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[123] Original: im Archiv der Gesellschaft der

Musikfreunde in Wien


An Wolfgang Xaver Mozart in Wien1


Salzburg, den 18. Dezember 1838.


Mein geliebter Sohn!


Ich schreibe in Eille; dahero wenig, weil [ich] mit dem Brief und Pack in einer Viertelstunde ferdig seyn muß.

Daß der Miß Wilkins ihr Benehmen so sonderbar war, kann ich nicht genug bewundern und muß gestehen, daß es mir sehr leid thuet. – Was macht der junge Cavallo2? Kömmt er fleißig zu Dir? – Daß meiner lieben Freundin das Polsterl [= Sofakissen] Freude macht, war mir ungemein lieb zu vernehmen. Ach, wie viel besitze ich von ihrer mir so lieben Handarbeit, wofür ich keinen Ersatz geben kann, so gerne ich auch wollte. Sage ihr dies und statte ihr meinen innigsten Dank dafür ab sowie auch für ihre treue Liebe und Anhänglichkeit. Auch bitte ich, ihr zu sagen, welch Herzeleid ich habe über das Leiden ihrer so lieben Tochter, welche ich mit der so theueren Mutter vielmahl umarme und noch immer glaube, daß sie in gesegneden Umständen ist, wodurch denn alles wieder gut seyn wird. Gott gebe dies! Und nun leben Sie alle wohl und nehmen Sie meinen innigsten Glückswunsch zum Neuen Jahre an. Und nun kein Wort mehr, um die Post nicht zu versäumen. Nur noch dies: wo Du, mein Sohn, mich brauchen kannst, zähle auf Deine Dich zärtlich liebende

Mutter.


[Nachschrift:] Daß die Messe nicht in Partitur geschrieben, ist nicht meine Schuld. Alle Bekannten grüßen Dich vielmahls und besonders Sophie Haibl. Adieu!

Fußnoten

1 W.X. Mozart war im Laufe des Jahres 1837 von Lemberg nach Wien übergesiedelt.


2 Johann Nepomuk Cavallo, Hofmusikus in München.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 124.
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