[1340] Neun und achtzigstes Schreiben.

Reise von Halle nach Eisleben, wie auch über Merseburg, Jena, Weymar, Erfurt, Gotha und den Thüringer-Wald nach Coburg.

Mein Herr!


Die Begierde, in Bergwerkssachen mich nach ein und anderm zu erkundigen, hat mich von Halle nach Eisleben getrieben, woselbst die Kupferwerke vor dem dreyßigjährigen Kriege in so gutem Stande waren, daß in der Gegend zwischen Eisleben und Mansfeld, die in der Länge zwo Meilen begreift, zwanzig bis dreyßig und mehr Hütten im Gange waren, und öfters jährlich über zwanzigtausend Zentner Kupfer, deren jeder sechszehn[1340] bis acht und zwanzig Loth Silber gehalten, gemacht worden. Itziger Zeit stehen viele gute Zechen unter Wasser, und der Schiefer, den man bricht, ist weder so reich an Kupfer, noch dieses so ergiebig an Silber, als sie ehemals waren, unterdessen geben sie doch noch beständig gute Ausbeuten1. Rand links: Eisleben. Rand links: Bergwerke. Rand rechts: Figuren auf Schiefer. Die Schiefer aus dem eislebischen Berge stellen öfters Bildnisse und Eindrucke von Fischen, sonderlich von Heringen, Parsen und Hechten vor, ja die Phantasie neugieriger Leute ist so weit gegangen, daß sie auch unter andern Figuren das Portrait D. Martin Luthers auf solchen Steinen entdecket, welches wenigstens von eben so vielem Ansehen und Beweise für die Wahrheit seiner Lehre seyn muß, als wenn die Römischkatholischen den Pabst oder eine andere zu ihren Lehren passende Figur in Marmor oder andern Steinen entdecket haben. Eisleben ist die Geburtsstadt Lutheri, und zeiget man auf der neuen Regierung nebst andern Reliquien dieses Lehrers, auch das hölzerne Bettgestelle, in welchem er geschlafen. Rand rechts: Abergläubischer Gebrauch. Die Kraft desselben erstrecket sich so weit, daß ein Stücklein davon denjenigen, der es bey sich trägt, von allen Kopfschmerzen, und ein daraus verfertigter Zahnstocher, womit man die Zähne reiniget, von allem Zahnwehe befreyet. Als die Schweden (welche vor andern als ächte Söhne dieses Lehrers und als γνησίως Lutherani verlangen angesehen zu werden) in Sachsen stunden, haben sie von diesem Bette und einem Tische Lutheri so viele Späne nach und nach mitgenommen, daß etliche Betten und Tische daraus hätten verfertiget werden können, und dieses zum großen Vortheile desjenigen, der diese Heiligthümer zeigte, und bey denen dabey abfallenden Trankgeldern die verbrauchten Bettstollen ohne Schaden ersetzete.

Es haben nicht nur die Heyden, sondern auch viele andere Secten ihre Reliquien gehabt, und für dieselbe eine solche Hochachtung geheget, daß sie öfters auf eine abergläubische Verehrung hinaus gelaufen; allein diesen Unterschied bemerket man doch auch, daß in etlichen Religionen itztgemeldte Verehrung von ihren Lehrern gut geheißen, angepriesen und befördert wird, da hingegen die Geistlichkeit in andern Secten darwider spricht, oder höchstens dem gemeinen Volke nur durch die Finger sieht. Rand rechts: Reliquien in den meisten Secten.

In eben diesem Gebäude, und zwar in der Consistorialstube ist ein in Kupfer gestochenes Bildniß Lutheri zu sehen, welches in einer Feuersbrunst zu Artern wunderbarer Weise soll erhalten worden seyn2. Auf der einen Seite stehen die Verse: Rand rechts: Luthers Bildniß im Feuer unversehrt.


Baumichii flagrante domo in cineresque redacto

Omnibus effigies salva, Luthere, Tua est.

Quamlibet in mediis sit consepulta favillis,

Non tamen hic aliquid flamma nocere potest.[1341]

Janua quippe perit rapidæ dans pabula flammæ,

Non tamen affixa huic disperit effigies.

Scilicet hinc omen depromimus haut fore quicquam,

Perdere quod possit quæ docuisse soles.


F. M. Bartholomæus Beek.

Auf der andern Seite liest man den gedruckten Gesang: Jauchze liebes Vaterland etc. nebst den dabey geschriebenen Worten:


Da das Artriesen Decani Haus

Abgebrant ist zum Grund aus,

Auch mit verbrannt die Stubenthür,

An welcher gewesen das Bild alhier,

Ists doch blieben gantz unverletzt,

Und zum Gedächtnis hiehergesetzt.


Registravit Felix Bauer, asserente eam Historiam Superintendente Arterensi.

Dergleichen Begebenheiten können wenigstens alsargumenta ad hominem dienen wider diejenigen, so in ihrer Religion viele solche Wunder auf die Bahn bringen, und einen sonderlichen Beweis daraus zu ziehen vermeynen. Rand links: Das Haus, worinnen Luther gebohren worden. Den Respect aber, welchen das Feuer gegen Luthers Bildniß zu Artern bezeuget, hat es in Ansehung des Hauses, in welchem er zu Eisleben dieses Tageslicht erblicket, gänzlich auf die Seite gesetzt, indem solches völlig abgebrannt ist.

Um jedoch Luthers Denkmaale nicht verringern zu lassen, ist auf der Stelle eine Schule gebauet, und über der Hausthüre sein steinernes Brustbild gesetzt worden. Innen ist gleichfalls über der Stubenthüre Luthers Bildniß mit einem Crucifixe und folgenden Worten zu sehen:


Anno 1483. ist D. M. Luther in diesem Hause gebohren und zu S. Peter getaufft.


Untenher stehen die Verse:


Hostis eram Papæ sociorum pestis & hujus:

Vox mea cum scriptis nil nisi Christus erat,

Anno post O. R. 1594. mense Majo renovata.

B. X. T.
[1342]

In der Hauptkirche zu St. Thomas wird Luthers Kanzel noch gezeiget, aus Hochachtung für ihn aber jährlich nur dreymal darauf geprediget, nämlich an Luthers Geburtstage, an seinem Sterbenstage, und wenn die erste Catechismuslehre gehalten wird. Rand rechts: Luthers Kanzel.

Das Schloß und Amt Seeburg liegt auf halbem Wege zwischen Halle und Eisleben, und gehöret dem Herrn von Hahn. Rand rechts: Seeburg. Von den allhier ganz nahe beysammen liegenden zween Seen, hat der eine süßes und der andere Salzwasser3. Rand rechts: Gesalzene See. Ob dieser letztere mit den hällischen Salzkothen einige Gemeinschaft habe, steht dahin. Es hegen einige die Gedanken, als würde man sowohl in Halle, als allhier nicht tief zu graben haben, um auf den Salzfelsen zu kommen, über welchen diese Salzbrunnen fließen, und durch das Abspülen ihre salzigte Eigenschaft erhalten. Rand rechts: Salzfelsen unter der Erde. Allein, wenn auch dieses wäre, so sehe ich nicht, was für einen Vortheil man aus solcher Entdeckung ziehen würde, indem man doch den Salzstein nicht brauchen kann, ehe er wieder in Wasser geschmolzen und gesotten ist. Die hällische Sulze ist ohnedem so gut, daß man über das viele wilde Wasser keine Klage zu führen hat. Wollte man vorgeben, daß man das Salz alsdann in größerer Menge würde zubereiten können: so ist dagegen zu bedenken, daß schon fast aller Orten mehr Salz gemachet und in Vorrath liegt, als verkauft werden kann. Das Salz ist zwar eine in unsern Ländern höchstnöthige und nützliche Sache, allein die Zahl der Salzwerke nimmt auch täglich zu, und getrauete ich mir derselben allein in Deutschland über sechszig zu zählen4.

Von Halle bis Merseburg sind zwo Meilen; und zeiget man allhier in der Domkirche die rechte Hand, welche der schwäbische Herzog Rudolph im Jahre 1080 in der Schlacht wider den Kaiser Heinrich den sechsten am Elsterflusse verlohren hat. Rand rechts: Werseburg. Er selbst gab seinen Geist an den empfangenen Wunden in Merseburg auf5. In eben dieser Kirche sind aus den päbstlichen Zeiten die Mäntel des Kaisers Heinrich des zweyten oder Sancti und seiner Gemahlinn der heil. Rand rechts: Kraft des Wantels der h. Cunigunda. Cunigunda zurück geblieben, deren Umhängung den Mannspersonen Glück bey dem Frauenzimmer, und diesem hinwiederum bey dem männlichen Geschlechte bringt. Wie man anfänglich auf diesen Einfall gerathen, ist destoweniger zu begreifen, je mehr Wesens man aus dieser beyden Eheleute Keuschheit und ihrem chimärischen Conjugio virgineo machet. Ein zur rechten Hand bey dem Eingange der Domkirche befindliches steinernes Bildniß einer Weibsperson mit einer Pflugschare soll die Kaiserinn Cunigunda und den Beweis ihrer Unschuld, da sie wegen Ehebruchs im Verdachte war, und über glüende Pflugscharen mit bloßen Füßen gegangen, vorstellen6.[1343]

Von Merseburg bis Naumburg sind anderthalb Posten, und läßt man Weißenfels linker Hand liegen. Jena ist von Naumburg drey Meilen entfernet. Eine Meile vor Jena kömmt man über die Saale, bey Dornburg, welcher Ort wegen der Partey Croatier, die währenden dreyßigjährigen Krieges bey finsterer Nacht von ihren Feinden über den hohen Felsen herunter gejaget worden, berühmt ist. Rand links: Dornburg. Von hier bis Jena bleibt man beständig in einem angenehmen Thale.

Von den Merkwürdigkeiten der Stadt Jena hat man die Verse: Rand links: Jena.


Ara, Caput, Draco, Mons, Pons, Vulpecula turris,

Weigeliana Domus septem miracula Jenæ.


Das Wort Ara deutet an, daß außerhalb der Kirche der Weg unter dem Altare hingehe; Draco war das Skeleton einer Schlange mit etlichen Köpfen, die aber zertrümmert worden und nicht mehr vorhanden ist. Rand links: Sieben Wunderwerke. Caput war ein Uhrwerk in der Gestalt eines Kopfes, der die Zunge aus- und einwärts bewegte. Mons ist der Fuchsberg, undVulpecula Turris der Fuchsthurm, allwo in den verderblichen Zeiten des Penalismi die jungen Studenten, so ein bis zwey Jahre gleichsam der andern Sclaven abgeben müssen, mit gewissen Ceremonien abgehobelt und purschmäßig erkläret wurden. Pons zielet auf die Bedeckung des Baches, der durch viele Straßen der Stadt fließt, oder auf die Brücke über die Saale; und das Weigelische Haus war wegen des Sessels, durch welchen man ohne Betretung der Treppen in das andere Stockwerk erhoben wurde, und wegen anderer mathematischen Kunststücke, die itzt aber gänzlich eingehen, berühmt.

In der Stadtkirche sieht man bey dem Altare das metallene Bildniß D. Luthers en bas-relief, welches vorzeiten über seinem Grabe zu Wittenberg gestanden. Rand links: Lutheri metallenes Bildniß. Die darunter gesetzten lateinischen Verse sind vom OSIO.

Der Kanzler Ludwig nennet zwar an einem Orte seiner Schriften die Jenische Universität Academiam pauperum, allein wenigstens zu dieser Zeit kömmt ihr solche Benennung keinesweges zu, indem wirklich fünf Grafen, über zweyhundert und funfzig Edelleute, und in allen bey zweytausend Studenten sich hier aufhalten. Rand links: Akademie. Rand links: Universitätsbibliothek. Die Universitätsbibliothek, so unter der Aufsicht des höflichen und gelehrten D. Buder steht, ist in philologischen Schriften die stärkste von Jena, und hat die alte churfürstliche Bibliothek, so ehemals zu Wittenberg gestanden, zum Grunde, wozu nachmals des Arumäus, Sagittarius, Bosius, Danzens etc. Vorrath von Büchern gekommen ist. In einigen Werken, welche aus der Gerhardischen Bibliothek gekommen, liest man auf einem Zettel die Worte:


D. O. S.

Bibliothecæ Gerhardinæ

Pars sum.

Cave,

Ne macules,

Ne laceres,

Ultra mensem ne e dicta

Bibliotheca

Apud te retineas,

Furari noli.
[1344]

Unter denen Büchern, die von Wittenberg hieher gekommen, befinden sich sechs Missalia, welche der Churfürst Friedrich der dritte, durch Lukas Cranach mit schönen Gemälden zieren lassen, nebst einer im Jahre 1541 gedruckten Bibel, deren sich der Churfürst Johann Friedrich bedienet hat. Nicht sowohl der Druck, als die trefflichen Gemälde, womit gemeldter Cranach dieses Werk im Jahre 1543 versehen, geben ihm einen hohen Preis, und sind dergleichen außer diesem nur noch zwey Exemplare verfertiget worden, davon das eine damals an den Markgrafen Albrecht geschickt worden, und noch in Königsberg aufgehoben wird, das andere aber nach Dännemark gekommen, und in dem letzten unglücklichen Brande der Stadt Kopenhagen verlohren gegangen. Auf dem ersten Blatte, welches den Pabst, die Kardinäle und andere Clerisey mit ihren Maitressen in der Hölle sitzend vorstellet, bemerket man auch einen kleinen Drachen, als das gewöhnliche Malerzeichen des berühmten Cranach. Zween andere Codices, so die sonntäglichen Evangelia und Episteln in sich halten, sind vom Pabste Leo dem zehnten im Jahre 1507 an den Churfürsten Friedrich den weisen geschickt worden. Man bemerket dabey nach des D. KanoldsMuseograph. p. 398. daß der Churfürst vom PabsteLocum tenens S. R. I. genennt wird, welchen Titel man sonst nirgends, als nur noch auf einem Thaler findet. Ferner ist noch ein Codex Membranaceus der vier Evangelisten durch diesen Meister mit Gemälden gezieret, vorhanden. Ein anderes auf Pergamen geschriebenes, mit vielen verguldeten Zügen und Schriften versehenes Werk hat vorzeiten Carolo V. Sapienti, Könige in Frankreich gehört, und enthält allerleyexperimenta Physica und Chymica aus dem Aristoteles und neuern Naturkündigern. Etliche sachen sogar die Kunst Gold zu machen darinnen, ich zweifele aber, ob man so viel dieses kostlichen Metalles daraus verfertigen lernen wird, als in der Verguldung des Buches angebracht worden. Es ist dasselbe im Jahre 1377 geschrieben. Die hier auf Pergamen befindliche französische Uebersetzung des BOETIIde Consolatione Philosophiæ ist vom David Aubert verfertiget, und der Gemahlinn Caroli Audacis, einer englischen Prinzeßinn, im Jahre 1476 zugeschrieben. Von Codicibus Burgundicis können noch mehrere vorgezeiget werden, welche vorzeiten an die clevischen Herzoge, und durch die Heirath mit der Prinzeßinn Sibylla an das Haus Sachsen und hieher gekommen sind.

Eine französische Uebersetzung der ganzen Bibel in zween Folianten ist vom vierzehnten Jahrhunderte, mit vielen Gemälden versehen, und gehörte vorzeiten dem Duc de Croix. Ein großes Missale enthält viele Portraite hoher Personen aus königlichem englischen Geblüte und dem Hause Oesterreich.

Ein rares und in deutscher Sprache geschriebenesMartyrologium aus dem zwölften Jahrhunderte, stellet in Gemälden verschiedene Arten der Marter vor.VenerabilisBEDAEMartyrologium ist aus dem zwölften Jahrhunderte vorhanden. Geographus Nubiensis arabisch vom VELSCHIO abgeschrieben, ist in dieser Sprache noch nicht gedruckt. Ein Manuscript von der Kindheit Christi ist aus dem zwölften Jahrhunderte, und in deutschen Reimen geschrieben.Der Codex MStus Epistolarum Pontificum, welcheIVO CARNOTENSIS zusammen getragen hat, ist eines von den raresten Stücken dieser Bibliothek. Das hier befindliche Manuscript der ChronicorumOTTONIS FRISINGENSIS ist in verschiedenen Stellen vollkommener, als das vom VRSTISIO herausgegebene Exemplar. Weil es auchaus dem zwölften[1345] Jahrhunderte kömmt, und die vornehmste Geschichte dabey abgemalet sind, so dienet es, um die Trachten der damaligen Zeiten daraus zu erkennen. Unter den übrigen Manuscripten sind viele Schriften der Kirchenväter; etliche Alcorane; ein Werk der Caraäer in zween Folianten, wofür der königliche preußische Hofprediger Jablonsky dem ehemaligen Besitzer derselben, D. Danz, einhundert Ducaten vergeblich gebothen hat. Das DecretumGRATIANI; ein Codex Decretalium, der in vielen Dingen von unsern gedruckten Exemplaren abgeht; ein Stück der Digestorum mit einer Glossa, aus dem dreyzehnten Jahrhunderte; der SOPHOCLEScum Scholiis, vor ohngefähr dreyhundert Jahren geschrieben; Marcus PaulusdeVENETISde conditionibus regionum Orientalium; zween Codices von PetrideVINEISEpistolis; dieChronicaCONRADI VRSPERGENSIS; ANONYMI Historia Principum Anhaltinorum, so noch nicht im Drucke erschienen; Chronicon Schwarzacense; ein zur sächsischen Historie nützliches Copialbuch vom Kloster Dobrebluck, worinnen alle Privilegien desselben enthalten sind; etliche Meistersänger-Bücher; eine deutsche nürnbergische Chronik vom Jahre 1585; HenriciCVNRADI Werk von der Kunst, den Lapidem Philosophorum zu bereiten, welche er aus dem hohen Liede Salomonis lehren will; ein Chronicon vom deutschen Orden etc.

Von des CAMPANELLAEAtheismo triumphato wird ein Autographum, welches er in seinem Gefängnisse zu Neapolis wieder gemacht, hier aufgehoben. Es trifft solches in der Hauptsache mit den gedruckten Exemplaren überein, in den Nebendingen aber finden sich viele Veränderungen. Es zeigen indessen die verschiedenen Handschriften, so in diesem Werke vorkommen, daß Campanella es nicht ganz mit eigener Hand geschrieben hat. Diejenigen, so in der Meynung gestanden, als sey das sächsische Weichbild in seiner originalen deutschen Sprache nirgends mehr vorhanden, können durch ein hiesiges Manuscript, das über dreyhundert Jahre alt ist, ihres Irrthums leicht überzeuget werden. Es ist bekannt, wie zur Zeit des Joh. Hussen die Anhänger und Lehrlinge des Conrad Candelburgs, als man nicht frey wider das Pabstthum sprechen durfte, die wahre und falsche Kirche unter mancherley Bildern vorgestellet, woraus hernach Luther mit Cranachen zu Verbesserung solcher Sinnbilder Gelegenheit genommen. Von diesen Antithesibus Fratrum Candelburgicorum findet sich gleichfalls ein Volumen in dieser Bibliothek, Unter den gedruckten Werken ist von[1346] Luthers Bibel dasjenige Exemplar vorhanden, welches dieser Reformator selbst zu seinem Handbuche gebraucht, und an vielen Orten mit geschriebenen Verbesserungen, die näher zum Grundtexte treten, vermehret hat, welches diejenigen wohl überlegen möchten, welche ein Crimen læsæ orthodoxiæ daraus machen, wenn man auch mit offenbarem Grunde nur das geringste wider die deutsche Uebersetzung Lutheri, welche dieser um die christliche Wahrheiten sehr verdiente Mann, selbst niemals für infallible und unverbesserlich ausgegeben hat, auf die Bahn bringt7.

Endlich bekömmt man auch allhier den Stab des thüringischen Apostels und nachmaligen Erzbischofs zu Mainz; St. Bonifacius, zu sehen. Dieses geistliche Alterthum besteht aus schwarzem Holze, welchem die Würmer, ohne Respect für dessen ehemaligen Besitzer zu tragen, schon hart zugesetzet haben8.

Das Bosische Kabinet, so zu dieser Bibliothek ge kommen, ist mit in- und ausländischen Münzen wohl versehen. Rand rechts: Bosisches Kabinet. Es verdienet auch der medicinische Garten beym Collegio Anatomico in Augenschein genommen zu werden.

Von Jena bis Weymar sind zwo Meilen in einer schönen Gegend. Rand rechts: Weymar. Diese letztere Stadt liegt in einem Thale an der Ilme. An der fürstlichen Residenz Wilhelmsburg wird noch gebauet, und ist erst das Corps de Logis nebst dem einen Flügel fertig. Das ganze Gebäude wird, wenn es zu Stande gekommen, wohl in die Augen fallen, und ist nur Schade, daß die Fenster nicht von einer größern Höhe und der Schloßhof von mehrerer Breite ist. Das alte dabey gelegene Schloß, nach welchem ein hölzerner Gang geht, heißt das rothe Schloß. Rand rechts: Sonderbares Echo. In der Wilhelmsburg ist ein mathematisches Kunstgemach oder Turris Echonica zu bemerken, in welchem zwo Personen, die einander gegenüber stehen und leise gegen die Wand sprechen, sich deutlich verstehen können, ohne daß die in der Mitte stehenden etwas davon vernehmen. Rand rechts: Fürstliche Bibliothek. Von der herzoglichen Bibliothek, welche durch des Vicekanzlers, Moriz Gerhard von Lilienheim, des Baron Logau, und des berühmten Conrad Schurzfleisch Büchersammlungen, desgleichen durch die aus der Gudenischen Auction angeschaffte schöne Werke, zu einer der besten in Deutschland angewachsen, hat Heinrich Leonhard Schurzfleisch im Jahre 1715 eine besondere Nachricht herausgegeben. Rand rechts: Münzkabinet. Das Münzkabinet, worinnen sonderlich die sächsischen Medaillen und Numismata trefflich beysammen sind, ist[1347] dem ehemaligen churfürstlichen sächsischen geheimen Rathe und Oberhofmarschall, Friedrich Adolph von Haugwitz abgekaufet worden. Rand links: Kunstkammer. Den Grund zur Kunst- und Naturalienkammer machen diejenigen Curiositäten und Merkwürdigkeiten aus, welche der ehemalige leipziger Bürgermeister von Adlershelm besessen hat, und findet man darunter auswärtige Thiere, Mineralia, Petrefacta, Conchylia, künstliche Arbeit in Wachs, Elfenbein, Achat etc. optische und mathematische Instrumente, Kräuter, Bluhmen etc. in großer Menge. Rand links: Galerie von Gemälden. Der Bilder- oder Gemälden-Galerie fehlet es nicht an guten und kostbaren Stücken, worunter auch diejenigen zu rechnen sind, welche der General von Wutgenau aus seinen italienischen Kriegeszügen mitgebracht, und für achttausend Thaler hieher verkaufet hat.

Von Weymar bis Erfurt sind drey Meilen. Der ganze Strich Landes von Jena bis Gotha ist so angenehm und fruchtbar, daß wenn ganz Thüringen also beschaffen wäre, es billigunter die schönsten und besten Provinzen Deutschlandes zu rechnen seyn würde. Rand links: Erfurt. Die Lage von Erfurt ist wie man sie nur wünschen mag, und fällt diese Stadt wegen ihrer vielen Thürme gar wohl ins Auge. Rand links: Größe der Stadt. Der Fluß Gera vertheilet sich fast in die meisten Strassen, und wird die Anzahl der Häuser (welche aber meistentheils klein sind) auf zwölftausend gerechnet, worunter aber vermuthlich auch alle Neben- und Hinterhäuser gezählet sind.

In den meisten Gegenden sind Gärten bey den Häusern angeleget, welches den Umfang der Stadt um vieles vergrößert. Ueberhaupt fehlet es diesem Orte an Leuten und Einwohnern, und ist kaum der nordostliche Theil gehörigermaßen bewohnet. Die Statthalterey und die Wage sind ansehnliche Gebäude, und würde auch das diesem letzten gegenüber neuangelegte Jesuiterkloster der Stadt eine gute Zierde gegeben haben, wenn es zu Stande gekommen wäre. Man zählet allhier acht tausend Katholiken und vier und zwanzig tausend Evangelische. Rand links: Eintheilung der Kirchen unter den Katholiken und Evangelischen. Jede Partey hat acht Kirchen, worinnen wirklich Gottesdienst gehalten wird, und eben so viele, die nicht im Gange sind. Die evangelische Glaubensgenossen könnten mehr als acht Kirchen besetzen und füllen, wenn es wegen des Unterhaltes der Geistlichen nicht Schwierigkeiten gäbe, indem alle Besoldungen aus der hiesigen Kammer des Churfürsten von Mainz gereichet werden. Der Rath in der Stadt ist halb lutherisch, halb papistisch, von den sechs Oberrathsmeistern oder Bürgermeistern aber sind viere der römischen Kirche zugethan. Rand links: Universität. Die Universität ist mit geschickten Leuten besetzt9: allein, weil die Zahl der Studenten kaum zweyhundert und funfzig ausmachet und die Besoldungen schlecht sind, so müssen sie auf Nebenarbeit und andere Bedienungen zugleich bedacht seyn. Zu Lehrern der theologischen Facultät werden keine andern als Katholiken genommen, die Jesuiten aber bisher noch davon ausgeschlossen. Die übrigen Facultäten sind vermischet, und keine gewisse Anzahl der Professoren fest gestellet.

Die Garnison der Stadt besteht aus tausend Mann, nämlich fünfhundert churmainzischen Soldaten, und einem kaiserlichen Bataillon, welche letztere Truppen vom Kaiser bezahlet und von dem Churfürsten zu Mainz mit Geschenken bedacht werden. Rand links: Garnison. Indessen brauchet man diese kaiserlichen Soldaten weder in der Festung noch unter den Thoren, sondern zu andern Postirungen. Die Cyriacsburg liegt eine halbe Vierthelstunde von der Stadt an dem[1348] Wege nach Gotha. Rand rechts: Festung. Die eigentliche Festung oder der St. Petersberg ist nach der neuen Art, wiewohl nicht regular fortificiret, weil man etliche hohe Werke, welche die Schweden ehemals angeleget hatten, beybehalten wollen. Dieses Castel liegt zu nahe an der Stadt, und kann man von dieser Seite in dem ungleichen Terrain sich leicht eingraben und unter die Canonen kommen. In der Benedictinerkirche auf dem Petersberge zeiget man vor dem hohen Altare den Grabstein eines Grafen von Gleichen, welcher zwischen zwoen Frauen abgebildet ist. Rand rechts: Fabel von der Polygamia eines Grafen von Gleichen. Allein dieses beweist keinesweges die bekannte Fabel von den zwoen Weibern, welche dieser Herr zu gleicher Zeit soll gehabt haben. Kein Scriptor coævus gedenkt etwas davon, man weis nicht einmal die Namen der Hauptpersonen anzugeben, das große Bette, so auf dem ehemaligen Gleichischen Schlosse Ortruff aufgehoben wird, findet in vielen alten Schlössern seines gleichen, und ist eine solche Haushaltung zwoer Frauen mit ihrem Manne in einem Bette nicht leicht zu vermuthen. Indessen zeigen sie auch in dem hiesigen an besagte Kirche stoßenden Benedictinerkloster Perlen und andern Schmuck eines Priesterornats, welche die Saraceninn aus der Türkey mit sich gebracht haben soll.

Die Domkirche hat ein schönes Chor, eine treffliche Orgel und etliche bischöfliche Begräbnisse, nebst den Grabmaalen des Eobanus und Adelarius. Rand rechts: Domkirche. Die auf dem Thurme hängende große Glocke ist im Jahre 1497 von Gerhardo Yvone de Kempis gegossen und bey der im Pabstthume gewöhnlichen Taufe Maria Gloriosa von dem Weihbischofe D. Johann von Lasphé genannt worden. Rand rechts: Große Glocke. Ihr Klöppel ist drey und ein Vierthel Ellen, und wird zwölf Zentner schwer geschätzet. Die Glocke selbst wiegt zweyhundert und sechs und siebenzig Zentner, ist fünf Ellen hoch, eine Vierthelelle dick, und hat funfzehn Ellen in ihrem Umfange. Es ziehen sechszehn Männer an ihr, wann sie recht geläutet werden soll. Bey dem Eingange des Doms hängt ein Knoche von der vertebra eines Wallfisches, und an der Ecke rechter Hand ist unter den Zierrathen eines Gesimses ein Concubitus Monachi cum Monacha gar deutlich in Stein gehauen, daß man also nicht nur aus dem straßburgischen sondern auch hiesigen Domgebäude zeigen kann, wie die Clerisey vor der Reformation es so grob und plump in ihrem Leben und Wandel getrieben, daß auch die Handwerksleute nicht unterlassen können, in öffentlichen Gebäuden ihren Spott darüber zu treiben, wo nicht gar die jalousie zwischen den Mönchen und der übrigen Clerisey zu solchen ärgerlichen Vorstellungen Anlaß gegeben und den Layen dergleichen Arbeit anbefohlen hat. Rand rechts: Satirische Bildhauerarbeit. Nahe am Dome ist die Collegiatkirche St. Severi, welche drey Thürme an ihrem Frontispicio und eine schöne Orgel hat. Rand rechts: St. Severikirche. Der Taufstein oder vielmehr das Gehäuse herum ist sehr künstlich gemacht, und obgleich drey Seulen an demselben zu sehen sind, welche sich in der Höhe von zwanzig Fuß vereinigen, so soll das ganze Werk dennoch nur aus einem einzigen Steine bestehen. Ob solches wahr sey oder nicht, kann kein Fremder untersuchen, weil man die Thor heit begangen, alles mit Farbe dergestalt zu überstreichen, daß man unmöglich eine Zusammenfügung bemerken kann, wenn auch gleich hundert und mehrere derselben vorhanden wären.

In dem evangelischlutherischen Weysenhause bey der Augustinerkirche wird die Kammer, welche D. Luther ehemals bewohnet hat, gezeiget10. Rand rechts: Luthers Kammer. Die sogenannte Ministerialbibliothek,[1349] welche von der evangelischen Geistlichkeit zu Ende des vorigen Jahrhunderts angeleget worden, hat unter andern sehr gute hebräische Manuscripta, die von den ehemals hier ausgejagten Juden herkommen. Rand links: Ministerialbibliothek.

Die Universitätsbibliothek hat durch den im Jahre 1718 nebst einem Capital von drey, tausend Thalern geschenkten Boineburgischen Bücherschatz einen trefflichen Zuwachs erhalten, und steht nun in derSchola Juris hinter dem Stifte St. Maria. Rand links: Universitätsbihliothek. Ueber der äußern Thüre derselben liest man:


Iohannes Philippus

Patruus,

Feliciter reduxit & muniit Urbem

Lotharius Franciscus

Nepos,

Legibus conservat & auget.

Uterque magnus & maximus,

Quos in S. R. Imperii Electorum Catalogo

Veneratur Imperium.

Urbem specta & leges lege,

Eximia ubivis monumenta prudentiæ & providentiæ

Utrique adstitit fidele Ministerium,

Par Nobilissimum

Pater & Filius

Iohannes Christianus L. B.

Philippus Wilhelmus, Comes a Boineburg,

Uterque inter Consiliorum meditamenta,

Uti Studia & Labores,

Ita collecta undique librorum Volumina

cum insigni dote

Usui publico sacravit,

Fovente & laudatos conatus clementer javante

Eminentissimo Electore

Lothario Francisco.

Qui e diruta Juris Schola

Sacratum hoc Musarum palatium

Magnis sumtibus erexit,

Et Bibliothecæ Universitatis Boineburgicæ

dicavit

A. O. R. MDCCXXIII.

Bibliotheca Boineburgica.


Innen über der Thüre stehen die Worte: Hic mortui vivunt, und gegenüber unter dem Bildnisse des Grafen von Boineburg, ehemaligen Statthalters zu Erfurt: Hic muti loquuntur. Unter den Manuscripten dieser Universitätsbibliothek befinden sich Acta & Decreta Concilii Basileensis, Sermones in eodem habiti, Sermones habiti in Concilio Constantiensi, die lateinische Handbibel Johann Hussens und der Psalter mit einer Glossa auf Pergamen. Von den alten Drucken kann D. Kanold in seiner Museographia p. 393 nachgesehen werden.[1350]

Auf einer Brücke über die Gera ist an einem Steine ein Rad zu sehen, und soll solcher Platz die Mitte der Stadt seyn. Rand rechts: Des D. Fausts Haus. Nahe dabey wird ein Haus für die ehemalige Wohnung des berühmten D. Fausts angegeben.

Gotha ist drey Meilen von Erfurt entfernet. Rand rechts: Gotha. Die Stadt liegt im Thale, das herzogliche Schloß aber auf einer Höhe. Vorzeiten führte es den Namen von Grimmenstein, welchen man nach der unglücklichen Veränderung, welche unter dem Herzoge Johann Friederich vorgegangen, in Friedenstein verwandelt hat. Die herzogliche Bibliothek besteht ohngefähr aus dreyßigtausend gedruckten Bänden, und zweytausend geschriebenen Voluminibus, von deren Wichtigkeit man aus des berühmten und in der Kirchenhistorie sehr erfahrnen D. Cyprians11 herausgegebenen Catalogus einigermaßen urtheilen kann. Rand rechts: Herzogliche Bibliothek. Seit wenigen Jahren und nach der im 1714ten Jahre geschehenen Herausgebung des itztgedachten Werkes hat sich die Anzahl der Manuscripte um ein großes vermehret. Fremden, die weder Zeit noch Gelegenheit zu genauer Einsicht dieser Dinge haben, zeiget man ein altes Manuscript der Bibel, so bis auf die Propheten geht, und mit vielen Verguldungen und Gemälden gezieret ist; etliche griechische und lateinische Breviaria, von deren letzten eines mit seinen Gemälden und einem kostbaren Bande für den Kaiser Karl den fünften verfertiget worden; Spalatins Handbibel vom Jahre 1518, sehr klein und enge geschrieben; Epistolas ERASMI, LVTHERI MELANCHTHONISThomæ MÜNZERI, CARLSTADII, ZWINGLI, CALVINI, SCHWENKFELDII, ElectorumFRIDERICISapientis, IOHANNIS FRIDERICI etc.; das Originalschreiben des englischen Königes Heinrichs des achten an die Herzoge von Sachsen wider D. Luthern. Vom Churfürsten IOHANNEConstante sind vier Folianten, Recepte und andere Miscellanea vorhanden. Am Ende des einen sind die Geburtstage seiner Kinder mit ihren Taufpathen angemerket, und sieht man aus solcher Nachricht, daß er öfters Schöffer oder Amtleute und Landprediger zu Gevattern gebethen. Rand rechts: Von des Churfürsten Johannes Gevattern. Manuscripta Jacobi de Strada. Ferner finden sich allhier ein und dreyßig Folianten, worinnen die Münzen der alten römischen Kaiser von IacobodeSTRADA, einem Mantuaner, der in der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts gelebet, und einen Sohn Octavium Stradam hinterlassen hat, sauber abgezeichnet sind. Die numismata Julius Cäsars und seiner Frauen füllen alleindenersten Band. Dieses Werk ist im 1550sten und folgenden Jahren für Joh. Jacob Fugger, Grafen in Kirchberg und Wissenhorn, welcher die Zeichnung einer jeden Münze mit einem Goldgulden bezahlet hat, ausgearbeitet worden. In der kaiserlichen Bibliothek zu Wien sind von eben diesem Autor X Tomi, davon zween die numismata Consularia abhandeln, drey die lateinischen Münzen der römischen Kaiser vom Julius Cäsar an bis auf Claudium Gothicum, drey die griechischen nummos der besagten Kaiser, und zween die übrigen nebst etlichen der sogenannten barbarischen Völker.

Aus diesen zu Wien befindlichen Theilen machet Lambecius viel Wesens, obgleich an des Strada Treue und Aufrichtigkeit in Anführung seiner Münzen vieles auszusetzen ist. Die hier befindliche Capitularia Regum Francorum und andere Gesetze hat Eccard bey Herausgebung seiner Legum antiquarum gebraucht.

Die Kampf- und Kolbengerichte der alten Deutschen bekommen viele Erläuterungen aus den Gerichtsverordnungen, welche die würzburgischen Bischöfe Gottfried und Johann in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts publiciret haben, absonderlich sieht man aus einer[1351] beygefügten Abzeichnung, wie ein Mann, der bis an die Mitte seines Leibes in einer Grube stund, wider eine Frau zu kämpfen hatte. Rand rechts: Kampfordnungen. In einem Bann oder einer Verordnung des Bischofs Gottfried, wird derjenige, welcher zu dem Kampfe nicht erscheint, für unehrlich erkläret, sein Leib den Thieren Preis gegeben etc. und zwar im Namen des Teufels, welches ein seiner bischöflicher Segen ist. Von Wilhelm, Herzoge in Bayern, ist auch ein Thurnierbuch vorhanden, so aus lauter Gemälden besteht, und von H. Osdentarsser verfertiget ist. Ein anderer Codex zeiget in Gemälden die alten Libreyen, welche die Churfürsten und Herzoge zu Sachsen ihren Hofbedienten gegeben. Unter dem Titel: Friderici Electoris Saxonlæ & Johannis Ducis Saxonlæ Fratrum vestitus hyemalis Ao. 1522, sieht man dasjenige, was auch die Münzen bekräftigen, nämlich daß diese zween Herren in angeführtem Jahre angefangen haben, die Buchstaben V. D. M. I. Æ. auf die Kleider und insbesondere auf die Aermel nehen zu lassen. Rand links: Buchstaben an Libreyen. Die Bedeutung derselben war, Verbum Domini Maaet In Æternum, die Römischkatholischen aber machten spottweise daraus: Verbum Domini Manet Im Aermel. Die hier verwahrte Copey der Aureæ Bullæ ist eine von den allerersten. und nach etlicher Meynung diejenige, welche dem Churfürsten von Sachsen zugestellet worden. Ein Manuscript des Ty chonisdeBRAHE führt den Titel: Stellarum octavi orbis inerrantium restitutio. Unter den geschriebenen Büchern, die aus der Bibliothek Philipps, Herzogs von Cleve, hieher gekommen, findet sich auch eine französische Lebensbeschreibung Alexanders des großen, welche an romanhaften Erzählungen den Curtius noch übertrifft. Die Codices Manuscripti der Auctorum Classicorum, v. g. Justini, Quinctiliani etc. sind in starker Anzahl vorhanden. Von neuen französischen Staats-Memoires haben die herzoglichgothaischen Prinzen vor wenig Jahren sieben Folianten aus Frankreich zurückgebracht, welche ihnen von etlichen Prinzen vom Geblüte mitgetheilet worden, und zweyhundert Thaler nur abzuschreiben gekostet haben.

Unter den hiesigen alten Drucken zeiget man Digesti novi opus, oder den letzten Theil der Pandekten vom neun und dreyßigsten Buche an, zu Venedig im Jahre 1477 auf Pergamen gedruckt. Von eben diesem Orte und Jahre ist das Jus Canonicum in dreyen Bänden.

Die florentinische Edition der Pandekten vom Jahre 1553 apudLaurentium Torrentinum, fol. und die ältesten Drucke des Theuerdanks, deren eine auf Pergamen in Folio ist, können gleichfalls hier in Augenschein genommen werden. In den Zimmern der itztgedachten Bibliothek sind die Portraite vieler fürstlichen Personen, Minister und Gelehrten aufgestellet.

Das Münzkabinet steht unter dem Secretär Liebe, welcher vor kurzer Zeit eine treffliche Probe von seinen Wissenschaften und den raresten hiesigen alten Münzen in seiner Gotha numaria in Folio herausgegeben hat. Rand links: Münzkabinet. Nachdem das arnstädtische Kabinet, wofür der Herzog von Gotha in allen beynahe hundert tausend Thaler gegeben hat, hieher gebracht worden: so ist die gothaische Münzsammlung nächst der kaiserlichen, königlichen französischen, florentinischen und parmesanischen eine der vornehmsten in der Welt und in vollkommener Einrichtung, was sowohl die Medaillen selbst, als die dazu gehörigen Bücher anlangt. Die Anzahl der Bracteaten beläuft sich auf achthundert bis tausend, und bis auf die letzte Anzahl steigen auch die alten goldenen Münzen. Die ältesten derselben sind von Philipp, dem Vater Alexanders des großen. Unter den gangbaren Münzen ist diejenige die schwerste, welche Aurengzeb in Silber prägen lassen und sieben Mark wiegt. Rand links: Hiesige schwerste Münze. Die größte Medaille ist vom itzigen Könige in Preußen, und stellet auf der einen Seite sein Brustbild vor, auf der[1352] andern aber eine Musterung mit der Ueberschrift: Pro Deo & Milite. Sie wiegt im Golde fünfhundert Ducaten, ist allhier aber nur in Silber. Rand rechts: Preußische Musterungsmedaille. Das an Größe am nächsten folgende Schaustück ist von Christian dem fünften, Könige in Dännemark. Die rußischen neuern Medaillen in Golde hat man von dem General Wutgenau für funfzehnhundert Thaler gekauft. Ein von Otto Hameran zu Rom geprägtes Schaustück bildet auf der einen Seite den Prätendenten mit seinem eigenmächtiger Weise angenommenen königlichen Titel ab, und auf dem Reverse liest man um das Bildniß seiner Gemahlinn: Rand rechts: Des englischen Prätendenten. CLEMENTINA MAGNAE BRITANNIAE E. T. C. REGINA. In den Buchstaben E. T. C. haben einige ein Geheimniß und besondere Auslegungen suchen wollen, ich glaube aber, daß die Puncte, welche sie von einander absondern, durch ein bloßes Versehen hineingerathen, und nichts anders als eine Verkürzung der Formel ETCætera hier vorkomme. Unter den raren Thalern steht der dänische greifenseldische und der große sickingische oben an; ich würde auch den heßischen vom Philippus Magnanimus mit der Ueberschrift: Rand rechts: Rare Thaler Philippi Magnanimi. Besser und Leut verlohren, als einen falschen Eid geschwohren, hieher rechnen, wenn itzt nicht außer allem Zweifel wäre, daß dieser Thaler eine pure Erfindung und Betrug eines gewinnsüchtigen Goldschmiedes gewesen, welcher vor nicht garlangen Jahren die Neugierigkeit der Münz. liebhaber, die für einen solchen Thaler bisweilen gern hundert andere gezahlet, schändlicher Weise gemisbrauchet hat. Rand rechts: Medaille des meklenburgischen Adels 1718. Indessen hat seine Umschrift dem meklenburgischen Adel zum Reverse einer Medaille, die sie als ein Andenken ihres bedrückten Zustandes prägen lassen, Gelegenheit gegeben. Es bildet solche auf der einen Seite einen in Brand gesteckten Bienenkorb ab, mit der Umschrift:


Fatis cedentes migrate coloni Ezech. 46. c. v. 18.


Untenher liest man:


Dominica Misericordias Domini Anno 1719.

I. Petr. II. v. 23.


wodurch der Sonntag, an welchem der Herzog Karl Leopold das bekannte harte Edict wider den Adel von den Kanzeln ablesen lassen, angedeutet wird. Auf der andern Seite ist der Adler mit dem Blitz in den Wolken zu sehen, unter welchen eine Hand die Finger zum Schwören in die Höhe richtet. Die Umschrift ist:


Ad aras usque obsequens. Actor. 4. v. 19.


Die Unterschrift:


Non pejerasse juvabit.

Exod. 20. c. v. 7. etc 16.


Auswendig um den Rand der Medaille sind die Worte gesetzt:


Lieber Hab und Guth verlohren,

Als ein falsches Eyd geschworen.


In Gotha halten sich zween Medailleurs auf; unter welchen Koch der beste, dabey aber auch sehr theuer ist. Rand rechts: Gothaische Medailleurs. Der alte Wermuth arbeitet zu hurtig, und ist daher nicht accurat, er mischet sich auch anitzt in die Medicin und viele andere Dinge, so ihn von seinem Hauptwerke abführen. Die Sammlung aller silbernen Schaumünzen, welche Ludwig der vierzehnte bis aufs Jahr 1700 prägen lassen (denn neuere sind nicht zum Vorscheine gekommen) ist bey ihm für dreytausend Thaler, und die englischen für achtzehnhundert Thaler zu haben. Die Erfindungen, die er auf vielen von ihm selbst ausgearbeiteten Stücken angebracht, könnten[1353] öfters besser seyn, und wäre überhaupt zu wünschen, daß nicht jedem Stempelschneider frey stünde, nach Gefallen Medaillen, so zum Andenken historischer Begebenheiten dienen sollen, zu prägen, sondern daß geschickten Männern von der Obrigkeit die Aufsicht und Censur über dergleichen Arbeit aufgetragen würde. Rand links: Misbrauch so bey Verfertigung der Medaillen einreißt. Die Gedächtnißmünzen sollten helfen, die Historie daraus zu erläutern und fest zu setzen; allein wie man heut zu Tage damit umgeht, kann es nicht anders seyn, als daß in etlichen Jahrhunderten durch die Medaillen selbstin der Historie eine große Ungewißheit entstehen wird. Was die neuern herzoglichen gothaischen Gedächtnißmünzen betrifft, so können die meisten nicht anders als wohlgerathen, weil sie von der Erfindung des D. Cyprians sind, welcher insbesondere darauf sieht, daß das motto oder die Umschrift allezeit aus einem alten Scriptore genommen, und auf die neuere Geschichte glücklich angewendet werde. Die letzte Medaille, so von dieser Art allhier bey Kochen gepräget worden, stellet auf der einen Seite die Brustbilder der sieben itztlebenden Sachsen. Gothaischen Prinzen und auf der andern ihren Herrn Vater, den itztregierenden Herzog vor, um dessen Bildniß die Worte zu lesen sind:


Cari genitoris imago.


Dis Kunstkammer ist mit vielerley merkwürdigen Dingen angefüllet. Rand links: Gothaische Kunstkammer. Gleich anfangs fallen so viele Onyxsteine und daraus verfertigte Kunststücke in die Augen, daß ihr Werth sich über sechszigtausend Thaler erstrecket. Aus einem Stücke, das sechszehntausend Thaler hoch geschätzet wird, ist ein sitzender Mann mit einem Spieße nebst einer vor ihn stehenden Frau sehr künstlich gebildet. Rand links: Onyxsteine. An einem andern ist ein Onyx und ein Sardonyx beysammen gewachsen.

Von vier großen Schalen, deren die eine aus rothem, die andere aus grünem Jaspis, die dritte von weißem Achat, und die vierte von Lapide Nephritico, (welcher wider den Gift und Steinschmerzen sehr gerühmet wird) ist jede aus einem einzigen Stücke verfertiget. Rand links: Andere Kunststücke aus kostbaren Steinen. Ludwigs des vierzehnten kleines Brustbild besteht aus einem Amethyst. Ein silberner Elephant auf einem achatnen Fußgestelle und mit einer Decke aus Golde, die mit Smaragden und Diamanten besetzet ist, kömmt aus den künstlichen Händen des Dinglinger in Dresden, von welchem auch ein Schreibzeug von emaillirter und mit Steinen besetzter Arbeit vorhanden, so ehemals achthundert Thaler gekostet, und hernach von einer gewissen Fürstinn für dreyßig Thaler hieher verkaufet worden. Acht erhaben geschnittene Steine oder Camei nebst der Kreuzigung Christi, so in Holz vom Kreuze Christi geschnitten ist, sind anfänglich in dem Kabinette der schwedischen Königinn Christina gewesen, und dieser Prinzeßinn vom Pabste Alexander dem siebenten verehret worden. Von andern sowohl alten als neuen Camei und Intagliati findet sich nicht weniger ein großer Vorrath allhier. An des römischen Kaisers Matthias Mundglase ist viele Goldarbeit zu sehen, und dasjenige, dessen sich der hiesige Herzog Ernestus Pius zu bedienen pflegte, aus Bergkrystall mit Diamanten besetzt. Unter sieben großen aus Elfenbein künstlich gearbeiteten Kannen ist sonderlich die vom Baltasar aus Dresden verfertigte sehenswürdig. Von den irdenen Gefäßen, welche Raphael d'Urbino gemalet haben soll, zeiget man drey, nebst einer großen Schale von schwarzem und weißem Email auf Kupfer, welche ihm auch zugeschrieben wird, und dem Herzoge zehntausend Thaler gekostet hat. Aus dem arnstädtischen Kabinette sind viele ostindische Götzen aus Speckstein hieher gekommen. Unter den vielen hier befindlichen Gemälden ist ein moscowitisches Altarblatt mit einem Taufbecken und Kelche, so beyde von Glas sind. Rand links: Gemälde. Ferner bemerket man das Portrait des Rubens, seiner Maitresse und seines Discipels Vandyck, sämmtlich von[1354] Rubens selbst gemalet; etliche gute Mignatur- wie auch Nachtstücke, nebst einem Buche, worein der alte Brügel ein und sechszig Portraite großer Herren, unter welchen der Kaiser Rudolph der zweyte der erste ist, vortrefflich schön gemalet hat. Vom itztgedachten Brügel ist auch eine spanische Wand von sieben großen Flügeln, worauf die Geschichte des neuen Bundes vorgestellet sind, und wofür der Herzog acht tausend Thaler gegeben hat. Der Ring des Churfürsten Johann Friedrichs hat oben an statt des Steines eine kleine Uhr, welche vermittelst eines subtilen Stachels die Stunden anmerket. Unter der böxnsteinernen Arbeit ist ein Schachspiel und ein kleiner Altar sehr schön. Es fehlet auch nicht an krystallenen Gefäßen. Eine mit Figuren gezierte Altarkanne ist wegen ihrer Größe, da sie doch in ihrer Rundung nur aus einem einzigen Stücke Hollunderholzes besteht, merkwürdig. Unter den Kunststücken von Wachsarbeit ist vieles, und sonderlich die herzogliche gothaische Familie, von der Hand eines Frauenzimmers, Braun genannt, so unter dem vorigen Herzoge in Gotha gelebet hat. Rand links: Wachsarbeit. Der Herr Vater, die Frau Mutter und Großmutter des itztregierenden Herrn, nebst vier andern trefflichen Stücken von schönen weißem Wachse, sind von einem hiesigen Künstler Abraham Drentwet, welcher die letzten Stücke im Jahre 1724, im sieben und siebenzigsten Jahre seines Alters zu Stande gebracht hat. Hiebey ist ein rundes Tischblatt, dessen Diameter über acht gemeine Spannen beträgt, aus einem einzigen Stücke Cedernholzes zusehen. Von des Albrecht Dürer Kunst und Wissenschaft zeuget die Vorstellung unserer ersten Aeltern unter dem Baume, an welchem insbesondere die Ausdrückung des Laubwerkes zu bewundern ist. Für dieses Stück sind tausend Ducaten gezahlet worden. Bey den elfenbeinernen Kunststücken bemerket man vierzehn in einander gedrechselte Kugeln, desgleichen Augustus, den König in Pohlen, zu Pferde, von dem berühmten Krüger aus Danzig, von welchem auch ein Bettler aus Elfenbein ist, welcher jedoch wider das decorum sei nes Standes mit etlichen diamantenen Knöpfen pranget. Rand links: Eiffenbeinerne Kunststücke. Ein dabey stehender hölzerner Becher, worinnen funfzig andere stecken, die in einander passen und zusammen drey hiesige Maaße halten, sind von nürnbergischer Kunst. Man bemerket ferner eine in Marmor schön abgebildete Schlacht; etliche Stücke von eingelegter florentinischer Arbeit; des Administrators Friedrich Wilhelms Churschwert; zween japanische Säbel mit lackirten Scheiden; einen pohlnischen Säbel, der nebst seiner Scheide mit Rubinen, Türkissen, Lapide Nephritico besetzt, und vom Könige Johann Sobiesky bey der Zusammenkunft mit dem Kaiser Leopold nach dem glücklichen Entsatze der Stadt Wien, getragen worden; verschiedene türkische Säbel, ein Janitscharenrohr und Degen, beyde ganz mit Silber eingelegt; türkische Pfeile, einen Marschallstab von Zimmet, ein Pfefferrohr und einen Stab, in dessen Knopf die Historie des Leidens Christi sauber geschnitten ist. Dieser Stab ist von Einhorn, oder eigentlich zu sagen, von dem Horn eines Fisches, der in den nordischen Gewässern gefangen wird. In dem mineralischen Kabinette, so aus mehr als hundert Schubladen besteht, sind bey dreyßig Zentner Erz anzareffen. Rand links: Mineralienkabinet. Das meiste kömmt aus der Sammlung, welche der Herr von Schömberg auf den sächsischen Erzgebirgen gemacht, und der Herzog von Gotha für funfzehntausend Thaler an sich gebracht hat. Es ist darunter vieles gediegenes Gold- und Silbererz, sehr schöner Jaspis, Geanat- und Amethyststuffen, versteinertes Hollunderholz und dergleichen. Die Instrumenta Mathematica sind noch nicht in rechter Ordnung. Rand links: Mathematische Instrumente. EinCalendarium perpetuum wiegt an Silber dreyßig Pfund, und ist von schöner Arbeit. Die zween Brennspiegel, deren der eine von Kupfer und der andere von Glase ist, kommen von der Hand des berühmten Tschirnhausen, und hat jeder funfzehnhundert Thaler gekostet. Liebhaber der optischen Malereyen können hier etliche Stunden mit Vergnügen zubringen. Ferner finden[1355] sich etliche heydnische Götzenbilder, eine kleine Alrune12, Urnen von Kupfer, Thon und Glas, deren letztern eine von dem verstorbenen Fürsten von Schwarzburg. Arnstadt mit hundert Ducaten bezahlet worden ist13. Rand links: Idola, Urnen, Statuen. Il Toro Farnese ist im Jahre 1614 vom Adrian Vries im Haag meist aus einem Stücke im Kleinen nachgemacht. Dieses Werk ist von Me. tall schön gearbeitet, der Meister aber hat sich die Freyheit genommen, in verschiedenen Dingen von dem römischen Originale abzugehen. Aus einer marmornen Tafel, worauf die geographische Karte von Deutschland mit allen dazu gehörigen Namen erhaben vorgestellet ist, läßt sich muthmaßen, daß der Künstler die Wissenschaft, den Marmor zu beizen, besessen habe, weil man nicht die geringste Spur eines Grabsteins bemerket, sondern alles als gegossen scheint. Diese für verlohren geachtete Kunst, ist seit einigen Jahren zu großem Vortheile der Bildhauer, die in Marmor und dergleichen Steinen arbeiten, wieder entdecket, da man denn vermittelst Spiritus Salis und distillirten Weineßigs, die zu gleichen Theilen vermischet werden, den Marmor so weit man will, und zwar in sehr kurzer Zeit ausbeizet, indessen daß dasjenige, was erhaben und en bosse seyn soll, mit einem gewissen Firnisse oder Lack bedecket ist, und unbeschädigt bleibt. Von dem figurirten florentinischen Marmor habe ich nirgends eine so große Menge, als hier, gefunden. Rand links: Steine aus dem menschlichen Körper. Unter den Steinen, die im menschlichen Körper erzeuget worden, ist ein Blasenstein einer Faust groß von dem berühmten nürnbergischen Theologus Saubertus zu sehen, nebst einem andern nicht viel kleinern von dem hiesigen Hausmarschälle von Stange, in dessen Galle auch ein und siebenzig Steine gelegen. Man hat ferner sieben große Steine aufgehoben, welche aus der Galle einer hiesigen Bettmeisterinn, welche dick und fett gewesen, dabey auch ihr Leben auf etliche und achtzig Jahre gebracht, genommen worden. Ihre Galle war so groß als eine Rindsblase, und der Liquor darinnen wie geronnene Milch von grün-weißlichter Farbe. Ich kann nicht umhin, hiebey zu bemerken, daß man bey der Oeffnung des würtembergischen Herzogs Wilhelm Ludwig, welcher den 23 Jun. 1677, im dreyßigsten Jahre seines Alters gestorben, seine Leber ganz schwarz und zerfahren, die Lunge halb faul, in der Gallenblase vierhundert vier und achtzig kleine Steine von der Größe einer Linse, und funfzehn so groß als Erbsen gefunden hat. Viele in Gotha befindliche Steine, die aus Thieren gekommen, übergehe ich mit Stillschweigen, und gedenke nur desjenigen, der in der Galle eines Pferdes gewesen und vier und drey vierthel Pfunde wiegt. Man hat von vielerley Thieren Gallensteine, und ist der Bezoar nichts anders als dergleichen von oft- und westindischen Ziegen. Pietra del Porco, woraus man vor ungefähr dreyßig Jahren so viel Wesens gemacht, daß man das Stück mit hundert bis zweyhundert Thalern bezahlt hat, kömmt aus der Galle einer Art von Stachelschweinen der Provinz Malacca. Die Kraft dieses Steines besteht in seinensalibus volatilibus Alcali, die das Acidum wegnehmen und die Transpiration erwecken. Nach den verschiedenen Arten der Thiere und dem Unterschiede des Climatis, worinnen sie leben, ist auch die Kraft[1356] solcher Steine stärker oder schwächer. Die Bezoar kommen auch aus andern Orten, als aus der Galle.

In der Ordnung dieser Merkwürdigkeiten folgen noch etliche Werke, die der Kunst das meiste zu danken haben, als da sind eine Landschaft aus lauter kleinen zusammengesetzten Corallen, welche tausend Thaler gekostet hat; der Prospect eines Pallastes aus lauter Gartensaamen sehr sein ineinander gefüget; eine Gondole und eine Krone von Gewürznägelein. Rand rechts: Artefacta. Zu den sogenannten Spielen der Natur, die von ungefähr eine Gleichheit haben mit Dingenso uns bekannt sind, gehöret ein großer Schwamm, der als eine Granadiermütze gewachsen und ein weißes Corallengewächs, so die Gestalt eines Affen hat. Weiter zeiget man asiatische Schuhe und andern morgenländischen Hausrath, chinesische Schriften auf Baumrinden und dergleichen, schöne Seemuscheln, worunter ich die sehr rare Ostream imbricatam & rugatam oder concham bivalvem dentatam & incisam, in deutscher Sprache Hahnenkamm genannt, dergleichen ich im Würtembergischen und Sachsen-Lauenburgischen petrificirt gefunden bemerket habe. Rand rechts: Muscheln. Zu der Sammlung von auserlesenen Kupferstichen ist ein guter Anfang gemacht. Rand rechts: Chirurgische Instrumente. An chirurgische Instrumente sind schon über drey hundert Thaler verwendet und erwartet man nächstens noch mehrere aus Frankreich. Diese stehen allen Landskindern, oder denen, die sich hier niederlassen, zum Gebrauche frey. Hiebey wird die Kleidung, in welcher der Bruder des itzt regierenden Herzogs vor Toulon erschossen worden, nebst seinen Handschuhen und Degen aufgehoben. Rand rechts: Anatomica. Von anatomischen Merkwürdigkeiten hat man keine geringe Anzahl zusammen gebracht, und sind darunter die Embryones von allen Monaten, ein Körper mit seinen Sehnen und Arterien sehr zart ausgespritzet, etliche Misgeburten, eine Mumie etc. Rand rechts: Animalienkabinet. In dem Animalienkabinette werden gezeiget eine orientalische Seekatze, welche um den Kopf eine Art von Gedärmen oder dicken Fäden hat, mit welchen sie die Fische zu fangen weis; ein ausländischer Frosch mit langen Ohren, Aurelio genannt; eine westindische Seemaus ohne Füße, aber von trefflichen Farben, die dem Regenbogen gleichen, vornehmlich aber ins Blaue fallen; ein Seepferd; der Fisch Orbis, so als eine runde Kugel aussieht; der König von Paradiesvögeln, an Farbe als der schönste rothe Sammet mit zwoen rund-gekrümmten Schwanzfedern; der AmeisenfängerHulva; ein fliegender Fisch; vielerley auswärtige Spinnen, Schlangen, Scorpionen, Salamander, Frösche, Crocodile, Schildkröten, nebst einem raren großen Sommervogel von der Art derjenigen, die nur bey Nacht streichen. Solcher ist hier in Gotha in ein Zimmer des verstorbenen Raths Weizen geflogen, und hat dieses Merkwürdige, daß auf seinem Rücken das Bild eines Todtenkopfes sehr deutlich zu erkennen ist.

Außer dem herzoglichen Residenzschlosse ist zu Gotha das Lustgebäude Friedrichsthal, worinnen öfters Festins und Assemblées gegeben werden, zu be sehen. Rand rechts: Friedrichsthal. Auf einem daselbst befindlichen großen Gemälde ist der Czaar Peter der erste zu Pferde vorgestellt, unter der[1357] Begleitung des Mercurs, Neptuns, der Fama, der Tapferkeit, der Göttinn des Ueberflusses und anderer, unter welchen verschiedene ihm Geschenke bringen. Unter die andern Gemälde ist zu zählen der Urtheilsspruch des Paris, die vier Theile der Welt nach ihren gewöhnlichen Sinnbildern, viele kleine Portraite der französischen Familie, und die Historie des Kunzen von Kaufungen in vier Stücken, davon das erste die Entführung der sächsischen Prinzen Ernst und Albert abbildet, das andere ihre Befreyung, das dritte ihre prächtige Einholung, und das letzte die Bestrafung der Räuber. Der bey diesem Pallaste angelegte Garten ist zwar schmal und klein, aber mit angenehmen Alleen, artigen Wasserkünsten, steinernen Rasen, Brustbildern und Statuen, worunter viele gute Copeyen von berühmten alten Stücken sind, versehen. Zu Ende des Gartens ist eine schöne Grotte mit einem platten Dache. Der Fußboden derselben ist mit Marmor von mancherley Farben, der nicht weit von Coburg gebrochen wird, belegt; die Decke und Wände sind mit Muscheln, Glasstücken und Erze ausgesetzt. Unter vielen Springwassern zeiget sich Neptun auf einer und Thetis auf der andern Seite. In den obern Zimmern sieht man etliche Gemälde von raren Bluhmen und Gewächsen.

Zwischen Friedrichsthal und dem Schlosse liegt die Orangerie, so in gutem Stande erhalten wird, und mit vielen auswärtigen Bäumen, worunter auch Caffee- und Erdbeerbäume befindlich, versehen ist. Rand links: Orangerie.

In den hiesigen Gegenden der Landgrafschaft Thüringen giebt es sehr viele Hamster, welche dem Landmanne an seinem Getraide, welches sie in ihre Löcher tragen, großen Schaden zufügen. Rand links: Hamster. Um solches schädliche Thier, so viel möglich, auszurotten, zahlt die Herrschaft für jeden alten Hamster, der geliefert wird, sechs und für einen jungen drey Pfennige. Ihre Menge kann daraus abgenommen werden, daß im Jahre 1721 allein in dem Herzogthume Gotha achtzig tausend ein hundert und sechs und dreyßig Stücke weggefangen worden.

Von Gotha bis Arnstadt sind drey Meilen, meistentheils in einem ebenen und sehr fruchtbaren Lande. Rand links: Arnstadt. Nahe an der Stadt treibt der Fluß Gera eine Mühle von sechszehn Mehlgängen, zween Graupengänge nebst einer Schleif- und einer Schneidmühle. Die sechszehn Räder zu den sechszehn Mehlgängen sind oberschlägtig und wird das Wasser in einem hölzernen Canale darauf geleitet. Das Pachtgeld dieser Mühle thut anitzt jährlich zwey tausend Gulden.

Die Ilmenauer Kupfer- und Silberbergwerke sind itziger Zeit in einem schlechten Zustande, nachdem ihnen das Wasser großen Schaden zugefüget. Rand links: Ilmenauer Bergwerke. Das Münzwesen, aus welchem sonst die schönen Thaler mit der Gluckhenne gekommen, ruhet gänzlich.

In den aus hiesigen gegrabenen Schieferbergen finden sich vielerley versteinerte Kräuter, Muscheln, Krebse und Fische. Rand links: Petrefacta. Es fehlet auch nicht an artigen Dendriten und Vorstellungen einiger Landschaften, bey welchen letzten aber die Einbildungskraft der Liebhaber nicht müßig seyn darf. Etliche sind so weit gegangen, daß sie in solchen Steinen die Abbildung einer Henne, die Arcam Noæ, ein Crucifix, das Angesichr Mosis, einen Todtenkopf, das Portrait Lutheri und dergleichen Dinge gefunden, welche bey Gelegenheit als argumenta κατ' ἄνϑρωπον gebraucht werden können, übrigens aber mit der wahrhaften Petrification und den daraus fließenden wohlgegründeten Folgerungen keine Gemeinschaft haben. In den schwarzen Schiefern der in der Grafschaft Henneberg gelegenen Kupferbergwerkeliegen schöne versteinerte Fische; ich habe auch bey dem Hofrathe von Trier in Dresden das Skeleton einer Meerkatze auf eben solchen Schiefer gesehen, welches in diesen Gruben gefunden worden ist.[1358]

Zwischen Ilmenau und Schleußingen kömmt man durch einen Theil des Thüringer-Waldes, und nimmt man über den Berg bis Frauenwalda Vorspann. Rand rechts: Thüringer-Wald. In dieser Gegend wächst kein ander Getraide als ein wenig Hafer, und müssen die Einwohner ihr Korn von den Nachbarn kaufen, hingegen haben sie das Holz in desto größerm Ueberflusse und kostet die Klafter auf den Stämmen drey bis vier gute Groschen, mit Umhauen, Spalten und Fuhrlohn aber in Frauenwalda einen halben Thaler. Rand rechts: Nahrung der Einwohner. Die Gebirge sind steil und die Wege schlimm, absonderlich, wenn man Wagen hat, welche die hiesige breite Spure nicht halten. Indessen kömmt man hier doch noch besser fort, als wenn man seinen Weg von Jena über Gräfenthal und Saalfeld nach Coburg nehmen muß. So rauh und schlecht aber der ganze Strich Landes, welchen der Thüringer-Wald einnimmt, ist, sogiebt er doch seinen Einwohnern theils die nöthige Nahrung, theils solche Mittel an die Hand, womit sie von ihren Nachbarn dasjenige, was ihnen etwan mangelt, erhandeln können. Dahin sind die vielen Eisenwerke, für welche die Menge des Holzes gute Gelegenheit giebt, zu rechnen, desgleichen die vielen gebrannten Wasser, so außer Landes verführet werden; einige Schwefelgruben, Glashütten, vieles Pech, Theer und Harz, Kühnruß, Schiefer und mancherley Holzarbeit an Schindeln, Hecheln, Sieben, Schaufeln und dergleichen. Auch fehlet es nicht an Merkwürdigkeiten, die den Naturkündigern zu gelehrten Untersuchungen Anlaß geben können. Rand rechts: Petrefacta. Zu Mannebach, einem sachsengothaischen Dorfe im Amte Schwarzwald, nicht gar weit von Ilmenau, findet man auf denen daselbst aus der Tiefe gebrochenen Schiefern die Abbildung von vielerley bekannten Kräutern, worunter das Engelsüß, Katzenwedel und Farrenkraut am meisten vorkommen. Rand rechts: Kräuter auf den Mannebachischen Schiefern. Diese Schiefergruben sind erst im Jahre 1691 entdecket und von solcher Zeit an mit großem Vortheile gebauet worden. Bey Suhla, so dem Herzoge von Meynungen gehört, finden sich schöne Dendriten, deren Eigenschaften theils von Kupfer theils von Eisen herrühren, daher sie auch in der Farbe sehr unterschieden sind. Rand rechts: Suhlische Dendriten. Einige haben rothe, andere gelbe oder schwarze, und noch andere braune, ja etliche auch grüne Bäumchen. In der Grube auf dem Goldlauter daselbst entdecket man verschiedene Arten von Fischen auf Schiefer. Rand rechts: Fische. Von dem bey Suhla gefundenen Skeleton eines Crocodils habe ich in der Beschreibung des Linkischen Kabinets zu Leipzig Erwähnung gethan. Rand rechts: Crocodil. In dem meynungischen Herzogthume werden an etlichen Orten Steinkohlen gegraben.

Bey den Nachrichten von Gotha habe ich des Elephantengerippes, so in der Nachbarschaft solcher Stadt nämlich zu Burg-Tonna aus der Erde hervorgebracht worden, vergessen, und hat es damit folgende Bewandniß: Rand rechts: Elephant, so bey Tonna ausgegraben worden. Im Jahre 1695, zu Anfange des Decembers, entdeckte man an obgedachtem Orte, eilf Ellen tief in einem Hügel, wo der schönste weiße Sand zu den Sanduhren gegraben wird, vier große Zähne, deren einer zwölf Pfunde gewogen, zwey Hörner jedes vier Ellen lang, und im Jahre 1696 im April vollends die übrigen Stücke eines ganzen Skelets, welches Tenzel mit denen Knochen und der Beschreibung des Elephanten, den D. Moulins, ein englischer Medicus zu Dublin anatomiret hatte14, conferirte, und das Tonnische Gerippe von einem Elephanten zu seyn befand. In dem sandigen strato war selbiges ziemlich aufgelöset und mehr calciniret als versteinert, daher man von den Knochen wenig aufbehalten konnte, auch fanden sich dabey viele lange und runde Schneckenhäuser. Von dieser Entdeckung schrieb Tenzel einen Brief an den gelehrten florentinischen BibliothecariumMAGLIABECHIVM, bekam aber darüber einen gar hitzigen Federkrieg mit etlichen gothaischen Aerzten, welche noch mit den alten Principiis eingenommen waren, und ein Unicornu fossile, das mit dem regno animali gar nichts gemein[1359] hätte, daraus machen wollten, da sie doch selbst gestehen mußten, daß schon vorher ein Hirschgeweih bey Tonna von den Bauern aus der Erde gegraben worden, auch die bey dem obgedachten Skeleton gefundene Muskeln ihnen einen billigen Zweifel hätten erwecken können. Ten zel hat ferner gezeiget, daß in dem Steinbruche bey Tonna versteinerte Blättervon Bäu, men, Holz und petrificirte Kornähren angetroffen würden.

Im Jahre 1672 wurde zu Camburg in Thüringen durch das Wegspühlen des Saalflusses ein Elephantenhorn zum Vorscheine gebracht, welches drey Ellen lang und in seiner größten Dicke stärker als ein Mannsarm war. Rand links: wie auch bey Camburg; Bey weiterem Nachgraben hat man daselbst auch sechs ungeheure Backenzähne und andere große Gebeine eines Elephanten gefunden15. Rand links: bey Hildburghausen. Von dem bey Hildburghausen um das Jahr 1685 ausgegrabenen ganzen Elephantenhorne, welches der berühmte D. Wedel gleich beym ersten Anblicke für dasjenige, was es war, angesehen, und auch auf der Drechselbank als gutes Elfenbein befunden hat, können dieses gelehrten Mannes Exercitationes Med. Philolog. Dec. X, Exerc. I. p. 10 nachgelesen werden. Nach AGRICOLAE Berichte (de natur. fossil. l. V, c. 5) ist bey Saalfeld in einem neugetriebenen Schachte von zwey und zwanzig Klaftern oder mehr als zwey hundert Fuß in der Tiefe, so gar eine in Stein verwandelte menschliche Brust ausgegraben worden.

Schleußingen hat ein berühmtes Gymnasium, welches von den Herzogen zu Eisenach, Gotha, Weymar, Meynungen und dem Churfürsten von Sachsen gemeinschaftlich unterhalten wird. Rand links: Schleußingen. Rand links: Gymnasium. Das Directorium wechselt jährlich, und kömmt also in fünf Jahren herum; derjenige, bey dem es ist, besetzet die Stellen, die in seinem Jahre ledig werden. Es sind Stipendia für acht und zwanzig bis dreyßig Gymnasiasten gestiftet, und die sämmtliche Anzahl der hiesigen Studiosorum beläuft sich anitzt auf siebenzig bis achtzig.

Von dem herzoglichen Schlosse und dem daran gelegenen Garten zu Hildburghausen hat Johann Baptista Homann zween Bogen in Kupfer stechen lassen, welche aber nicht vorstellen, wie beyde wirklich sind, sondern in welchen Stand sie der vorige Herzog zu setzen Willens war. Rand links: Hildburghausen. Denn aus allen Anschlägen, welche man damals wegen des Schloßbaues und Gartens gehabt, ist nichts geworden, auch bey den itzigen Umständen nicht zu vermuthen, daß man jemals diesem Entwurfe folgen werde. Die Stadt ist zwar klein aber wohl gebauet, die Straßen sind breit und gerade, auch die Häuser meistens unter einem Dache. Der itzige Herzog hat den löblichen Entschluß gefasset, die auf seinem Lande und Hause haftende Schulden zu bezahlen, daher er nur funfzig bis sechszig Mann zu seiner Wache hält und einen geringen Theil seiner Einkünfte zu seinem jährlichen Unterhalte verwendet16.

Von Hildburghausen bis Rodach sind gute Wege und meistentheils ebenes Land. Rand links: Rodach. In diesen beyden gemeldten Orten wird das Haus, worinnen der Rath sich versammlet und auch Fremde logiren, das Schlundhaus genennet, welches mich an die Stuhlhäuser in Ober-Ungarn erinnert, mit welchen es eine gleiche Bewandniß hat.

Um Rodach herum finden sich viele reine Gipsadern; bey Elsa, eine Vierthelstunde von der Stadt in einem Hohlwege vielerley gestreifte Muscheln oderPectines, und um Gradtstadt,[1360] eine Stunde von Rodach unter mancherley andern Muscheln auch schöne Nautili. Rand links: Petrefacta bey Rodach; Was dieNaturalia und Petrefacta der Coburgischen Gegend anlanget, so werden zu Grube am Forste gute Steinkohlen gegraben, bey Fechheim sammlet man versteinerte Conchas, Chamitas und Cornua Ammonis, bey Lauter Pectines, Cornua Ammonis und allerley Conchulas einzeln und in massa beysammen; bey Garnstädt drey Stunden von Coburg gegen Cronach hin,Belemnitas und allerley Muschelwerk; bey Unter-Siemau petrificirtes Holz, bey Sonnenberg Morochtos oder sehr weiße Dentritas, welche dieses besondere an sich haben, daß wenn sie ins Feuer kommen, die Bäumlein sich nicht verliehren, wie mit den pappenheimischen gar leicht und mit den florentinischen endlich auch, sbgleich nicht sobald, geschieht. Rand rechts: bey Coburg.

In Coburg besitzt der Medicus D. Verpoorten ein schönes Kabinet, dessen größten Theil sein verstorbener Schwiegervater D. Riehm gesammlet hat. Rand rechts: Curiositätenkabinette in Coburg. D. Albrecht hat auch von Petrefactis, mineralibus, insectis und dergleichen einen ansehnlichen Vorrath, der täglich zunimmt.

Coburg ist ein artiger Ort, in welchem Handel und Wandel noch einigermaßen blühet. Das Gymnasium oder Collegium Casimirianum hat an dem itzigen Gothischen Kirchenrathe D. Cyprian vieles verlohren, und ist nicht mehr in dem Russe, worinnen es ehedem war17.

Ich bin –

Coburg, den 13 November,

1730.

Fußnoten

1 Von dem Ursprunge der Bergwerke in Deutschland läßt sich keine gewisse Zeit bestimmen. Zu Kaiser Heinrichs des Vogelstellers und noch mehr zu Otto des großen Zeiten findet man hie ersten Spuren, welche der jüngere Meibom in diss. de metallifodinarum Harzicarum prima origine & progressu gesammlet hat. Selbst Albinus in der Meißnischen Bergchronik, und Mathesius in seiner Sarepta muß zugeben, daß die Bergwerke des Ober- und Unterharzes ein ungleich größeres Alterthum, als die sächsischen haben. Unter den neuesten Schriftstellern hat uns Rohr in der Beschreibung des Oberharzes einige artige historische und physikalische Anmerkungen geliefert. Herr Henning Calvör, ein gelehrter Prediger in der Bergstadt Altenau, hat eine vollständige Ausführung versprochen.


2 Mit einem andern lutherischen Heiligthume haben es die Magdeburger zu thun. Sie bewahren die Zelle und Bettsponde, welche Luther, als er im Jahre 1497 die magdeburgische Schule besucht, bewohnt haben soll. Churfürst Johann Georg zu Sachsen hat dieselbe im Jahre 1636 besehen, nachdem sie bey der Einäscherung der Stadt Magdeburg 1631 unversehrt geblieben war. Tenzel berichtet in seiner curieusen Bibliothek a. d. 371 S. daß dem D. Pomarius recht große Ehre wiederfahren sey, als man ihm bey seiner Anwesenheit in Magdeburg 1659 diese Zelle zur Herberge angewiesen, und daß er deswegen von Wellern und Hülsemannen Glückwünsche angenommen habe. Eduard Brown führet in seiner Reisebeschreibung a. d. 297 S. folgende Aufschrift an:


Hier ist Lutheri Kämmerlein

Wenn er ins Closter kam herein.

Gedächtniß halbn wird noch itzund

Hierin gesehn seine Bettespund.


3 Eine ähnliche Merkwürdigkeit erzählet Herr Baring von Salzhemmendorf, daß kaum fünf Schritte von den Salzquellen eine andere Quelle entspringt, die das sußeste Wasser giebt, in der Beschreibung der Lauensteinischen Saale S. 62.


4 Ein sehr starkes Verzeichniß von hieher gehörigen Schriftstellern liefert Herr Baring in den Beylagen zur Beschreibung der Lauensteinischen Saale S. 1 u. f. Von den Salzwerken zu Halle insbesondere haden Melanchthon, Guilielmus, Schlegel, Struv, Hondorf, Hofmann, Jäger und Bodinus in eignen Schriften gehandelt, und die Hondorfische Schrift hat der Herr von Dreihaupt in seiner prächtigen Beschreibung des Saalkreises aufs neue abdrucken lassen.


5 Nach Alberici Berichte hat Gottfried von Bouillon, dieser berühmte Held, dem unglücklichen Rudolphus die letzte tödliche Wunde beygebracht. Und wenn den Zeugnissen des ALBERT. STADENS. ad a. 1080.CONRAD. VRSPERG. fol. 228, und des AVCT. Vit. Henr. p. 783 zu trauen ist, so hat der sterbende Rudolphus mit vieler Wehmuth bereuet, daß er sich zu seinen letzten gefährlichen Schritten verleiten lassen. Gregorius, dieser unruhige Pabst, hatte ihn nach der glaubwürdigen Erzählung des OTTOFRISING. undLEON. OSTIENS. wider den Kaiser aufgewiegelt, indem er ihm eine Krone mit der Inschrift zugesandt:


Petra dedit Petro, Petrus diadema Rudolpho.


6 Ueber die Keuschheit der Cunigunda haben in den neuern Zeiten SCHVRZFLEISCHin diss, de innocent. Cunigund. und Gundling in seinen Otiis Th. 3 gestritten. Der erste behauptet dasjenige, was der letztere leugnet. Beyde haben einige Gründe auf ihrer Seite, womit sie sich beschützen können. Alle Geschichtschreiber kommen darinnen überein, daß Kaiser Heinrich seine Cunigunda sehr zärtlich geliebet habe. Er nennet sie in den öffentlichen Briefen Imperatricem Augustam, contectalem suam, dilectissimam conjugem, und in einem diplomate ap. SCHATEN. annal. Paderborn. p. 424 versichert er ausdrücklich: qui duo sumus in carne una. Er ließ sie im Jahre 1002 zu Paderborn öffentlich zur Kaiserinn krönen, er unterstützte ihren heiligen Eifer durch häufige milde Stiftungen, und man kann mit Wahrheit sagen, daß sie seines Herzens Meister gewesen sey. Die Geistlichen mußten sich nothwendig dankbar gegen sie beweisen. Ob gleich ihr Ehestand aus begreife lichen natürlichen Ursachen unfruchtbar war, so wurde sie doch mit dem Namen einer conjugis virgineæ beehret. Pabst Innocentius erhöhete sie bis auf die Ehrenstufe der Heiligen, davon die Bulle bey dem Bolland in vit. Sanctor. zu finden ist. Indessen ist doch nicht zu leugnen, daß selbst Kaiser Heinrich zuletzt eiferfüchtig worden sey, als er eine wohlgewachsene Person in Jägerhabit des Morgens aus den Zimmern der Cunigunda gehend erblicket; gesetzt auch, daß man den verdächtigen Umgang mit dem Erzbischofe zu Magdeburg und dem Bischofe Meinwerk zu Paderborn entschuldigen, und die Erzählung von den glüenden Pflugscharen für ein Gedicht erklären wollte.


7 Man darf nur einen flüchtigen Blick in die vorigen Zeiten wagen, wenn man die lutherische Uebersetzung der Bibel als ein Meisterstück in seiner Art betrachten will. Kaum war das harte Joch der barbarischen Unwissenheit zerbrochen, als sich Lutherus mit seiner Uebersetzung beschäfftigte, da er nochvon den besten und schönsten Hülfsmitteln entblößt war. Er selbst hat von seiner offenherzigen Redlichkeit die deutlichsten Zeugnisse abgeleget, und eine sanftmüthige Zurechtweisung gewünschet. Wir wollen ihn selbst reden lassen Tom. VIII. Altenb. f 302: »Ob man mußte mich angreifen und tadeln, der ich zuweilen in der Dolmetschung gefehlet hatte, das will ich mit Dank annehmen«. In Wahrheit! Bellarminus und Hosius haben recht unverschämt gesprudelt, wenn sie unsre Uebersetzung ein idolum Islebiense nennen,quod omnes Lutherani adorant. Und kaum kann man unsern gelehrten Witzlingen ihre Tadelsucht zu gutehalten. Sie scheinen nicht zu bedenken, daß eine jede Urschrift bey der Uebersetzung allemal etwas von ihrem Glanze verliehret. FLAC. in clav. Script. sacr. P. II, c. 6: Nullam sacrorum codicum versionem prorsus vel jam factam esse vel deinceps fieri posse, etiamsi ab angelo aliquo tentaretur, in qua plane nullus sit lapsus. Am allerwenigsten kann die Religion bey der Lutherischen Uebersetzung leiden, obgleich der Herr Rath Justi solches in den Ursachen des Verfalls der Religion auf eine recht übereilte Weise versichert hat. Man lese Joh. Nic. HAMBACH diss, de origine perverse sentiendi licentiæ & inde in religionem redundantis detrimenti ex bibliorumversioneMartiniLVTHERInon repetenda. Wolfenbüttel, 1749, 4. Hat aber Lutherus selbst eine Verbesserung gewünscht: so muß man billig den Fleiß geübter Männer mit Danke erkennen. Und der eifrige Herr Lit. Kohlreif hätte eben nicht nöthig gehabt, eine figürliche Sonnenfinsterniß zu erdichten, als die neue Heumannische Uebersetzung der Schriften des Neuen Bundes ans Licht getreten war. Möchten vielmehr nur auch die Schriften des Alten Bundes den Fleiß unsrer Gottesgelehrten rege machen können. Dieß einzige ist zu bedauren, daß die meisten Uebersetzungen, die wir bis itzo haben, der Lutherischen nicht gleich kommen, geschweige daß sie dieselbe übertreffen sollten.


8 Ueber die Verdienste des heiligen Bonifacius haben sich die Geschichtschreiber noch nicht vereinigen können. Einige haben ihn bis in den Himmel erhoben, und andere haben ihn bis in die unterste Hölle verstoßen. Und es ist in der That zweifelhaft, ob man mehr seinen unermüdeten Fleiß in der Ausbreitung des Namen Christenthumsloben, oder seinen unreinen Eifer und ungebrochenen Eigensinn verdammen soll. Caspar Sagitarius ist den Spuren der unverdächtigsten Geschichtschreiber nachgegangen. Er erkläret sich selbst in der Vorrede zu den Thüringischen Alterthümern: Ich habe den Bonifacius auf einen neuen Leuchter setzen, doch aber auch nicht zu einem allzugroßen Lichte machen wollen, denn dieses hat wahrlich! Bonifacius nicht verdienet, man sage und schreibe auch, was man wolle.


9 In unsern Tagen hat der P. Andreas Gordon vieles Aufsehen gemacht, indem er in den Lehren der Weltweisheit einige kühne Unternehmungen gewaget, welche wider den Lehrbegriff der herrschenden Religionspartey streiten. Er hat sich dadurch viel Ehre, zugleich aber auch unter seinen Glaubensbrüdern viele Feinde verschaffet. Man lese dessen Varia philosophiæ mutationem spectantia, Erford. 1749, 4.


10 Von Lutheri Aufenthalte zu Erfurt erzählet Matthesius in der dritten Predigt einige besondere Umstände. Er soll daselbst auf seinem Krankenbette aus dem Munde eines alten Predigersdie erste Weißagung gehöret haben, die ihm das Herz getroffen: Mein Baccalauree! seyd getrost, ihr werdet auf diesem Lager nicht sterben, unser Gott wird noch einen großen Mann aus euch machen, der viele Leute wieder trösten wird. Denn wen Gott lieb hat, und daraus er etwas seliges ziehen will, dem leget er zeitlich das Kreuz auf, in welcher Kreuzschule geduldige Leute viel lernen.


11 Dieser verdiente Mann, welcher von so vielen Geschichtschreibern Hofprediger genennet wird, ob er sich gleich niemals zum Predigtamte weihen lassen, hat den Schauplatz der Welt im Jahre 1745 den 19 Sept im zwey und siebenzigsten Jahre des rühmlichsten Alters verlassen.


12 Der Anblick der Alrunen führet uns auf die Zeiten des Alterthums zurück Unsre gutwilligen Väter ließen sich durch läppische Abbildungen, welche gemeiniglich von Mandragora verfertiget waren, in ihrem Aberglauben stärken. Der Besitz derselben setzte sie in den Schooß des Glücks. Wenn man den betrognen Pöbel hören will, so hat schon Laban zu seiner Zeit die Alrunen gekannt: und das berüchtigte Mägdchen von Orleans hätte alle ihr Glück diesem Besitze zu danken. Wenn glückliche Advocaten viele Processe gewinnen, so sind sie ebenfalls im Verdachte, daß sie mit den Alrunen ein heimliches Verständniß unterhalten. Manlese Iac. THOMAS. de Mandragora,FROMMA NNdefascinat. p. 669. ROTH. de imagunculis Germ. magicis, Ioh. Sam. SCHMIDde Alrunis und KEYSLER. antiqu. Sept. p. 504, sq.


13 Die Urnen sind ebenfalls Denkmaale des Alterthums. Je häufiger dieselben in Deutschland ausgegraben werden, desto mehr muß man sich über Münsters Unwissenheit verwundern, wenn er sie als Spielwerke der Natur betrachtet in cosmogr. l. IV, c. 49, p. 698 Doch seine Unwissenheit hat ihres gleichen. Was ist läppischer als das Urtheil des Marc.WELSER. chron. August. P. I, f, 25: Reperiuntur in territorio Augustano prope certos aliquos pagos ad viam monticuli sive colliculi, quos in aprico est, manibus esse congestos, atque ca dexteritate in orbem compactos, ceu tornati forent. Et hos limitum loco fuisse statuo. Hisceveteres consueverant subdere carbones, eineres, testas confractas atque calcem.


14 Die Anatomie dieses Elephanten kam im Jahre 1681 im Druck heraus.


15 Vid. BÜTTNERIRudera diluvii testes §. 128.


16 Der itzige regierende Herzog Ernst Friedrich Karl ist im Jahre 1749 mit der preiswürdigsten königlichen dänischen Prinzeßinn Lovise vermählet worden. Von der im Jahre 1726 erfolgten Aushebung des hildburghausischen Gymnasii hat Herr Hofrath Burchard in seinen Lehen einige Anekdoten bekannt gemacht.


17 Die Geschichte dieser berühmten Schule hat Gottfried Ludwig beschrieben. Kaiser Leopold ertheilte ihr im Jahre 1677 die ansehnlichsten Vorrechte, daß sie in eine Universität hätte erhoben werden können. Da sich Lutherus im Jahre 1530 einige Monatelang in Coburg aufgehalten hat, so wird das Coburgische Archiv als eine Schatzkammer von Urkunden angesehen, welche die Reformationsgeschichte am besten erläutern können.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 1361.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stramm, August

Gedichte

Gedichte

Wenige Wochen vor seinem Tode äußerte Stramm in einem Brief an seinen Verleger Herwarth Walden die Absicht, seine Gedichte aus der Kriegszeit zu sammeln und ihnen den Titel »Tropfblut« zu geben. Walden nutzte diesen Titel dann jedoch für eine Nachlaßausgabe, die nach anderen Kriterien zusammengestellt wurde. – Hier sind, dem ursprünglichen Plan folgend, unter dem Titel »Tropfblut« die zwischen November 1914 und April 1915 entstandenen Gedichte in der Reihenfolge, in der sie 1915 in Waldens Zeitschrift »Der Sturm« erschienen sind, versammelt. Der Ausgabe beigegeben sind die Gedichte »Die Menscheit« und »Weltwehe«, so wie die Sammlung »Du. Liebesgedichte«, die bereits vor Stramms Kriegsteilnahme in »Der Sturm« veröffentlicht wurden.

50 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon