39. [Anfang zu Wolfgangs Brief]

[352] Paris den 29ten May 1778


Mein lieber Mann.


deinen brief von 29ten April haben wir richtig erhalten, und daraus mit vergniegen vernomen das du dich mit samt der nanerl gesund befindest, die Neuigkeiten haben mich ungemein belustiget. zwar die auersandt bedaure ich Von herzen, hofe aber sie wird indessen widerum bey ihrem völligen verstande sein. was den hafner Sigerl belangt habe ich von herzen gelacht, dan ich kenne das Mensch, sie ist unsrer nandl, die uns so betrogen hat ihre guete bekante und offt zu ihr kommen. ist auch zu ihr befreindet sie ist eine Preu dochter Von nitendorss, sie kan aber nicht älter sein als 26 Jahr, sie sieht nur alt aus weill sie beyn oberisten ist strapazirt worden. wan er sie gehäaurathet hat, so hat er eine Scharmante Partie getroffen, gesenges im gott er hat kein Ursag mit ihr zu eisern, dan es verliebt sich gewis kein Mensch in sie. Von Krieg hört man hier nicht vill, was du aber geschrieben hast das der König von Preusen aliancen sucht zu bekomen das glaube ich, allein es wird hart sein können, [352] dan Rusland kan wegen des türcken nicht leicht, dan die türcken wollen durchaus krieg haben. die schweden können unmöchlich nicht, dan der König in frankreich hat 30000 man Subsidien Von ihnen und bezallt alle Jahr 12 Million livers. und bey dänemarck ist es wiederum nichts, dan ihr ganze macht ist etwan 30000 mann, und da wehre das ganze land lehr, und meinest du sie scheuhen frankreich nicht, welches bestendig beschässiget ist, bey allen Podenzen den König Von Preusen eine nasen zu trähen, darum Packter nicht an, er könte sonst so lang nicht warthen, und ist allemal gleich der angreiffer gewesen, und hat sich nicht so lang besohnen. hier ist die ganze statt guett Kaisserlich, ausgenommen die lutheraner etwan nicht alle einige sind es auch, dan der Kaiser hat sich im seinen aufenthalt hier sehr beliebt gemacht. etwas für die nanerl, sag ihr sie solle sich einen saubern Spazier stock anschaffen, dan hier ist es die greste Mode das alle frauen Zimmer (ausgenommen die Mägde) mit stäcken gehen, in die Kirchen, in visiten, spaziern, wo sie nur hin gehen, auf der gassen versteht sich, nicht in wagen, keine gehet zu fuß ohne stock weill es hier so schlipsreich zu gehen ist, voraus wan es geregnet hat so hat sich ein frauenzimmer, vor einer Zeit den sues überänckel, da hat ein doctor gesagt, es wehre besser wan sich die weibsbilder der stöcker bedieneten, so ist es gleich Mode geworden. sonst ist es hier überaus theuer ein 39. an Gatten und Tochter, Paris, 29. Mai 1778 gutter butter kostet 30 bis 40 Sols, der schlechte der nicht zu geniessen ist 24 Sols. das 39. an Gatten und Tochter, Paris, 29. Mai 1778 Rindfleisch 10 Sols das Kalbfleisch 12 bis 14 Sols, ein lemmers Piegel 3 livers, ein junges hiendl 3 livers, der wein theuer und schlecht aller von den würthen Verdorben, es ist noch theurer als es in Engeland gewesen, wie wür dorth wahren, mit einem louidor kan man nicht mehrer ausrichten, als in deutschland mit einen baierischen thaller, und mit einen thaller richt man nicht mehrer aus als bey uns mit einen 24 ker, alles ist noch einmahl so theuer als es vorhero gewesen ist. übrigens sind wir gott lob und danck gesund, und winschten nichts andres als euch beyde bey uns zu haben. das aderlassen werde ich nicht vergessen, ich mus mir erst um einen gutten barbier sehen. dahier ist es nicht mehr so in gebrauch wie vorhero, [353] wie sich alle Mode endert. den hin andretter Cornet lassen wir uns empfehlen um den hl bullinger ist uns leid das er kranck ist gewesenes erfreit uns das er wider besser ist wir empfehlen uns ihm, und meiner liebel Salerl, was macht dan sie, denckt sie noch an mich, ich und der wolfgang reden offt von ihr, o wie offt reden wir von unsern bekanten zu Salzburg, wan wir auf die nacht beym essen bey sammen sizen. adio lebts beyde gesund ich küsse euch vill 10000 mahl und verbleibe dein getreues weib Marianna Mozartin.

an alle gutte freinde und freindinen von uns alles erdenekliches, die thresel lasse ich griessen.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 352-354.
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