Liebster, bester Freund

[62] Liebster, bester Freund

und Bruder! –


Mir ist sehr leid, daß ich nicht ausgehen darf um mit Ihnen selbst sprechen zu können, alleine meine Zahn- und Kopfschmerzen sind noch zu groß, und ich fühle überhaupt noch eine starke Alteration. Ihr Gedanke wegen einigen guten Scholaren ist auch der meinige, nur wollte ich warten, bis ich in dem andern Quartier bin, weil ich in meiner Behausung Lection zu geben gesinnt bin, unterdessen bitte ich Sie, diese meine Idee ein Bischen unterdessen den Leuten bekannt zu machen, – auch bin ich gesinnt die 3 Monathe Juli, Juni und August Subscriptions-Academien bey mir zu geben, folglich ist nichts als die gegenwärtige Lage, die mich drückt – Wie ich ausziehe, so muß ich 275 fl. wegen der neuen Wohnung zahlen – leben muß ich auch bis[62] meine Academien in Ordnung sind und bis meine Quartetten so ich in Arbeit habe zum Stich befördert werden – folglich würde ich, wenn ich dermalen wenigstens 600 fl. in die Hände bekäme, ziemlich ruhig schreiben können – denn ach! Ruhe gehört dazu; – was mich augenblicklich aber äußerst quälet, ist eine Schuld bei dem Galanterie-Händler am Stock im Eisen,1 welcher, obwohl er anfangs selbst die Unmöglichkeit einsah und sich zufrieden zeigte, nun aber ernstlich und ungestüm die Bezahlung fordert, es beträgt 100 fl. – Diese Unannehmlichkeit wünschte ich mir wohl herzlich vom Halse. – Nun habe ich Ihnen aufrichtig gebeichtet, und bitte Sie sehnlichst alles zu thun, was Sie immer nach Ihrer Möglichkeit und Ihren wahren freundschaftlichen Gesinnungen thun können.

Ewig Ihr

Mozart.


(100 fl. überschickt.)

Fußnoten

1 Stock im Eisen, ein Platz in Wien.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 63.
Lizenz:
Kategorien: