IV.

Bach hatte sich in Leipzig eine Sammlung von Choralmelodien mit Generalbass angelegt. Sie umfaßte alle Melodien, die dort gebräuchlich waren, gegen 240 an Zahl. Im Jahre 1764 war der Musikalienhändler Bernhard Christoph Breitkopf zu Leipzig im Besitz des Manuscripts und bot Abschriften zum Preise von 10 Thalern [588] für das Exemplar zum Verkauf aus1. Dieses wichtige Sammelwerk ist verloren gegangen2. Einige Fragmente des Inhalts sind indessen, wie es scheint, gerettet. Schüler Bachs, welche von seinen Orgelchorälen Abschrift nahmen, hängten diesen wenn er ihnen zugänglich war den zweistimmigen bezifferten Satz aus Bachs Choralbuch an. Gebrauchten sie dann den Orgelchoral zum Vorspiel, so hatten sie hernach auch für die Begleitung zum Gemeindegesange eine Harmonisirung des bewunderten Meisters zur Verfügung. Auf diese Weise dürften die bezifferten Sätze der Melodien »Christ lag in Todesbanden«, »Herr Christ der einge Gottssohn«, »Jesu meine Freude«, »Wer nur den lieben Gott läßt walten« auf unsere Zeit gekommen sein3. Außerdem hat uns Johann Ludwig Krebs noch die bezifferten Sätze Bachs zu vier Weihnachtsgesängen überliefert, nämlich »Gelobet seist du, Jesu Christ«, »In dulci jubilo«, »Lobt Gott, ihr Christen allzugleich« und »Vom Himmel hoch«. Daß diese gradezu zum Zweck der Orgelbegleitung beim Gemeindegesange niedergeschrieben sind, zeigen die eingefügten Zwischenspiele. Die Harmonisirung von seltener Originalität und Kraft läßt uns ahnen, wie viel wir mit dem Verschwinden des gesammten Choralbuchs zu beklagen haben4.

Eine dritte Quelle, welche vermuthlich noch Reste des Choralbuchs spendet, ist durch Stich und Druck zu Bachs Lebzeiten veröffentlicht. [589] Im Mai 1735 bezog ein Student aus Zeitz, Christian Friedrich Schemelli, die Universität Leipzig5. Dessen Vater, der Schloß-Cantor Georg Christian Schemelli zu Zeitz, trug sich mit der Herausgabe eines Gesangbuchs sammt Melodien, wofür ihm Freylinghausens weitverbreitetes »Geistreiches Gesangbuch« als Muster vorschwebte; doch sollte es von pietistischer Färbung frei sein und unparteiisch das auf beiden Seiten hervorgebrachte Gute nebst dem anerkannten Schatz alter Lieder zusammenfassen. Bach stand damals noch mit der Studentenschaft durch den Musikverein in engerer Beziehung. Wenn er bei dem im Jahre 1736 erfolgten Erscheinen des Gesangbuchs als Bearbeiter des musikalischen Theils auftritt, so dürfte dieses wohl durch Schemellis Sohn vermittelt oder doch betrieben worden sein6. Bisher hatte sich Bach, soweit wir wissen, mit solchen Arbeiten nicht befaßt. Wenn es aber galt, einem so beliebten Gesangbuche wie dem Freylinghausenschen Concurrenz zu machen, so war ein berühmter Name vonnöthen. Es wird denn auch in der Vorrede der Hinweis darauf nicht unterlassen, daß »die in diesem musikalischen Gesangbuche befindlichen Melodien von Sr. Hochedlen Herrn Johann Sebastian Bach, Hochfürstlich Sächsischem Capellmeister und Directore Chori musici in Leipzig, theils ganz neu componiret, theils auch von ihm im Generalbass verbessert seien«. Großes Glück hat das Buch trotzdem nicht gemacht. Eine zweite vermehrte Auflage, welche nach dem Verkauf der ersten in Aussicht gestellt wird, ist nicht erschienen, obgleich die erste Auflage nur eine kleine war7.

Daß Bach sich für das Zustandekommen des Buches sehr interessirt [590] hat, muß bezweifelt werden. Es erschien in Leipzig bei Breitkopf und auch der Name des Kupferstechers, der übrigens seine Arbeit an der Titel-Vignette und den Melodien recht zierlich ausgeführt hat, ist ein leipzigischer. Es trägt aber auch die Spuren, daß die Vorlagen zum Stich etwas sorglos zusammengestellt wurden und daß keinesfalls der Stich genau überwacht worden ist. Sonst wäre es, von Stichfehlern abgesehen, wohl nicht vorgekommen, daß bei jedem mit einer Melodie versehenen Liede zweimal dieselbe Nummer steht, daß über Nr. 627 besonders gestochen ist: Di S. Bach, D.M. Lips.«, während doch viele Melodien, z.B. nachweislich 397, von Bach componirt sind, und daß gar bei dem Liede »Jesu, meines Glaubens Zier«, nachdem erst die gedruckte, dann die gestochene Nummer darüber gesetzt ist und außerdem die Melodie regelrecht vor dem Liede ihren Platz gefunden hat, nochmals ausdrücklich bemerkt wird: »NB: diese Melodie gehört zum Liede N. 119«. Es läßt sich auch noch erkennen, daß zur Herstellung der Stichvorlagen verschiedene Schreiberhände zusammen gewirkt haben. Also ist es wohl sehr wahrscheinlich, daß Bach den größesten Theil der Melodien aus seinem Choralbuche einfach abschreiben ließ. Die Gesammtzahl der Melodien beträgt 69. Unter ihnen sind 40 fremde, aus dem 16., 17. und auch 18. Jahrhundert. In der Vorrede wird man verständigt, daß noch gegen 200 Melodien zum Stiche bereit lägen und für eine etwa nöthige zweite Auflage hinzugethan werden sollten. Das macht zusammen gegen 240 Melodien, also genau so viele wie Bachs Choralbuch enthielt.

Immerhin haben wir in den erhaltenen Chorälen einen werthvollen Besitz. Diese Melodien mit ihren schlanken, lebhaft geführten bezifferten Bässen zeigen uns die Kunst, welche der Meister bei den vierstimmig ausgeführten Choralsätzen bewährte, gleichsam in der Skizze. Ihrer Veröffentlichung verdanken wir aber zugleich die Bekanntschaft mit einer Reihe kleiner Originalcompositionen zu geistlichen Gesängen, die einen noch höheren Werth für uns haben müssen. Da Bach einen Theil der Tonstücke in Schemellis Gesangbuch selbst componirt hat und nach gründlichster Durchforschung des bis dahin producirten Melodienschatzes der evangelischen Kirche unter den 69 Melodien 40 von andern Componisten herrühren, so haben wir ein volles Recht die übrigen 29 ihm selbst zuzuschreiben. [591] Urkundlich wissen wir es von zweien (»Dir, dir Jehovah will ich singen« und »Vergiß mein nicht, vergiß mein nicht, mein allerliebster Gott«). Doch tragen auch die andern, wenigstens größesten Theils, das unverkennbare Gepräge des Bachschen Stiles8. Bei 7 dieser 29 Tonsätze haben wir sogar einen Anhaltepunkt für die Vermuthung, daß sie direct für das Schemellische Gesangbuch componirt sind9. Für den Gemeindegesang geeignete Melodien zu liefern, hat schwerlich in Bachs Absicht gelegen. Schemellis Sammlung war, wie auch die Freylinghausensche und andre, ebensowohl, ja ganz besonders der häuslichen Erbauung bestimmt. Ihr, der sich Bach selbst im Stil seiner großen Kirchencompositionen manchmal zuneigt, sollten auch die für Schemelli gefertigten Compositionen dienen. Wer sich wie er sein ganzes Leben der Choralbearbeitung mit einer Energie hingegeben hatte, die alle Eigenthümlichkeiten des Chorals durchdrang, mußte wissen, was von einem kirchlichen Volksliede zu fordern sei. Er mußte auch wissen, daß seine eigne durch die höchste Kunst verfeinerte, bewegliche und dem subjectivsten Ausdrucke sich willig fügende melodische Ausdrucksweise dem Charakter des Volksmäßigen zuwider laufe. Man darf jene Bachschen Tonstücke nicht mit dem Maßstabe des kirchlichen Chorals [592] messen. Es sind geistliche Arien, und wenn sie nicht in den Kirchengesang übergingen, ja bis auf fünfe nicht einmal in einer der späteren Choralsammlungen Aufnahme fanden, so beweist das nichts gegen ihren Werth10. Der ihnen eigne Reiz ist wie der eines frommen, musikalisch gebildeten Familienkreises, und gern denken wir uns diese innigen, im kleinsten Rahmen fein ausgeführten Lieder bei des Meisters häuslichen Andachten von einem der Familienglieder gesungen.

Das im Jahre 1725 angelegte Musikbuch Anna Magdalena Bachs, welches ausschließlich häuslichen Zwecken dienen sollte, enthält auch wirklich auf S. 115 ff. eines der Lieder, nämlich Crasselius' »Dir, dir Jehovah will ich singen«, mit ausdrücklicher Nennung Bachs als Componisten. Außerdem sind noch einige andre Stücke derselben Gattung darin. Alle andern überleuchtet durch ihre hohe einzigartige Schönheit die gleichfalls unter Bachs Namen eingetragene Composition von Gerhardts »Gieb dich zufrieden und sei stille«. Eine andre Melodie zu demselben Liede läßt uns freilich über den Verfasser im Zweifel; sie ist auch als Bachsche Composition auffallend einfach, jedenfalls aber eine neue11. Gleichen Charakter hat eine Composition des Liedes »Wie wohl ist mir, o Freund der Seelen«. Muß man bei diesen beiden zaudern, sie ohne weiteres Bach zuzusprechen, so zeigt das Lied »Schaffs mit mir Gott nach deinem Willen« schon deutlichere und die Compositionen »Warum betrübst du dich und beugest dich zur Erden« und »Gedenke doch mein Geist zurücke« unverkennbare Merkmale seiner Schreibweise12. Es scheint endlich auch, als habe Bach grade in Veranlassung von Schemellis Gesangbuche noch mehre geistliche Lieder gesetzt; sein [593] Schüler Krebs, der eben um diese Zeit sich sehr eng an ihn anschloß, im Musikverein und im Kirchendienst sein Amanuensis war13, hat fünf solche Lieder überliefert, die mit Grund als Bachsche Compositionen angesehen werden können14.

Nachdem Schemellis Gesangbuch ohne sonderlichen Beifall zu finden in die Welt hinausgegangen war, setzte doch Bach zur eignen Genüge die Arbeit daran noch in einer besonderen Weise fort. Er versah sein Exemplar mit nicht weniger als 88 vollstimmig geschriebenen Chorälen. Nach seinem Tode ging das Exemplar in den Besitz Philipp Emanuel Bachs über, ist jetzt aber ebenfalls verschollen15. Unzweifelhaft hatte hier Sebastian auch von seinen eignen Melodien viele, wenn nicht alle, für vierstimmigen Gesang ausgesetzt. Wir können deren nur noch viere beibringen: »Dir, dir Jehovah«, »Jesu, Jesu, du bist mein«, »Meines Lebens letzte Zeit« und »So giebst du nun, mein Jesu gute Nacht«16. Außer den für Schemelli componirten hat Bach noch einige andre selbstgeschaffene Melodien zu geistlichen Liedern vierstimmig gesetzt hinterlassen, unter ihnen glücklicherweise auch das herrliche »Gieb dich zufrieden«. Was oben von dem Charakter der einstimmigen Lieder mit Generalbass gesagt wurde, gilt auch von denen, die wir nur als vierstimmige kennen, soweit wir sie eben mit Grund für Bachsche Originalcompositionen halten dürfen. Sie sind weniger Choräle als erbauliche Hausgesänge, und als solche meistens von charaktervoller Schönheit. Daß im vierten Theile des Weihnachts-Oratoriums zwei solcher selbstgeschaffener Melodien vollstimmig verwendet werden, erschien uns schon früher für die Beschaffenheit dieses Theiles bezeichnend.17[594] Eine ähnliche Chorarie beginnt die Cantate »Also hat Gott die Welt geliebt«18, eine andre schließt die Motette »Komm Jesu komm«19. Unter den neun vierstimmigen Compositionen, welche wir überdies noch für Bachsche zu halten einigermaßen berechtigt sind, befinden sich einige, welche sich dem choralmäßigen Stile mehr nähern. Zwei derselben (»Da der Herr Christ zu Tische saß« und »Herr Jesu Christ, du hast bereit'«) nahm Johann Balthasar Reimann 1747 in sein Hirschberger Choralbuch auf20. Reimann war zwischen 1729 und 1740 bei Bach in Leipzig, der ihn, wie er selbst erzählt, »liebreich aufnahm und entzückte«21. Auch die Melodie, mit welcher Bach seine weimarische Cantate »Ach ich sehe« ausgehen läßt, hat einen choralartigeren Charakter; sie erweist sich freilich auch nur als ein aus Zusammenschmelzung der Melodien »Herr ich habe mißgehandelt« und »Jesu, der du meine Seele« hervorgegangenes Product22. Im Ganzen mußte es Bach fern liegen, [595] seine Größe als Kirchencomponist auf diesem Gebiete offenbaren zu wollen. Seine geistlichen Lieder sind angesichts der hohen Aufgaben, die zu erfüllen er berufen war, nur als nebensächliche Arbeiten zu betrachten. –

Wir haben Beweise dafür, daß Bachs Art eine Choralmelodie vierstimmig zu harmonisiren schon früh die Bewunderung weiterer Kreise erregte. Nach seinem Tode sammelte man sie, und zu Neujahr 1764 befand sich Breitkopf in Leipzig im Besitz eines Manuscripts mit 150 in Partitur gesetzten Chorälen, von welchen er Abschriften verhandelte23. Vermuthlich war es diese Sammlung, nach welcher Birnstiel in Berlin 1765 eine gedruckte Ausgabe zu veranstalten unternahm. Noch in letzter Stunde kam er auf den richtigen Gedanken, Emanuel Bach um Revision des Manuscriptes zu ersuchen. Soweit es noch anging sorgte dieser dafür, daß die, 100 Choräle enthaltende Sammlung eine correcte Gestalt erhielt, während er sich an der zweiten, 1769 erschienenen Sammlung nicht betheiligte. Nicht lange vor seinem Tode veranstaltete er dann eine zweite, bessere und vollständigere Ausgabe bei Breitkopf; sie umfaßte vier Hefte und enthielt 370 Choralsätze.

Diese Choräle sind größtentheils Seb. Bachs concertirenden Kirchencompositionen entnommen, waren also für Gesang mit Instrumentalbegleitung bestimmt. Den Orgel- und Clavierspielern zu Liebe hatte sie der Herausgeber auf zwei Systeme zusammengezogen. Wenn er aber ankündigt, die Sammlung werde ein vollständiges Choralbuch ausmachen, so geschah dies nur um ihr zahlreichere Abnehmer zu verschaffen. Ein Choralbuch, welches alle in einer bestimmten Stadt oder Gegend gebräuchlichen Melodien umfaßte, konnte sie unter den obwaltenden Umständen nicht sein, auch wären dann die mehrfachen Bearbeitungen einer und derselben Melodie zwecklos gewesen. Die eigentliche Bestimmung des Buches war, die Kenner der Setzkunst zu erfreuen und den angehenden Componisten Muster zum Studium darzubieten. Grade mit letzterem durfte der Sohn überzeugt sein, im Sinne seines Vaters zu handeln. Denn der Choral spielte nicht nur in den eignen Tonwerken, sondern [596] auch im Compositionsunterricht desselben eine bedeutsame Rolle.

Johann Philipp Kirnberger sagt von der Methode, welche sein Lehrer Bach beim Compositionsunterricht angewendet habe, sie führe durchgängig Schritt vor Schritt vom Leichtesten bis zum Schwersten. Sie sei unter allen ihm bekannten die beste; er habe sie daher auf Grundsätze zurückzuführen und der Welt vor Augen zu legen gesucht24. Hieraus geht hervor, daß wir wenn auch nicht die Begründung der Methode und einzelnen Lehrsätze, so doch jedenfalls die Ordnung des Lehrstoffes wie sie sich in Kirnbergers theoretischen Schriften findet, als eine von Bach probat erfundene ansehen müssen. Kirnbergers Hauptwerk »Die Kunst des reinen Satzes in der Musik«25 soll einer höheren Stufe des Compositionsunterrichtes dienen. Es behandelt nach einander die Lehre von den Tonleitern und der Temperatur, von den Intervallen, von den Accorden, deren Verbindung und von der Modulation; dann von der Melodiebildung, dem einfachen und dem doppelten Contrapunkt. Der Contrapunktslehre gilt bei weitem der größeste Theil des Werkes: Kirnberger hatte die Absicht noch eine Lehre von der Gesangscomposition und dem Charakter der Tanzformen hinzuzufügen, um dann mit der Fugenlehre zu schließen. Zur völligen Ausführung seiner Absicht ist er indessen nicht gekommen. Der Titel »Kunst des reinen Satzes« entspricht nicht ganz dem Inhalte des Werkes, das überall darauf ausgeht, unter vorzüglicher Hinweisung auf die Werke Bachs nicht nur den schulgerechten, sondern auch den geschmackvollen Componisten zu bilden. Indem es als systematisches Lehrbuch im einzelnen zu wünschen übrig läßt, gewinnt es doch als Widerschein von Bachs praktischer Lehre auch in seinen wissenschaftlichen Mängeln eine besondere Bedeutung, da wir von ihnen auf das Lebensvolle, Mannigfaltige und Reiche der Bachschen Lehrart zurückschließen dürfen. Als nothwendige Vorstufe zu seiner Compositionsschule gab Kirnberger später noch eine Generalbasslehre heraus26.

[597] Bach hat von seinem 22. Lebensjahre an durch einen Zeitraum von 43 Jahren eine sehr große Anzahl von Compositionsschülern gehabt. Abgesehen davon daß sich ihm eine Lehrmethode überhaupt erst mit der Zeit bilden konnte, ist doch nicht anzunehmen, daß er selbst als reifer Meister dieselbe immer in gleicher Weise angewendet habe. Friedrich Wilhelm Marpurg, der mit Kirnberger über einige Fragen der musikalischen Theorie in Streit gerieth, sagt da sein Gegner überall sich auf Bach zu stützen liebte einmal: »Mein Gott! warum will man den alten Bach mit Gewalt in einen Streit mischen, an welchem er, wenn er noch lebte, gewiß keinen Theil genommen haben würde? Man wird doch niemanden überreden, daß derselbe die Lehre von der Harmonie nach Art des Herrn Kirnberger erkläret habe. Ich glaube, daß dieser große Mann sich mehr als einer einzigen Methode bei seinem Unterrichte bedienet und solche allezeit nach der Sphäre eines jeden Kopfes, nachdem er solchen mit mehrern oder weniger Naturgaben ausgerüstet, geschmeidiger oder steifer, voller Seele oder hölzern fand, eingerichtet hat. Aber ich bin auch zugleich versichert, daß, wenn noch irgendwo Anleitungen zur Harmonie in Manuscript von diesem Mann existiren, man nirgends gewisse Dinge finden wird, die uns Herr Kirnberger für Bachische Lehrsätze verkaufen will. Sein berühmter Herr Sohn zu Hamburg müßte doch auch ein Wort davon wissen«27. Hierin ist gewiß etwas wahres. Indessen kannte Kirnberger die ältesten Söhne und andre Schüler Bachs genau genug, um dem Verdachte zu entgehen, er habe sein System nur nach den von ihm selbst mit Bach gemachten Erfahrungen aufgebaut. Mit dem Appell an Emanuel Bach fuhr Marpurg übel: jener trat unter entschiedener Mißbilligung des von Marpurg angeschlagenen polemischen Tones auch sachlich auf Kirnbergers Seite, den er zu der Erklärung ermächtigte, daß Seb. Bach die von Marpurg gegen Kirnberger in Schutz genommenen Ansichten Rameaus nicht getheilt habe28. Und was Bachs eigne Aufzeichnungen über die Tonsetzkunst betrifft, so tragen auch [598] diese nur dazu bei, den von Kirnberger als Bachisch bezeichneten Lehrgang wirklich als solchen erscheinen zu lassen.

Man kannte bisher nur jene kurzen Regeln vom Generalbass, welche Bach seiner Gattin Anna Magdalena in ihr späteres Clavierbuch eingezeichnet hat29. Es existirt aber auch eine ausführlichere Generalbasslehre Bachs, von welcher selbst Kirnberger nichts gewußt zu haben scheint, da er behauptet, Bach habe nie etwas theoretisches über Musik geschrieben30. Sie ist durch Johann Peter Kellner der Nachwelt erhalten worden, stammt aus dem Jahre 1738 und führt den Titel: »Des Königlichen Hoff-Compositeurs und Capellmeisters ingleichen Directoris Musices wie auch Cantoris der Thomas-Schule Herrn Johann Sebastian Bach zu Leipzig Vorschriften und Grundsätze zum vierstimmigen Spielen des General-Bass oderAccompagnement, für seine Scholaren in der Musik«. Die nur hier und da von Kellner corrigirte Abschrift scheint von einer der Musik noch ziemlich unkundigen Persönlichkeit und zwar nach dem Manuscript eines Bachschen Schülers angefertigt zu sein. Auf ersteres deuten zahlreiche unverständige Schreibfehler, auf letzteres die vielfachen Unreinheiten des vierstimmigen Satzes. Einzelnes, wie das mehrmals vorkommende modus für motus, scheint zu verrathen, daß Bach den Text des Manuscripts dictirt hat. Er dürfte das Werkchen zum Gebrauch beim Gesammtunterricht ausgearbeitet haben, wodurch es sich auch leichter erklärte, warum die im Manuscript enthaltenen vierstimmig ausgesetzten Bässe nicht oder wenigstens nicht durchgängig von ihm corrigirt, und somit fehlerhaft geblieben sind31.

Die Generalbass-Lehre zerfällt in zwei Theile, einen »Kurtzen Unterricht von dem so genannten General-Bass« und einen »Gründlichen Unterricht des General-Basses«; ersterer augenscheinlich für die völligen Anfänger, letzterer für schon etwas vorgeschrittene Schüler entworfen. Auch diese kleine Arbeit zeugt von dem tiefen und kräftigen sittlichen Ernst, der alle künstlerische Thätigkeit Bachs [599] durchdrang. »Des Generalbasses Finis und Endursache soll anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths seyn. Wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ists keine eigentliche Music, sondern ein Teuflisches Geplärr und Geleyer«. Sie zeichnet sich außerdem durch Klarheit, straffe Fassung und einen musterhaften methodischen Fortgang aus. Sie offenbart in diesen Beziehungen ein bedeutendes Lehrtalent und bewahrheitet Kirnbergers Wort, daß Bach Schritt vor Schritt vom Leichtesten bis zum Schwersten gegangen sei. Von nicht minderer Wichtigkeit aber ist, daß Bach den Generalbass einen Anfang zum Componiren nennt und hinzufügt, wenn ein Lehrbegieriger sich den Generalbass wohl einbilde und ins Gedächtniß präge, so dürfe er versichert sein, daß er schon ein großes Theil der ganzen Kunst begriffen habe32. Hierdurch wird bewiesen, daß es völlig im Sinne Bachs geschieht, wenn Kirnberger einen vollständigen Cursus des Compositionsunterrichts mit der Generalbasslehre begonnen wissen will und diese »die ersten Linien zur Composition« nennt. Eine wie große Bedeutung Bach einem tüchtigen Generalbassstudium nicht allein für den Zweck des Accompagnirens beimaß, wird durch andre Dinge bestätigt. In der vorliegenden Anweisung führt er den Schüler bis zur Begleitung kleiner Fugensätze. Es kann kaum noch einem Zweifel unterliegen, daß eine vorhandene Sammlung von 62 Praeludien und Fugen, welche sämmtlich nur auf ein System verzeichnet, mit Bezifferung versehen sind und als Namen ihres Verfassers denjenigen Bachs tragen, gleichsam die Fortsetzung seiner Generalbasslehre bilden33, daß Bach also die vorgerückteren Schüler anzuleiten pflegte, nach einem bezifferten Basse und einigen andern Andeutungen sogar selbständige Musikstücke ex tempore auszuführen.

Bei einer derartigen Compositionsvorschule erscheint es selbstverständlich, daß Bach es im wirklichen Compositionsunterricht gleich Kirnberger vorgezogen haben muß, nach der Intervallenlehre sofort zu Accord, Accordverbindung und Modulation überzugehen, hernach auch nicht mit dem zweistimmigen, sondern dem vierstimmigen einfachen Contrapunkt zu beginnen. Sicher geschieht es in [600] seines Meisters Sinne, wenn Kirnberger sagt: »Man thut am besten, daß man bei dem vierstimmigen Contrapunkt anfängt, weil es nicht wohl möglich ist, zwei- oder dreistimmig vollkommen zu setzen, bis man es in vier Stimmen kann. Denn da die vollständige Harmonie fehlen muß, so kann man nicht eher mit Zuverlässigkeit beurtheilen, was in den verschiedentlich vorkommenden Fällen von der Harmonie wegzulassen sei, bis man eine vollkommene Kenntniß des vierstimmigen Satzes hat«34. Diesem Verfahren liegt die Anschauung zu Grunde, daß alle mit und nach einander stattfindenden Tonverbindungen auf gewisse Grundharmonien und deren Zusammenhang zu beziehen seien. Die Anschauung wurde in der musikalischen Praxis schon während des 17. Jahrhunderts die allein herrschende. Von ihr sind auch Bachs Compositionen getragen. Die Kühnheit und Freiheit seiner Stimmführung, Polyphonie und Modulation, die Auflösung der Dissonanzen durch Umwechslung der Stimmen, gelegentlich selbst die Überschreitung allgemeingültiger Satzregeln sind durchaus durch jene »harmonische« Anschauung bedingt, welche bei ihm zu einer so staunenswürdigen Sicherheit entwickelt war, daß ihm auch das Verwegenste gelingen mußte. Daneben aber war doch sein Ohr so sehr geschärft in der Verfolgung der Stimmen selbst des reichst besetzten und complicirtesten Musikstückes, daß er nicht nur bei Aufführungen den geringsten Fehler sofort bemerkte35, sondern auch bei Anfertigung seiner Compositionen sich der penibelsten Sauberkeit des Satzes befliß. Quinten-und Octaven-Parallelen erklärt er in seiner Generalbasslehre für die größesten Fehler des Tonsatzes; dafür hatten sie freilich immer gegolten, aber die Componisten am Ausgange des 17. Jahrhunderts und zum Theil auch noch die Zeitgenossen Bachs zeigen sich in dieser Beziehung sehr viel lässiger als er. Auch gegen verdeckte Octaven und Quinten selbst in den Mittelstimmen war sein Ohr ausnehmend empfindlich36. Über Verdopplung [601] der Dissonanzen und des Leitetons galten ihm für sich wie seine Schüler die strengsten Gesetze. Kirnberger behauptet, Bach habe, soweit er ihn durchforscht habe, nur ein einziges Mal in einem vierstimmigen Satze die große Terz des Oberdominant-Accordes verdoppelt37. Daß er für den fünfstimmigen Satz die Verdopplung der übermäßigen Secunde, Quarte, verminderten Quinte, übermäßigen Sexte, Septime und None verbot, weiß man gleichfalls durch Kirnberger38. Im Sextaccorde des verminderten Dreiklangs die Sexte zu verdoppeln bezeichnet Bach selbst als einen Fehler, weil es übel klinge39. Indessen alle diese sorgfältig beobachteten Regeln der Stimmführung waren ihm immer doch ein Zweites. Ein Außerachtlassen derselben konnte er sich gestatten ohne seinem empfindlichen Gehöre wehe zu thun, wenn nur die Logik der Harmonienfolge unanfechtbar und verständlich war. Sein unerschütterlich sicheres Gefühl für diese ließ ihn manchmal Dinge wagen, daß selbst ein Kirnberger gestehen mußte, Bachs Sachen erforderten einen ganz besondern Vortrag, der seiner Schreibart genau angepaßt sei. Der Spieler müsse die Harmonie vollkommen kennen, sonst seien viele derselben kaum anzuhören40.

Daß der musikalischen Praxis schon im 17. Jahrhundert eine gleich entwickelte Theorie zur Seite gestanden habe, darf man nicht annehmen, denn die Kunstlehre pflegt zu allen Zeiten hinter der Kunstübung um ein beträchtliches zurück zu sein. So viel aber steht doch fest, daß findige praktische Musiker schon im Anfange jenes Jahrhunderts es als den kürzesten und leichtesten Weg zur Einführung in die Compositionslehre erkannt hatten, wenn man mit dem Generalbass den Anfang machte. Der Berliner Cantor Johann Crüger [602] nennt im Jahre 1624 diese auch von ihm angewendete Methode bereits eine bekannte41, und mag sie neben den mannigfaltigen andern Lehrarten, welche er andeutet, einstweilen auch nur eine bescheidene und wenig vornehme Figur gemacht haben, sicher ist daß sie nicht wieder ausstarb, sondern der musikalischen Praxis parallel immer mehr erstarkte und in Deutschland wenigstens allmählig die herrschende wurde42. Bach, wenn er diese Methode anwandte, that damit nichts neues; sie war eine alte langbewährte. Sie hatte natürlich auch ihre Mängel und konnte von ungeschickter Hand angewendet schädlich wirken und der Ungründlichkeit Vorschub leisten. Aus diesem Grunde erhob sich gegen sie im Jahre 1725 der Wiener Capellmeister Joseph Fux mit seinem Gradus ad Parnassum, in welchem er den Compositionscursus mit dem einfachen zweistimmigen Contrapunkt nota contra notam beginnt, unter gründlicher Durcharbeitung der fünf Gattungen des einfachen zwei-, drei- und vierstimmigen Contrapunkts allmählig zur Imitation, zur zwei-, drei- und vierstimmigen Fuge fortschreitet, dann den doppelten Contrapunkt abhandelt, denselben wiederum auf die Fuge anwendet und mit einigen Capiteln über den Kirchenstil und das Recitativ den Beschluß macht – der Generalbass und die Accordlehre bleiben ganz außer Betracht. Diese Methode war damals für gewisse Kreise wirklich etwas neues, und Fux bezeichnet sie selbst ausdrücklich so, er verhehlt auch nicht die reactionäre Absicht, die ihn leitete, der immer mehr um sich greifenden Willkür und Maßlosigkeit in der Musik entgegen zu arbeiten. Im Grunde aber war sie nur eine Erneuerung und Vervollständigung der Kunstlehre des 16. Jahrhunderts und bezieht sich demnach einzig auf die unbegleitete [603] polyphone Gesangsmusik: diese wollte Fux als den Ausgangspunkt aller musikalischen Bildung angesehen wissen. Fast um dieselbe Zeit hatte der Franzose Rameau den ersten Versuch gemacht, die auf der harmonischen Anschauung beruhende Kunstübung wissenschaftlich zu begründen und in ein System zu bringen. Seine 1722 erschienene »Abhandlung von der Harmonie« erregte sehr bald auch in Deutschland Aufsehen; Nikolaus Bach erzählte 1724 allerlei darüber an Schröter43, und daß Seb. Bach sich mit ihr bekannt gemacht habe, müssen wir aus Emanuel Bachs Auftreten für Kirnberger schließen, von dem oben die Rede war. Die Hauptgegenstände des Rameauschen Systems: die Bestimmung des Accords durch den Grundbass, sowie die durch Umwechslung des Basstones entstehenden Accorde waren natürlich in der Praxis längst bekannte und angewendete Dinge, in Bezug auf sie also eine Übereinstimmung Bachs mit Rameau natürlich. Gewisse im Ausbau des Systemes gewonnene Resultate des Franzosen wollte aber Bach nicht gelten lassen. Worauf im Besondern sich seine abweichende Ansicht bezog, können wir nicht mit Sicherheit angeben, dürfen aber annehmen, daß es die auch von Kirnberger bestrittenen Behauptungen waren44. Demgegenüber ist der Schluß gestattet, daß Bach der Fuxschen Methode volle Anerkennung gezollt hat. Denn kein andrer als sein [604] Compositionsschüler Mizler übertrug den Gradus ad Parnassum gleichsam unter Bachs Augen ins Deutsche, und wenn Mizler über den Werth des Werkes bemerkt, daß es von den wahren Kennern einer guten Composition durchgehends vielen Beifall erhalten habe, so zielt er doch unzweifelhaft auf Bach in erster Linie45. In der That stehen sich Bach und Fux näher, als es manchem scheinen möchte. Nicht so darf man sich die Entwicklung der Kunstlehre in Deutschland denken, daß bis zu Bachs Zeit die strenge contrapunktische Schulung herrschend gewesen, durch Bach aber eine freiere Lehrmethode eingeführt worden sei. Ein genaueres Studium der deutschen Componisten besonders aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, und unter ihnen namentlich der Orgel- und Claviermeister, welche der Stolz dieser Periode sind, beweist unzweifelhaft das Gegentheil. Die Ungeschicklichkeit im polyphonen Vocalsatze war während des Jahrhunderts größer und größer geworden, die berechtigten Freiheiten der Instrumentalcomponisten drohten in Willkürlichkeit und Laune auszuarten. Seine fabelhafte contrapunktische Gewandtheit, seine Strenge und Reinheit im Satze hat Bach zum geringsten Theile als Tradition seiner Vorgänger überkommen. Er hat diese Dinge von neuem in die Kunst hineingebracht, gewiß auch mit Anlehnung an alte classische Muster, mehr jedenfalls noch dem Zuge des eignen Genius folgend. Die alten bewährten Gesetze der Stimmführung kommen durch ihn unter den deutschen Künstlern erst wieder recht zu Ehren, allerdings mit den Abwandlungen, welche das inzwischen gründlich veränderte Tonmaterial nöthig machte, und Bach ist es gewesen, der die Orgel- und Clavier-Componisten von neuem lehrte, überhaupt mit realen Stimmen gewissenhaft zu verfahren und eine bestimmte Stimmenanzahl ein ganzes Stück hindurch fest zu halten. Wenn er bei aller Billigung der Fuxschen Methode seinerseits doch einen andern Lehrgang vorzog, so that er nur was in der Natur der Sache lag. Jene paßte für den Gesang; dem angehenden Vocalcomponisten konnte allein sie die nothwendige sichere Grundlage verschaffen. Sie war auch mit gewissen Einschränkungen für den Violin-Spieler und -Setzer die richtige; für Orgel und Clavier konnte sie nicht in Anwendung [605] kommen, da sie den Kunstjünger in Widerspruch setzte zu den Forderungen seines Instrumentes. Ob es nicht überhaupt das richtigere sei, jede Kunstbildung mit dem Gesänge und nicht mit dem Spiel zu beginnen, kommt hier nicht in Frage, wo es sich um Erklärung historischer Erscheinungen handelt. Unbestreitbar ist, daß nur diejenige Lehrmethode Erfolg haben kann, welche, der Schüler beginne womit er wolle, von Anfang an dessen individuelles Kunstgefühl zu wecken im Stande ist. Es giebt in der wahren Kunst nichts mechanisches, zwischen Reproduction und Production besteht kein principieller Gegensatz, die erste gesungene Tonreihe, das leichteste gespielte Clavierstückchen ist schon ein Anfang der Composition, oder soll es sein. So ist es denn ganz natürlich, daß in Italien und den unter italiänischem Einfluß gebliebenen Gegenden Deutschlands die alte contrapunktische, von Fux erneuerte Methode das Übergewicht behielt, da die musikalische Bildung der Italiäner vorzugsweise auf dem Gesang gegründet geblieben ist, während in Deutschland, wo immer besser und mehr gespielt wurde als gesungen, die andre Lehrart den naturgemäßen Vortritt hatte. Unter diesem Gesichtspunkte wird auch die verschiedene Stellung verständlich, welche in dem Fuxschen Lehrgange und demjenigen Bachs (oder Kirnbergers) der Fuge angewiesen ist. Die Vocalfuge ruhte eben auf andern Bedingungen als die instrumentale, und was Bach aus letzterer gemacht hatte konnte wohl als ein höchster Gipfel der Kunst angesehen werden, zu dessen Ersteigung nur der gründlichst und allseitigst gebildete Jünger die Kraft besaß46.

Bei zwei Schülern Bachs, Heinrich Nikolaus Gerber und Agricola, sind wir über den Lehrgang welchen der Meister mit ihnen einschlug wenigstens insofern genauer unterrichtet, daß sie als Beispiele dienen können, wie sich Bach durch das Instrument, von dem die Schüler ausgingen, die Lehrmethode für die Composition gleichsam [606] vorzeichnen ließ. Gerber mußte als er von Bach Unterricht empfing erst dessen Inventionen, eine Reihe Suiten und das Wohltemperirte Clavier »durchstudiren«. Dann wurden Generalbass-Übungen vorgenommen, aber nicht extemporirte: Gerber hatte vielmehr die Bässe zu den Albinonischen Violinsoli schriftlich vierstimmig auszusetzen47. Ähnlich geschah es mit Agricola, den Bach erst im Clavier- und Orgelspiel, hernach »in der harmonischen Setzkunst« unterwies48. Beide Male handelte es sich nicht um Anfänger und musikalischen Elementarunterricht: mittelst der harmonischen Setzkunst und der vierstimmig auszuschreibenden Albinonischen Generalbässe führte Bach jene jungen Männer in die wirkliche Composition ein. Und zu diesem Zwecke geschah es auch, daß er sich des Chorals bediente. Er liebte es die Übungen im einfachen Contrapunkt damit zu beginnen, daß er Choralmelodien vierstimmig harmonisiren ließ. Hierüber kann man nach den Äußerungen Kirnbergers und Emanuel Bachs nicht mehr zweifelhaft sein. Letzterer fragt mit Hinblick auf die von ihm herausgegebenen Choralsätze seines Vaters, wer heutzutage wohl den Vorzug der Unterweisung in der Setzkunst leugne, vermöge welcher man statt der steifen und pedantischen Contrapunkte, den Anfang mit Chorälen mache49? Kirnberger empfiehlt mit dem vierstimmigen Contrapunkt zu beginnen, und stellt die Choräle Bachs als unübertroffene Muster eines vierstimmigen Satzes hin, in welchem nicht nur alle Stimmen ihren eignen fließenden Gesang hätten, sondern auch in allen einerlei Charakter beibehalten werde50. Eine fleißige Übung in Chorälen sei eine höchst nützliche, ja unentbehrliche Sache, und es sei ein schädliches Vorurtheil, dergleichen Arbeiten für überflüssig oder gar [607] pedantisch zu halten, da sie den wahren Grund bildeten nicht nur zum reinen Satz, sondern auch um richtig und ausdrucksvoll für Gesang componiren zu lernen51. Keineswegs sollte also dieser Lehrgang dem Schüler schwierige aber unerläßliche Anfangsstudien auf Kosten der Gründlichkeit erleichtern, und er wurde auch nicht so aufgefaßt, da es gar Leute gab, die ihn für pedantisch erklärten, wogegen Verständige ihn eben wegen seiner Gründlichkeit priesen52. Wenn Kirnberger die Bachschen Choralsätze auch als Vorbilder der Gesangscomposition ansieht, so darf man nicht vergessen, daß er begleitete Gesangsmusik meint und vor allem dabei auf Erfindung einfacher, ausdrucksvoller Melodien abzielt. Als Muster eines mehrstimmigen a cappella-Satzes sollen sie nicht gelten, und nichts liefe auch Bachs eigensten Absichten mehr zuwider als eine solche Unterstellung. Meist mit reicher instrumentaler Begleitung, nie ganz ohne eine solche, fast durchaus als integrirende Theile großer, kunstvoll ausgeführter Kirchenmusiken und auf besondere Textunterlagen immer sehr eng bezogen, so sind diese Choralsätze gedacht und nur so darf man sie beurtheilen. Carl Friedrich Fasch, welcher Ernst Ludwig Gerber gegenüber meinte, bei Bach sänge zwar jede Stimme für sich, aber ihre Verbindungen unter sich blieben unsangbar; es seien schöne Theile, aber nicht zu einem schönen Ganzen zusammengefügt53, hatte diesen Standpunkt der Beurtheilung nicht gefunden. Es ist jedoch nicht zu leugnen, daß die Herausgabe der Choräle als aparter, schlechtweg vierstimmiger Tonstücke und vollends unter der Ankündigung, dieselben sollten ein vollständiges Choralbuch bilden, irrige Vorstellungen hervorrufen mußte und allerhand Schaden stiften konnte. Bald bediente man sich Bachs als Vorbildes auch am ungehörigen Orte, und als Abraham Peter Schulz [608] im Jahre 1790 den Einfluß der Musik auf die Bildung eines Volkes und deren Einführung in Schulen erörterte, mußte er gestehen, »es haben die größesten Harmoniker aus der Bachschen Schule bei der Bearbeitung des simplen Chorals mehr einen Prunk von Gelehrsamkeit in unerwarteten und auf einander gehäuften dissonirenden Fortschreitungen, die oft die Melodie ganz unkenntlich machen, zu zeigen gesucht, als auf die Simplicität Rücksicht genommen, die in dieser Gattung für die Faßlichkeit des gemeinen Mannes so nothwendig ist«54.

An die vierstimmigen Choralsätze Bachs knüpft sich noch eine andre Frage, welche gleichermaßen bedeutsam ist sowohl für des Meisters eigne Stellung zur musikalischen Vorzeit, als auch für den Sinn in welchem er seine Kunstjünger lehrte. Ein großer Theil der von ihm gesetzten Choralmelodien entstammt Jahrhunderten, da man bei der Bildung von Melodien einer andern Grundanschauung folgte, als zu unsern und auch schon zu Bachs Zeiten. Die Gestaltung einer Tonreihe nach Maßgabe einer der sechs, oder, wenn man die Plagaltöne besonders rechnen will, zwölf Octavengattungen hatte eine eigenartige Modulation derselben, und wenn sie mehrstimmig behandelt wurde auch eine entsprechende besondere harmonische Begleitung zur Folge. Das Gefühl für den Charakter der verschiedenen Octavengattungen war bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts unter den protestantischen Musikern noch ziemlich lebendig. Dann fing es an abzusterben und es bildete sich aus der Vielheit der Kirchentonarten immer entschiedener die Zweiheit der Dur- und Moll-Tonart heraus. Bestanden jene auch dem Namen nach noch eine Zeitlang weiter, so verband man doch mit der Mehrzahl derselben keine bestimmten Begriffe mehr. Johann Schelle fragte den von ihm hoch bewunderten Rosenmüller einmal, was er von den alten Modi musici halte. Darauf lächelte Rosenmüller und sagte, er kenne nur Jonisch und Dorisch55. Die Zusammendrängung der Octavengattungen mit großer Terz in das System von C ging übrigens leichter vor sich, [609] als die Concentrirung des Dorischen, Phrygischen und Aeolischen, deren Grunddreiklänge eine kleine Terz zeigen, zur Molltonart. Mit Rosenmüller nahm zuerst auch noch Werkmeister das Dorische als besten Repräsentanten der Molltonart an56, erklärte später aber das Aeolische dafür57. Johann Gottfried Walther beschreitet einen vermittelnden Weg, indem er im Jahre 1708 lehrt, man gebrauche heutzutage drei Tonarten: Dorisch, Aeolisch und Jonisch58. Bach endlich kennt nur zwei Tonleitern, eine mit großer und eine mit kleiner Terz, jene ist ihm die ionische, diese die aeolische59. Dieser allmählige Vereinfachungsprocess ist interessant zu beobachten. Dorisch und Aeolisch hatten ein jedes ihre Vorzüge für den angestrebten Zweck. Das Dorische ließ auf Grundton, Quinte und Quarte eine vollständige Cadenz zu, ohne daß, von der Erhöhung des Leitetons abgesehen, die Gränzen des diatonischen Systems überschritten zu werden brauchten. Im Aeolischen war eine diatonische Cadenz auf der Quinte unmöglich. Dagegen prägte es insofern wieder den Mollcharakter schärfer aus, als es auf Grundton sowohl, wie auf Quinte und Quarte Dreiklänge mit kleiner Terz besaß, während im Dorischen die Terz des Quartdreiklanges groß ist. Unsere Molltonart erscheint also recht eigentlich als eine Combination des Dorischen und Aeolischen. Steht nun bei Bach das moderne Zweitonarten-System völlig fest, so hält er andrerseits doch noch einen engern Zusammenhang mit dem System der sechs Octavengattungen dadurch aufrecht, daß ihm als Molltonleiter einfach die aeolische gilt. Theoretisch giebt es für ihn sowohl in aufsteigender als absteigender Bewegung nur eine und dieselbe Tonreihe, während Rameau und mit ihm auch Kirnberger für die aufsteigende Bewegung die Reihe a h c d e fis gis a annahmen und Lingke, um den Dualismus aufzuheben, für beiderlei Bewegung die Reihe a h c d e f gis a aufstellte60.

[610] Bachs Molltonleiter ist freilich für seine Praxis von keiner unterscheidenden Bedeutung, aber doch ein beachtenswerthes Zeichen für seine Stellung zu den beiden gegensätzlichen Systemen. Als er als Organist in Weimar zuerst seine ganze Meisterschaft in der Behandlung des Chorals erwies, stritten sich Mattheson und Buttstedt über die Existenzberechtigung der Kirchentonarten, und jener bereitete ihnen unter fast allgemeinem Beifall ein feierlichkomisches Leichenbegängniß. Wenn Fux einige Jahre später in dem Lehrgange seines Gradus den Kirchentonarten wieder eine grundlegende Bedeutung beimaß, so konnte die Opposition eines so hervorragenden Mannes gegen den modernen Radicalismus zwar ihre Wirkung nicht verfehlen. Indessen hatte Fux doch zunächst und vorwiegend die katholische Kirchenmusik im Auge. In der protestantischen Kirche konnte das alte System der Octavengattungen den verdienten Schutz nur durch einen protestantischen Tonkünstler finden. Durch Bach ist er ihm zu Theil geworden. Wie in der Compositionslehre, so wußte er auch in Betreff des Choralsatzes eine höhere Stellung zu gewinnen, in welcher er die Gegensätze vereinigte. Er ging auch hier von dem durch die geschichtliche Entwicklung hergestellten Grunde der Dur- und Moll-Tonleiter aus, benutzte aber die Kirchentöne gewissermaßen als Nebentonleitern. Er gewann ihnen den ganzen Reichthum der Modulationen ab, den sie zu bieten fähig sind, wußte ihn aber so zu verwenden, daß er dem einfacheren Grundgefühle der Dur- und Moll-Tonart sich unterordnete61. Die Erkenntniß, daß manche alte Choralmelodien nicht zur Entfaltung ihres ganzen Wesens gelangen könnten, wenn man sie unter die Modulationsgesetze des harmonischen Systems beuge, war für Bachs Verfahren nur ein Motiv zweiter Ordnung. Er empfand, daß die Kunstideen, welche in diesen Gesängen Gestalt [611] gewonnen hatten, eben weil sie durch Jahrhunderte im Schooße der Kirche gereift waren eine unersetzbare Fülle echtester kirchlicher Empfindung und Stimmung mit sich führten. Diese konnte und wollte er für seinen Kirchenstil sich nicht entgehen lassen. Das System der Kirchentöne erscheint bei Bach nicht als ein für gewisse Gegenstände künstlich angewendetes; es ist in Bachs Geiste von Grund aus wiedergeboren und kommt demnach nicht nur diesen oder jenen Chorälen, sondern seiner gesammten Musik zu Statten. Erschien es ihm angemessen, so setzte er einen Choral streng nach den Gesetzen seiner Octavengattung, so einmal die mixolydische Melodie »Komm, Gott Schöpfer, heiliger Geist«62. Meistens wendet er jedoch eine Harmonisirung an, welche sein Schüler Kittel die gemischte nennt63, indem er die charakteristischen Modulationen einer bestimmten Octavengattung bald stärker, bald schwächer vorklingen läßt. Beispiele bieten die dorischen Choräle »Das alte Jahr vergangen ist«, »Erschienen ist der herrlich Tag«64, die mixolydischen »Gelobet seist du, Jesu Christ«, »Gott sei gelobet und gebenedeiet«, »Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit«65, die phrygischen »Christum wir sollen loben schon«, »Erbarm dich mein, o Herre Gott«66. Daneben kommt es dann auch vor, daß Melodien, die einer Kirchentonart angehören, in ganz moderner Harmonisirung erscheinen, und andrerseits werden z.B. mixolydische Modulationen bisweilen auch bei Chorälen angewendet, die ihrem Wesen nach in diese Tonarten nicht gehören. Die Bearbeitungen, welche die Choräle »Jesu nun sei gepreiset«, »Es ist das Heil uns kommen her«, »Vom Himmel hoch da komm ich her« in den gleichnamigen Cantaten, beziehungsweise in der Mitte des zweiten Theils des Weihnachts-Oratoriums erfahren haben, legen davon Zeugniß ab. Denn eigentlich sind alle drei ionisch, auch die zweite; sie galt wenigstens da Bach den Schlußchoral jener Cantate setzte schon seit länger als einem Jahrhundert dafür. Man erkennt aus all diesem, daß Bach sich aus den Kirchentonarten [612] ein Ausdrucksmittel zubereitet hatte, welches er frei anwendete, wo es ihm der poetische Sinn und der musikalische Zusammenhang zu erfordern schien. Ist es doch auch nur aus solchen Gründen herzuleiten, daß er eine seiner Lieblingsmelodien »O Haupt, voll Blut und Wunden« bald ionisch, bald phrygisch harmonisirt. Bachs unerschöpflicher harmonischer Reichthum, den er nicht nur in den Chorälen sondern in allen seinen Compositionen zeigt und zwar meistens ohne irgendwie weitgreifend zu moduliren, entspringt aus diesen zwei Quellen: aus der gründlichsten Ausnutzung der Octavengattungen und aus einem überaus scharfen und sichern Gefühle für die harmonischen Verwandtschaften innerhalb des Dur- und Moll-Systems67.

Kirnberger hat deshalb seinen großen Lehrer ganz wohl begriffen, wenn er sich nicht nur veranlaßt sah, eine Reihe von Orgelchorälen des dritten Theils der »Clavierübung«, welcher eben um die Zeit erschien, da er in Leipzig bei Bach studirte, später nach Seite ihres harmonischen Wesens hin zu commentiren68, sondern eine nach Art der Kirchentöne eingerichtete Modulation auch in Fugen des Wohltemperirten Claviers und freierfundenen Stücken Bachscher Cantaten erkannte. In seinem Handexemplare des ersten Theils jener Fugensammlung bezeichnete er die Fugen aus C dur und Cis dur mit Jonisch, die aus C moll, Es moll und Gis moll als Aeolisch, die aus Cis moll und Fis moll als Dorisch. Das Terzett der Cantate »Aus tiefer Noth« eignete er der aeolischen Tonart zu69. Diese Bezeichnungen können natürlich nur eine sehr bedingte Gültigkeit haben, insofern sie nämlich nichts anderes ausdrücken sollen, als ein Überwiegen derjenigen Modulationen, die dem Wesen dieser oder jener Kirchentonart eigenthümlich sind. Mehr aber hat auch Kirnberger gewiß nicht sagen wollen. Streng genommen sind kaum einige zusammenhängende Takte in diesen Stücken zu finden, in welchen die diatonischen Gesetze nicht irgendwie außer Acht gesetzt würden. Aber eine solche aus den tiefsten Tiefen heraus sich entfaltende [613] Harmonienfülle war doch nur möglich bei umfassendster Benutzung der in den Octavengattungen gegebenen Modulationsmittel.

Auch in der Art der Vorzeichnung läßt sich noch Bachs Zusammenhang mit dem System der Kirchentonarten erkennen. So bezeichnet er E dorisch folgerichtig mit zwei Kreuzen, F dorisch mit drei Been, G dorisch mit einem Bee, und enthält sich natürlich auch bei dem Dorischen, Phrygischen, Mixolydischen, wenn sie in ihren ursprünglichen Lagen angewendet werden, jeder Vorzeichnung. Als Beweis, wie sehr sich für andre Köpfe damals das Wesen der Octavengattungen verflüchtigt hatte, mag hiergegen angeführt werden, daß Mizler dem Dorischen D moll, dem Phrygischen E moll, dem Lydischen F dur u.s.w. ohne Umstände gleichstellt70. Bach wählt jene Vorzeichnungen aber nur dann, wenn er seinem Stück die Art und Stimmung der betreffenden Octavengattung aufprägen und zugeeignet wissen will. Wo das nicht der Fall ist, zeichnet er einfach Dur oder Moll vor. Manchmal scheint sogar, wenigstens beim Dorischen, seinem Verfahren nur absichtslose Gewohnheit zu Grunde zu liegen, und es gölte demnach theilweise auch von ihm Agricolas Bemerkung71, daß viele Componisten aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch dort die dorische Tonart anzeigten, wo eigentlich die aeolische gemeint sei. Namentlich ist dieses von Bachs freien Compositionen zu verstehen. In der Altarie der Cöthener Huldigungs-Cantate72 hat Bach die erste Zeile als G moll, die übrigen alle als G dorisch bezeichnet, hier kann also ein innerer Grund nicht maßgebend gewesen sein. Aus solchen Dingen erkennt man aber wieder, wie die musikalische Empfindung im Suchen nach einer zusammenfassenden Molltonart noch längere Zeit zwischen Aeolisch und Dorisch schwankte73.

Fußnoten

1 »Bachs, J.S. Vollständiges Choralbuch mit in Noten aufgesetzten Generalbasse an 240 in Leipzig gewöhnlichen Melodien. 10 thl.« Breitkopfs Verzeichniß von Neujahr 1764, S. 29.


2 Herr W. Kraukling in Dresden besitzt ein Choralbuch mit beziffertem Bass in klein Querquart; auf dem schweinsledernen Rücken steht: »Sebastian Bachs Choral-Buch«. Das Büchlein zeigt aber weder Bachs Handschrift, noch auch im Satze der Choräle eine Spur Bachschen Stiles und Geistes.


3 Man findet sie P.S. V, C. 5, Nr. 53; ebenda im Anhang hinter Nr. 7; ferner C, 6, Nr. 16; endlich ebenda Nr. 29. Die Quellennachweise in den betreffenden Vorworten.


4 Diese Weihnachtschoräle stehen in einem der Krebs'schen Orgelbücher, welche Herr F.A. Roitzsch in Leipzig besitzt, S. 241 f. Vermuthlich stammt auch noch der S. 253 befindliche Satz »Jesu der du meine Seele« von Bach. – Den Choral »Gelobet seist du« theile ich als Musikbeilage 4, A mit. Man wird aus der Vergleichung desselben mit dem Band I, S. 585 ff. besprochenen sehen, daß er dieselbe Harmonisirung hat, und auch die Zwischenspiele übereinstimmen.


5 S. die Inscriptionsbücher der Universität.


6 Schemelli der Vater, geb. 1676, zählte bereits 60 Jahre als das Gesangbuch erschien: Schemelli der Sohn, geb. 1712, folgte ihm, als er emeritirt wurde, im Amte (Archiv der Schloßkirche zu Zeitz).


7 »Musicalisches | Gesang-Buch, | Darinnen | 954 geistreiche, sowohl alte als neue | Lieder und Arien, mit wohlgesetzten | Melodien, in Discant und Baß | befindlich sind | Vornemlich denen Evangelischen Gemeinen | im Stifte Naumburg-Zeitz gewidmet, | .... von | George Christian Schemelli, | Schloß-Cantore daselbst. | ... Leipzig, 1736. | Verlegts Bernhard Christoph Breitkopf, Buchdr.« | – Exemplare des selten gewordenen Werkes auf der gräflich stolbergischen Bibliothek zu Wernigerode und der königlichen Bibliothek zu Berlin.


8 Es ist Winterfelds (Ev. K. III, S. 270 ff.) dauerndes Verdienst, diesen Gegenstand gründlich zuerst untersucht zu haben, wenn er auch theilweise zu unrichtigen Resultaten gelangte. Da, wie ich Band I, S. 365 ff. erwiesen zu haben glaube, von einer Betheiligung Bachs an Freylinghausens Gesangbuch nicht die Rede sein kann, so schmilzt die Zahl der in Schemellis Gesangbuche Bach zuzuschreibenden Tonstücke erheblich zusammen. Sämmtliche in demselben enthaltene Tonsätze hat C.F. Becker bei Breitkopf und Härtel in Leipzig zum zweiten Male herausgegeben. Nach dieser Ausgabe sind die von Bach componirten Lieder NNr. 4, 7, 8, 10, 11, 14, 19, 21, 24, 26, 30, 31, 32, 42, 44, 46, 47, 51, 52, 53, 56, 57, 59, 62, 63, 64, 66, 67, 68.


9 Die NNr. 31, 32, 47, 59, 64, 67, 68. Für Anfertigung der Stichvorlagen sind zwei verschiedene Schreiberhände thätig gewesen. Außer obigen NNr. zeigen noch 40, 194 und 281 dieselbe Hand. Sie unterscheiden sich von den übrigen durch die Form der Schlussel und die Anwendung der Accolade. Der Sopranschlüssel läßt ziemlich deutlich die Form erkennen, welche Bach in jener Zeit die geläufigste war. Außerdem bemerkt man hier eine größere, flüssigere Notenschrift, obgleich der Stich vieles egalisirt hat. Es liegt nahe, daß Bach die Tonstücke, welche er eigens für das Schemellische Gesangbuch concipirt hatte, auch selbst abschrieb.


10 Winterfeld, sagt (a.a.O. S. 278 f.), in J.B. Königs Harmonischem Liederschatz (Frankfurt a.M. 1738) seien nur die NNr. 4 und 63 unverändert aufgenommen, zu den Liedern 24, 56 und 57 fänden sich dort nur anklingende Weisen. Hier hat er sich geirrt. Auch Nr. 8 findet sich bei König unverändert, Nr. 57 in vereinfachter Form, Nr. 24 mit umcomponirtem Aufgesange (S. 490 bei König); Nr. 56 aber hat bei König eine ganz andre Melodie.


11 König hat sie auf S. 340 in seinen Harmonischen Liederschatz aufgenommen.


12 Vrgl. Band I, S. 757 f. – Das Lied »Gedenke doch, mein Geist« hat Bitter (Bd. I, Musikbeilage) veröffentlicht.


13 S. S. 487 dieses Bandes. – Im Musikverein begleitete er auf dem Cembalo; s. Gerber, I, Sp. 756.


14 Diese fünf Lieder, beziehungsweise Melodien, außerdem das Lied »Warum betrübst du dich« theile ich als Musikbeilage 4, B mit. – Weiteres über die Echtheit Anhang A, Nr. 57.


15 In dem gedruckten Verzeichnisse von Em. Bachs Nachlasse (Hamburg, 1790) S. 73 wird unter Seb. Bachs Compositionen angeführt: »Naumburgisches Gesangbuch mit gedruckten und 88 vollstimmig geschriebenen Chorälen«.


16 Das erste in Anna Magdalenas Buch, die andern in den von Ph. Em. Bach herausgegebenen vierstimmigen Choralgesängen seines Vaters (Leipzig, Breitkopf 1784–1787). In »So giebst du nun, mein Jesu«, (Nr. 206 daselbst) fehlt übrigens hinter Takt 7 ein voller Takt.


17 S. S. 416 dieses Bandes. Eine derselben bildet als Chor den Schluß, die andre tritt mit vierstimmiger Instrumentalbegleitung und contrapunktirendem Recitativ-Bass auf.


18 S. S. 549 f. dieses Bandes.


19 S. S. 435 dieses Bandes.


20 Wie L. Erk, Choralgesänge II, Nr. 178 und 222 nachgewiesen hat.


21 Mattheson, Ehrenpforte. S. 292.


22 S. Band I, S. 548. Ich bin jetzt bei dieser sonst nirgends vorkommenden Melodie von Bachs Urheberschaft durchaus überzeugt. Erk hält sie (s. Choralgesänge II, Nr. 159) für eine einfache Nachbildung der Melodie »Jesu, der du meine Seele«. Mir scheint jedoch auch die melodische Verwandtschaft mit »Herr, ich habe mißgehandelt« (s. Choralgesänge von 1784, Nr. 35) unverkennbar. – Die übrigen Bach noch zuzuschreibenden vierstimmigen Liedsätze sind »Nicht so traurig, nicht so sehr« (C moll). »Ich bin ja Herrin deiner Macht«, »Was betrübst du dich, mein Herze«, »Für Freuden laßt uns springen«, »Gottlob es geht nunmehr zu Ende« und »O Herzensangst, o Bangigkeit«. Winterfeld (a.a.O. S. 282 ff.) glaubte noch eine Anzahl andre für Bach in Anspruch nehmen zu müssen. Für die Lieder »Ist Gott mein Schild«, »Schwing dich auf zu deinem Gott«, »O Mensch, schau Jesum Christum an« und »Auf, auf mein Herz und du mein ganzer Sinn« hat Erk in seiner mustergültigen Ausgabe der Bachschen Choralgesänge die Unrichtigkeit der Annahme nachgewiesen. Bei den Liedern »Meinen Jesum laß ich nicht«, »Das walt Gott Vater und Gott Sohn« und »Herr nun laß in Friede« hat Winterfeld selbst seine Behauptung halb wieder zurückgenommen. Die Lieder aber »Dank sei Gott in der Höhe«, »O Jesu du mein Bräutigam« und »Alles ist an Gottes Segen« erscheinen bei König in Formen, die deutlich beweisen, daß sowohl Bachs wie Königs Lesarten nur Varianten älterer Urformen sind.


23 Breitkopfs Verzeichniß von Neujahr 1764, S. 7: »Bach, J.S. Capellmeisters und Musikdirectors in Leipzig, 150 Choräle, mit 4 Stimmen, a 6 Thlr.«


24 Kirnberger, Gedanken über die verschiedenen Lehrarten in der Komposition. Berlin, 1782. S. 4 f.


25 Erster Theil 1774; Zweiter Theil, Erste bis dritte Abtheilung 1776–1779.


26 Grundsätze des Generalbasses als erste Linien zur Composition. 1781.


27 Marpurg, Versuch über die musikalische Temperatur, nebst einem Anhang über den Rameau- und Kirnbergerschen Grundbaß. 1776. S. 239.


28 Kirnberger, Kunst des reinen Satzes. II, 3, S. 188: »Daß meine und meines seeligen Vaters Grundsätze antirameauisch sind, können Sie laut sagen«.


29 Sie sind mitgetheilt Anhang B, XIII.


30 Gedanken über die verschiedenen Lehrarten. S. 4.


31 Das in Anhang B unter XII vollständig abgedruckte Manuscript befindet sich jetzt im Besitze des Herrn Professor Wagener zu Marburg, welchem ich für die bereitwilligst gegebene Erlaubniß zur Veröffentlichung hiermit verbindlichsten Dank sage.


32 In Cap. 5 (»Von der Triade Harmonica«).


33 S. Band I, S. 715, Anmerk. 50.


34 Kunst des reinen Satzes I, S. 142.


35 Nekrolog, S. 171.


36 S. Band I, S. 843 (zum Gis moll-Praeludium des Wohltemperirten Claviers) und Kirnberger, Kunst des reinen Satzes I, S. 159. Weniger unduldsam gegen Quinten und Octaven ist Bach bei Durchgangstönen und Verzierungen. Aber hier bedient er sich nur eines Rechtes, das längst von seinen Vorgängern usurpirt war. Eingehend handelt über diesen Gegenstand J.G. Walther in seiner Musiklehre Fol. 116 f.


37 Grundsätze des Generalbasses S. 83. Die gemeinte Stelle ist B.-G. III, S. 194, Takt 5. – Vrgl. Kunst des reinen Satzes I, Nachtrag zu S. 37.


38 Kunst des reinen Satzes II, 3, S. 41: »Regula Joh. Seb. Bachii: In Compositione quinque partibus instructa non sunt duplicandae 4., 4., 5b, 4., 7 et 9«.


39 Trotzdem ist dieses in der Generalbasslehre Cap. 8, Reg. 4, Beispiel, Takt 1, letztes Viertel geschehen und nicht als stehengebliebener Fehler des Schülers zu betrachten. Kirnberger (Grundsätze des Generalbasses S. 57 Anmerk.) giebt die Interpretation dieser in ihrer Allgemeinheit zu strengen Regel: die Verdopplung darf mir dann nicht stattfinden, wenn die Sexte als Leitton auftritt.


40 Kunst des reinen Satzes I, S. 216 f.


41 Crüger, Synopsis Musices. Berlin, 1624. pag. 57:»nos incipientibus gratificaturi compendiosissimam illam et facillimam ingrediamur componendi viam, qua nimirum ad Fundamentum prius substratum et positum reliquae superiores modulationes adjici possint. Hoc enim qui poterit, facillime postmodum melodiae regali Tenoris et Cantus reliquas adjunget voces«.


42 J.G. Walther sagt in seiner handschriftlichen Musiklehre von 1708, mit offenbarer Bezugnahme auf Crügers Synopsis: »Auch ist dieses die compendiöseste und leichteste Art zu componiren, wenn man über einen Bass als das Fundament die andern Stimmen bauet ... Derowegen wollen wir bemeldte leichte Art behalten, und den Anfang zu componiren mit 4 Stimmen (als woran gar viel gelegen) machen«.


43 Schröter, Deutliche Anweisung zum General-Bass. 1772. S. X.


44 Vor allem also auch wohl der von Rameau auf der Unterdominante mit hinzugefügter großer Sexte construirte und für einen Grundaccord ausgegebene Quintsext-Accord, sowie die Unterscheidung von wesentlichen und unwesentlichen Dissonanzen. – Kirnberger hat die von Rameau aufgebrachte Art, den Grundbass eines zusammenhängenden Tonstückes auszuziehen, d.h. diejenige Reihe von Tönen anzugeben, auf welche die Harmonien eines Stückes als auf ihre eigentlichen Grundtöne zu beziehen sind, auch auf zwei Bachsche Compositionen, allerdings in nicht ganz unanfechtbarer Weise, angewandt (Die wahren Grundsätze zum Gebrauch der Harmonie, S. 55 ff. und 107 ff.). Demselben Verfahren begegnen wir aber schon in dem Hauptautograph der französischen Suiten bei Sarabande und beiden Menuetts der D moll- Suite, sowie im Fischhoffschen Autograph des Wohltemperirten Claviers bei der C moll-Fuge und dem D moll-Praeludium. Ich wage nicht mit Bestimmtheit zu behaupten, daß die zu diesem Zwecke eingetragenen Zahlen und Buchstaben von Bachs eigner Hand sind. Der Möglichkeit aber widerstreitet nichts, daß Bach an einigen seiner Compositionen das Wesen des Rameauschen Grundbasses selbst explicirt habe.


45 S. Vorrede der Mizlerschen Übersetzung des Gradus. Leipzig, 1742.


46 Bach selbst nannte einmal gesprächsweise die Fugen eines »alten mühsamen Contrapunktisten« trocken und hölzern, und gewisse Fugen eines »neuern nicht weniger großen Contrapunktisten« in der Gestalt, in welcher sie für Clavier eingerichtet waren, pedantisch, weil jener unveränderlich immer bei seinem Hauptsatze geblieben war, dieser nicht Erfindung genug gezeigt hatte, das Thema durch Zwischenspiele neu zu beleben (Marpurg, Kritische Briefe über die Tonkunst. I, S. 266). Welche Componisten er gemeint hat, ist nicht nachzuweisen.


47 Gerber, L. I, Sp. 492.


48 Ch. C. Rolle, Neue Wahrnehmungen. S. 93.


49 Vorrede zu J.S. Bachs vierstimmigen Choralgesängen. Die Fassung des Gedankens in obigem Satze ist nicht hinlänglich scharf, da sie die Deutung zuläßt, die gemeinte Methode ersetze nur die langüblichen möglichst ein fachen Cantus firmi der contrapunktischen Studien durch die lebendigeren und interessanteren Choralmelodien, wodurch nicht ausgeschlossen wäre, daß auch sie mit dem zweistimmigen Contrapunkt begonnen habe. So hat in der That Vogler (Choralsystem, S. 61) den Satz aufgefaßt. Das wäre denn aber keine eigentlich verschiedene Methode gewesen, und eine solche will doch Em. Bach jedenfalls der Fuxschen gegenüber kennzeichnen.


50 Kunst des reinen Satzes I, S. 157.


51 Ebenda S. 215. – Übereinstimmend stellt Forkel (S. 39 f.) Bachs Compositionsunterricht dar, der allerdings zumeist aus Kirnberger geschöpft hat, aber sich doch auch durch Bachs Söhne mündlich über den Gegenstand hat belehren lassen können.


52 Lingke, Die Sitze der musikalischen Haupt-Sätze. Leipzig, 1766. Vorbericht. Er sagt mit Bezug auf den oben angeführten Ausspruch Emanuel Bachs: »über welchen gründlichen Lehrsatz nicht leicht was gründlicheres seyn wird«. – Von Kirnberger erzählte man später, er habe seine Schüler drei Jahre lang Choräle arbeiten lassen; s. Vogler, Choralsystem. S. 24.


53 Gerber, N.L. II, Sp. 86.


54 Schulz, J.A.P., Gedanken über den Einfluß der Musik auf die Bildung eines Volks, und über deren Einführung in den Schulen der Königlich Dänischen Staaten. Kopenhagen, 1790.


55 [Fuhrmann,] Musicalischer Trichter. 1706. S. 40 f.


56 Harmonologia musica. 1702. S. 59.


57 Musikalische Paradoxal-Discourse. 1707. S. 86.


58 Handschriftliche Musiklehre, Fol. 152b.


59 Clavierbuch Anna M. Bachs. 1725. S. 123: »dieScala der 3 min: ist, tonus, 2 de ein gantzer Ton, 3 ein halber, 4 ein gantzer, 5 ein gantzer, 6 ein halber, 7 ein gantzer, 8 va ein gantzer Ton; hieraus fließet folgende Regull: die 2te ist in beyden Scalis groß; die 4 allezeit klein, die 5 und 8 va völlig, und wie die 3. ist so sind auch 6. und 7«.


60 Lingke, Die Sitze der Musicalischen Haupt-Sätze. S. 16 ff. – Lingke hatte diese von ihm aufgestellte Stammleiter im Jahre 1744 der Societät der musikalischen Wissenschaften zu Leipzig vorgelegt und alle Mitglieder hatten sie gebilligt (s. Mizler, Musikalische Bibliothek. Dritter Band, S. 360). Bach war damals noch nicht Mitglied.


61 In Folge dessen sagt Kirnberger, Kunst des reinen Satzes I, S. 103: »Wir haben in der heutigen Musik nicht nur 24 verschiedene Tonleitern, deren jede ihren bestimmten Charakter hat, sondern wir können dabey auch noch die Tonarten der Alten beybehalten. Dadurch entsteht eine ungemein große Mannigfaltigkeit der Harmonie und der Modulation«.


62 In den Choralgesängen von 1785 Nr. 187; Nr. 255 bei L. Erk. Vrgl. Kirnberger, a.a.O. II, 63.


63 Der angehende praktische Organist. Dritte Abtheilung. S. 37 ff.


64 Nr. 180, 29, 30 bei Erk.


65 Nr. 41, 213 bei Erk und Nr. 222 in den Choralgesängen von 1786.


66 Nr. 175 bei Erk und Nr. 33 der Choralgesänge von 1784.


67 Man vergleiche hierzu noch die schönen Ausführungen, welche Winterfeld Ev. K. III, S. 299 diesem Gegenstande gewidmet hat.


68 Manuscript auf der Amalienbibliothek zu Berlin. Mitgetheilt Anhang B, XIV.


69 Die betreffenden Handschriften auf der Amalienbibliothek Nr. 57 und Nr. 38.


70 Musikalische Bibliothek, I, S. 30, 31, 34, Anmerkungen.


71 Anmerkungen zu Tosi, S. 5.


72 S. S. 450 f. dieses Bandes.


73 Ich darf diesen Abschnitt wohl nicht ohne eine Erwähnung Voglers schließen, welcher theils selbst in seinem »Choral-System« S. 53 ff., theils durch seinen Schüler C.M. v. Weber (Zwölf Choräle von Sebastian Bach umgearbeitet von Vogler, zergliedert von C.M. v. Weber. Leipzig, C.F. Peters) die vermeintliche Fehlerhaftigkeit und Unschönheit des Bachschen vierstimmigen Choralsatzes nachzuweisen gesucht hat. Daß diese Lächerlichkeit möglich gewesen ist, davon trägt freilich einen Theil der Schuld der Herausgeber Emanuel Bach. Da Vogler Zweck, Stellung, Besetzung, ja in vielen Fällen selbst den eigentlichen Text dieser Choräle nicht kannte, und da dieselben für ein vierstimmiges Choralbuch gelten sollten, so mußte er mit ganz falschen Voraussetzungen an sie herantreten. Daß er das Verhältniß Bachs zu den Kirchentonarten nicht erkannte, darf man ihm auch nicht verargen, da hierzu ein viel umfassenderer Überblick über die gesammte Thätigkeit und historische Bedeutung des Meisters gehörte, als ihn damals irgendwer besaß. Was die angeblichen Unschönheiten im übrigen betrifft, so verrathen Voglers Ausstellungen eine ebenso große Unfähigkeit, das Geniale in Bachs harmonischen und melodischen Folgen nachzuempfinden, als seine »Verbesserungen« lahm und geschmacklos sind.

Quelle:
Spitta, Philipp: Johann Sebastian Bach. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel 1880..
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