegel des berühmten Herrn von Tschirnhausen ist kleiner als der Casselische, und hat dem Könige Augustus, wenn man alles Geld, welches er desfalls zu Instrumenten hergegeben, mit rechnet, über dreyßigtausend Thaler gekostet. Sein Diameter ist zwo Ellen und achtzehn Zoll, dieDistantia foci aber von einer Elle, zwanzig Zoll und zwo Linien.

Es verdienet auch ein vom Herrn Michaelis auf eine ganz neue Art verfertigtes Brennglas, besonders betrachtet zu werden, und hat solches einen Diameter von siebenzehn Zoll, den focum aber acht und zwanzig Zoll oder eine Elle und vier Zoll weit entfernet.

Eine neue Erfindung und Maschine, wodurch sieben Pflüge jederzeit in gerader Linie vom Winde, es mag solcher auch von was für Seite er will, fortgetrieben werden, hat vermuthlich besseres Glück und erwünschtern Fortgang im Kleinen und auf einer glatten Tafel, als im harten Felde. Man hat auch die Handwerkszeuge und Instrumente von allerley Künsten und Handwerkern gesammlet.

Den Beschluß machen etliche optische Gemälde, worunter ein Stück eine Schlacht vorstellet; wenn man aber solches durch ein Glas ansieht, erscheint dafür das Portrait des Churfürsten Johann George des dritten11. Außer diesen Galerien und Zimmern, sind etliche Säle und Gemächer des Zwingergebäudes zu herrschaftlichem Gebrauche und Lustbarkeiten vorbehalten. Rand links: Tanzsaal. Das schönste ist der sogenannte Marmor- oder Tanzsaal, der wegen seiner trefflichen Verguldungen, kostbaren Fenster, schönen Gemälde und vollkommenen Marmorbekleidung gesehen zu werden verdienet. Den Fußboden zieren zwey große Ovalstücke von Marmor, die etwan sechs dresdener Ellen lang seyn mögen, zwischen welchen eine andere Tafel von rothem und weißem Marmor aus einem einzigen Stücke liegt, so vier Ellen breit und eilf Ellen oder zehn gemeine Schritte lang ist. Dieses wegen seiner Größe wunderwürdige Stück kömmt von Wildenfels im Voigtlande, und kostet in allem bey vierzehntausend Thaler. Hinter dem Saale sind auf dem Walle schöne Alleen und Spaziergänge angeleget; man sieht von dannen nebst andern schönen Fahrzeugen, das königliche Luftschiff Bucentaurus genannt, auf welchem Ihro Königliche Hoheit die Churprinzeßinn im Jahre 1719 bey ihrem Einzuge von Pirna auf der Elbe nach Dresden gekommen. Rand links: Bucentaurus. Auf beyden Seiten des obgedachten Saales finden sich angenehme Wasserkünste, Cascaden, Grotten und Bäder. Rand links: Grotten. Der mittlere Hauptplatz des ganzen Zwingers dienet um Caroussels und andere Ritterspiele zu halten.

Gleichwie der itzige König in Pohlen ein Beförderer aller Wissenschaften ist, also hat er insbesondere auch gesucht die Bildhauerkunst in seinem Lande in mehreres Aufnehmen zu bringen, und dieses, theils durch reiche Bezahlung der in seinem Gebiethe verfertigten guten Werke, theils auch durch Anschaffung solcher Statuen und Alterthümer, welche allenthalben für Meisterstücke paßiren. Wer davon völlig überzeuget seyn will, darf nur in den großen Garten gehen, woselbst er über funfzehnhundert Bildhauerstücke finden wird. Die neuern[1314] Statuen sind aus weißem Marmor und durch den ganzen Garten vertheilet, die antiquen und kostbarsten aber stehen nebst andern Alterthümern in dem Pallaste, der gerade in der Mitte des Gartens angeleget worden. Von dem Werthe dieser letztern kann man einigermaßen daraus urtheilen, daß der König seit wenigen Jahren bey zehntausend Thaler nur an alte Bildhauerstücke, welche in Italien aufgekaufet worden, verwendet hat12. Es finden sich darunter etliche porphyrne Köpfe, viele Veneres, Urnæ, vier Seulen aus giallo antico, davon die zwo kleinern ehemals in dem Palazzo di Chigi zu Rom gezeiget wurden; ein großes Gefäß aus Alabastro Orientali, welches zwölfhundert Ducaten gekostet hat; ein weiß-marmorner alter Sarg mit bas-reliefs; etliche Götzenbilder, worunter eines aus weissem Marmor etwan zween Fuß hoch, so vom Haupte an bis über die Pudenda nackend und mit Haaren bewachsen ist, zur Unterschrift aber die Worte eingegraben hat:


ΤΩ ΤΗΞ ΓΕΝΕΞΕΩΞ ΠΟΙΜΕΝΙ.


Unter vielen andern Alterthümern bemerket man hier verschiedene alte Dolche, einen großen heydnischen Opferkessel13, drey Congios, an deren größtem die Worte eingegraben sind: Rand rechts: Congii.


IMP. CAESARE

VESPAS. VI.

MENSVRAE

EXACTAE, IN

CAPITOLIO

P.X.


Von einer gläsernen Urne, welche als verguldet aussieht, zeuget die daselbst beyliegende schriftliche Nachricht, daß sie sonst auf Trajans Columna zu Rom gestanden, und Sixtus der fünfte an ihre Stelle des Apostels Petri Bildniß setzen lassen. Rand rechts: Von der Vrna Trajani. Daß aber Trajans Asche in dieser Urne gewesen, werden diejenigen nicht zugeben, welche behaupten, daß solche in der Kugel, die noch heut zu Tage mit einer Inscription auf dem Capitolio zu Rom gezeiget wird, verwahret gewesen.

Die Curiositäten des itztgemeldten Pallastes in dem großen Garten stehen unter der Aufsicht des Baron le Plat. Rand rechts: Größe des Garten. Von neuern Arbeiten bemerket man allhier einen nach florentinischer Art eingelegten Tisch. Der Garten ist groß, viereckigt und jede seiner zwo Mailbahnen dreytausend zweyhundert Ellen oder zweytausend sechshundert gemeine Schritte lang. Die Orangerie ist itzt meistentheils in die königlichen Luftschlösser vertheilet. Das Stallgebäude, welches im Jahre 1729 erneuert und mit einem zweyten Stockwerke versehen worden, ist in seinen obersten Zimmern eigentlich die alte Garderobbe, das Magazin von allen[1315] zum kostbaren Aufputze des Hofes gehörigen Sachen, und ein Vorrath von Trachten, Gewehr und Hausrath auswärtiger Völker. Mit diesen Dingen sind zwey und vierzig Kammern angefüllt, und findet man erstlich die alten Staatsrüstungen der Trabanten bey Vermählungsfesten der ehemaligen sächsischen Churfürsten. Diese sind alle so stark mit Silber beschlagen, daß ein Dolch allein zehn Pfund wiegt, und in dieser ersten Kammer zehn bis zwölf Zentner Silber nur an solcher Rüstung sich finden. In der andern Kammer zeiget man ein Riesenschwert, das aus Dännemark hieher geschenket worden, und dessen Klinge fünf dresdener Ellen lang ist. Dabey ist ein Pferd und das dazu gehörige Zeug des Tartar-Chams zu sehen. Weil ich noch öfters der allhier befindlichen Pferde erwähnen werde, so erinnere ich gleich anfänglich, daß solche alle von Holze, aber nach der Größe und Farbe, wie die Originale gewesen, verfertiget sind. In eben diesem Zimmer hängt des Churfürsten Augustus Brautkleid von schwarzem Sammet mit Golde, seine Pulverflasche aus einer Cocusnuß mit etlichen lustigen eingeschnittenen Vorstellungen, alles von dieses Herrn eigener Arbeit; ein anderes Pulverhorn aus dem Augapfel eines Wallfisches; des Churfürsten Drechsler- und Gartengeräthe; die Partisanen, deren sich die itzige Cavaliergarde bey Solennitäten bedienet. Rand links: Pferdezeug. In der Mitte des Zimmers ist zu sehen das Pferd und Zeug, welches der itzige König von Dännemark bey einem Ritterspiele in Dresden gebraucht hat. Das Zeug ist von Gold und Silber, mit Edelgesteinen, die in Sachsenlande gefunden werden, reich besetzet. Dabey ist das türkische Pferd, so der König Stanislaus geritten, nebst dem dazu gehörigen Zeuge gestellet. Die Sitze von den Stühlen in diesem Zimmer sind von Serpentinstein-Außer etlichen von Erz, Drusen und Stuffen zusammen gesetzten Bergwerken sieht man auch die Stadt Dresden von einem Herrn von Pflug auf schwarzes Holz gemalet. Das türkische Pferd und Zeug, welches in der Ordnung folget, ist ein Geschenk des Kaisers Ferdinand des ersten. Die ganze Rüstung ist von Silber mit Türkissen, der Säbel und Pallasch aber (welche beyde Stücke bey jeder vollkommenen türkischen Montirung sind) mit Perlen besetzet. Das Pferdezeug, so der itzige königliche und Churprinz im Jahre 1719 nach dem Einzuge seiner Gemahlinn, als er das Element des Wassers vorstellete, gebraucht, ist von durchbrochener Silberarbeit auf untergelegte Perlenmutter, verguldet und mit Rubinen besetzt. Die übrigen Zierrathen waren von blauem Taffet. Viele türkische Pferde sind mit kostbarem Zeuge versehen. Unter dem alten Gewehre finden sich die großen Pistolen von des Churfürsten Mauritius Leibwache, nebst seinen eigenen, auf deren einem viele Historien des alten Testamentes und auf dem andern etliche Geschichte des neuen Bundes gar künstlich und klein mit Elfenbein eingelegt sind. An der hier befindlichen ersten Büchse des Mönchs Schwarz, sieht man an statt des Schlosses einen gegen das Zündloch übergelegten Hahn mit seinem Flintensteine, unter welchem eine Feile so lange hin und her gezogen wurde, bis sich ein Funke sing. Der Hahn kann stärker und gelinder auf die Feile geschraubet werden. Von auswärtigen Sachen kommen zum Vorscheine, ein indianisches Waldhorn aus einem Elephantenzahne, indianische Schuhe, kleine Modelle von Schlitten; alte indianische Kleider, Schilde und dergleichen, alles von Federn auf Leder; japanische Kürasse von Fischbeine, zum Schutze wider die Pfeile; viel Paradiesvögel; japanische Messer und Degen, davon etliche vergiftet sind, wie die Probe an einem Kalbe, welches drey Stunden nach empfangener Wunde gestorben, ausgewiesen hat; ein dickes indianisches Scharfrichterschwert aus Holze, so mehr dienet das Genick einzuschlagen, als den Hals abzuhauen; lappländisches Gewehr und Zaubertrummeln; ein indianischer Vogel Foca genannt, von dessen hinterm Theile des Kopfes zwo Federn herunter hangen, woraus kostbare plumages verfertiget werden; indianische Schilde[1316] und Piken; ein indianisches Frauenhemd und echarpe; vielerley Trachten von türkischen Hofbedienten, womit in Lebensgröße stehende Bildnisse und Statuen überzogen sind; eine auf solche Art eingerichtete Vorstellung, wie der türkische Kaiser im Serail sitzt; kostbares und mit Golde eingelegtes Janitscharengewehr; türkische Fahnen und Roßschweife, türkische Strangulirschnüre; türkische Pauken, tartarische Sporne; ein Pallasch und Scheide mit vieler Arbeit von Silberdrahte; Rundatschen, Pusickane, Köcher; mancherley Gewehr für die Polacken und Heyducken, wie solches bey dem Einzuge der itzigen Churprinzeßinn gebraucht worden. Imgleichen finden sich viele Pferde mit kostbarem Schmucke von des hiesigen Landes Edelgesteinen, worunter einer von gelben Topasen bemerket wird; viele mit unächten Steinen besetzte Säbel, nebst dem Caskete und Schilde, die der König Augustus gebrauchet hat, als er die Sonne vorgestellet; Lanzen zum Caroussel der Damen; der rothsammetne mit erhabner Goldarbeit gestickte Himmel von der Brautkutsche der itzigen Churprinzeßinn; geätzte ganze Kürasse, so in Stahl getrieben und im Feuer verguldet sind; der Küraß, in welchem der Churfürst Johann Friedrich gefangen worden; andere Kürasse und Rüstungen der alten Churfürsten; die Rüstung der reitenden Trabanten mit halben Kürassen, wie solche bey dem letzten Campement gedienet hat; silberne halbe Kürasse und der König Augustus in der Kleidung, worinnen er zur pohlnischen Krönung gegangen. Rand rechts: Kürasse. Der Talar davon ist aus blauem Sammet mit goldenen Bluhmen, mit Hermelin ausgeschlagen und mit Silberstück gefüttert; die hier befindliche Krone, der Zepter und Reichsapfel sind nur von falschen Steinen. Eine Stuffe niedriger steht zu seiner Linken Karl der zwölfte König von Schweden, in einem silbernen halben Kürasse, und der Czaar Peter zur Rechten. In eben diesem Zimmer sind viele Lanzen zum Ringelrennen; die eiserne Kette, woran die aufrührischen Friesen den sächsischen Herzog Henricum Pium aufhängen wollen; ein Henkersschwert, womit vierzehnhundert Personen gerichtet worden, noch etliche andere, womit die Scharfrichter, wie man saget, sich los gerichtet haben, indem sie dreyhundert Executionen damit verrichtet. Rand rechts: Henkersschwerter. Insonderheit ist das Schwert, womit der Kanzler Crell wegen des Crypto-Calvinianisini hingerichtet worden, nicht vorbey zu gehen. Rand rechts: Schwert womit der Kanzler Crell enthauptet worden. Auf dessen einer Seite stehen die Worte:


CONRADUS POLS


86. Schreiben

CAVE CALVINIANE

D. N. K.


mit welchen letzten Buchstaben ohne Zweifel der Namen des Doctoris Nicolai Krell angedeutet wird.

In einem andern Zimmer folgen viele zur Jagd gehörige Sachen, deren ein guter Theil mit Saphieren und Türkissen besetzt ist; ein Hirschfänger, worein vor etlichen Jahren der Blitz zu Wermsdorf schlug, da er denn oben beym Handgriffe an der Bedeckung etwas vom Silber wegnahm, und solches unten an der stählernen Klinge, die er versehrte, wieder ansetzte, wobey die Scheide nur unten Schaden gelitten hat. Rand rechts: Kostbare Geräthe. Nächst dabey hängt eine Pulvertasche, welche der Blitz sonderlich an der Kette hie und da versenget, ohne daß das darinnen befindliche Pulver angezündet worden. Rand rechts: Besondere Wirkungen des Blitzes. Ferner werden gezeigt das Pferd und der Schmuck, welche der König Augustus des Tages, als ihm in Pohlen gehuldigt wurde, gebraucht, und an welchem die Perlen und Diamanten nicht gesparet waren; des Czaars Peter des ersten Degen,[1317] welchen er getragen, als er das erste mal zu dem Könige Augustus gekommen, und dieser mit ihm Degen und Hut getauschet. Das Gefäß an des rußischen Monarchen Degen ist von Meßing mit kleinen stählernen Knöpfen, und eben dergleichen Zierrath findet sich an seinem Hute, der in einem andern Zimmer aufgehoben wird. Als der Czaar lange Zeit hernach einsmals diese Sachen wieder besah, wollte er gern einen andern Degen und Hut an die Stelle der itztgemeldten geben, der König von Pohlen aber verbath es, und wollte lieber die ersten Stücke zum Andenken der Aufrichtung ihrer Freundschaft behalten. Es hängt gleichfalls allhier ein Degen mit dem dazu gehörigen Gehänge, welche der König Karl der zwölfte getragen, und damit einen sächsischen gefangenen Officier, der alles des Seinigen beraubet war, beschenket hat. Weiter sieht man die Churschwerter, welche bey kaiserlichen Krönungen vorgetragen werden; viele andere künstliche Degen und Dolche, deren etliche in ihren Knöpfen mit Uhren versehen sind; ein Pulverhorn aus eines wilden Schweines Zahn; kostbare Pferde- und Schlittendecken; allerley Rennschlitten mit dem dazu gehörigen Geläute, so dem Werthe nach über etliche Tonnen Goldes geschätzet wird; Fußsäcke von Sammet, mit Golde und Silber gestickt; allerley Kleidungen und Figuren, die bey Carousseln und andern Aufzügen gebraucht worden. Rand links: Rennschlitten. Eine in Stahl gearbeitete und an vielen Orten verguldete Rüstung für Mann und Pferd, auf welcher die Thaten des Herkuls vorgestellet sind, ist unter dem Churfürsten Christian dem ersten zu Augspurg verfertiget und mit vierzehntausend Thalern bezahlt worden. Unter den fernern Merkwürdigkeiten zeiget sich altes spanisches Gewehr für hundert Mann; etliche ausstaffirte Freudenpferde, so bey Beerdigungen der Churfürsten Parade gemacht haben; allerley Rüstungen zu Fußturnieren; zehn Kürasse für Generale, wie selbige in dem letzten Campement gebraucht worden; ein halber Küraß von rother Seide, welche acht und zwanzigfach übereinander fest gestickt ist und zween Probschüsse ausgehalten hat; des Churfürsten Augustus Küraß, dessen er sich im Scharfrennen bedienet hat. Dieser Herr ist unter fünf und funfzig Rennen, die er nach der Gewohnheit seiner Zeit mitgemacht hat, nur fünf mal gefallen. Unter den hier in der Ordnung folgenden kostbaren Sätteln und Zeuge sind gar viele neue, die in Frankreich und England verfertiget worden. Des Churfürsten Christians des ersten Sattel ist dicht mit kleinen Perlen gestickt, und der Pferdeschmuck Christians des zweyten nebst der Schabracke reich mit Granatsteinen besetzt; der Sattelknopf besteht aus einem Topas von der Größe einer halben Faust. Unter den vielen Pferdedecken befinden sich sechszig Tiegerhäute auf rothem mit Golde gestickten Sammet. Es sind auch viele kostbare Decken und Maulkörbe für Maulthiere vorhanden, prächtige Staatslivreyen, die Maskeradenkleider, welche zu Vorstellung der vier Elemente gebraucht worden; ein Pferdeschmuck von rothen und weißen Steinen, welcher im Jahre 1719 verfertiget worden, als der König Augustus bey einem Ritterspiele nach dem Einzuge der Churprinzeßinn die Sonne auf einem weißen Pferde vorstellte; Mohrengewehr und Trummel; Christians des ersten silberner und ganz verguldeter Küraß; viele Panzer; kleine Kürasse für junge Prinzen; das Portrait des Seeräubers Moro, der sich von dem Herzoge zu Florenz mit eben so vielem Golde, als er, Moro, schwer seyn würde, los kaufen wollte, aber solches nicht erhielt; die Tracht der Hottentotten und sehr viele andere Dinge mehr. In diesem Stallgebäude sind übrigens etliche sehr gute Zimmer, um fremde Herrschaften zu logiren, zugerichtet worden. In dem untersten Gewölbe ist Stallung für hundert und dreyssig Pferde. Etliche in der Mitte stehende dorische Seulen sind mit meßingenen Pferdeköpfen en bas-reliefs gezieret, woraus man vermittelst eines Hahnes das zur Tränkung der Pferde benöthigte Wasser zapfet.[1318]

Auf der Festung sieht man die herrschaftlichen Staatskutschen, so meistentheils in Frankreich verfertiget worden. Die zwo kostbarsten sind mit blauem Sammet ausgeschlagen, und mit hocherhabener Goldarbeit gesticket. Die Kutsche, worinnen die Churprinzeßinn ihren Einzug gehalten, ist von gleicher Arbeit an rothem Sammet.

In dem Arsenal rechnet man für hundert tausend Mann Gewehr, und in allen funfzehnhundert metallene Geschütze, worunter die Feldstücke die kleinsten sind. Rand rechts: Arsenal. Romulus und Remus, zween große Mortiers, sind als ein Geschenk vom Churhause Brandenburg hieher gekommen, und werfen Bomben von fünfhundert Pfunden. Zwo damascirte Canonen, die in Suhla gemacht worden, haben erst kürzlich die Zahl der übrigen vermehret. Man sieht auch eine völlige Feldartillerie mit allem dem, was dazu gehöret, klein und nach dem verjüngten Maaßstabe eingerichtet. Unter den Orgelgeschützen ist eines von vier und sechszig und ein anderes von hundert Pfeifen oder Röhren. Dasjenige, so vor Grimmenstein gebraucht worden, besteht aus zwanzig gleichen Läufen, wovon sechse unten liegen und über denselben fünf, ferner vier, hernach drey und endlich zween solchergestalt, daß sich jede Lage nach Gefallen schieben und wenden läßt, und man sich fast auf allen Seiten zugleich vertheidigen kann. Es zeigen sich ferner allhier etliche von den Türken erbeutete große Geschütze, gleichwie man auch etliche Fahnen, die man im letzten Kriege den Schweden abgenommen, aufgehänget hat. Außer diesen gemeldten Dingen sieht man noch die Portraite der Churfürsten aus der Albertinischen Linie in Lebensgröße; einen großen Windball oder Pilam Æoli, so zu den Zeiten des Churfürsten Augustus in das untere Gewölbe gebracht worden; und die Abbildung eines Hirsches, der im Jahre 1576 gefället worden, und siebenhundert und dreyßig Pfunde gewogen hat. Das Wahrzeichen des Arsenals ist eine große Canone mit einer häßlichen Figur, der Teufelscherer genannt.

Unter dem Arsenal ist des Königs Keller, der aus vier großen und zwey kleinern Gewölbern besteht. Rand rechts: Königlicher Keller. Unter der Zahl der ersten sind zwey, welche hundert und fünf und siebenzig gemeine Schritte in die Länge haben. Diese Keller sind nicht hoch genug für ihre Länge. In dem Wackerbartischen Hause, das dem Arsenal gegenüber liegt, und nach dem erlittenen Brande wieder aufgebauet wird, werden die Gewölber höher, aber nicht so weitläuftig, angelegt.

Der Japanische Pallast in Alt-Dresden14 nahe am weißen Thore, gehörte sonst dem Grafen von Flemming, welcher ihn an den König für hundert tausend Thaler verkauft und etwan zwanzigtausend Thaler daran gewonnen hat. Die Menge des allhier befindlichen einheimischen und ausländischen Porzellans ist nicht zu beschreiben, und wird dasjenige allein, so zum Küchengeräthe gehört, auf eine Million Thaler geschätzet. In einem der obern Zimmer sieht man die acht und vierzig großen Gefäße aus weißem und blauen Porzellan, für welche der König in Pohlen dem itzigen Könige in Preußen ein Regiment Dragoner gegeben hat.

Eine Kammer ist voll von solchem Geschirre, welches Raphael d'Urbino gemalt haben soll. Das röthliche Porzellan, so hier zu Lande gemacht wird und Feuer schlägt, wird nun antiquiret, das ist, man verfertiget keines mehr, damit eine desto größere Rarität mit der Zeit daraus werden möge. Indessen ist die Beschreibung, wie es gemacht werde, an sichern Orten verwahret. Die Fabrike des gemeinen Porzellans ist nahe vor Dresden,[1319] das recht seine und kostbare aber wird mit vielem Geheimnisse auf dem Schlosse zu Meißen bereitet. Seit anderthalb Jahren ist verbothen, kein ganz weißes mehr zu verkaufen, sondern denjenigen Profit, welchen auswärtige Künstler mit Verguldung und Anmalung derselben machten, im Lande selbst zu ziehen, und werden zu solchem Ende vierzig Maler unterhalten, welche gute Arbeit auch en mignature liefern. Rand links: Erfindung des dresdenischen Porzellans. Die Gelegenheit zu Erfindung des dresdenischen Porzellans gab die Goldmacherey. Bötticher, der Erfinder desselben starb im Jahre 1719, zu seiner Zeit aber wußte man nur weißes Gut zu machen. Das braune und blaue ist erst im Jahre 1722 erfunden worden. Es steht alles Feuer in dem Gebrauche der Küche aus, und kann man darinnen kochen und backen, was man will; der Rauch läßt sich auch leicht wieder abwischen. Bey der Verguldung hat es ein außerordentliches Feuer auszustehen, und da springen öfters viele kostbare Stücke. Man arbeitet anitzt an einem Service, das aus vier Dutzend Tellern, sechs und dreyßig Schüsseln, sechs Kumpen, vier Leuchtern, ein Dutzend Messern, ein Dutzend Gabeln, ein Dutzend Löffeln, vier Gefäßen zu Essig, Oehl, Pfeffer und Senf, nebst der Pyramide, worauf diese vier Stücke gesetzet werden, besteht und vier tausend Thaler gelten soll.

In dem japanischen oder holländischen Hause zeiget man ferner noch ein Paradebette mit etlichen Stühlen aus lauter bunten Federn, wofür dreyßig tausend Thaler gezahlet worden. Rand links: Bette aus Federn.

Dieser schöne Pallast wird anitzt niedergerissen und ins Viereck mit vier Eingängen wieder aufgeführet. Die Aufsicht über solchen kostbaren Bau haben der General Bodt und die drey Oberlandbaumeister Pöpelmann, Longlue und Knevel. Das prächtige Hauptportal wird insbesondere ein Zeugniß von der Baukunst des erstgedachten Generals ablegen. Die Zimmer des untersten Stockwerkes werden eine Höhe haben von zwanzig Fuß, und mit lauter chinesischem und japanischem Porzellan gezieret seyn. In die Zimmer des obersten Stockwerkes, das acht und dreyßig Fuß hoch werden soll, kömmt kein anderes als meißnisches Porzellan, und besteht das erste Zimmer in einer Galerie, welche acht und dreyßig Fuß in der Höhe und hundert und siebenzig Fuß in der Länge hält. Es wird solches mit allerhand sowohl einheimischen, als ausländischen Vögeln und Thieren von purem Porzellan, in ihrer natürlichen Größe und Farbe meublirt, und kann man an denenjenigen Stücken, welche schon fertig sind, die Kunst und Schönheit nicht genug bewundern. Das Brustbild des itzigen königlichen kurzweiligen Raths Joseph ist gleichfalls so wohl gerathen, als man von dem geschicktesten Bildhauer verlangen könnte. Zwischen den obgedachten Thieren kommen rothe Gefäße von unterschiedener Erfindung zu stehen, und damit die Abdrucke der Thiere jederzeit rar und kostbar bleiben mögen, sollen die Formen derselben zerschlagen werden.

Das zweyte Zimmer soll mit vielerley Arten Porzellan von Seladonfarbe und Gold besetzet, die Wände aber mit Spiegeln und andern Zierrathen versehen werden. Das dritte Zimmer wird Porzellan von hochgelber Farbe und Gold meubliret haben.

Das vierte ist ein Saal, worinnen dunkelblaues mit Golde geziertes Porzellan Parade machen wird. Das fünfte Zimmer soll Porzellan von Purpurfarbe mit Golde haben. Hierauf folget die große Galerie von obiger Höhe und von zwey hundert und sechszig Fuß in der Länge. Gleich beym Eintritte derselben wird sich ein großer Baldachin zeigen, worunter ein Glockenspiel von Porzellan hängt. Wo sonst der Stuhl seyn sollte, wird eine Uhr, die sechs Fuß in ihrer Höhe hat, stehen, und hinter derselben wird ein verborgener Platz für einen Organisten, der das Glockenspiel regieren kann, angeleget seyn. Diesem Werke[1320] gegenüber und am andern Ende der Galerie wird sich der Audienzthron zeigen, der in allem eine Höhe von acht und zwanzig Fuß und drey Stuffen hat. Beyde Seiten werden mit vier Seulen von Spiegelglase prangen, deren Höhe von zwey und dreyßig und der Diameter von anderthalb Fuß ist. Diese Galerie wird mit meißnischem Porzellane nach der alten indianischen Art, die Wände aber mit Spiegeln und an dern verguldeten Zierrathen meubliret seyn.

Gleiche Bewandniß soll es mit den Wänden des siebenten Zimmers, welches graues Porzellan mit Golde in sich halten wird, haben.

Das achte Zimmer soll zum Tafelgemache dienen und mit Porzellane von bleu-mourant-Farbe und Golde besetzet seyn. Die Zierrathen der Wände werden mit den zweyen vorhergehenden Gemächern überein kommen, und solche auch in dem folgenden neunten beybehalten werden, welches für das Buvet oder die Schenke von grünem Porzellane mit Golde ausersehen ist.

In dem zehnten oder dem Federzimmer, wird das Bett nebst den Tapeten von indianischen Vogelfedern und das Porzellan von Pfirschblüthe-Farbe und Golde seyn. Die Zierrathen der Wände gleichen den vorhergehenden.

Das eilfre Gemach soll zu einer römischkatholischen Kapelle dienen, und das darinnen befindliche Porzellan, woraus die Kanzel, die Orgelpfeifen, der massive Altar, (so vier und zwanzig Fuß hoch wird) und verschiedene andere Dinge bestehen, von weißer Farbe mit Golde seyn. In diese Kapelle kommen die porzellanenen Statuen der zwölf Apostel beynahe in Lebensgröße und gleichfalls von weißer Farbe, und müssen dergleichen große Stücke über Jahr und Tag stehen, um recht trocken zu werden, ehe sie ins Feuer gebracht werden, widrigenfalls springen sie. Die Wände sollen mit bas-reliefs aus Porzellan gezieret werden.

Die Aussicht aus dem japanischen Pallaste über die Elbe nach Dresden und den umliegenden Höhen ist vortrefflich, und dieses vermuthlich die Ursache, warum man lieber das schon aufgeführte schöne Gebäude abbricht, als mit Beybehaltung desselben einen andern Platz zu des Königs Absichten wählet.

Der Garten soll gleichfalls vergrößert und zwey hundert Fuß weiter in die Elbe hineingeleget werden. Seine bassins werden mit Marmor eingefasset, und die darinnen befindlichen vielen Statuen aus Marmor und Porzellan seyn. Der Hof des Pallastes selbst wird mit Marmor gepflastert, und die Wände mit großen Gefäßen von Porzellan besetzet.

Der türkische Garten und Pallast liegt an der plauischen Gasse, und findet man in dem ersten Stockwerke eine große Menge Gemälde von den Gewohnheiten des türkischen Serail, der Bäder, Audienzen, die Prospecte von der Kirche St. Sophia, und verschiedene Trachten sowohl der Türken überhaupt, als insbesondere der vornehmsten Hofbedienten. In dem andern Stockwerke sind viele schöne Damen, (welche man am Hofe zu Dresden genug kennet,) in türkischen Kleidungen abgeschildert Die Tapeten und alle Geräthschaften dieses Gebäudes sind türkisch oder persianisch, und viele Tische mit morgenländischen Merkwürdigkeiten ausgezieret. Unter diesen finden sich tartarische Messer, ein persianisches Theezeug mit Schmelzarbeit, drey Gefäße aus korinthischem Erze mit Golde eingeleget, ein Futteral von Leder mit Golde gestickt, in welchen die türkischen Credenzschreiben übergeben zu werden pflegen; eine große Schale aus Lapide Nephritico, der grünlicht ist und vier tausend Thaler gekostet hat, ehe er noch geschnitten worden. Dieses ist der Willkommen für die Damen, gleich wie eine große Schale einer maldivischen Frucht, woraus der Tartar Chan getrunken haben soll, den Cavalieren bey solcher Gelegenheit vorgesetzet wird. Ferner zeiget[1321] man runde und ganz zugemachte silberne Cymbeln, deren sich das türkische Frauenzimmer bey ihrer Musik und Tänzen bedienet. Die äußerliche Gestalt kömmt mit denen goldenen Cymbeln, die zu Ambras verwahret werden, überein, allein die hiesigen silbernen verliehren ihren Klang, wenn man sie mit der Hand völlig umgiebt und drückt. Weiter kommen noch vor verschiedene persianische Rauchgefäße, türkische Uhren, und eine sehr lange Tobakpfeife, deren Kopf auf zwey kleinen Rädern ruhet, also, daß man dabey in der Stube herum gehen kann, ohne die Pfeife mit der Hand zu halten. Es soll dieses gleichfalls eine türkische Erfindung für Frauenzimmer seyn. In dem Saale ist ein türkischer Roßschweif, welcher bey dem neulichen Campement gebraucht worden, zu sehen, nebst einem Kopfzierrathe von den Federn des ostindianischen Vogels Foca, welche plumage tausend Thaler gekostet hat.

Der sogenannte Garten der Herzoginn liegt am Stadtgraben, gegen Neustadt-Ostra zu, und steht anitzt die große Orangerie darinnen, welche gesehen zu werden verdienet, weil außer fünf hundert großen Lorber- und drey hundert Orangebäumen, die in jedem andern Garten würden für groß gehalten werden, noch hundert Stücke von dieser letztern Art vorhanden sind, welche untenher die Dicke eines Mannes übertreffen. Rand links: Garten der Herzoginn. Rand links: Orangerie. Unter den andern raren Bäumen befinden sich italienische Azareli-Aepfel, Kampfer-Drachen. Erdbeeren- (deren Frucht mehr Kerne hat als diejenige, so niedrig auf dem Lande wächst) Coffe- und Tulipanen-Bäume, welche beyde letzte Arten aus dem berühmten Garten des Herrn von Münchhausen zu Schwebber hieher gebracht worden. Man zeiget auch den Feigenbaum, mit dessen großen Blättern Adam und Eva sich sollen bedeckt haben.

Das Jäger- und Löwenhaus ist in Alt-Dresden, und sieht man darinnen etliche Löwen, Tieger, Stachelschweine, Luchse, eine Zibethkatze, einen Corax und andere Affen, den Feind des Crocodils Ichnevmon, mit einem langen Schwanze und langen Maule, desgleichen zween Leoparden, deren jeder bey zwey tausend Thaler kostet. Rand links: Thierhaus. Sie pflanzen sich so wenig fort, als die Maulthiere, und sind gleichfalls von vermischter Art. Der Vater dazu ist ein Löwe, und die Mutter eine Tiegerinn, von welcher sie ihre Geschwindigkeit haben. An Stärke kommen sie den Löwen nicht bey, und läßt man sie nur an Schweine oder Ochsen. Der Hätzgarten ist also angelegt, daß die Thüren fast von allen Logen der wilden Thiere nach demselben gehen. Rand links: Junge Affen. Man hat in diesem Jahre zu Wien als etwas ganz besonderes angesehen, daß Affen Junge bekommen haben, und geschieht es auch in dem europäischen Clima gar selten, allein man hat sie doch auch allhier gehabt. In itztgedachter Gegend der Stadt sind die Provianthäuser und ansehnliche Gebäude für die Cadets angelegt. Rand links: Provianthäuser.

Auf dem königlichen Vorwerke zu Neustadt-Ostra werden vierzehn zahme Hirsche, so vor den Wagen gespannet werden, und einer zum Reiten unterhalten. Rand links: Hirsche die eingespannt werden. Sie gehen anfänglich hurtig und lustig, werden aber gar bald träge. Man sieht auch allhier in einem Garten einen großen weißen Hirsch, ein Schmalthier oder eine Hirschkuh, die eine Stange mit zwey Enden auf der rechten Seite aufgesetzet hat, und viele indianische Hirsche.

Außer der trefflichen königlichen Bibliothek, ist der ungemeine Büchervorrath des Geheimen Raths von Bünau in Augenschein zu nehmen. Rand links: Herr von Schönberg. Rare und ausländische kostbare Werke findet man insonderheit bey Herrn Johann Dietrich von Schönberg, einem Cavalier, welchem seine Höflichkeit, Gelehrsamkeit und unvergleichliche Reisen vielen Ruhm erworben.

Unweit der Stadt Dresden gegen Plauen war nach des berühmten Herrn von Tschirnhausen Angeben eine Jaspis-Schneid- und Polirmühle angelegt, welche durch Böttichern verbessert worden. Rand links: Herrn von Tschirnhausen Jaspis-Polirmühle. In dem Hofplatze dieser Mühle liegen noch etliche Fuder von sächsischem[1322] Jaspis, der damals hieher gebracht worden, das Werk aber ist ganz eingegangen und in eine Polirmühle für Spiegel verwandelt worden. In dem untern Stockwerke werden sie aus dem groben geschliffen, und in dem obern poliret. Rand rechts: Polirung der Spiegel. Das Wasser treibt acht und dreyßig Maschinen, und liegen unter mancher zween bis drey kleine Spiegel beysammen; zur Aufsicht werden wenige Leute erfodert, und ist alles viel bequemer als in der Spiegelfabrike zu Paris eingerichtet, allwo etliche Leute zu Polirung eines einzigen großen Spiegels erfodert werden. Weil das Holz um Dresden nicht in großem Ueberflusse, so werden die Spiegel fünf Meilen von hier zu Senftenberg geblasen und gegossen. Mit der letztern Art sind sie bis auf neunzig ja hundert Zolle in der Höhe gekommen. Rand rechts: Größe der dasigen Spiegel. Bey dem Land-Gränz-Commis sarius Zürner, sieht man die Risse der Landkarten zu dem Atlante August. der chursächsischen Lande, welcher eines von den prächtigsten geographischen Werken, so die Welt besitzt, gewesen seyn würde, wenn der König dessen Herausgebung hätte erlauben wollen. Rand rechts: Von dem Atlante August. Die Ordnung des ganzen Unternehmens hat Herr D. Hauber seinen Zusätzen der Historie der Landkarten p. 12 sq. einverleibet.

Einer von den geschicklichsten Künstlern dieser Stadt ist Johann Melchior Dinglinger, der seines Namens Gedächtniß durch viele treffliche Werke im grünen Gewölbe gestiftet hat; Unter den sechs und zwanzig Kindern, die er mit fünf Weibern gezeuget, und davon noch eilfe im Leben sind, war ein Sohn, der vollkommen in die väterlichen Fußstapfen trat, aber vor etlichen Jahren gestorben ist. Rand rechts: Dinglinger. Ein anderer von seinen Söhnen ist itzt auf Reisen, um sich in den Wissenschaften der Juwelen,Email- und Goldarbeit geschickt zu machen. Als der Czaar Peter der erste im Jahre 1712 in Dresden war, wollte er nirgend anders als bey Dinglinger logiren, von dessen in der großen Frauengasse gelegenem Hause er ein Modell aus Holze verfertigen und solches nach Rußland schicken ließ, weil Dinglinger ungeachtet des engen Raumes vielerley gute Erfindungen darinnen angebracht hat. Auf dem Altane ist eine Cisterne, welche ein einziger Mensch vermittelst einer unten im Hofe stehenden Maschine in kurzer Zeit mit Wasser füllet. Aus dieser Cisterne wird das Wasser durch das ganze Haus vertheilet, und findet sich in allen Stockwerken bey der Treppe ein meßingener Hahn, woraus bey Feuersgefahr das Wasser vermittelst der daran befestigten Schläuche durch alle Zimmer geführet werden kann. Der oberste Platz kann zu einem Observatorio gebraucht werden, und sind die dazu gehörigen Tubi und Instrumente in vollkommenem Stande vorhanden. Eine daselbst angelegte Maschine von zwo Fahnen und unterschiedlichen Windfängen, (so aus Leinwand, diemit Wachs überzogen ist, bestehen und den Flügeln einer Windmühle gleichen) zeiget in den untern Zimmern die Trockne, Wärme, Feuchte und Kälte des Windes, nebst seiner Stärke und Schwäche an, desgleichen von welcher Gegend des Himmels er wehe. Man sieht auch daselbst eine Wasserkunst, wodurch ein gläsernes Glockenspiel getrieben wird; ein Kabinet von Muscheln und andern merkwürdigen Dingen; eine Maschine die einen beladenen Wagen vermittelst des Wassers einen Berg hinauf treibt. Dinglinger hat itzt zwey kostbare Werke unter Händen. Das eine stellet die Opfer oder den Götzendienst der Aegypter vor, und sind die meisten Figuren von orientalischem Jaspis in schöner Schmelzarbeit und mit Edelgesteinen besetzt. Rand rechts: Vorstellung der ägyptischen Opfer. Bacchanalia. Das andere bildet Bacchanalia ab und ist in dessen Mitte auf einem Sardonyx, der achtzehn Zoll lang und achte hoch ist, Bachus triumphirender Einzug en bas-relief zu sehen. Auf den Seiten erscheinen maskirte Damen, Harlekins und andere lustige Aufzüge.

Eine höckerichte Perle von der Größe des Gliedes von einem kleinen Daumen, dienet um das Bruststück oder den obern Theil eines Narren abzugeben, und das Käpchen, so er[1323] auf dem Kopfe hat, ist eine andere subtil angefügte Perle. Man sieht ferner daran ein bouquet von Diamanten und Schmelzarbeit, bas-reliefs auf Stücken Achat von der Größe der größten Tobakdosen; alles ist mit Schmelzwerk auf einem Lapide Pario gearbeitet und mit Perlen, Rubinen, Amethysten, Smaragden, Türkissen und Diamanten besetzt15.

Von der Kunst in email zu malen hat der königl. französische Maler Jakob Philipp Ferrand, ein curieuses Werk herausgegeben. Es ist eine gefährliche Arbeit, sonderlich im dritten Feuer, da nach des Dinglingers Berichte ein Werk am leichtesten Risse oder Sprünge bekommen und also die Mühe von etlichen Jahren nebst allen angewandten Unkosten verlohren gehen kann. Die Alten begnügten sich, kleine Stücke in email zu verfertigen. Drey Jahre vor des Kaiser Leopolds Tode emaillirte Boet, ein Schwed, eine goldene Tafel, und bildete auf derselben die ganze damals lebende kaiserliche Familie ab. Nachdem sie fertig und vom Kaiser sehr gerühmt worden, setzte er sich, da sie auf einen andern Stuhl war gelegt worden, unversehens darauf, worüber sie durch die Mitte einen Riß bekam, der noch beobachtet werden kann, ungeachtet der Künstler allen Fleiß angewandt, um ihn herauszubringen. Dieses Stück ist in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien verwahret und wurde dem Meister mit zwanzig tausend Gulden bezahlt. Seine Länge ist von achtzehn und in die Breite von zwölf Zoll. Man hielt dasselbe noch immer für das größte, welches von solcher Art Malerey in der Welt wäre; allein das in der Nachricht vom grünen Gewölbe angeführte Stück, so die Maria Magdalena vorstellet, hat in Ansehung der Größe vieles voraus, und ist von dem verstorbenen Bruder des hiesigen Dinglinger verfertiget.

Bey Herrn Potschild sind viele gute Gemälde zu besehen, und bey dem königlichen Kammermusikus, Panthaleon Hebenstreit, das von ihm erfundene und nach seinem Namen benennte musikalische Instrument Panthaleon, dergleichen anitzt noch eines nämlich in Wien zu hören ist, weil der Kaiser jemanden nach Dresden geschickt, um auf solchem Instrumente spielen zu lernen. Rand links: Musikalisches Instrument Panthaleon. Dieses Werk liegt hohl, dergestalt daß man es ohne Mühe umwenden und auf beyden Seiten mit zwey kleinen Hölzern, als auf einem doppelten Hackbrette spielen kann. Seine Länge ist von dreyzehn und einer halben und die Breite von drey und einer halben[1324] Spannen, der Boden ist hohl, und auf der einen Seite mit keinen andern als übersponnenen Geigenseyten, auf der andern aber in der Höhe der Töne mit stählernen Seyten bezogen. Es kostet jährlich bey hundert Thaler zu unterhalten, weil es aus hundert und fünf und achtzig Seyten besteht. Sein Klang ist überaus stark, und füllet solcher den größten Saal.

Endlich ist die Elbbrücke zwischen Alt- und Neu-Dresden nicht mit Stillschweigen zu übergehen, welche seit einem Jahre dergestalt erweitert und in prächtigern Stand gesetzet worden, daß man wohl sagen kann, sie sey die schönste in ganz Europa. Ich rede von Brücken über große Flüsse, und gehöret also manche zierliche kleine Brücke, worunter die Tiberbrücke bey der Engelsburg in Rom zu rechnen, keinesweges in diese Vergleichung. Die hiesige ist sechs hundert und fünf und achtzig gemeiner Schritte lang und sechszehn bis siebenzehn breit, die auf den Seiten für die Fußgänger angelegten erhabenen Wege mit darunter begriffen16. Auf beyden Seiten sind Ausschweifungen oder Rundungen mit steinernen Ruhebänken versehen, also daß man darauf ausruhen und in Gesellschaft die Zeit mit Unterredungen zubringen kann. Die ganze Brücke ist mit schönen eisernen Gittern umgeben. An dem fünften Pfeiler rechter Hand, wann man von der Neustadt nach der Altstadt geht, steht das königliche und churfürstliche Wapen sauber in Stein gehauen, welches von zwo Statuen, deren die eine das Königreich Pohlen und die zweyte das Churfürstenthum Sachsen vorstellet, gehalten wird. Gegenüber wird des Königes Statua equestris von bronzo, die itzt noch in dem Zwingerhofe bedeckt steht, gesetzt werden. Rand rechts: Metallenes Crucifix. Unter einem metallenen Crucifixe, welches der Churfürst Johann Georg der andere, im Jahre 1679 auf diese Brücke setzen lassen, liest man folgende Schrift: Joh. Georg. II. Dux & Elector Saxoniæ S. R. I. Princeps, hanc Christi Servatoris Patientis statuam remoto omni superstiti adorationis cultu, & æternæ memoriæ gratitudinisque prætereuntium in redemtorem generis humani provocandæ causa P. C. Anno Sal. MDCLXXIX17. Zu mehrerer Bequemlichkeit ist auf der Neu-Dresdener Seite ein neues Thor nächst bey dem alten angelegt. Alles was nach der Altstadt hinaus geht, paßiret durch das alte Thor und hält sich nach dem[1325] Geländer der Brücke zur rechten Hand; alles hingegen, was nach Neu-Dresden will, bleibt auf der andern Seite, dergestalt, daß die Leute einander niemals im Wege entgegen kommen und durch Anstoßen gegeneinander Ungelegenheit verursachen. Diese Brücke ruhet auf neunzehn Schwibbogen; auf jedem Pfeller sieht man vier Postamenter mit steinernen Bluhmentöpfen, und bey dunkler Nachtzeit wird alles mit vielen Laternen erleuchtet.

Der dresdensche Hof ist unter dem itzigen Könige stets sehr prächtig gewesen, und werden alle große Solennitäten, Ritterspiele, Aufzüge, und wo der Landsherr sonst seine Magnificenz gezeigt, in Kupfer gestochen, welches Werk bey zweymal hundert tausend Thaler Unkosten erfodern und nur zu einem Geschenke für große Herren dienen wird. Rand links: Hoffeste. Campement. Man kann leicht erachten, daß das bey Mühlberg oder Zeithayn in diesem Jahre gehaltene Campement darinnen nicht werde vergessen seyn, dessen Unkosten sich über fünf Millionen Thaler belaufen haben sollen. Um nur aus Kleinigkeiten von der Größe der dazu erfoderten Ausgaben zu urtheilen, so waren dazu fünf hundert neue Betten mit Vorhängen von Taffetas verfertiget; die Nachtstühle und Nachtgeschirre allein haben bey fünf tausend Thaler gekostet. Rand links: Reichthum des Landes. Wenn man bey dergleichen Pracht, wodurch vieles Geld aus dem Lande gegangen, den unglücklichen pohlnischen Krieg, und daß allein die Schweden über vier und zwanzig Millionen Thaler aus den Churlanden gezogen haben, betrachtet: so ist leicht zu erachten, wie mächtig dessen Herr seyn würde, wenn Ruhe, eine nicht zu weit getriebene Sparsamkeit in Ansehung der Schatzkammer und gelinde Auflagen den Unterthanen verstatteten, sich recht wieder zu erholen, und die Handlung, nebst den Manufacturen, wozu es ihnen weder an Gelegenheit noch Materialien mangelt, in bessern Gang zu bringen.

Denn außer dem reichen Zuwachse von allerley Getraide, Hopfen und andern Feldfrüchten, bringen die Bergwerke seit langen Zeiten sehr große Einkünfte, indem sie Zinn, Bley, Kupfer, Eisen, Silber und mancherley Mineralien zur Ausbeute geben, und bey solchen Gelegenheiten an vielen Orten gute Manufacturen haben angeleget werden können. Rand links: Bergwerke. Rand links: Manufacturen. Schwarze und weiße Bleche werden hie und da verfertiget und nach Hamburg versandt; Meßing machet man zu Auerbach; Schwefel in Freyberg und Grünhayn; Alaun zu Belgern, Schwemsal, Schmiedeberg und bey Muscau; Virriol beym Wiesenbade; blaue Farbe (so aus Kobold mit einem Zusatze von Arsenico, Quarz und Potasche bereitet wird) zu Schneeberg, Waldkirchen, Niederschlemma und Zshopenthal. Aus den Leipzigern Fabriken kömmt vielerley Gold- und Silberarbeit nebst reichen Stoffen. Bey Zittau hat man einen Zinnoberberg entdeckt. Rand links: Zinnoberadern. Von denen Perlen, welche aus der Elster gesammlet werden, ist anderwärts schon Erwähnung geschehen. Nach Peter Albinus Berichte in seiner Erzgebürgischen Chronik Tit. XVI. S. 124 hat Johann Friedrich, Churfürst zu Sachsen, eine Kette von Waschgolde, das um Torgau aus der Elbe gesammlet worden, gehabt, welche funfzehn und eine halbe Mark gewogen, und hat der Churfürst jedes Quentlein mit fünf und zwanzig Groschen bezahlet. Dergleichen kostbares Metall führet auch die Mulda mit sich. In Meißen hat man vor kurzer Zeit Cornealadern entdecket, und könnten überhaupt die hiesigen Hyacinthen, Achate, Amethysten, Porphyre, Topase, und ein Stein, worinnen Jaspis, Chalcedonier und Amethyst beysammen anzutreffen sind, besser, als bisher geschehen, genutzet werden. Rand links: Sonderbarer Achat. Ich kann hiebey nicht umhin, eines Achats zu gedenken, welcher stark mit reinem Silber vermischet, bey St. Georgenstadt auf dem Obergebirge gefunden und in Dresden bey dem Hofrathe von Trier nebst einer ansehnlichen Sammlung von andern Mineralien und Muscheln zu sehen ist. Die Gegenden von Annaberg, Zöblitz, Stolpen, Freyberg, Crotendorf, Kalchgrün, Schneeberg, Maxen, Plauen, Reichenbach, Bussendorff, Wiederau[1326] und Zwickau haben schöne Marmor. Blutstein wird in dem Bergwerke bey Auerbach, der Irrgang genannt, gefunden; und Magnet bey Ehrenfriedersdorf, Schwarzenberg, Eibenstock und Breitenbrunnen. Serpentinstein wird zu Zöblitz gebrochen, und Schiefer zu Maxen, Wesenstein, Schönberg und Zwöniz, an welchem letzten Orte vor etlichen Jahren eine Schiefertafel oder Brett von zwey und zwanzig Ellen in der Länge und einer Elle in der Breite ausgegraben worden. Rand rechts: Außerordentlich schöne Schiefertafel.

Aus den Steinbrüchen von Chemniz, Zwickau, Rochliz, Liebethal und Pirna kommen so gute Quadersteine, daß solche die Elbe hinunter an viele entlegene Orte und sogar nach Kopenhagen zu den königlichen Gebäuden gebracht werden. Rand rechts: Steinbrüche. Die Glasfabriken sind zu Dresden, Pretsch und Porschenstein in gutem Stande.

Das Dresdener oder zu Meißen verfertigte Porzellan ist durch ganz Europa berühmt.

Der Holzhandel wird vornehmlich zu Grimma getrieben, und kömmt jährlich eine große Menge von Bauholz, Brettern, Schachteln und andern hölzernen Waaren die Elbe hinunter und nach Hamburg. Gleichen Weg nimmt vieles in Sachsen und insbesondere zu Dresden, Zwickau, Pforta, Freyberg, Kirchberg, Tannenberg und Lunzenau verfertigtes Papier, wie auch viele Töpfergefäße von Liebenwerda, Dippoldiswalda, Waldenburg, Wurzen etc. und würde die Handlung auch in andern Dingen ein mehreres thun, wenn die zwey und dreyßig Elbzölle, denen die Schiffe von Pirna bis nach Hamburg unterworfen sind, nicht viele Hinderungen in den Weg legten. Rand rechts: Hinderung der Elbzolle.

Muscau, Torgau, Wurzen, Eulenburg, und Merseburg sind auch wegen ihrer guten Biere bekannt.

Die Tuchmacherey blühet zu Meißen, Grimma, Torgau, Hayn, Pirna, Chemniz, Zwickau, Leisning, Döbeln, Roßwein, Waldhayn, Görliz, Zittau, Reichenbach, Camenz, Bauzen, Oederan, Stolberg, etc. In Zschopau, Zittau und Hirschfeld wird guter Zwillig gearbeitet, andere gute Zeuge aber zu Borna, Frankenberg und Gera.

Von grober Leinwand, die zu Segeln, Gewürzsäcken und dergleichen Dingen gebrauchet werden kann, geht eine ansehnliche Menge nach Hamburg, von wannen hingegen allerley Gewürze, Weine, Butter, Häring, trockene Fische etc. zurück kommen. Rand rechts: Handlung nach Hamburg.

Feine Leinwand wird in Geringswalda, Königsbrück, Steinigt-Wolmsdorf und überhaupt in vielen Orten von Ober-Laußiz gemacht, woselbst auch gute Fabriken von wollenen Zeugen, Strümpfen und Hüten angeleget sind. Der Flachs geräth in der Nieder-Laußiz, wie auch in den Gegenden von Lengefeld, Pretsch und Hartmannsdorf vor andern wohl. In Grimma und Laubegast wird viel Zwirn gearbeitet, absonderlich aber ist Annaberg wegen seines köstlichen Zwirns, der Spitzen und andern Kleppelwerke berühmt.

Plische, Sammet und halbseidene Zeuge werden zu Leipzig, Borna, Bischofswerda, Stolpe, Mitweyda und Oschatz gearbeitet. Reichenbach ist wegen seiner Schönfärbereyen in großem Ruffe. Rand rechts: Sammet. Rand rechts: Färberey.

Das Salz ist das einzige bey uns Europäern unentbehrliche Gewürz; womit die churfürstlichen sächsischen Lande nicht versehen sind, und müssen sie solches von ihren Nachbarn, insonderheit aber von der dem Könige in Preußen gehörigen Stadt Halle holen. Es könnte vermuthlich auch diesem Mangel abgeholfen werden, wenn mehrere Sorge für die Salzquellen, die sich im Mansfeldischen, Merseburgischen und andern Gegenden aufgethan haben, getragen und dahin getrachtet würde, daß solche gesäubert, geläutert und (wie man es nennet) hoch-gradirt gemacht würden, mithin das Salz nicht nur so gut, sondern auch so wohlfeil, als an andern Orten, verschaffet werden möchte.

Dresden, den 23 October, 1730.

Fußnoten

1 Der Herr Rath Justi hat in seiner Abhandlung von den römischen Feldzügen in Deutschland §. 58 beweisen wollen, daß Dresden seinen Namen von dem römischen Drusus erhalten habe. Nach seiner Meynung hat Drusus seine siegreiche Waffen bis in diese Gegend ausgebreitet, und selbst bey Dresden sein beruffenes Siegeszeichen aufgerichtet. Es wird aber eine mäßige Kenntniß der alten Geschichte erfodert, wenn man dem Herrn Justi den Beyfall versagen will. Man lese des Herrn M. Deer Abhandlung de castellis Rom. in Saxon. Lips. 1749.


2 Als der gelehrte Medicus des Fürsten von Nassau-Usingen vor etlichen Jahren das grüne Gewölbe besehen hatte, gab ihm solches Gelegenheit zu folgender Poesie:


Das Auge sieht sich nimmer satt,

Sagt Salomo in seinen Sprüchen.

Ach, daß er Dresden nicht gesehen hat!

Vermuthlich hätt' er diesen Satz

Geändert, wo nicht ausgestrichen:

Hier an dem königlichen Schatz,

Womit das grüne G2immer pranget,

Sieht sich das Auge völlig satt,

Daß es nichts mehr zu sehn verlanget.


Eben derselbe rühmet folgendergestalt die übrigen dresdener Seltenheiten:


Umsonst verreist man so viel Geld,

Vergebens wird mit großen Kosten,

Nach Süd und West, nach Nord und Osten

Die Reise hitzig fortgestellt,

Damit man fremde Wunder sehe;

Allein man findet in der That

Weit größre Wunder in der Nähe,

Als man nicht in der Ferne hat.

Denn das, was man in Dresden schauet,

Und was AUGUST vollführt und bauet,

Sieht man sonst nirgends auf der Welt.


3 Die Gewohnheit der Celten aus Hörnern zu trinken, wird durch häufige G2eugnisse des Alterthums bestätiget. CAESAR. de bell. Gall. l. VI, c. 28. PLIN. hist. nat l. II, c. 37. SOLIN. Polyh. c. 23. ISIDOR. orig. l. XII, c. 1. Nach dem Lehrbegriffe der nordischen Völker bedienten sich selbst die himmlischen Helden in der Valhalla dieser Trinkgefäße. EDDAmyth. 31.WORM. monum. Dan. l. V, c. 5. STEPHAN. adSAX. GRAM. hist. Dm. l. XIIII, p. 245. BARTHOLIN. de unicornu c. 30. Die schätzbaren Ueberreste des Alterthums, welche bis auf unsre Zeiten aufbehalten worden, haben den Fleiß der gelehrtesten Männer rege gemacht, und dadurch ist Leibnitzens Wunsch erfüllet worden epist. ad divers. ed. KORTHOLT. p. 419: Je vous supplie, de me marquer quelques passages d'Herodote, & d'autres anciens sur la maniere de se servir de Cornes comme de vases pour en boire.


4 Es ist bekannt, daß die mitternächtischen Völker ihren Götzen besondere Becher voll Wein oder Bier bey ihren Gastmahlen und Opfern widmeten und solche auf ihre Gesundheit austrunken. Nach eingeführter christlichen Religion behielt man dieses Gesundheittrinken und setzte an die Stelle Thoronis, Odini, Frejä und dergleichen die Namen der drey göttlichen Personen oder Mariä und anderer HeiligenA1. Man sehe hievon SNORRONEM im Leben Haquini Adelstani c. 16 und 18. ODDONEM MONACHVM im Leben des heiligen Olai c. 24, p. 102, und Ianum DOLMERVMin notis ad Hirdskraa c. 49.


5 In unsern Tagen hat der P. Götze diesen auserlesenen Bücherschatz recht brauchbar gemacht, und den allgemeinen Nutzen desselben durch die herausgegebene Merkwürdigkeiten der königlichen Bibliothek zu Dresden befördert. So rühmlich diese Beschäfftigung des vor kurzer Zeit verstorbenen P. Götzen gewesen ist: so sehr muß man sich über die Gemüthsfassung verwundern, welche er in einer ihm selbst verfertigten Grabschrift geäußert hat, sintemal er alle Protestanten, deren Kirche er verlassen hatte, auch nach seinem Tode zum Abfalle zu verleiten sucht.


6 Folgendes prächtiges Werk, wozu der Herr Leibarzt und Hofrath von Heucher den ersten Entwurf gemacht, verschaffet unsern Deutschen Ehre: Terræ Musei regii Dresdensis, quas digessit, descripsit & illustravit D.Christ. Gottl.LVDWIGLips. fol. 1749. Herr Prof. Ludwig giebt uns von der Mannigfaltigkeit des prächtigen Vorraths einen kurzen Begriff: Terræ suntGENVINAEmacræmollesmorochtus. asperæ tripela. pinguessiticulosæbolus. non siticulosætenacessaponaceæsmectis. spissæargilla. fatiscentesmarga. DVBIAEmacræ lineasducentescreta. pingues lineasducentesgraphium. non ducenteslithomarga. SPVRIAEruraleshumus. salinæterra salina. metallicæsolutæochra. comminutæmineræ comminutæ. inflammabilessulphureæterræ sulphuratæ. tinctoriæumbra. cespitosæturfum. lapideæ comminutæarena. densæterræ lapidosæ.


7 Nach der Zurückkunft des D. Joh. Ernst Hebenstreit, welcher nebst fünf andern Personen im Monate November | 1731 über Frankfurt, Lyon und Marseille nach Afrika, um die Naturgeschichte und andere Merkwürdigkeiten dieses Landes zu untersuchen, abgeschicket worden, ist diese Sammlung durch verschiedene schöne Stücke vermehret worden, und darunter insonderheit ein sehr weißer Porus Matronalis oder Corallium ramosum aus der mittelländischen See bey Marseille zu bemerken, nebst einem überaus raren Corallenaste von schwarzer Farbe, welcher mit einer Schale (dergleichen auch die rothen Corallen haben) überzogen ist.


8 MARTIALIS hat zwey artige Epigrammata auf eine Natter und eine Ameise, welche beyde ihr Grab im Börnsteine gefunden hatten, gemacht. Das erste istLib. V, Epigr. LIX:


Flentibus Heliadum ramis dum vipera serpit,

Fluxit in obstantem succina gutta feram,

Quæ dum miratur pingui se rore teneri

Concreto riguit vieta repente gelu.

Ne tibi regali placeas Cleopatra sepulchro

Vipera si tumulo nobiliore jacet.


Seine Gedanken auf die Ameise sind Lib. VI, Epigr. XV in folgenden Worten enthalten:


Dum Phaëtonta Formica vagatur in umbra,

Implicuit tenuem succina gutta feram.

Sie modo quæ fuerat vita contemta manente,

Funeribus facta est nunc pretiosa suis.


Man hat sogar Mineralien Börnstein eingeschlossen gefunden.


9 Die Anatomiekammer hat nach dem Tode des Königs Augustus des zweyten viele Veränderungen erlitten, indem die Skeleta der Thiere in die obgedachte Galerie der ausgestopften Thiere gebracht worden, andere Merkwürdigkeiten bey andern Classen Platz gefunden, und die præparata anatomica nach Wittenberg, zum Gebrauche der medicinischen Facultät gekommen.


10 Das lächerlich Aberglaubische, wodurch sich die Runischen Kalender von allen übrigen unterscheiden, entdecken folgende Schriftsteller: WORM. in litter. run. und in monum, Dan. l. III, p. 147. RVDBECK Atlant. tom. II, p. 165. LACKMANNde comput. temp. perhiemes, und SPERLINGde nomine & festo, Juel, §. 24.


11 Kurze Zeit vor dem Tode des Königs Augustus des zweyten ist das Modell des Tempels Salomonis, welches ehedem in Hamburg und London für Geld zu sehen war, für mehr als zehn tausend Thaler gekaufet, und in die Mitte der Galerien vom Zwinger gebracht worden. Es hat solches dreyzehn Fuß in der Höhe, und achtzig in der Runde.


12 Hievon gab der Baron le Plat im Jahre 1733 und 1734 folgendes Werk zu Dresden heraus: Recueil des marbres antiques, qui se trouvent dans la Galerie du Roy de Pologne, Electeur de Saxe à Dresden, consistant en CCXXX. taille douces en folio Royal etc. in Landkarten-Formate und zwey hundert und dreyßig großen Kupferplatten.


13 Den Gebrauch der Opferkessel erfoderten die gottesdienstlichen Handlungen, um das Blut der Opferthiere aufzufangen. Die nordischen Völker nannten ein solches Gefäß hlutbolla. SCHEFFER. Vpsal. antiqu. c. 10: Vas æneum situm erat, quo excipiebatur sanguis ex victimis sive pecorum sive hominum ad id destinatis, vocabaturque is sanguis hlut, vas autem hlutbolla, eo deinde sanguine adspergebantur homines pecudesque.STRABOgeogr. I. 7. WORM.monum. Dan. l. I, c. 3. SAVBERT. de sacris. c. 25.


14 Vermöge einer königlichen Verordnung, welche zu Anfange des Jahres 1732 herausgekommen ist, darf niemand ferner diesen über der Elbe gelegenen Theil der Stadt Alt-Dresden nennen, sondern er heißt von solcher Zeit an Neustadt an der Elbe.


15 Dieses kostbare Stück ist, nachdem es vollendet worden, in das grüne Gewölbe gekommen. Bald darauf, nämlich den 6 März 1731 verstarb der Meister davon. Er war im Jahre 1664, den 24 Dec. zu Lüberach, vier Meilen von Ulm, gebohren.


16 Diese Brücke hat durch die vorgenommene Veränderung dasjenige an der Größe verlohren, was sie an Glanz und Pracht gewonnen hat. Sie bestund vorher aus vier und zwanzig Pfeilern, auf welchen die geschlossenen Bogen ruheten, und die Länge erstreckte sich auf acht hundert Schritte. Damals galt das bekannte Sprüchwort: Unter den Brücken in Deutschland sey die Regenspurgische die schönste, die Pragische die stärkste, die Dresdnische aber die längste. Nunmehro wird sie an der Länge von der Pragischen übertroffen, so wie sie diese an der Schönheit übertrifft. Sie reichte bis an die Georgenburg, und zeigte auch den so heruffenen Todtentanz, in welchen sich Herzog Georg selbst mit abbilden lassen. Damals zierte auch diese Brücke eine Kapelle des heiligen Alexius; welcher bloß deswegen unter die Heiligen der römischen Kirche gezählet wird, weil er aus übertriebener Keuschheit seine ihm angetraute Braut heimlich verlassen hat. Die Worte in der Inscription des metallenen Crucifixes: remoto omni superstitiosæ adorationis cultu, sind auf anhaltende Vorstellungen des Oberhofpredigers Martin Geiers eingerücket worden. Ehemals war auch unter andern Vorstellungen die Versuchung Christi abgebildet, wobey der Teufel mit einer Mönchskutte bekleidet war. Eine andere Aufschrift mußte das Andenken der beschädigten Brücke erhalten:


Johanne Friderico oppugnante Cæsarem,

Cum bis decem atque tres vexasset Lipsiam

Dies, malumque cuderet Dresenio

Bis quinta Aprilis atque luce tertia,

Qui ligneus loci hic erat tum abrumpitur

Pons, unde nonnihil ruinæ & saxeus

Fecit, sed hoste post ad Molibergium

Capto die undecima & deleto exercitu

Partaque pace dux & heros inclytus

Mauritius Elector virtutis gratia

Creatus & donatus ense Saxonum

Sic turre, triumphalibus sic arcubus

Ornari, honor Deo, sic instaurarier,

Sic monumentum æternum jussit fieri,

per


MartinumHEVSSLERVM I. V. L.Pontis Magistrum Anno Domini MDXLVII.


17 Dieses Crucifix, so neun Ellen hoch ist, hat im Jahre 1732 seinen Platz verändert, und steht nun an der Stelle, welche der obgedachten Statuæ equestri des Königs Augustus des zweyten gewidmet war. Von der alten Inscription ist nichts mehr zu sehen; hingegen liest man an dem künstlich gearbeiteten Felsen, worauf es gesetzt worden:


Joh. Georg. II.

Elector.

Ære fudit

Frider. August.

Rex

Ornavit &

Lapide

substruxit.


Es haben etliche als einen Fehler am Körper des hier vorgestellten Heilandes aussetzen wollen, daß an seiner Seite keine Wunde bemerket wird; allein man antwortet nicht unbillig, daß hier der am Kreuze noch lebende Heiland, welcher deswegen auch sein Haupt aufgerichtet hält; abgebildet sey, wie er für seine Feinde bittet. Dieses Crucifix ist mit dem Gesichte nach Morgen gerichtet, steht auf dem breitesten Pfeiler und weist den Schiffenden den breitesten Schwibbogen an.


A1 Der Verfasser bedienet sich hier einer unbequemen Redensart. Denn was er Gesundheittrinken nennet, das geschah nur zum ehrerbiethigen Andenken der Gottheiten. LOCCEN. antiqu. Sueo Goth. l. II, c. 21: Dei memoriæ libare mos vetus Scandianorum ad posteros propagatus est. Sed hoc Scandiani a suis majoribus non alio fine institutum ferunt, quam ut Dei memoriam recolerent, & eo monerent se invicem, Dei inter edendum bibendumque non oblivisci, quum oblivio Dei sit primus ad intemperantiam & alia delicta gradus. Es klingt auch in der That widersprechend, die Gesundheit der unsterblichen Götter zu trinken. SCHEFFERVpsal. antiqu. c. 10, p. 143:Adeo inepti sunt, qui pro sanitate numinis putant nostros bibere, quando pro consuetudine veteri a christianis postmodum ex religionis ratione paullo immutata nunc quoque bibunt: Dei domini nostri scyphum; fit enim tantum in honorem ipsius laudemque. Die Christen machten es also anders; aber nicht viel besser. Hirdtskraa c. 49: Abrogavit rex Magnus multos inutiles mores & constituit illorum loco, ut biberetur æterni Dei & domini nostri Jesu Christi poculum. Unter den Heiligen maßten sich sonderlich Martinus; Olaus und Stephanus dieser Ehre an.ODDOmon. in vit. S. Olai c. 24. Hist. Ol. Trygw. c. 24. BARTHOLIN. antiqu. Dan. l, I, c. 8. LVITPRANDVSde gest. pontif. roman. l. VI, c. 17 mag es verantworten, wenn er versichert, dem Pabste Johannes sey in öffentlicher Versammlung vorgehalten worden, daß er des Teufels Gesundheit getrunken habe. Von einer neueren Probe des alten Sauerteiges redet BIRCHEROD. palæstr. antiq. p. 128: Nostis, non ita pridem rusticum quemdam Norwagicum, qui in convivio Dei immortalis poculum biberat, caussam suam ad supremum, quod hic Hafniæ est, justitiæ tribunal detulisse, & quum crimen videretur simplici ignorantia atque more majorum recepto commissum, sententia quidem regia in pristinam bonorum, quibus inique nimis privatus fuerat, possessionem restitutum, ecclesiastica tamen, quam pro delicto subierat, disciplina adprobata.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 1327.
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