Frankfurt am Main den 3ten October 1790

[44] Frankfurt am Main den 3ten October 1790.

Sonntag.


Liebstes, bestes Herzens-Weibchen! –


Nun bin ich getröstet und vergnügt. Erstens weil ich Nachricht von Dir meine Liebe erhalten, wornach ich mich so sehnte; zweitens durch die beruhigende Auskunft in Betreff meiner Affairen – ich habe mir so fest vorgenommen, gleich das Adagio für den Uhrmacher zu schreiben,1 dann meinem lieben Weibchen etwelche Ducaten in die Hände zu spielen; that es auch – war aber, weil es eine mir sehr[44] verhaßte Arbeit ist, so unglücklich, es nicht zu Ende bringen zu können – ich schreibe alle Tage daran – muß aber immer aussetzen, weil es mich ennuirt – und gewis, wenn es nicht einer so wichtigen Ursache willen geschähe, würde ich es sicher ganz bleiben lassen – so hoffe ich aber doch es so nach und nach zu erzwingen; – ja, wenn es eine große Uhr wäre und das Ding wie eine Orgel lautete, da würde es mich freuen; so aber besteht das Werk aus lauter kleinen Pfeifchen, welche hoch und mir zu kindisch lauten. –

Ich lebe hier bis dato noch ganz retiré – gehe den ganzen Morgen nicht aus, sondern bleibe in meinem Loch von einer Stube und schreibe; – meine ganze Unterhaltung ist das Theater, wo ich dann Bekannte genug antreffe, von Wien, München, Mannheim und sogar Salzburg – Franz Lange Waldhornist und Gres der Schatzmeister ist hier – auch der alte Wendling mit seiner Dorothé – ..... so lebte ich am liebsten fort – aber – ich fürchte es nimmt schon ein Ende, fängt ein unruhiges Leben an – man will mich nun schon überall haben – und so ungelegen es mir ist, mich überall so begucken zu lassen, so sehe ich doch die Nothwendigkeit davon ein – und muß es halt in Gottes Namen geschehen lassen; – es ist nun zu vermuthen daß mein Concert nicht schlecht ausfallen möchte – ich wollte es wäre schon vorbey, nur um dem Zeitpunkt näher zu seyn Dich meine Liebe wieder zu umarmen! – – Dienstag giebt die chur-mainzische Schauspielergesellschaft mir zu Ehren meinenDon Juan – Lebe wohl meine Liebe – grüße mir die wenigen Freunde die es mit mir gut meinen – sorge für Deine mir so werthe Gesundheit und sey stets meine Constanze so wie ich ewig seyn werde

Dein

Mozart.


[45] NB. Schreibe mir fleißig, wenn es auch nur wenige Zeilen sind.

P.S. Gestern habe ich bei dem reichsten Kaufmann in ganz Frankfurt gespeist, bei Herrn Schweitzer. – Die Crux2 ist auch hier. – Das Mädel habe ich noch nicht gesehen – die Quellenberg aber sagte mir, sie sey so gros und dick geworden, daß ich sie nicht mehr kennen werde. – adjeu.

Morgen Montag ist der Einzug und über acht Tage die Krönung. –

Fußnoten

1 Ohne Zweifel das in Mozart's eigenem thematischen Verzeichniß Ende 1790 unter der Bezeichnung »Ein Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr« eingetragene Stück. (Köchel's Verz. Nr. 594.)


2 Crux, Violinspielerin.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 46.
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