*25. [an die Schwester, Nachschrift zum Brief des Vaters, Bologna, 4. August 1770]

[20] Ich bedauere recht von Herzen, daß die Jungfrau Ma rtha so krank ist, und bette alle Tag für sie, damit sie gesund werde; sage ihr anstatt meiner, sie soll nicht zu viel Bewegung machen, und brav gesulzte sachen essen.1

A propos! hast Du den Robinig-siegerl2 meinen Brief geben? Du schreibst mir nichts davon; ich bitte, wenn Du ihn siehst, so sage ihm, er solle auf mich nicht gar vergessen. Ich kann ohnmöglich schöner schreiben, denn die Feder ist eine Notenfeder und keine Schriftfeder. Nun ist meine Geige neu beseitet und ich spiele alle Tage; aber dieses setze ich nur hinzu, weil meine Mama einmahl zu wissen verlangte: ob ich noch geige? Gewiß über 6 mal habe ich die Ehre gehabt, allein in die Kirchen und prächtigenFunctiones zu gehen. Unterdessen habe ich schon 4 itallienische Sinfonien componirt, außer den Arien, deren ich gewiß 5–6 schon gemacht habe, und auch eine Motetten.

Kommt der Herr Deibl3 öfters? beehrt er euch noch mit seinen unterhaltlichen Discours? Und H. Edler Karl v Vogt?4 würdigt er sich noch eure unerträgliche Stimme anzuhören? Der Hv Schiden hofen soll Dir fleißig Menuett schreiben helfen, sonst bekomt er keine Zuckerl nit!

[20] Meine Schuldigkeit wäre, wenn es mir die Zeit erlaubte, H. v Mölk und Schidenhofen mit ein par Zeilen, bede zu belästigen, aber da mir das Nothwendigste dazu mangelt, so bitte ich meinen Fehler zu verzeyen, und mir auf das Zukünftige diese Ehre aufgehoben sein zu lassen.

Anfänge unterschiedlicher Cassationen:


25. an die Schwester, Bologna, 4. August 1770

Hier habe ich Dein Verlangen vollbracht. Ich glaube schwerlich, daß es einer von mir sein wird; dann wer würde sich denn unterstehen eine Composition, welche der Sohn des Capellmeisters gemacht hat, und dessen Mutter und Schwester da ist, für sich auszugeben? Addio! lebe wohl: meine einzige Lustbarkeit besteht dermalen in englischen Schritten, und Capriol-und spaccat-machen. Italien ist ein Schlafland! es schläfert einem immer! addio leb wohl!

Wolfgang Mozart


den 4. August 1770.

An alle guten Freunde und Freundinnen

mein Compliment! Meinen handkuß an die Mama!

Fußnoten

1 S. hierzu den Brief des Vaters vom 4. August.


2 Sigmund von Rubinig, (1760–1823), Sohn eines reichen Handels- und Industrieherrn, gehörte ebenfalls zu Mozarts Jugendfreunden.


3 Franz Deibl († 1783) Oboist und Violinspieler in Salzburg.


4 Karl Vogt (aus Mähren) ein tüchtiger Violinspieler der Salzburger Hofkapelle.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 21.
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