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[77] Original: im Mozarteum


Nikolaus und Konstanze v. Nissen an Karl Mozart

(Von Nissens Hand)


Kopenhagen, den 29. Dezember 1810.


[......] Was Ihren letzten geäußerten Wunsch betrifft, so werden Sie selbst ersehen können, daß er leider nicht auszuführen, daß daran gar nicht[77] zu denken ist. Alles Geld, was ich, Deine Mutter, mit Mühe und Beharrlichkeit nach Bezahlung der von Deinem Vater hinterlassenen Schulden erworben habe, und was mein jetziger Mann hat vermehren helfen, ist in Wien angelegt. Da der Cours dieses Platzes gegenwärtig so ungemein niedrig ist, so wäre es unverzeihlich und unvernünftig weil nachteilig, dieses Kapital anzurühren. Sonst könnte ich Dir schon jetzt Deine Hälfte (nicht leihen, sondern) zum Eigenthum überlassen. Die Hälfte Deines Bruders müßte aber unangerührt bleiben. Wie die Sachen jetzt stehen, lassen wir die Zinsen stehen, in der Hoffnung, daß sie einmal mehr betragen werden als jetzt, wo ein Dukaten mit 54 Gulden Papiergeld bezahlt wird. [......] Weißt Du wohl, daß Du soviel Einkünfte hast als mein Mann! Sein ganzes Einkommen ist 1200 Rthlr. dänische Bankzettel, und da der dänische Cours auch so schlecht ist wie der Wiener, so betragen diese Einkünfte zwischen 1200 und 1500 francs. Wir leben also, wie wir es müssen, sehr eingeschränkt, halten keine Bedienten, nur eine alte Magd, und essen von einem Traiteur, der im Hause wohnt. Bisher sind wir ausgekommen und werden es, mit Gottes Hilfe, ferner und trösten uns mit der Zukunft, die einmal besser sein wird. Ich habe nach dreißigjähriger Dienstzeit nicht mehr als Du. Zum Glück habe ich, Dein Vater, in den letzten Jahren in Wien etwas ersparen können, was nun als Notpfennig für Krankheit und dgl. daliegt, nämlich 56 holländische Dukaten. Das war es, wovon Deine Mutter neulich die Hälfte im Sinne hatte. Die liebe Frau weiß nicht recht mit Geld Bescheid und hielt diese Hälfte für eine ziemliche Summe. Ja, in Wien würden 30 Dukaten jetzt 1500 Gulden heißen.

Diesen Brief erhältst Du durch den Herrn Baron v. Schubart, der uns geschrieben hat, daß er Dich in Mailand wiedergesehen hat, und uns Nachrichten von Dir gab und der seit Juni nichts mehr von Dir erfahren hatte.

Und nun lebe wohl! Fahre fort, Dir Freude zu machen. Dein Vater grüßt Dich.


Ich umarme Dich als Deine zärtliche Mutte

Constance Nißen1.
[78]

[Nachschrift von Konstanzens Hand:]


[Kopenhagen, den 1. Januar 1811.]


Fröliches und glückliches Neues Jahr! Wir grüssen Lichtenthal und danken ihm für seinen Brief. Er muss uns entschuldigen, daß wir ihm nicht antworten, weil das Postgeld zu theuer ist.


[Nachschrift v. Nissen:] Jeder Brief von Ihnen und an Sie kostet ungefähr zwey Reichsthaler.

Fußnoten

1 Das Kursiv-Gedruckte in Konstanzens Handschrift.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 79.
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