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[201] vienne ce 28 de decembre 1782


Mon trés cher Pére!


Ich muß in gröster Eyle schreiben, weil es schon halb 6 uhr ist, und ich mir um 6 uhr leute herbestellt habe um eine kleine Musique [201] zu machen; – überhaupt habe ich so viel zu thun, daß ich oft nicht weis wo mir der kopf steht; – der ganze vormittag bis 2 uhr geht mitlectionen herum; – dann Essen wir; – nach tisch muß ich doch eine kleine Stunde meinem armen Magen zur digestion vergönnen; dann – ist der einzige abend, wo ich etwas schreiben kann – und der ist nicht sicher, weil ich öfters zu accademien gebeten werde; – nun fehlen noch 2 Concerten zu den suscriptions Concerten. – Die Concerten sind eben das Mittelding zwischen zu schwer, und zu leicht – sind sehr Brillant – angenehm in die ohren – Natürlich, ohne in das leere zu fallen – hie und da – können auch kenner allein satisfaction erhalten – doch so – daß die nichtkenner damit zufrieden seyn müssen, ohne zu wissen warum. Ich theile Billetter aus – gegen Baare 6 Ducaten; – Nun vollende ich auch den klavierauszug meiner oper1, welcher im Stich herauskommen wird, und zugleich arbeite ich an einer Sache die sehr schwer ist, das ist an einen Bardengesang vom Denis2 übergibraltar; – das ist aber ein geheimnüss, denn eine ungarische Damme will den Denis diese Ehre erweisen. – die ode ist erhaben, schön, alles was sie wollen – allein – zu übertrieben schwülstig für meine seine ohren – aber was wollen sie! – das mittelding – das wahre in allen sachen kennt und schätzt man izt nimmer – um Beyfall zu erhalten muß man sachen schreiben die so verständlich sind, daß es ein fiacre nachsingen könnte, oder so unverständlich – daß es ihnen, eben weil es kein vernünftiger Mensch verstehen kann, gerade eben deswegen gefällt; – es ist nicht dieses was ich mit ihnen sprechen wollte, sondern ich hätte lust ein Buch – eine kleine Musicalische kritick mit Exemplen zu schreiben – aber NB: nicht unter meinem Nammen. –

hier ist ein Einschlus von der Baron Waldstätten, welche auch befürchtet es möchte ihr ein 2t brief liegen bleib; – denn sie müssen ihren lezten brief nicht erhalten haben, weil sie gar keine Meldung davon gethan haben; – ich habe sie in dem brief der verloren gegegangen [202] darüber befragt. – Nun adieu Nächstens mehr. Mein Weiberl ud ich küssen ihn: 1000mal die hände, ud umarme unsere liebe schwester von herzen und sind Ewig ihre

gehost: kinder

W: et C: Mzt

Fußnoten

1 »Die Entführung aus dem Serail«.


2 J.D. Denis (1729–1800), Wiener Bibliothekar. – Vgl. den Brief vom 19. Oktober.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 201-204.
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