§. 8.

[18] Nun ist noch zu untersuchen übrig: ob auch die Klingzeuge der Alten mit einem Bogen gestrichen worden. Wenn wir dem Glarean glauben, so ist so gar die liebe Leyer gegeigt worden; denn er sagt, da er von einem Instrumente, so Tympani Schizan heißt, redet, folgende Worte: – – – arcu, quo Lyræ[18] Chordas hodie equinis setis, pice illitis, radunt verius quam verberant, pulsatur aut verritur potius.41 Was ist dieß anders, als ein mit Pferdhaaren bezogener, und mit Pech beschmierter Geigebogen? und will es uns etwas anders sagen, als daß die Leyer gegeigt, oder vielmehr nach ihrer Art gekratzet worden? Es finden sich auch neuere Schriften die dieser Meinung sind;42 Und wenn wir es mit dem Tevo halten, so bleibt uns kein Zweifel mehr übrig. Ja wir wissen so gar den Erfinder der Violin und des Geigebogen; da er sagt: Die Violin ist von dem Orpheus dem Sohn des Apollo erfunden worden; und die Dichterinn Sapho hat den mit Pferdhaaren bespannten Bogen erdacht, und war die erste, welche nach heutiger Art gegeigt hat.43 Daß wir also, nach diesem Ausspruche, dem Apollo die eigentliche Erfindung der Violin, der Dichterinn Sapho die Art selbige mit dem Bogen zu streichen, aus dem ganzen wissentlichen Hergang der Sache aber dem Merkur den Ursprung aller Geiginstrumente zu verdanken haben.

Fußnoten

1 Margarita Philosophica, Lib. 5. Musicæ speculativæ, Tract. 1. Cap. 3. Impress. Basileae 1508.


2 Zacharias Tevo nel suo Musico Testore. P. 2. C. 7. pag. 10. Stamp. in Venezia 1706.


3 Mich. Prætor. Syntagm. Mus. T.I. p. 38.


4 Genesis IV, 21.


5 Franchini Gafuri Theorica Musicæ, Lib. 1. Cap. 8. Impress. Mediolani 1492.


6 [Petrus Commestor in Historia Scholastica.]Marg. Phil. L. 5. Tract. 1. C. 4. Tevo P. 1. C. 11.


7 Man spricht auch Noah.


8 Neue Sammlung der merkwürdigsten Reisegeschichten. 2. Buch. 60. Blatt. §. 20.


9 1. Mos. 4, 21.


10 1. Sam. 16, 16. 23.


11 1. König. 10, 12. 2. Chron. 9, 11.


12 Joseph Antiq Lib. 7. Cap. 10.


13 In dem ersten Buch, 68. Blatt. §. 67.


14 Cap 3 5


15 Man lese, was Calmet in seinem Commentaire sur les Pseaumes von der Musik der Alten angemerket hat.


16 Giuseppe Zarlino. Instit & Dimost. di Musica. P.I.C. 1.


17 Tevo, P.I.C. 12. pag 11. [Roberti Stephani Thesaurus Linguæ Lat. sub Voce Chelys.]


18 Dittionario univers. di Efraimo Chambers sub Voce Lyra. Und Polidorus Vergilius de rerum Invent. pag. 51. & 52.


19 Kircherus war dieser Meynung, und Tevo schreibt es in seinem Musico Testore, Cap. 12. pag. 11.


20 Genesis 31, 27.


21 Maria, die andere Mirjam nennen, war Moses und Aarons Schwester.


22 Exod 15. 20. & 21.


23 Num. 10, 2.


24 Josue 6, 4. & seq.


25 I. Paralip. 15.16. & seq. nicht weniger Cap. 23. 5. 30.


26 I. Paralip. 16. 5.


27 I. Regum 10 5 & 10.


28 I. Paralip. 25. 1, 2, 3, 4, 5, 6, andere sprechen auch Jeditim.


29 Seine Schriften sollen seyn: die Argonautica, Hymni und Præcepta de Lapidihus. Die neueste Ausgabe soll zu Utrecht 1689. von Andr. Christ. Eschenbach mit gelehrten Anmerkungen heraus gekommen seyn.


30 Zu jener Zeit als diese Männer lebeten, wurden die gelehrten Leute vergöttert. Und eben dieses ist die Ursache, warum alles so fabelhaft läßt. Wer weis es? Vielleicht haben die Poeten der künftigen Jahrhunderte Stoff genug unsere heutigen Virtuosen als Götter zu besingen? Denn es scheint wirklich als wenn die alten Zeiten wieder kommen möchten. Man pflegt (wie man sagt) dermal schon an vielen Orten, die Gelehrten und Künstler, mit lauter Bravo fast zu vergöttern, ohne sie mit einer andern gebührenden und nachdrücklichen Belohnung zu beehren. Allein, dergleichen magere Lobeserhebungen sollten den Herrn Virtuosen auch eine Natur der Götter einflösen, und ihre Leiber verklären, damit sie von himmlischen Einbildungen leben könnten, und nimmer einer zeitlichen Nothwendigkeit bedörften.


31 Pythagoras mag etwa um das Jahr der Welt 3430., Aristoxen aber im 3620sten gelebt haben.


32 Ptolomäus hat zwar das wahre Verhältniß der grossen Terz gefunden; es war aber nur im harmonischen Geschlechte brauchbar. Joseph Zarlin, ein Italiäner, hat erst das Verhältniß der grossen und kleinen Terz gefunden.


33 Guido war ein Benedictiner im Kloster Pomposa in dem ferrarischen Gebiethe. Er wurde Arretinus genannt: weil er zu Arrezo in Welschland gebohren war. Was er, und Johann von der Mauer eigentlich in der Musik gethan, wird im ersten Hauptstücke in etwas beygebracht werden.


34 Marcus Meibomius hat den Aristoxenum, Euclidem, Nicomachum, Alypium, Gaudentium, Bachium, Aristidem Quintilianum und das 9te Buch Martiani Capellæ griechisch und lateinisch zu AmsterdamAnno 1652. in Quart heraus gegeben.


35 Polidorus Vergilius p. 51. Roberti Stephani Thes. Ling. Lat. sub Voce Chelya,


36 Dizionario univers. di Efraimo Chambers sub Voce Lyra. p. 187. & 188.


37 Joannis Scapulæ Lexicon Græco-Latinum.


38 Rob. Steph. Thes. Ling. Lat. loco jam cit.


39 Homer aus dem Lobgesange des Merkur – – – Ἑπτὰ δὲ συμφώνους ὄιον ἐτανίωατα χορδάς: Aber sieben durch richtige Verhältnisse unter sich übereinstimmende Seyten, die von ausgezogenen Schafdärmen gemacht sind. Und Horaz spricht vom Merkur:Tuque testudo resonare septem callida Nervis.


40 Dizion. Univers. di Efr. Charobers sub Voce Corde p. 212.


41 Glareanus in Dodecachordi Libro 1. C. 17. pag. 49. Er schrieb dieß sein ΔΩΔΕΚΑΚΟΡΔΟΝ im Jahre Christi 1547.


42 Dizion. Univers. di Efr. Chambers. pag. 188.


43 Tevo. P. 1. C. 12. p. 11.


Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922), S. 19.
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