101

[118] Original: im Mozarteum zu Salzburg


An den Musiklehrer Friedrich Schwaan in Rostock


Salzburg, am 29. Sep[tember] 1835.


Mein hochgeschätzter Freund!


Ihr mir so werthes Schreiben vom 24. August machte mir große Freude, da ich sehr auf Briefe von Ihnen verlangte und schon bei mir beschloß, nicht mehr zu warten und zu schreiben, als das Glück wollte, einen Brief von Ihnen zu erhalten, der mich nicht so ganz froh ließ, indem ich leider sehen muste, daß Sie so viel in der Zwischenzeit geliden haben. Gott gebe, daß Sie sich von Tag zu Tage besser befinden und das Übel ganz verschwinden möge, und Sie mir ohne Anstrengung öfter schreiben können.

Mein Sohn aus Lemberg, dem ich so oft und viel von Ihrer Liebe und Anhänglichkeit zu uns erzählte, war gerade bei mir und las Ihr werthes Schreiben mit tiefer Rührung und konnte sich nicht enthalten, diese beiliegende Worte1 zu schreiben, welche ich bitte, mit Ihrer herzlichen Liebe und Freundschaft so aufzunehmen und zu verwahren, wie sie gemeind sind. Dies war, wie Sie sehen am 18. September. Daß ich aber erst heute als am 28. September antworte, müßen und werden Sie mir nicht übel nehmen, denn es schmerzte mich zu sehr, meinen so sehr geliebten Sohn wieder abreißen laßen zu müßen, da ich mir doch jedes Mahl sagen muß: Wer weis, ob wir uns in dieser Welt wiedersehen? Mein gütiger Schöpfer, Dein Wille geschehe!

Noch bin ich nicht ganz zum Schreiben aufgelegt und würde es auch nicht thuen, wenn Sie mir nicht so lieb und werth sein müßten und Sie noch vielmehr von mir verdienten. Gott Lob und Danck, daß ich Ihnen sagen kann, daß meine gute Schwester [Sophie] sich mit mir wohlauf befindet, und Ihrer guten Frau tausendmahl dancken für die gute Pflege, die sie Ihnen bewiß. Gewiß wird sie auch dafür belohnt werden. Keine gute That bleibt unbelohnt.

So viel für heute. Nun leben Sie so wohl und glücklich als es wünscht Ihre aufrichtige Freundin


Constanza Etatsräthin von Nissen

gewesene Wittwe Mozart.

Fußnoten

1 W.X. Mozart dankt auf einem Zettel für die Teilnahme, die Schwaan den Seinen bezeugt.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 119.
Lizenz:
Kategorien: