197.

[127] vienne ce 13 d'octobre 1781:


Mon trés cher Pére!


Danke ihnen nebst der frl: v: Auerhammer für dieConcerten. – Mr Marchal hat mir den Jungen hl: v: Mayern gestern vormittags auf mein zimmer gebracht, und nachmittags bin ich hinaus gefahren, und habe meine Sachen abgehollt. – Mr Marchal hat hofnung zum grasen Jean Esterhatzy als Hofmeister zu kommen – und graf kobenzel hat ihm eine schriftliche Recomandation an den grasen gegeben. – er sagte mir;J'ai donnè une lettre à Monsieur votre protege. – und als er wieder mit dem Marchal zu sprechen kamm, sagte er ihm; d'abord que J'aurai de reponse, Je le dirai à Mr Mozart votre protecteur. –

Nun wegen dem text von der opera. – was des Stephani seine arbeit anbelangt, so haben sie freylich recht. – doch ist die Poesie dem karakter des dummen, groben und boshaften osmin ganz angemessen. – und ich weis wohl daß die verseart darinn nicht von den besten ist – doch ist sie so Passend, mit meinen Musikalischen gedanken (die schon vorher in meinem kopf herumspatzierten) übereins gekommen, daß sie mir nothwendig gefallen musste; – und ich wollte wetten daß man bey dessen aufführung – nichts vermissen wird. – was die in dem Stück selbst sich befindende Poesie betrift, könnte ich sie wirklich nicht [127] verrachten. – Die aria von belmont; o wie ängstlich E: könnte fast für die Musick nicht besser geschrieben seyn. – das hui, und kummer ruht in meinem schoos (denn der kummer – kann nicht ruhen) ausgenommen, ist die aria auch nicht schlecht; besonders der Erste theil. – und ich weis nicht – bey einer opera muß schlechterdings die Poesie der Musick gehorsame tochter seyn. – warum gefallen denn die Welschen kommischen opern überall? – mit allem dem Elend was das buch anbelangt! – so gar in Paris – wovon ich selbst ein zeuge war. – weil da ganz die Musick herscht – und man darüber alles vergisst. – um so mehr muß Ja eine opera gefallen wo der Plan des Stücks gut ausgearbeitet; die Wörter aber nur blos für die Musick geschrieben sind, und nicht hier und dort einem Elenden Reime zu gefallen (die doch, bey gott, zum werth einer theatralischen vorstellung, es mag seyn was es wolle, gar nichts beytragen, wohl aber eher schaden bringen) worte setzen – oder ganze strophen die des komponisten seine ganze idèe verderben. – verse sind wohl für die Musick das unentbehrlichste – aber Reime – des reimens wegen das schädlichste; – die herrn, die so Pedantisch zu werke gehen, werden immer mit sammt der Musick zu grunde gehen. – Da ist es am besten wenn ein guter komponist der das theater versteht, und selbst etwas anzugeben im stande ist, und ein gescheider Poet, als ein wahrer Phönix, zusammen kommen. – Dann darf einem vor dem beyfalle des unwissenden auch nicht bange seyn. – . die Poeten kommen mir fast vor wie die trompeter mit ihren Handwerks Possen! – wenn wir komponisten immer so getreu unsern regeln (die damals, als man noch nichts bessers wusste, ganz gut waren) folgen wollten, so würden wir eben so untaugliche Musick, als sie untaugliche bücheln, verfertigen. –

Nun habe ich ihnen dünkt mich genug albernes zeug daher geschwäzt; nun muß ich mich um das erkundigen was mir am meisten am herzen liegt, nemmlich ihre gesundheit, mein bester vatter! – ich habe ihnen in meinem lezten schreiben zweyerley Mittel für den schwindel vorgeschlagen, die, wenn sie ihnen nicht bekannt sind, ihnen vieleicht nicht tauglich vorkommen werden. – Man hat mich aber versichert [128] daß sie gewiß guten erfolg bringen würden, und das vergnügen sie gesund zu wissen machte mir diese versicherung so glaublich und gewis, daß ich mich ohnmöglich enthalten konnte, selbe so aus gutem herzen, vorzuschlagen, mit dem heissesten Wunsch daß sie deren nicht benöthiget seyn möchten – und im wiedrigen falle daß sie zur gänzlichen herstellung gedeihen sollen. – Meine schwester hoffe ich wird sich täglich mehr erhollen. – ich küsse sie vom ganzen herzen, und ihnen, mein liebster, bester vatter, küsse ich 1000 mal die hände und bin Ewig dero

gehorsamster Sohn

W. A: Mozart


so bald ich die uhr erhalten werde,

werde ich die ihrige dagegen

geben. Adieu.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 127-129.
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