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[53] Original: im Mozarteum


An Karl Mozart in Mailand


Wien, am 11. Oktober 1809.


Lieber Karl!


Vorige Woche hat unser Freund Bridi die Kiste mit den Musiqualien, wovon ich Dir in meinem letzten Briefe geschrieben, abgeschickt. Die kostete mich in Gold fünf Dukaten Transport, um welche ich Dich bitten muß, mir sie wieder sobald wie möchlich zu erstatten, indem die Zeiten jetzt so theuer sind, daß es mir nicht möchlich ist, Dir sie zu schencken, so gerne ich auch wollte. Du bekömmst einen großen Schatz an diesen Musiqualien und kannst es dahero gerne thuen. Herr Rey, welcher mir Deinen Brief brachte, als ich nicht hier war, ist nun einmal bey mir geweßen.1 Wir sprachen viel von Dir, und ich freue mich sehr, ihn nach seynem Versprechen wiederzusehen. Er sagte mir, daß er Dich recht gut kenne, und es scheint mir auch, daß er recht hat. Auch versprach er mir, im Falle er wieder abreiße, einen Brief an Dich mitzunehmen.[53]

Heute spricht man von nichts als vom Frieden. Gott gebe, daß es wahr werde, denn so wäre es nicht mehr auszuhalten. Von Deinem Bruder habe ich noch keine Nachricht. Ich hoffe aber, daß es ihm gut gehet, denn er kömmt mit seyner Keckheit durch die Welt. Um ihn wird es mir nie bange seyn. Und nun weiß ich Dir für diesmahl nichts mehr zu sagen als daß wir, Gott sey es gedanckt, gesund und wohlauf sind und wir ein gleiches von Dir hoffen und wünschen. Von der guten Sophie [Haibel] habe ich leider Nachricht, daß sie beyde, er und sie, kranck sind, und Gott weiß, wann ich wieder Nachricht von ihr bekomme, indem jetzt keine Post nach Ungarn gehet und man mir meinen Brief an sie gestern nicht annahm. So werde ich auch wohl keinen vor ihr erhalten und deswegen wegen ihr in großen Sorgen bleiben. Nun lebe wohl! Schreibe recht bald Deiner Dich liebenden

Mutter Nißen.


[Nachschrift Nissens:] Empfehlen Sie uns auch den Herren Asioli und Pinali. Ich hoffe, daß Sie mit Letzterem wieder gutstehen. Mit allen Menschen muß man gut seyn, wenn es nur nicht auf Kosten der Rechtschaffenheit oder Ehre ist. Man kann nicht wissen, wann man die Leute nöthig hat, und die Kombinationen im menschlichen Leben sind so abwechselnd als vielfach.

Vorgestern ward [Mozarts] Don Juan im Theater des Schlosses Schönbrunn vor S.M. dem französischen Kaiser auf Deutsch aufgeführt.


Leben Sie wohl! Ich bin Ihr

zärtlicher Vater

Nissen.

Fußnoten

1 Vermutlich Jean Baptiste Rey (1734–1810) aus Paris, Kapellmeister der Großen Oper.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 54.
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