VI, b.

Grabschrift Werner's

Alhier ruhet der Wol Edle und Kunstreiche Herr Gregorius Josephus Werner, Weyland gewester Hochfürstlich Esterhazyscher Capell-Meister, seines erlebten mühsamen und kränklichen Alters 71 Jahr: deme Gott nun wolle zur ewigen Ruhe aufnehmen. Ist gestorben A. 1766, d. 3. Marty.


EPITAPHIUM.


Hier liegt ein Chor-Regent, der ein Groß Fürsten-Haus

sehr viele Jahr bedient, nun ist die Musik aus.

Er hatte große Plag mit Creuzl und B-moll,

wust' endlich nicht wie, wo Ers resolviren sollt

Bis Er die Kunst erlernt nur in Geduld zu sein,

alsdann gab Er sich willig und ganz bereit darein.

Dich aber großer Gott!

bitt Er in höchster Noth,

Du wollst die Dissonanzen

von Ihm gesetzt zu frey

Verkehrn in Consonanten

Durch seine Buß und Reu.

Weil Er die letzt Cadenz sodann ins Grab gemacht,

ist folglich all sein Müh zum guten Schluß gebracht.

O Heiland nehm ihn auf zu deinem Hi iels-Chor

den nie ein Aug gesehn, noch g'hört ein menschlich Ohr.

Wann dann die groß Posaunen

wird rufen zum Gericht,

Mit aller Welt Erstaunen

alsdann verda i ihn nicht.

Dich aber fro ier Wanders-Mann

Ruff ich um ein Gebettelein an.[396]


Quelle:
Pohl, Carl Ferdinand / Botstiber, Hugo: Joseph Haydn. Band 1, Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1878, S. 396-397.
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