Liebstes, bestes Weibchen! [3]

[42] Liebstes, bestes Weibchen!


Ich habe von Dir meine Liebe nun 3 Briefe, – den vom 28ten Septbr. erhalte diesen Augenblick – den durch Herrn von Alt habe noch nicht erhalten, werde aber deswegen gleich mich bey le ....1 anfragen. – Du mußt nun auch 4 Briefe in Händen haben – dies ist der 5te. – Nun kannst Du mir nicht mehr schreiben, denn ich werde vermuthlich da Du dieses liest nicht mehr hier seyn, indem ich Mittwoch oder Donnerstag meine Academie zu geben denke und dann Freytag gleich – tschiri tschitschi – das beste ist zu fliehen – liebstes Weibchen! ich hoffe Du wirst Dich in Betreff was ich Dir geschrieben bekümmert haben – – und noch bekümmern, – so viel mache ich hier gewis nicht, daß ich im Stande seyn sollte gleich bei meiner Rückkunft 100 oder 1000 fl. zu zahlen – wenn die Sache mit Hofmeister aber wenigstens so im Gange ist, daß nur meine[42] Gegenwart fehlt, so bekomme ich doch gleich (die Interessen gros à 20 pr. cento gerechnet) von 2000 – 1600 fl. in die Händ. – Da kann ich dann 1000 fl. weg zahlen – bleiben mir noch 600 fl. – im Advent fange ich ohnehin an kleine Quartett-Subscriptions-Musiken zu geben, Scholaren nehme ich auch – die Summe darf ich nie zahlen, weil ich für H2... schreibe, folglich geht alles in der Ordnung – ich bitte Dich nur, mache mir das Geschäft mit H ... wenn Du anderst willst daß ich zurück kommen soll – wenn Du mir nur in mein Herz sehen könntest – da kämpft der Wunsch, die Sehnsucht Dich wieder zu sehen und zu umarmen mit dem Wunsche viel Geld nach Hause zu bringen – da hatt' ich schon oft den Gedanken noch weiter zu reisen – wenn ich mich dann so zwang diesen Entschluß zu fassen, so fiel mir dann wieder ein, wie es mich reuen würde, wenn ich mich so auf ungewis, vielleicht gar fruchtlos so lange von meiner lieben Gattin getrennt hätte, – mir ist so als wenn ich schon Jahre lang von Dir wäre – glaube mir, meine Liebe – wenn Du bey mir wärest, so würde ich mich vielleicht leichter dazu entschließen können – allein – ich bin Dich zu sehr gewöhnt – und liebe Dich zu sehr, als daß ich lange von Dir getrennt seyn könnte – und dann – es ist alles Prahlerey was man von den Reichsstädten macht – berühmt, bewundert und beliebt bin ich hier gewis; übrigens sind die Leute aber hier noch mehr Pfennig-Fuchser als in Wien – Wenn die Academie ein Bischen gut ausfällt, so habe ich es meinem Namen – der Gräfin Herzfeld und dem Schweitzerischen Hause, welche sich sehr für mich interessiren, zu danken – übrigens bin ich froh wenn es[43] vorbey ist, – wenn ich in Wien fleißig arbeite und Scholaren nehme, so können wir recht vergnügt leben; und nichts kann mich von diesem Plane abbringen als ein gutes Engagement irgend an einem Hofe, suche nur mit Ribiseln-Gesicht3 oder wo anderst die Affaire mit Hofmeister in Richtigkeit zu bringen und meinen Vorsatz Scholaren zu nehmen bekannter zu machen, dann wird es uns sicher nicht fehlen. Adjeu meine Liebe. – Von mir bekömmst Du schon noch Briefe, aber ich kann leider keinen mehr bekommen. –


Liebe ewig Deinen

Mozart.


Morgen ist die Krönung.4

Sorge für Deine Gesundheit – und

nimm Dich im Gehen in acht.

Fußnoten

1 Hier fehlt ein Wort in der Vorlage.


2 Hoffmeister.


3 »Ribisel heißen in Wien die Johannesbeeren«. (Bemerkung in der Vorlage.)


4 Die Krönung fand in Frankfurt am 9. October 1790 Statt. Daraus ergiebt sich das Datum des Briefes.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 44.
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