V.

Jos. Haydn's Anstellungsdecret als fürstl. Esterházy'scher Vice-Capellmeister.[391] 1

Convention und Verhaltungs-Norma des Vice-Capel-Meisters.


Heute Endesangesetzten Tag, und Jahr ist der in Oesterreich zu Rohrau gebürtige Joseph Heyden bey Ihro Durchlaucht Herrn Paul Anton des Heyl. Röm. Reichs Fürsten zu Eszterhazy, und Galantha etc. etc. als ein Vice-Capel-Meister in die Dienste an- und aufgenommen worden, dergestalten das weilen


1mo. Zu Eysenstadt ein Capel-Meister nahmens Gregorius Werner schon lange Jahr hindurch dem hochfürstl. Hause, Treu, emsige Dienste geleistet, nunmehro aber seines hohen Alters, und daraus öfters entstehender unpäßlichkeit halber, seiner Dienst-schuldigkeit nachzukommen[391] nicht allerdings im stande ist, so wird er Gregorius Werner, dannoch in Ansehung seiner langjährigen Diensten ferners, als Ober-Capel-Meister verbleiben, er Joseph Heyden hingegen, als Vice-Capel-Meister zu Eysenstadt in der Chor- Musique Ihme Gregorio Werner, qua Ober-Capel-Meistern subordinirt seyn, und von ihme dependiren. In all-andern Begebenheiten aber, wo eine Musique immer gemacht werden solle, wird alles, was zur Musique gehörig ist, in genere und Specie an ihn Vice-Capel-Meister angewiesen. sofort

2do. Wird er Joseph Heyden als ein Haus-Officier angesehen, und gehalten werden. Darum hegen Sr. Hochfürstl. Durchlaucht zu ihme das gnädige vertrauen, das er sich also, wie es einem Ehrliebenden Haus-Officier bei einer fürstlichen Hoff- stadt wohl anstehet, nüchtern, und mit denen nachgesetzten Musicis nicht Brutal, sondern mit glimpf und arth bescheiden, ruhig, ehrlich, aufzuführen wissen wird, haubt-sächlich, wann vor der Hohen Herrschaft eine Musique gemacht wird, solle er Vice-Capel-Meister samt denen subordinirten allezeit in Uniform und nicht nur er Joseph Heyden selbst sauber erscheinen, sondern auch alle andere von ihme dependirende dahin anhalten, daß sie der ihnen hinausgegebenen Instruction zufolge, in weißen Strümpfen, weißer Wäsche, eingepudert, und entweder in Zopf, oder Har-Beutel, Jedoch durchaus gleich sich sehen lassen. Derohalben

3tio. Sind an ihne Vice-Capel-Meister die andern Musici angewiesen worden, folglich wird er sich um so viel exemplarischer Conduitiziren, damit die Subordinirten von seinen guten eigenschafften sich ein beyspiel nehmen können, mit hin wird er Joseph Heyden all besondere Familiarität, gemeinschafft in essen, drinken, und andern umgang vermeiden, um den ihme gebührenden Respect nicht zu vergeben, sondern aufrecht zu erhalten, auch die Subordinirten zu schuldiger parition desto leichter zu vermögen, je unangenehmer die daraus entstehen könnende Folgerungen, müßverständnüß und uneinigkeiten der Herrschafft seyn dörfften.

4to. Auf allmaligen Befehl Sr. Hochfürstl. Durchlaucht solle er Vice-Capel-Meister verbunden seyn, solche Musicalien zu componiren, was vor eine Hochdieselbe verlangen werden, sothanne neue Composition mit niemanden zu comuniciren, viel weniger abschreiben zu lassen, sondern für Ihro Durchlaucht eintzig, und allein vorzubehalten, vorzüglich ohne vorwissen, und gnädiger erlaubnuß für niemand andern nicht zu componiren.

5to. Wird er Joseph Heyden alltäglich |: es seye demnach dahier zu Wienn, oder auf denen Herrschaften :| vor und nach-Mittag in der Antichambre erscheinen, und sich melden lassen, allda die Hochfürstl. Ordre ob eine Musique seyn solle? Abwarthen, allsdann aber nach erhaltenem Befehl, solchen denen Andern Musicis zu wissen machen, und nicht nur selbst zu bestimmter Zeit sich accurate einfinden, sondern auch die andern dahin ernstlich anhalten, die aber zur Musique entweder späth kommen, oder gar ausbleiben,specifice annotiren. Wann demnach[392]

6to. Zwischen ihnen Musicis wider alles besseres verhoffen, uneinigkeiten, disput, oder einige Beschwerden wider den andern sich äußerten, wird er Vice-Capel-Meister trachten, nach gestalt der umständen dieselbigen auszumachen, damit der hohen Herrschaft mit Jeder Kleinigkeit und Bagatelle-sache, keine ungelegenheit verursachet werde, sollte aber etwas wichtigeres vorfallen, welches er Joseph Heyden von sich selbsten ausgleichen, oder vermitteln nicht könnte, sothannes muß Ihro Hochfürstl. Durchlaucht gehorsamst einberichtet werden.

7mo. Solle er Vice-Capel-Meister auf alle Musikalien, und Musicalische Instrumenten all-möglichen Fleiß, und genaue Absicht tragen, damit diese aus unachtsamkeit, oder nachläßigkeit nicht vertorben, und unbrauchbar werden, auch für solche repondiren.

8vo. Wird er Joseph Heyden gehalten seyn, die Sängerinnen zu instruiren damit sie das Jenige, was sie in Wienn mit vieller mühe und speesen von vornehmen Meistern erlernet haben, auf dem Land nicht abermal vergessen, und weillen erVice-Capel-Meister in unterschiedlichen Instrumenten erfahren ist, so wird er auch in all-jenen, deren er kundig ist, sich brauchen lassen.

9mo. Wird ihme Vice-Capel-Meister hiemit eine Abschrift von der Convention und verhaltungs- Norma deren ihme Subordinirten Musiquanten hin ausgegeben, das er dieselben nach dieser Vorschrift zu ihrer Dienst-Leistung anzuhalten wissen möge. übrigens

10mo. Wie man all-seine schuldige Dienste zu Papier zu setzen um so weniger nöthig erachtet, als die durchlauchtigste Herrschaft ohne deme gnädigst hoffet, daß er Joseph Heyden in allen vorfallenheiten, aus eigenem Trieb nicht nur oberwehnte Dienste, sondern auch all-andere Befehle, die er von Hoher Herrschaft, nach bewandtnus der sachen künfftig bekommen sollte, auf das Genaueste beobachten, auch die Musique auf solchen Fuß setzen, und in so gutter Ordnung erhalten wird, daß er sich eine Ehre, und andurch der ferneren fürstlichen Gnaden würdig mache, also lasset man auch jene seiner geschücklichkeit, und Eyfer über. In solcher Zuversicht

11mo. Werden ihme Vice-Capel-Meister alle Jahr 400 Fl. Rhein. von der Hohen Herrschaft hiemit accordirt, und beym Ober-Einnehmer-Amt angewiesen Quartal-weise zu empfangen. über dies

12mo. Auf denen Herrschaften solle er Joseph Heyden den Officier-Tisch, oder Ein halben Gulden des Tags kost-geld haben. Endlich

13mo. Ist diese Convention mit ihme Vice- Capel-Meister von 1. May 1761 an, wenigstens auf drey Jahre lang beschlossen worden, solchergestalten, das wann er Joseph Heyden nach vollgestreckter Frist, dreyen Jahren, sein Glück weiters machen wollte, seine diesfällige Intention ein halbes Jahr voraus, das ist anfangs des dritten halben Jahrs, der Herrschaft kundt zu machen schuldig seye. Ingleichen[393]

14to. Verspricht die Herrschaft ihne Joseph Heyden nicht nur so lang in Diensten zu behalten, sondern, wann er eine vollkommene Satisfaction leisten wird, solle er auch die expectanz auf die Ober-Capel-Meistersstelle haben, widrigenfalls aber ist Hochderselben allezeit frey, ihne auch unter dieser zeit des Dienstes zu entlassen.

Urkund dessen sind zwey gleichlauthende exemplaria gefertiget, und ausgewechselt worden.


Gegeben Wienn den 1. May 1761.


Ad Mandatum Celsissimi Principis

Johann Stifftel

Secretair.[394]

Quelle:
Pohl, Carl Ferdinand / Botstiber, Hugo: Joseph Haydn. Band 1, Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1878, S. 391-395.
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