181. Mozarteum.

[339] Wien 15. (22.) Dez. 1781.

Ma très chère soeur!

Ich danke Dir für alle die Neuekeiten die du mir geschrieben hast. Hier sind meine 6 Sonaten; für dich sind nur 4 neue dabei. Wegen den Variationen war es nicht möglich, weil die Copisten zuviel zu thun haben. Sobald es aber möglich ist, werde ich sie dir überschicken.

Den 22. Du wirst unterdessen das Couvert über den Brief an meinen Vater erhalten haben. Die Oper hat mir Hr. Daubrawaick wieder zurückgeschickt, mithin muß ich mich um eine andere Gelegenheit umsehen. Dem Ceccarelli würde freilich bange dabei geworden sein, wenn du seinen Antrag angenommen hättest. Denn ich habe ihm davon geredet, und da sagt er gleich: Certo, l'avrai preso meco subito; und als ich ihn fragte, warum er dich nicht mitgenommen, wußte er keine bessere Ursache als: »wo hätte ich sie denn hier hinthun müssen?« – »O wegen diesem«, sagte ich, »wäre mir nicht bange; ich wüßte Orte genug wo man sie mit Freuden aufnehmen würde;« – und es ist auch wahr. Wenn Du gute Gelegenheit bekommst auf einige Zeit hierher zu reisen, so schreibe es mir nur vorher.

Nicht wahr »das Loch in der Thür« [von Stephanie] ist eine gute Comödie? – Die sollst Du aber hier aufführen sehen. »Die Gefahren der Verführung« ist auch ein gutes Stück. »Das öffentliche Geheimniß« ist nur als ein italienisches Stück betrachtet anzunehmen, denn die Herablassung der Fürstin mit dem Bedienten ist gar zu unanständig und wider alle Natur. Das Beste an diesem Stück ist wirklich – das öffentliche Geheimniß, nämlich die Art wie sich die zwei Liebenden, zwar in geheim aber doch öffentlich verstehlich machen.[339]

Neues kann ich Dir nichts schreiben meine liebe Schwester, weil ich dermalen nichts weiß. Wegen den alten Bekanntschaften will ich Dir gleich sagen, daß ich nur ein einziges Mal bei der Fr. v. Mesmer draußen [vgl. S. 6] war. Das Haus ist nicht mehr so wie es war. Wenn ist umsonst essen will, so brauche ich nicht deßwegen auf die Landstraße hinauszufahren, da habe ich in der Stadt zu Fuße Oerter genug. Die Fischerischen [ebenfalls eine Bekanntschaft vom Jahre 1766 her] wohnen im tiefen Graben, wo ich niemals fast hinzukommen habe. Doch wenn mich der Weg eben dahin trifft, mache ich Ihnen auf einen Augenblick eine Visite, denn länger könnte ich das warme Zimmerl und den Wein auf dem Tisch nicht leiden. Ich weiß wohl daß in diesem die größte Ehrenbezeugung bei dergleichen Leuten besteht; allein ich bin kein Liebhaber von dieser Ehrenbezeugung und noch weniger von dergleichen Leuten.

Wegen meiner Schießkasse [von der Salzburger Bözlschützengesellschaft] weiß ich auch nicht was zu thun ist; es muß ja doch das Geld Interesse von den Hundert Gulden sein? – Mußt halt zu diesem schreiten. Vielleicht bin ich das künftige Jahr glücklicher. – Wegen der Scheibe? –

Gott! – in diesem Augenblick erhalte ich ein Schreiben von meinem lieben besten Vater! – Wie kann es doch nur so Ungeheuer von Menschen geben? – Geduld. – Vor Zorn und Wuth kann ich nicht mehres schreiben, nur das, daß ich ihm nächsten Posttag darauf antworten werde – und ihm zeigen werde, daß es Menschen gibt, die mehr als Teufel sind. Er möchte unterdessen ruhig sein, sein Sohn sei seiner vielleicht mehr werth, als er glaube.75

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Der junge Komponist Peter Winter, der spätere Schöpfer des »Unterbrochenen Opferfestes«, war von Wien über Salzburg nach München zurückgereist und hatte dem Vater allerhand Uebles von Mozart und namentlich von Constanze erzählt. Man wird sich aus den Mannheimer Briefen erinnern, wie Mozart über den Abbé Vogler dachte, und jedenfalls hielt er auch seine Meinung in der Oeffentlichkeit nicht zurück. Winter war ein Schüler Voglers und darum zeitlebens nicht gut auf Mozart zu sprechen.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 339-340.
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