87

[108] Original: im Mozarteum


An den Musiklehrer Friedrich Schwaan in Rostock.


Salzburg, am 8. August 1830.


Vergeben Sie mir, mein hochgeschätzter Freund, daß ich erst heute Ihren mir so werthen Brief vom 25. Mai beantworte. Ich fühle es, daß ich [es] zu lange aufgeschoben habe, allein ich verlaß mich auf Ihre Freundschaft und Nachsicht und verspreche Ihnen, es nicht mehr so lange anstehen zu laßen. Ein kleines Hinterniß war mir freilich, daß ich im Sommer auf dem Lande[108] lebe und nur selden in die Stadt komme; allein dies hinterte nicht, daß ich Ihnen nicht schon längst hätte schreiben sollen. Ich schäme mich und bitte Sie um Verzeihung, und um Sie wieder so gut auf mich zu machen, als Sie es waren, überschicke ich Ihnen alles, was mir lieb und werth ist und was ich [nun] selbst nicht mehr besitze. Erstens meine gute Mutter1, dann meinen gar lieben munteren Oncl2, drittens meine liebe auch gute Schwester3, die so wie ich zum zweiten Mahl verheiratet war, und seit 10 Jahre schon mit ihrem ersten Gatten4 in einer beßeren Welt ist. Ihr zweiter Gatte5 wandelt noch in dieser irdischen Welt und sucht sich wieder eine zweite Josepha, findet aber keine. Viertens bekommen Sie die Handschrift meines zärtlich geliebten Nißens, und nun eine Handschrift von meiner jüngsten Schwester Sophie Haibl, und so wäre ich dann für dies Mahl ferdig. Doch nein, von meinem Vater muß ich noch etwas beylegen. Und so leben sie samt Ihrer lieben Gattin wohl! Empfehlen Sie mich ihr und Hrn. D[irektor] Weber6 aufs Beste und schreiben Sie bald Ihrer Freundin

Constanza Nißen gewesene Mozart.


[Nachschrift:] Ist das Concert zu stande gekommen? Ich wünsche es. Haben Sie an meinen Sohn nach Lemberg geschrieben? An meinen Karl nach Mayland werde ich schreiben und ihm Ihren Wunsch mittheilen.


Tagebuchvermerk hierzu: An Schwaan in Rostock geschrieben und ihm alle seyne Wünsche erfüllt, nähmlich: eine Handschrift von meinem Gatten Nißen, eine detto mit Silwette [Silhouette]7 von meiner guten Mutter, eine detto von Sophie [Haibel], eine Silwette von meinem Oncle Dagobert Stamm, eine detto von meiner Schwester Mayer, und eine Handschrift von meinem lieben guten braven Vater.

Fußnoten

1 Maria Cäcilia Cordula Weber geb. Stamm, eine Mannheimerin.


2 Pater Dagobert Stamm, ein Bruder von Cäcilia Weber.


3 Die älteste Schwester von Konstanze Weber, vgl. Stammtafel.


4 Franz Hofer.


5 Sebastian Mayer.


6 Musikdirektor in Rostock.


7 Diese Silhouette befindet sich heute im Mozartmuseum zu Salzburg. Eine Abbildung davon in den MM. 1, I, S. 9.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 109.
Lizenz:
Kategorien: