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[14] Original: wie Nr. 10


An Breitkopf & Härtel

(Auszug)


Wien, den 27. März 1799.


Was das Requiem betrifft, so habe ich freilich das berühmte, was er kurz vor seinem Tode geschrieben hat. Ich weiß nur von diesem einzigen Requiem; alle übrigen darf ich für unecht erklären. Wieweit es von ihm selbst ist – es ist so nahe bis ans Ende – werde ich Ihnen sagen, wenn Sie es von mir erhalten. Folgendes Bewandnis hat es damit. Als er seinen Tod vorhersah, sprach er mit Herrn Süßmayer1, jetzigen k.k. Kapellmeister, bat ihn, wenn er wirklich stürbe ohne es zu endigen, die erste Fuge, wie es ohnehin gebräuchlich ist, im letzten Stück zu repetieren, und sagte ihm ferner, wie er das Ende ausführen sollte, wovon aber die Hauptsache hie und da in Stimmen schon ausgeführt war. Und dieses ist denn auch durch Herrn S[üßmayer] wirklich geschehen2.

Fußnoten

1 Franz Xaver Süßmayer (1766–1803), Mozarts letzter Amansuensis, der das Requiem vollendet hat.


2 Franz Süßmayer hat am 8. Februar 1800 an Breitkopf & Härtel folgende Erklärung abgegeben:

Ich habe den Lehren dieses großen Mannes zu viel zu danken, als daß ich stillschweigend erlauben könnte, daß ein Werk, dessen größter Teil meine Arbeit ist, für das seinige ausgegeben wird, weil ich fest überzeugt bin, daß meine Arbeit des großen Mannes unwürdig ist. Mozarts Komposition ist so einzig, und ich getraue mir zu behaupten, für den größten Teil der lebenden Tonsetzer so unerreichbar, daß jeder Nachahmer, besonders mit untergeschobener Arbeit, noch schlimmer wegkommen würde als jener Rabe, der sich mit Pfauenfedern schmückte. Daß die Endigung des Requiems, das unsern Briefwechsel veranlaßte, mir anvertraut wurde, kam auf folgende Weise. Die Wittwe Mozart konnte wohl voraussehen, daß die hinterlassenen Werke ihres Mannes würden gesucht werden. Der Tod überraschte ihn, während er an diesem Requiem arbeitete. Die Endigung dieses Werkes wurde also mehreren Meistern übertragen. Einige davon konnten wegen überhäuften Geschäften sich dieser Arbeit nicht unterziehen; andere wollten aber ihr Talent nicht mit dem Talente Mozarts kompromittieren. Endlich kam diese Arbeit an mich, weil man wußte, daß ich, noch bei Mozarts Lebzeiten, die schon in Musik gesetzten Stücke öfters mit ihm durchgespielt und gesungen, daß er sich mit mir über die Ausarbeitung dieses Werkes sehr oft besprochen und mir den Gang und die Gründe seiner Instrumentierung mitgeteilt hatte. Ich kann nur wünschen, daß es mir geglückt haben möge, wenigstens so gearbeitet zu haben, daß Kenner noch hin und wieder einige Spuren seiner unvergeßlichen Lehren darin finden können. Zu dem Requiem samt Kyrie, Dies irae, Domine Jesu Christe hat Mozart die vier Singstimmen und den Grundbaß samt Bezifferung ganz vollendet; zu der Instrumentierung aber nur hin und wieder das Motiv angezeigt. In Dies irae war sein letzter Vers:qua resurget ex favilla ..., und seine Arbeit war die nämliche wie in den ersten Stücken. Von dem Verse an: judicandus homo reus ... habe ich das Dies irae ganz geendigt. Das Sanctus, Benedictus und Agnus Dei ist ganz neu von mir verfertigt; nur habe ich mir erlaubt, um dem Werke mehr Einförmigkeit zu geben, die Fuge bei dem Verse: cum sanctis ... zu wiederholen. Es soll mir herzlich lieb sein, wenn ich Ihnen durch diese Mitteilung einen kleinen Dienst habe leisten können.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 15.
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