Wien den 7ten Jul. 1791

[21] Liebstes, bestes Weibchen!


Du wirst mir schon verzeihen, daß Du ietzt immer nur einen Brief von mir bekömmst. Die Ursache ist: ich muß einen N.N. gefangen halten, darf ihn nicht echapiren lassen – alle Tage um 7 Uhr früh bin ich schon bei ihm.

Hoffe Du wirst mein gestriges Schreiben auch richtig erhalten haben – ich war nicht beym Ballon, denn ich kann mir es so einbilden, und glaubte auch und wird diesmal[21] auch nichts draus werden – aber nun ist Jubel unter den Wienern! – so sehr sie bisher geschimpft haben, so loben sie nun. –

Etwas kann ich in Deinem Brief nicht lesen und etwas verstehe ich nicht – es heißt »Nun wird mein .... Mannerl gewis heut in der großen Com: auch im Brader seyn« etc. etc. – Das Beiwort vor Mannerl kann ich nicht lesen – das Com: vermuthe ich wirdCompagnie heißen, – wen Du aber unter der großen Compagnie verstehest, weiß ich nicht.

Dem Sauermayer1 lasse ich sagen, daß ich nicht Zeit hätte immer zu seinem Primus zu laufen – und so oft ich hingekommen bin, war er nie zu Hause – gieb ihm nur die 3 Florēn, damit er nicht weint –

Nun wünsche ich nichts als daß meine Sachen schon in Ordnung wären, nur um wieder bey Dir zu seyn, Du kannst nicht glauben wie mir die ganze Zeit her die Zeit lang um Dich war! – ich kann Dir meine Empfindung nicht erklären, es ist eine gewisse Leere – die mir halt wehe thut, – ein gewisses Sehnen, welches nie befriediget wird, folglich nie aufhört – immer fortdauert, ja von Tag zu Tag wächst; – wenn ich denke wie lustig und kindisch wir in Baaden beysammen waren – und welch traurige, langweilige Stunden ich hier verlebe – es freuet mich auch meine Arbeit nicht, weil, gewohnt bisweilen auszusetzen und mit Dir ein paar Worte zu sprechen, dieses Vergnügen nun leider eine Unmöglichkeit ist – gehe ich ans Klavier und singe etwas aus der Oper, so muß ich gleich aufhören – es macht mir zu viel Empfindung –Basta! – wenn diese Stunde meine Sache zu Ende ist, so bin ich schon die andere[22] Stunde nicht mehr hier. – Neues weiß ich Dir nicht zu schreiben. Die Illumination in Baaden war wohl ein Bischen übereilt! – weil die wahre Nachricht eben das Gegentheil ist. Ich werde in der Hofapotheke fragen, vielleicht können sie mir die Latwerge doch verschaffen, – dann schicke ich sie Dir gleich; unterdessen (wenn es nöthig seyn sollte) würde ich Dir lieber zum Weinstein als zum Duftwasser rathen. – Adjeu liebstes Weibchen


Wien den 7ten Jul. 1791.

Ewig Dein

Mozart.

Fußnoten

1 »Süßmayer.« Anmerkung in der Vorlage.

Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 21-23.
Lizenz:
Kategorien: