§. 2.

[10] Der Musik überhaupts gehet es eben nicht viel besser. Man hat zu dieser Stunde noch keine vollständige musikalische Historie. Wie viele raufen sich nicht fast nur um den Namen, Musik? Einige glauben das Wort Musik komme von den Musen, welche als Göttinnen des Gesanges verehret worden. Andere nehmen es vom griechischen μῶδαι, welches fleißig nachforschen, und untersuchen heißt. Viele halten dafür, es habe seinen Ursprung von Moys1, welches in egyptischer Sprache ein Wasser, und Icos, so eine Wissenschaft bedeutet2: daß es also eine bey dem Wasser erfundene Wissenschaft anzeige; und zwar, weil einige wollen, das Geräusch des Nilflusses habe zur Erfindung der Musik Anlaß gegeben: denen aber jene widersprechen, die es dem Gesäuse und Gepfeife des Windes oder dem Gesange der Vögel zuschreiben. Endlich wird es auch mit gutem Fug von dem griechischen Μοῦσα hergeleitet, welches[10] eigentlich ein aus dem hebräischen entsprungenes Wort ist. Denn es heißt so viel als חשעמ nämlich: ein vortreffliches und vollkommenes Werk, welches zur Ehre Gottes ausgedacht und erfunden worden3. Der Leser wähle sich, was ihm beliebt. Ich will nichts entscheiden.

Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922), S. 10-11.
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