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[8] Aus der »Prager neuen Zeitung« vom 9. April 1794


Man ist dem verehrungswürdigen Prager Publikum, das den Namen Mozart zu ehren weiß, eine Erklärung schuldig, die durch die zwei letzten Opernavertissements nothwendig gemacht wurde. Der Knabe [Karl] Mozart, der Sohn des unsterblichen Mannes, dessen himmlische Harmonien uns noch spät entzücken werden, wird auf Veranlassung Sr. Exz. des Herrn Barons van Swieten, seines edlen Wohlthäters, im Vertrauen auf den Geist der böhmischen Nation nach Prag zur Bildung und Erziehung gegeben. Dieser neunjährige Knabe, voll Feuer und Lebhaftigkeit, sollte nach Wunsch einiger Freunde des mozartischen Namens in der Oper Axur in der Rolle des Opferknaben öffentlich auf der Bühne auftreten. Welche schädliche Wirkung dies auf die Bildung des jungen Menschen gehabt hätte, das können nur jene1ganz einsehen, deren Aufsicht und Sorge derselbe übergeben wurde. Die Kinder großer Männer gehören einigermaßen dem Publikum an; und die Erzieher des Knaben haben zu viel Hochachtung für dasselbe und zu viel Liebe für das Wohl des Knaben, als daß sie es hätten zulassen können. Da diese Gesinnungen zugleich diejenigen seines edlen Wohlthäters2 und seiner Mutter sind: so nahm man umso weniger Anstand, das Auftreten des Knaben zu verhindern. Hätte man in den Opernanzeigen die Sache der Publizität nicht voreilig überliefert, so wäre diese Erklärung nicht nöthig gewesen; aber so könnte leicht der Unterrichtete nach dem letzten Opernzettel die Wittwe Mozarts, die voll Hochachtung und Dankgefühl fürs Prager Publikum ist, eines Eigensinnes beschuldigen, wovon sie nichts weiß3.

Fußnoten

1 Karl Mozart weilte von 1792 bis Ende 1797 in der Familie des Professors Franz Xaver Niemetschek (1766–1820) in Prag.


2 Auch Niemetschek nennt Swieten in seinem Leben des K.K. Kapellmeisters W.G. Mozart: »einen wahren Freund Mozarts« (S. 31); tilgt aber mit Recht dieses Lob in der 2. Auflage (1808).


3 R. Procházka erzählt in seinem Buche »Mozart in Prag« (S. 206): Mozarts zweiter Sohn Wolfgang Amadeus kam in seinem fünften Lebensjahre in Begleitung seiner Mutter nach Prag, wo dieselbe Anfang 1796 ein Konzert gab. In diesem sang der kleine kränkliche Knabe, der allgemein ob seiner Sanftmut beliebt war, das erste Papagenolied aus der Zauberflöte, dem man einen andern Text untergelegt hatte. Mozart mußte auf einen Tisch gestellt werden; sein Vortrag machte auf die Zuhörer einen großen Eindruck. Während die Mutter ihre Kunstreise nach Deutschland [Dresden, Berlin, Potsdam, Leipzig] fortsetzte, verblieb Wolfgang Mozart zuerst bei dem Ehepaare Duschek, um ein halbes Jahr später gleich seinem Bruder bei Franz Niemetschek väterliche Aufnahme zu finden. Erst nach Verlauf von 11/2 Jahren kam er nach Wien zurück.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 9.
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