München den 2ten Novbr. 1790

[79] [79] München den 2ten Novbr. 1790.


Liebstes, bestes

Herzens-Weibchen! –1


Was mir das weh thut, daß ich bis Linz warten muß um von Dir Nachricht zu haben, das kannst Du nicht glauben. Gedult; wenn man nicht weiß wie lange man sich an einem Orte aufhalten wird, so kann man auch keine bessern Anstalten treffen. – Ich habe (ohngeachtet ich gerne lange bei meinen alten Manheimer Freunden bleiben möchte) nur einen Tag hier bleiben wollen, nun muß ich aber bis den 5ten oder 6ten bleiben, weil mich der Churfürst wegen dem König von Neapel zur Academie gebeten hat, das ist wirklich eine Distinction – eine schöne Ehre für den Wiener Hof, daß mich der König in fremden Landen hören muß. – Daß ich mich mit Cannabichischen, la Bonne, Ramm, Marchand und Brochard gut unterhalte und recht viel von Dir meine Liebe gesprochen wird, kannst Du Dir wohl einbilden. – O ich freue mich auf Dich, denn ich habe viel mit Dir zu sprechen; ich habe im Sinne zu Ende künftigen Sommers diese Tour mit Dir, meine Liebe, zu machen, damit Du ein anderes Baad versuchst, dabey wird Dir auch die Unterhaltung, Motion und Luftveränderung Gutes thun, so wie es mir herrlich anschlägt; da freue ich mich recht darauf und alles freuet sich. –

Verzeihe wenn ich Dir nicht so viel schreibe als ich gerne möchte, Du kannst Dir aber nicht vorstellen wie das Gereisse um mich ist. – Nun muß ich gleich zu Cannabich, denn es wird mein Concert probirt. Adjeu liebes Weibchen. Auf diesen Brief kann ich nach meiner Rechnung keine Antwort mehr hoffen, in Linz hoffe ich aber ein paar Briefe[80] anzutreffen. Lebe wohl, meine Liebe; ich küsse Dich Millionenmal und bin ewig

Dein Dich bis in den Tod liebender

Mozart.


P.S. Die Gredel ist nun mit der Lebrun ihrem Bruder verheyrathet, heißt also Madme Danzi. Die Brochard Hannchen ist nun 16 Jahr alt, und ist leider durch die Blattern häßlich geworden, schade – die kann nicht genug von Dir sprechen – sie spielt ganz artig Clavier.

Fußnoten

1 Vgl. O. Jahn, 1. Ausg. III. 487, 2. Ausg. II. 720.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 81.
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