Zweiundzwanzigstes Kapitel.

Beethovens Auftreten als Virtuose und Komponist.

Wie still und unbeachtet auch Beethovens Ankunft in Wien zu jener Zeit sein mochte, als die Gemüter der Menschen durch die Züge der Armeen und die Gedanken an die Revolution in Aufregung waren, so konnte er doch kaum unter besseren Auspizien dorthin gehen. Er war Hoforganist und Pianist beim Onkel des Kaisers; seine Talente auf diesem Gebiete waren manchen Österreichern von hohem Range wohlbekannt, welche ihn in Bonn gehört hatten, wenn sie dort als Gäste sich aufhielten oder bei der Durchreise nach und von den österreichischen Niederlanden dem Kurfürsten ihre Ehrerbietung erzeigten; er war der Schüler Joseph Haydns, ein Umstand, der für sich allein genügte, ihm Gehör zu sichern; und er war begünstigt vom Grafen Waldstein, dessen Familienbeziehungen derartige waren, daß er seinen Schützling in die höchsten Kreise einführen konnte, die kaiserliche Familie allein ausgenommen. Waldsteins Mutter war eine Liechtenstein, seine Großmutter eine Trautmannsdorf, drei seiner Schwestern hatten in die Familien Dietrichstein, Crugenburg und Wallis geheiratet; und durch Heiraten von Onkeln und Tanten war er mit den großen Häusern Oettingen-Spielberg, Khevnhüller-Melisch, Kinsky, Palsy von Erdöd und Ulfeld verwandt, andere weniger bekannte nicht zu erwähnen. Wenn der Kreis noch um einen oder zwei Grade erweitert wird, so umfaßt er auch noch die Namen Kaunitz, Lobkowitz, Kohary, Fünfkirchen, Keglevics und Colloredo-Mansfeld.

Wenn demnach der ungenannte Kompilator des sogenannten Fischhoffschen Manuskripts sagt: »durch den Einfluß Zmeskalls ... trat Beethoven in die Häuser des Baron van Swieten, des Fürst Lichnowsky, des Hrn. Streicher u.a.m.«, so gibt er einem Anspruche jenes Mannes einen Vorzug, welchen derselbe nicht verdient, und welcher unter die zahlreichen Irrtümer jenes Dokuments gerechnet werden muß. Nicolaus Zmeskall von Domanovecs, der uns noch viel begegnen wird, war damals ein junger Mann von dreißig Jahren und bekleidete ein öffentliches Amt; noch zehn Jahre später hat sein Name in einer Liste von [384] 14 ungarischen Hofräten und Sekretären, die nicht alphabetisch geordnet sind, nur den letzteren Titel und steht an der untersten Stelle. Allerdings war er ein ausgezeichneter Dilettant auf dem Violoncell und komponierte einmal einige Streichquartette; aber es ist unmöglich anzunehmen, daß der Bonner Kammermusiker von ihm abhängig gewesen wäre, um Gelegenheit zu erhalten, seine Fähigkeiten zur Geltung zu bringen1.

Dr. Burney führt am Schlusse seines »gegenwärtigen Zustandes der Musik in Deutschland« die Verschiedenheit des Stils in Kompositionen und Ausführung in einigen der wichtigsten Städte dieses Landes an; Wien sei hauptsächlich hervorragend durch Feuer und Begeisterung; Mannheim durch seine und brillante Ausführung; Berlin in Hinsicht auf den Kontrapunkt; Braunschweig im Geschmack. Seit Burneys Reise (1772) hatte Wien das höchste Muster aller dieser Eigenschaften vereinigt in Mozart gesehen. Doch er war hingegangen, und es war kein großer Klavierspieler ersten Ranges zurückgeblieben; es gab ausgezeichnete Dilettanten und Pianisten vom Fach von sehr seiner und brillanter Darstellung; aber keinen, welcher in höherem Maße Feuer, Begeisterung und Erfindung besaß, Fähigkeiten, die in Wien noch immer am meisten galten, und in denen der junge Beethoven mit all der Härte und Schwere in seiner Behandlung, welche durch seine Beschäftigung mit dem Orgelspiel verursacht war, durchaus ohne Nebenbuhler war. Da ihm alle Salons der Metropole geöffnet waren, so mußte demnach sein Erfolg als Virtuose ein sicherer sein. Alle gleichzeitigen Quellen und alle Überlieferungen aus jenen Jahren stimmen in der Tatsache dieses Erfolges überein, und namentlich darin, daß sein Vortrag Bachscher Präludien und Fugen, seine Fertigkeit, die schwierigsten Partituren vom Blatt zu lesen, und sein Phantasieren aus dem Stegreife immer neue Bewunderung und Entzücken hervorrief. Schindler erzählt, daß van Swieten nach den musikalischen Aufführungen in seinem Hause Beethoven in der Regel spät fortließ, weil dieser sich bequemen mußte, noch eine Anzahl Fugen von Seb. Bach »zum Abendsegen« vorzutragen; und er teilt ein undatiertes Billett mit, welches jedoch offenbar in Beethovens erste Wiener Jahre gehört, und welches beweist, einen wie hohen Platz der junge Mann sich in der Gunst des alten Herrn erworben hatte. Dasselbe lautet so:


[385] »An Herrn Beethoven in der Alstergasse, No. 45 bei dem Herrn Fürsten Lichnowsky.

Wenn Sie künftigen Mittwoch nicht verhindert sind, so wünsche ich Sie um halb neun Uhr Abends mit der Schlafhaube im Sack bei mir zu sehen. Geben Sie mir unverzüglich Antwort.

Swieten.«


Es findet sich auch ein Posten in dem oft zitierten Tagebuche, der seinem Datum nach in den Oktober oder November 1793 gehört, und welcher in diesem Zusammenhang mitgeteilt werden mag: »Abends bei Swieten gegessen, einen 17er Trinkgeld. Dem Hausmeister fürs Aufmachen 4 x.«

Aber der unmittelbare und überraschende Erfolg Beethovens als Virtuose befriedigte keineswegs vollkommen seinen Ehrgeiz. Er strebte nach dem höheren Range des Komponisten, und um diesen zu erlangen, war noch etwas mehr nötig, als der Vortrag von Variationen, so ausgezeichnet derselbe auch sein mochte. Zu diesem Zwecke wählte er die drei Trios, welche demnächst als Op. 1 herausgegeben wurden, und brachte sie in dem Hause des Fürsten Lichnowsky zur Aufführung. Zum Glück für uns erzählte Beethoven seinem Schüler Ries einige auf diese erste Aufführung jener Kompositionen in Wien bezügliche Einzelheiten, welcher den Inhalt der Erzählung (Notizen S. 84) in folgender Weise wiedergibt: »Die drei Trio's von Beethoven (Opus 1) sollten zum erstenmal der Kunst-Welt in einer Soirée beim Fürsten Lichnowsky vorgetragen werden. Die meisten Künstler und Liebhaber waren eingeladen, besonders Haydn, auf dessen Urtheil Alles gespannt war. Die Trio's wurden gespielt und machten gleich außerordentliches Aufsehen. Auch Haydn sagte viel Schönes darüber, rieth aber Beethoven, das dritte in C moll nicht herauszugeben. Dieses fiel Beethoven sehr auf, indem er es für das Beste hielt, sowie es denn auch noch heute immer am meisten gefällt und die größte Wirkung hervorbringt. Daher machte diese Aeußerung Haydn's auf Beethoven einen bösen Eindruck und ließ bei ihm die Idee zurück: Haydn sei neidisch, eifersüchtig und meine es mit ihm nicht gut. Ich muß gestehen, daß, als Beethoven mir dieses erzählte, ich ihm wenig Glauben schenkte. Ich nahm daher Veranlassung, Haydn selbst darüber zu fragen. Seine Antwort bestätigte aber Beethoven's Aeußerung, indem er sagte, er habe nicht geglaubt, daß dieses Trio so schnell und leicht verstanden und vom Publikum so günstig aufgenommen werden würde.« Das Fischhoffsche Manuskript sagt: »Die [386] drei Trios für Pianoforte, Violine und Violoncello Op. 1 (diese Perlen aller Sonaten), eigentlich aber das 6 te Werk, erregten mit Recht Bewunderung, obgleich sie in wenigen Zirkeln noch vorgetragen wurden, wo aber dieses Statt fand, hatten sie bei Kennern und Musikfreunden ungetheilten Beifall, der stets auch bei seinen folgenden Werken zunahm, je mehr man sich an das Frappante, Originelle dieses Meisters nicht vielmehr gewöhnte, als seinen Geist aufgefaßt hatte und den hohen Genuß, ihn zu verstehen, zu erwerben sich bemühte.«

Es vergingen jedoch mehr als zwei Jahre, ehe der Komponist es für angemessen hielt, diese Trios dem Druck zu übergeben; vielleicht hielt ihn ein Gefühl von Bescheidenheit zurück, da er noch ein Schüler war; vielleicht auch ein Zweifel an dem Erfolge von Kompositionen in einem so neuen Stile; vielleicht auch die Klugheit, indem er es vorzog, die Veröffentlichung aufzuschieben, bis sie aus dem Manuskript so oft aufgeführt wären, daß ihm Verständnis und Würdigung und auf diese Weise eine angemessene Zahl von Subskribenten gesichert war2. Zu gleicher Zeit bereitete er ihnen den Weg dadurch, daß er einige Hefte Variationen herausgab. »Beethoven hatte Mozart'sche Themas aus der Zauberflöte variirt, die er schon in Bonn skizzirt hatte, und Zmeskall nahm es über sich, dieselben einem Kunsthändler anzutragen«3; sie fanden jedoch nur »geringen Absatz«. Dies bezieht sich ohne Zweifel auf die Variationen über »Se vuol ballare« aus Figaros Hochzeit, welche in revidierter Gestalt im Juli 1793 herauskamen mit einer Dedikation an Eleonore von Breuning. Noch vor dem nächsten Jahre erschienen die 13 Variationen über das Thema: »Es war einmal ein alter Mann« aus Dittersdorfs rotem Käppchen; und auf sie folgten die 4 händigen Variationen über ein Thema von Waldstein, zuerst angezeigt im Januar 1795.

In der Tat, Beethoven war in der Veröffentlichung seiner Kompositionen offenbar nicht eilig. Man wird gleich sehen, daß er die Variationen über Se vuol ballare zum Drucke gab teils auf die Aufforderung anderer, und teils um seine Wiener Nebenbuhler im Klavierspiel zu überraschen. Wenige Jahre später werden wir ihn finden, wie er Variationen über beliebte Opernmelodien skizziert und unmittelbar darauf auch publiziert; [387] aber Werke von größerem Umfange, und namentlich seine Klavierkonzerte, wurden meistenteils lange in seinem ausschließlichen Besitze zurückbehalten. So ging das Klavierkonzert in B-dur Op. 19, welches nach Tomascheks Annahme 1798 in Prag komponiert wurde, ohne Zweifel, wenn wir Beethovens eigenen Worten in einem Briefe an Breitkopf & Härtel Glauben schenken, seiner Entstehung nach dem in C-dur Op. 15 vorher und war spätestens im März 1795 fertig, wo es Beethoven öffentlich spielte, erschien aber erst gegen Ende 1801. Das gleiche wurde oben (S. 319) von den Variationen Op. 44 bemerkt. Doch genug über diesen Gegenstand an dieser Stelle.

Der Leser möge sich hier einige der Punkte ins Gedächtnis zurückrufen, bei denen wir uns früher aufgehalten haben: den Brief Fischenichs vom Januar, und den Neefes vom Oktober 1793, welche von den günstigen Berichten Nachricht geben, die über Beethovens musikalische Fortschritte nach Bonn geschickt waren; die Studien bei Haydn und Schenk; die Sorgen und die Verlegenheit, in welche ihn für kurze Zeit der Tod seines Vaters versetzte, und in die unerfreulichen Umstände, welche dieses Ereignis begleiteten; seinen glänzenden Erfolg als Virtuose; seinen Besuch beim Fürsten Esterhazy im Sommer; aus allem diesem wird deutlich hervorgehen, mit welcher Emsigkeit und Energie er sich in seiner neuen Laufbahn bewegte, mit welchem Eifer und welch unermüdlicher Tätigkeit er sich bestrebte, aus den Umständen den größtmöglichen Vorteil zu ziehen. Ein Jahr, nachdem er Bonn verlassen, war er seines Erfolges sicher und fürchtete nicht mehr, wie Hamlet, »die Schleudern und Pfeile des wüthenden Geschickes«. Dies wird aus einer Stelle in einem seiner ersten Briefe aus Wien, die sich erhalten haben (»O wie wollen wir uns freuen –«), klar, jenem Briefe an Eleonore von Breuning, welcher, wiewohl häufig aus Wegelers Notizen (S. 54) wieder abgedruckt, doch zu wichtig und charakteristisch ist, um hier übergangen zu werden4.


»Wien, den 2. November 93.


Verehrungswürdige Eleonore!

Meine theuerste Freundin!


Erst nach dem ich nun hier in der Hauptstadt bald ein ganzes Jahr verlebt habe, erhalten sie von mir einen Brief, und doch waren sie gewiß in einem [388] immerwährenden lebhaften Andenken bei mir. sehr oft unterhielt ich mich mit ihnen und ihrer lieben Familie, nur öfters mit der Ruhe nicht, die ich dabei gewünscht hätte. da war's, wo mir der fatale Zwist noch vorschwebte, wobei mir mein damaliges Betragen so verabscheuungswerth vorkam; aber es war geschehen; o wie viel gäbe ich dafür, wäre ich im Stande meine damalige mich so sehr entehrende, sonst meinem charakter zuwider laufende Art zu handlen ganz aus meinem Leben tilgen zu können. Freilich waren mancherlei Umstände, die unß immer von einander entfernten, und wie ich vermuthe, war das Zuflüstern von den wechselweise gehaltenen Reden von einem gegen den andern hauptsächlich dasjenige, was alle Uebereinstimmung verhinderte. Jeder von unß glaubte hier, er spreche mit wahrer überzeugung, und doch war es nur angefachter Zorn, und wir waren beide getäuscht. ihr guter und edler Charakter meine liebe Freundinn bürgt mir zwar dafür, daß sie mir längst vergeben haben, aber man sagt, die aufrichtigste reue sei diese, wo man sein Verbrechen selbst gestehet, dieses habe ich gewollt. – Und lassen sie uns nun den Vorhang für diese ganze Geschichte ziehen und nur noch die Lehre davon nehmen, daß, wenn Freunde in streit gerathen, es immer besser sei keinen vermitteler dazu zu brauchen, daß der Freund sich an den Freund unmittelbar wende.

Sie erhalten hier eine dedication von mir an sie, wobei ich nur wünschte, das Werk sei größer und ihrer würdiger. man plagte mich hier um die herausgabe dieses Werkchens, und ich benutzte diese Gelegenheit, um ihnen, meine verehrungswürdige E., einen Beweiß meiner Hochachtung und Freundschaft gegen sie und eines immerwährenden Andenkens an ihr Hauß zu geben. nehmen sie diese Kleinigkeit hin, und denken sie dabei, sie kömmt von einem sie sehr verehrenden Freunde, o wenn sie ihnen nur Vergnügen macht, so sind meine Wünsche ganz befriedigt. Es sei eine kleine wieder Erweckung an die Zeit, wo ich so viele und so seelige Stunden in ihrem Hause zubrachte, vieleicht erhält es mich im Andenken bei ihnen, bis ich einst wiederkomme, was nun freilich sobald nicht sein wird, o wie wollen wir unß dann meine 1. Freundinn, freuen – sie werden dann einen fröhlichern Menschen an ihrem Freunde finden, dem die Zeit und sein besseres Schicksaal die Furchen seines vorhergegangenen widerwärtigen ausgeglichen hat.

Sollten sie die B. Koch sehen, so bitte ich sie ihr zu sagen, daß es nicht schön sei von ihr, mir gar nicht einmal zu schreiben. Ich habe doch 2 Mal geschrieben; an Malchus schrieb ich 3 Mal und – keine Antwort, sagen sie ihr, daß, wenn sie nicht wolle schreiben, sie wenigstens Malchus dazu antreiben sollte. Zum Schlusse meines Briefs wage ich noch eine Bitte: sie ist, daß ich wieder gerne so glücklich sein mögte, eine von Haasen-Haaren gestrickte Weste von ihrer Hand meine liebe Freundin zu besitzen. Verzeihen sie die unbescheidene Bitte ihrem Freunde, sie entsteht aus grosser Vorliebe für alles, was von ihren Händen ist, und heimlich kann ich ihnen wohl sagen, eine kleine Eitelkeit liegt mit dabei zum Grunde, nemlich: um sagen zu können, daß ich etwas von einem der besten, verehrungswürdigsten Mädchen in Bonn besitze. Ich habe zwar noch die weste, womit sie so gütig waren in Bonn mich damit zu beschenken, aber sie ist durch die Mode so unmodisch geworden, daß ich sie nur als etwas von ihnen mir sehr theures im Kleider Schrank aufbewahren kann. Vieles Vergnügen würden sie mir machen, wenn sie mich bald mit einem lieben Briefe von ihnen erfreuten, [389] sollten ihnen meine Briefe Vergnügen verursachen, so verspreche ich ihnen gewiß so viel mir möglich ist, hierin willig zu sein, sowie mir alles willkommen ist, wobei ich ihnen zeigen kann, wie sehr ich bin

ihr sie verehrender

wahrer Freund

L. v. Beethoven


P. S. »Die V. (Variationen) werden etwas schwer zum Spielen sein, besonders die Triller in der Coda, das darf Sie aber nicht abschrecken, es ist so veranstaltet, das sie nichts als den Triller zu machen brauchen, die übrige Noten lassen sie aus, weil sie in der Violin Stimme auch vorkommen. nie würde ich so etwas gesetzt haben; aber ich hatte schon öfter bemerkt, daß hier und da einer in W. war, welcher meistens, wenn ich des Abendsfantasirt hatte, des andern Tages viele von meinen Eigenheiten aufschrieb, und sich damit brüstete5; weil ich nun voraussahe, daß bald solche Sachen erscheinen würden, so nahm ich mir vor ihnen zuvor zu kommen. eine andere Ursache war noch dabei, nemlich die hiesigen Klaviermeister in Verlegenheit zu setzen, Manche davon sind meine Todtfeinde, und so wollte ich mich auf diese Art an ihnen rächen, weil ich voraus wußte, daß man ihnen die V. hier und da vorlegen würde, wo die Herren sich dann übel dabei produciren würden.

Beethoven.«

[Adresse: »An Fräulein von Breuning«.]


Außer jener Notiz Beethovens (S. 359):


»Schuppanzig 3mal die W.6 Albrechtsberger 3mal die W.«,


welche den Wechsel seiner Lehrer andeutet, findet sich aus jener Zeit nichts der Aufzeichnung Wertes, bis wir zu dem Fragmente eines andern Briefes an Eleonore von Breuning kommen, welches sich ebenfalls in Wegelers Notizen (S. 60) findet. Dasselbe hat ein besonderes Interesse, sowohl weil es zeigt, wie bitter ihn sein Gewissen über Handlungen anklagte, [390] die mit der in der Freundschaft erforderlichen Nachsicht und Selbstbeherrschung unvereinbar waren – solchen Ausbrüchen blieb er freilich auch später nur zu geneigt nachzugeben, und wir sehen sie häufig über das Bild seines Lebens ihre Schatten werfen –, als weil es eine stillschweigende Bestätigung zu den oben ausgeführten Argumenten in bezug auf die Kompositionen der Bonner Periode hinzufügt.


»äuserst überraschend [schreibt er] war mir die schöne Halsbinde von ihrer Hand gearbeitet, sie erweckte in mir Gefühle der Wehmut, so angenehm mir auch die Sache selbst war; Vergangenheit voriger Zeiten war ihre Wirkung, auch Beschämung auf meiner Seite durch ihr großmüthiges Betragen gegen mich. wahrlich, ich dachte nicht, daß sie mich noch Ihres Anden kens würdig hielten. O hätten sie Zeuge meiner gestrigen Empfindungen bei diesem Vorfall sein können, so würden Sie es gewiß nicht übertrieben finden, was ich ihnen vieleicht hier sage, daß mich ihr Andenken weinend und sehr traurig machte. – ich bitte sie, so wenig ich auch in ihren Augen Glauben verdienen mag, glauben Sie mir, meine Freundinn (lassen sie mich ihnen noch immer so nennen), daß ich sehr gelitten habe und noch leide durch den Verlust Ihrer Freundschaft. Sie und ihre theure Mutter werde ich nie vergeßen, sie waren so gütig gegen mich, daß mir ihr Verlust so bald nicht ersetzt werden kann und wird, ich weiß, was ich verlohr, und was sie mir waren, aber – ich müßte in Scenen zurückkehren, sollte ich diese Lücke ausfüllen, die ihnen unangenehm zu hören und mir, ihnen sie darzustellen sind.

Zu einer kleinen Wieder Vergeltung für ihr gütiges Andenken an mich, bin ich so frei, ihnen hier dieseVariationen und das Rondo mit einer Violin zu schicken. ich habe sehr viel zu thuen, sonst würde ich ihnen die schon längst versprochene Sonate abgeschrieben haben, in meinem Manuscript ist sie fast nur Skizze, und das würde dem sonst so geschickten paraquin selbst schwer geworden sein, sie abzuschreiben. Sie können das Rondo abschreiben lassen, und mir dann die Partitur zurückschicken, es ist das einzige, was ich ihnen hier schicke, was von meinen Sachen ohngefähr für sie brauchbar war, und da sie ohnedies nach Kerpen reisen dachte ich, es könnten diese Kleinigkeiten ihnen vieleicht einiges Vergnügen machen.

leben sie wohl, meine Freundin, es ist mir unmög lich, sie anders zu nennen, so gleichgültig ich ihnen auch sein mag, so glauben sie doch, daß ich ihnen und ihre Mutter noch eben so verehre, wie sonst, bin ich im Stande sonst etwas zu ihrem Vergnügen beitragen zu können, so bitte ich sie, mich doch nicht vorbeizugehen; es ist noch das einzig übrigbleibendes Mittel, ihnen meine Dankbarkeit für die genossene Freundschaft zu bezeigen.

reisen sie glücklich, und bringen sie ihre theure Mutter wieder völlig gesund zurück. Denken sie zuweilen an ihren

sie noch immer verehrenden wahren Freund

Beethowen7


[391] Im Januar 1794 hatte Kurfürst Maximilian einen kurzen Besuch in Wien gemacht, und vielleicht wurde damals beschlossen, daß Beethoven »ohne Gehalt, bis er einberufen wird« dort bleiben solle. Nach der Kriegserklärung des Kaisers an Frankreich konnte das Kurfürstentum, als ein deutscher Staat, nicht länger neutral bleiben, und so geschah es, daß im Oktober die siegreiche französische Armee in Bonn einrückte. Der Kurfürst floh nach Frankfurt a/M. (6. Nov.) und von dort nach Münster, während sein Hof und alle diejenigen, welche den republikanischen Autoritäten preisgegeben waren, nach allen Richtungen hin sich zerstreuten, um sich zu retten. Einer dieser Flüchtlinge, ein junger Mann von 29 Jahren, aber schon Rektor der Universität, eilte, um sein Leben zu retten (Not. XII.), hinweg nach Wien –Dr. Wegeler. Er erreichte die Hauptstadt im Oktober und fand Beethoven nicht mehr in dem »Zimmer auf der Erde«, wo er der Hausfrau nicht mehr als 7 Gulden bezahlte, sondern als Gast in der Familie des Fürsten Karl Lichnowsky wohnend. Dieser Umstand erklärt hinlänglich das Aufhören jener früher erwähnten Einzeichnungen monatlicher Ausgaben.

Die Erinnerungen Wegelers über die Zeit seines Aufenthaltes in Wien können mit Ausnahme derer, welche besser der Zeitfolge entsprechend in anderem Zusammenhang eingeführt werden sollen, an dieser Stelle Platz finden. Sie sind für sich selbst interessant und charakteristisch und lassen auch die große Verbesserung von Beethovens pekuniärer Lage erkennen; denn ein Mann, der einen Bedienten und ein Pferd hält, kann, wofern er ehrlich ist, nicht unter dem Druck der Armut leiden.

»Carl, Fürst von Lichnowsky, Graf zu Werdenberg, Dynast zu Granson, war [erzählt Wegeler S. 28] ein gar großer Gönner, ja Freund Beethoven's, den er auch in sein Haus, als Gast, aufgenommen hatte, wo dieser auch, wenigstens einige Jahre, verblieb. Ich fand ihn daselbst [392] gegen das Ende 1794 und verließ ihn dort in der Mitte 1796. Zugleich hatte Beethoven jedoch fast immer eine Wohnung auf dem Lande.

Der Fürst war ein großer Liebhaber und Kenner der Musik; er spielte Klavier und suchte dadurch, daß er Beethoven's Stücke studirte und bald mehr, bald weniger geschickt ausführte, diesem, den man häufig auf die Schwierigkeiten seiner Kompositionen aufmerksam machte, zu beweisen, daß er nicht nöthig habe, in seiner Schreibart etwas zu ändern. Jeden Freitag Morgen ward Musik bei ihm gemacht, wobei außer unserem Freunde noch vier besoldete Künstler, nämlich Schuppanzigh, Weiß, Kraft und noch ein anderer (Link?), dann gewöhnlich auch ein Dilettant, Zmeskall, thätig waren. Die Bemerkungen dieser Herren nahm Beethoven jedesmal mit Vergnügen an. So machte ihn, um nur Eins anzuführen, der berühmte Violoncellist Kraft in meiner Gegenwart aufmerksam, eine Passage in dem Finale des dritten Trio, Opus I. mit: sulla corda G8 zu bezeichnen, und in dem zweiten dieser Trio's, den 4/4 Tact, mit dem Beethoven das Finale bezeichnet hatte, in den 2/4 umzuändern. Hier wurden die neuen Compositionen Beethovens, in so weit sie dazu geeignet waren, zuerst aufgeführt. Hier fanden sich gewöhnlich mehrere große Musiker und Liebhaber ein. Auch ich war, so lange ich in Wien lebte, meistens, wo nicht jedesmal, dabei zugegen. –

Hier wurde ihm einst von einem andern ungarischen Grafen – eine schwere Bach'sche Composition im Manuscript vorgelegt, die er, wie der Besitzer sich ausdrückte, ganz so, wie Bach sie gespielt hatte, a vista vortrug. Hier brachte ihm einst ein Wiener Autor, Förster, ein Quartett, welches dieser noch am Morgen in's Reine geschrieben hatte. Im zweiten Theil des ersten Stückes kam das Violoncell heraus; Beethoven stand auf und sang, seine Parthie immer fortspielend, die Baßbegleitung vor. Als ich ihm hierüber, als einen Beweis ausgezeichneter Kenntnisse sprach, erwiederte er lächelnd: ›so mußte die Baßstimme sein; sonst hätte der Autor ja keine Composition verstanden.‹ – Auf eine andere Bemerkung: Er habe ja das nie gesehene Presto so schnell gespielt, daß es schlechterdings unmöglich gewesen, die einzelnen Noten zu sehen, erwiederte er: ›Das ist auch keineswegs nöthig; wenn Du schnell liesest, so mögen eine Menge Druckfehler vorkommen, Du siehst oder achtest sie nicht, wenn nur die Sprache Dir bekannt ist.‹

[393] Nach dem Concert blieben die Musiker gewöhnlich zur Tafel. Hier fanden sich überdies Künstler und Gelehrte ohne Unterschied des Standes ein. Die Fürstin Christiane war die hochgebildete Tochter des Grafen Franz Joseph von Thun, welcher, übrigens ein sehr mildthätiger und achtungswerther Herr, durch seinen Umgang mit Lavater zur Schwärmerei neigte und bekanntlich glaubte, durch die Kraft seiner rechten Hand Krankheiten heilen zu können.« –

Das Bild von Beethovens Verkehr in diesem und anderen adligen Häusern gewinnt noch eine Ergänzung durch die Mitteilungen, welche L. Nohl nach seinen Unterhaltungen mit Frau von Bernard in Augsburg (geb. 1783) gibt9. Dieselbe, eine geborene von Klissow, verbrachte ihre Kindheit zu Wien in dem Hause des russischen Botschaftssekretärs v. Klüpfell und erregte Beethovens Aufmerksamkeit, welcher ebenfalls dort verkehrte und häufig spielte, durch das geschickte Spiel seiner Klaviersachen; sie erhielt jedesmal von ihm ein Exemplar derselben. Wenn er kam, habe er immer zuerst den Kopf durch die Tür gesteckt und sich überzeugt, ob nicht jemand da sei, der ihm mißbehagte. Infolge eines Tadels, den ihm der Hausherr wegen seines gleichgültigen Verhaltens bei Krommers Spiel zukommen ließ, habe er das Haus nicht mehr betreten. Das junge Mädchen wurde auch zu den musikalischen Unterhaltungen bei Lichnowsky und Rasoumowsky zugezogen und schildert Lichnowsky als einen freundlichen seinen Herrn, die Fürstin als eine sehr schöne Frau; doch schienen dieselben, wie sie hinzufügte, nicht glücklich miteinander zu leben. Sie erinnert sich, wie die alte Gräfin Thun, »eine sehr excentrische Dame«, vor dem im Sofa lehnenden Beethoven auf den Knien lag, ihn zu bitten, daß er etwas spiele; er habe es aber nicht getan. Sie sah dort auch Haydn und Salieri, welche in ihrer sorgfältigen und modischen Kleidung sich sehr von dem ungeniert, fast nachlässig gekleideten Beethoven unterschieden10.

[394] In die Jahre von Beethovens Zusammenleben mit Wegeler in Wien (1794–96) gehört auch folgender undatierte Brief, welcher für Beethovens Sinnesart charakteristisch ist; war er auch leicht reizbar und aufgebracht, so zeigte er sich nach dem Verrauchen des ersten Zornes so versöhnlich und Vorstellungen anzunehmen geneigt, daß er dann meistens mehr abbat, als er gefehlt hatte. Gerade deshalb und weil er den Freund dabei in einem Lichte erscheinen ließ, gegen welches dessen Bescheidenheit sich auflehnte, hatte Wegeler sich zur vollständigen Mitteilung des Briefes nicht entschließen können11.


»Liebster, Bester! in was für einem abscheulichen Bilde hast Du mich mir selbst dargestellt! ich erkenne es, ich verdiene Deine Freundschaft nicht, Du bist so edel, so gutdenkend, und das ist das erstemal, daß ich mich nicht neben Dir stellen darf, weit unter Dir bin ich gefallen, ach ich habe meinem besten edelsten Freund wochenlang Verdruß gemacht, Du glaubst, ich habe an der Güte meines Herzens verlohren; dem Himmel sei Dank, nein, es war keine absichtliche, ausgedachte Boßheit von mir, die mich so handeln ließ, es war mein unverzeihlicher Leichtsinn, der mich nicht die Sache in dem Lichte sehen ließ, wie sie wirklich war – o wie schäm ich mich für Dir, wie für mir selbst – fast traue ich mich nicht mehr, Dich um Deine Freundschaft wieder zu bitten – ach Wegeler, nur mein einziger Trost ist, daß Du mich fast seit meiner Kindheit12 kanntest, und doch o laß michs selbst sagen, ich war doch immer gut und bestrebte mich immer der Rechtschaffenheit und Biederkeit in meinen Handlungen, wie hättest Du mich sonst lieben können? sollte ich denn jetzt seit der kurtzen Zeit auf einmal mich so schrecklich, so sehr zu meinem Nachtheil geändert haben – unmöglich, diese Gefühle des großen, des guten sollten alle auf einmal in mir erloschen seyn? nein Wegeler lieber, bester, o wag es noch einmal, Dich wieder ganz in die arme Deines B. zu werfen, baue auf die guten Eigenschaften, die Du sonst in ihm gefunden hast, ich stehe Dir dafür, den reinen Tempel der heiligen Freundschaft, den Du darauf aufrichten wirst, er wird fest, ewig stehen, kein Zufall, kein Sturm wird ihn in seinen grundfesten erschüttern können – fest – Ewig – unsere Freundschaft – Verzeihung – Vergessenheit – wiederaufleben der sterbenden sinkenden Freundschaft – o Wegeler verstoße sie nicht diese Hand der Aussöhnung, gib die Deinige in die meine – ach Gott – doch nichts mehr – ich selbst komme zu Dir, und werfe mich in Deine Arme, und bitte um den verlohrenen Freund, und Du giebst Dich mir, dem reuevollen, Dich liebenden, Dich nie vergessenden

Beethoven

wieder.


Jetzt eben habe ich Deinen Brief erhalten, weil ich erst nach Hause gekommen bin.«


[395] Wegeler kommt in diesem Zusammenhange auch auf die äußeren Verhältnisse Beethovens zu sprechen. »Beethoven (sagt er S. 33), unter höchst beschränkten Umständen erzogen und immer gleichsam unter Vormundschaft, wenn auch nur unter jener seiner Freunde, gehalten, kannte nicht den Werth des Geldes und war dabei nichts weniger, als ökonomisch. So war, um nur Einiges anzuführen, die Zeit zum Mittagessen bei dem Fürsten auf 4 Uhr festgesetzt. ›Nun soll ich‹, sagte Beethoven ›täglich um halb 4 Uhr zu Hause sein, mich etwas besser anziehen, für den Bart sorgen u.s.w. – Das halt' ich nicht aus!‹ So kam es, daß er häufig in die Gasthäuser ging, da er überdies hier, wie bei allen ökonomischen Angelegenheiten, um so schlimmer daran war, als er, wie gesagt, sich weder auf den Werth der Dinge, noch des Geldes verstand.«

»Der Fürst«, erzählt er weiter, »der eine sehr laute Metallstimme hatte, gab einst seinem Jäger die Weisung: im Falle er und Beethoven zugleich klingelten, diesen zuerst zu bedienen. Beethoven hörte dieses und schaffte sich am nämlichen Tage einen eigenen Diener an; ebenso, bei angebotenem vollem Marstall des Fürsten, ein eigenes Pferd, als ihn die schnell vorübergehende Luft anwandelte, reiten zu lernen.«

Auch über die Herzensangelegenheiten seines Freundes hatte Wegeler Gelegenheit, in Wien Beobachtungen zu machen; wie er (S. 43) erzählt, war Beethoven in der Zeit seines Aufenthalts daselbst »immer in Liebesverhältnissen und hatte mitunter Eroberungen gemacht, die manchem Adonis, wo nicht unmöglich, doch sehr schwer geworden wären«.

Beethovens Abneigung gegen jede Erteilung von Unterricht, als er noch in Bonn war, ist früher angeführt worden. Ein noch stärkerer Widerspruch hatte sich in Wien bei ihm gegen die Aufforderung, in Gesellschaften zu spielen, entwickelt; er klagte oft Wegeler gegenüber, wie sehr ihn dies jedesmal verstimme, wobei ihn dann dieser durch Gespräch zu unterhalten und zu beruhigen suchte. »War dieser Zweck erreicht (S. 19), so ließ ich die Unterredung fallen, setzte mich an den Schreibtisch und Beethoven mußte, wollte er weiter mit mir sprechen, sich dann auf den Stuhl vor dem Claviere setzen. Bald griff er nun, oft noch abgewendet, mit unbestimmter Hand ein paar Akkorde, aus denen sich dann nach und nach die schönsten Melodieen entwickelten. O warum verstand ich nicht mehr davon! Notenpapier, das ich einige Male, um etwas Manuscript von ihm zu besitzen, anscheinend ohne Absicht auf das Pult gelegt hatte, ward von ihm beschrieben, aber dann auch am Ende zusammengefalten und eingesteckt! – – Ueber sein Spiel durfte ich nichts oder nur Weniges, [396] gleichsam im Vorbeigehen, sagen. Er ging nun gänzlich umgestimmt weg und kam dann immer gern zurück. Der Widerwille blieb indessen und ward oft die Quelle der größten Zerwürfnisse Beethovens mit seinen Freunden und Gönnern.«

Endlich bezieht sich auch eine Bemerkung über die angeblichen tiefen Studien Beethovens in Sprachen und Philosophie, welche Wegeler im Nachtrage (S. 9) gibt, auf diese Zeit. »Als zu Wien Privat-Vorlesungen über Kant gehalten wurden, welche Adam Schmidt, Wilhelm Schmidt, Hunczovsky, Leibarzt Göpfert und mehrere Andere angeordnet hatten, wollte Beethoven, selbst auf mein Zureden, denselben auch nicht einmal beiwohnen13

Daß in Wegelers Notizen sich keinerlei Anspielung auf Beethovens Unterricht bei Albrechtsberger findet, wurde bereits bemerkt.

Auch mit seinem ehemaligen Genossen bei der Bonner Hofkapelle, dem freilich viel älteren Nikolaus Simrock, unterhielt Beethoven von Wien aus weitere Beziehungen. Simrock, geschätzt als Mensch und als Musiker, hatte in Bonn einen Musikverlag eröffnet; bei ihm erschienen die früher besprochenen Variationen über ein Thema aus Dittersdorfs Rotem Käppchen (spätestens Anfang 1794) und die vierhändigen über ein Thema des Grafen Waldstein, im Laufe des Jahres 1794 veröffentlicht. Auf letztere bezieht sich der folgende, zuerst in der Berliner »Gegenwart« bekannt gemachte Brief des jungen Beethoven14:


»Wien, den 2. August 1794.


Lieber Simrock!


Ich verdiente ein bischen von Ihnen ausgezankt zu werden, weil ich Ihnen so lange Ihre Variationen zurückgehalten habe, aber ich lüge wahrlich nicht, wenn ich Ihnen sage, daß ich verhindert war, durch überhäufte Geschäfte selbe so bald zu corrigiren. Was daran fehlt, werden Sie selbst finden; übrigens muß ich Ihnen Glück wünschen in Ansehung Ihres Stichs, der schön, deutlich und lesbar ist; wahrhaftig, wenn Sie so fortfahren, so werden Sie noch das Oberhaupt im Stechen werden, versteht sich – im Notenstechen. Ich versprach Ihnen im vorigen Briefe etwas von mir zu schicken, und Sie legten das als Cavalier-Sprache aus, woher hab' ich dann dieses praedicat verdient? – pfui, wer würde in unseren demokratischen Zeiten noch so eine Sprache annehmen; [397] um mich Ihres gegebenen praedicats verlustig zu machen, sollen Sie, sobald ich die große Revue an meinen Compositionen vorgenommen habe, was jetzt bald geschieht, etwas haben, was Sie gewiß stechen werden. Wegen einem Commissionaire habe ich mich auch umgesehen, und einen recht braven tüchtigen Mann dazu gefunden. Sein Name ist Traeg. Sie haben jetzt nichts zu thun, als an ihn oder mich zu schreiben, was für Be dingungen Sie eingehen wollen. Er verlangt von Ihnen das Drittel rabate. Der Teufel verstehe sich auf eine Handeley – Hier ist es sehr heiß; die Wiener sind bange, sie werden bald kein gefrorenes mehr haben können, da der Winter so wenig kalt war, so ist das Eiß rar. Hier hat man verschiedene Leute von Bedeutung eingezogen, man sagt es hätte eine Revolution ausbrechen sollen – aber ich glaube, so lange der Oesterreicher noch braun's Bier und Würstel hat, revoltirt er nicht. Es heißt, die Thöre zu den Vorstädten sollen nachts um 10 Uhr gesperrt werden. Die Soldaten haben scharf geladen. Man darf nicht laut sprechen hier, sonst gibt die Polizei einem Quartier. Sind Ihre Töchter schon groß, erziehen Sie mir eine zur Braut, denn wenn ich ungeheirathet in Bonn bin bleibe ich gewiß nicht lange da; – Sie müssen doch auch jetzt in Angst leben? – Was macht der gute Ries, ich will ihm nächstens schreiben, er kann nicht anders als unvortheilhaft denken von mir, aber das verfluchte schreiben, daß ich mich darin nicht ändern kann. – Haben Sie schon meine Partie aufgeführt? Schreiben

Sie mir zuweilen.

Ihr Beethoven.


Wenn Sie mir doch auch von den ersten Variationen einige Ex. schickten.«


Diese »ersten Variationen« sind also die über das »rothe Käppchen«, die im Anfang erwähnten die über das Thema von Waldstein. Die »Partie« ist, wie wir früher (S. 309) sahen, das Oktett; wir dürfen aus die ser Erwähnung schließen, daß dasselbe tatsächlich für das Bonner Bläser-Oktett geschrieben war, aber während seiner Anwesenheit nicht mehr hatte aufgeführt werden können. Auch sonst ist der Brief biographisch interessant; wir entnehmen aus ihm und aus dem an El. v. Breuning, daß Beethoven damals noch an die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr nach Bonn dachte. Der heitere Ton läßt uns in eine behagliche, befriedigte Stimmung blicken; die Stimmung, aus welcher die ersten Trios hervorgingen.

Wir kehren nunmehr zu der chronologischen Reihenfolge der Ereignisse zurück. Das erste derselben aus dem Jahre 1795 ist Beethovens erstes öffentliches Auftreten als Klavierspieler und Komponist.

Die jährlich wiederkehrenden Konzerte im Burgtheater, welche von Fl. L. Gaßmann zum Besten der Witwen der Tonkünstlergesellschaft eingerichtet worden, waren diesmal auf den Abend des 29. und 30. März (1795) angekündigt. Das zur Aufführung gewählte Vokalwerk war ein Oratorium in zwei Teilen,Gioas, Ré di Giuda, von Antonio Cartellieri; das Instrumentalwerk ein Konzert für Klavier und Orchester, komponiert [398] und gespielt von Ludwig van Beethoven. Cartellieri war ein junger Mann von 23 Jahren, geboren zu Danzig den 27. September 1772, welcher ein oder zwei Jahre vorher von Berlin gekommen war, um bei Salieri Opernkomposition zu studieren. Da die Leitung dieser Witwen- und Waisenkonzerte fast ausschließlich in den Händen Salieris war, so wären wir beinahe versucht zu glauben, daß derselbe bei dieser Gelegenheit einer verzeihlichen Eitelkeit nachgab, zwei seiner Schüler vorzuführen, wenn wir nicht wüßten, eine wie starke Anziehungskraft der Name Beethovens schon damals auf das Publikum haben mußte; dasselbe hatte ja noch keine Gelegenheit gehabt, seine durch Hörensagen ihm bereits bekannten Fähigkeiten unmittelbar kennen zu lernen. Der Tag der Aufführung kam näher, aber das Konzert war noch nicht ausgeschrieben. »Erst am Nachmittag des zweiten Tages vor der Aufführung seines ersten Concerts (C-dur)«, sagt Wegeler S. 36, »schrieb er das Rondo und zwar unter heftigen Kolikschmerzen, woran er häufig litt. Ich half durch kleine Mittel, so viel ich konnte. Im Vorzimmer saßen vier Copisten, denen er jedes fertige Blatt einzeln übergab.

Hier sei mir noch eine Abschweifung erlaubt. Bei der ersten Probe, die am Tage darauf in Beethoven's Zimmer statt hatte, stand das Klavier für die Blaseinstrumente einen halben Ton zu tief. Beethoven ließ auf der Stelle diese und so auch die übrigen, statt nach a, nach b stimmen und spielte seine Stimme ausCis

Hier waltet eine Verwechslung Wegelers ob. Das Konzert, welches Beethoven am 29. März 1795 spielte, war nicht das in C-dur (Op. 15), welches damals noch nicht fertig war, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach das in B-dur (Op. 19). Daß das Konzert inB früher komponiert ist als das in C, darüber haben wir Beethovens eigenes Zeugnis; er schrieb am 22. April 1801 an Breitkopf & Härtel15: »ich merke dabei bloß an, daß bei Hofmeister eines von meinen ersten Konzerten herauskommt und folglich nicht zu den besten von meinen Arbeiten gehört, bei Mollo ebenfalls ein zwar später verfertigtes Konzert u.s.w.« Das Konzert in B erschien 1801 bei Hoffmeister, das in C in demselben Jahre bei Mollo u. C. in Wien; letzteres etwas früher, so daß die frühere Opuszahl nicht auffallen kann. Da nun Skizzen zumB-dur-Konzert neben Nachahmungssätzen für den Unterricht bei Albrechtsberger begegnen16, welche dem Jahre 1794 angehören müssen, und da das am 29. März 1795 gespielte Konzert [399] nach Wegelers Erzählung erst kurz vorher für die Abschrift fertig gewesen sein kann: so muß es als zweifellos angesehen werden, daß das Konzert eben dasjenige in B war; wir wissen von keinem andern17, welches damals als »ganz neu« hätte bezeichnet werden können. Eine Tonart geben die Berichte überhaupt nicht an18; der gedruckte Zettel sagt nur: »Ein neues Konzert auf dem Pianoforte gespielt von dem Meister Herrn Ludwig van Beethoven, und von seiner Erfindung«; auch in dem Sitzungsprotokoll fehlt die Angabe der Tonart. Die Wiener Zeitung vom 1. April 1795 berichtete: »Zum Zwischenspiel hat am ersten Abend der berühmte Herr Ludwig van Beethoven mit einem von ihm selbst verfaßten ganz neuen Konzerte auf dem Pianoforte den ungetheilten Beifall des Publikums geärndtet.« Da das Konzert in B einige Jahre später einer Umarbeitung unterzogen wurde, kommen wir noch auf dasselbe zurück.

Auch in dem zweiten Konzert am 30. März war Beethoven tätig, indem er, nach dem Sitzungsprotokoll der Tonkünstlergesellschaft, »auf dem Pianoforte phantasirte«19. Und wiewohl so stark in Anspruch genommen, ließ er sich doch nicht nehmen, einem Gefühle der Pietät für seinen so hoch verehrten Mozart zu folgen. Am 31. März 1795 veranstaltete die Witwe Mozarts im Burgtheater eine Aufführung der Oper Titus. »Nach der ersten Abtheilung«, heißt es in der Ankündigung, »wird Herr Ludwig van Beethoven ein Concert auf dem Clavier von Mozart's Composition spielen20.« Wir möchten vermuten, daß dieses Mozartsche Konzert das in D-moll war, welches Beethoven besonders liebte, und zu welchem er Kadenzen niedergeschrieben hat.

Die Trios Op. 1 waren nunmehr so bekannt und geschätzt in den musikalischen Kreisen geworden, daß ihre Veröffentlichung gerechtfertigt war, und demgemäß erschien eine Aufforderung zur »Pränumeration auf Ludwig van Beethoven's drei große Trios« in der Wiener Zeitung vom 9., 13. und 16. Mai 179521. Drei Tage später wurde von dem Komponisten [400] und Artaria u. Co. ein Kontrakt unterzeichnet, durch welchen ausgemacht wurde, daß nach Ablauf von 6 Wochen von diesem Tage (19. Mai) an das Werk gestochen sein, und daß Beethoven berechtigt sein sollte, 50 Exemplare wöchentlich bis zu einem Betrage von 400 Exemplaren zum Verkauf auf Subskription »im Inlande« zu erhalten, oder wenn die Nachfrage geringer wäre, daß er die Zeit der Pränumeration ausdehnen dürfe. Von der einen Seite konnte ihn Artaria nicht zwingen, 400 Exemplare zu nehmen, wenn eine geringere Zahl seinem Zwecke entsprach, von der anderen konnte er nicht mehr verlangen, wenn seine Subskriptionsliste unerwartet groß ausfallen sollte. In Wirklichkeit gibt das gedruckte Subskribentenverzeichnis die Namen von 123 Subskribenten, welche meistens den höheren Klassen angehörten, mit Subskription auf im ganzen 241 Exemplare. Die 8 Wochen wurden auf drei Monate ausgedehnt durch eine Anzeige vom 5. September, nach welcher das Werk Eigentum von Artaria für In- und Ausland wurde. Da Beethoven dem Verleger nur einen Gulden für das Exemplar bezahlte, der Subskriptionspreis aber einen Dukaten betrug, so machte er einen hübschen Profit aus dem Geschäfte22.

Wir müssen bei diesen ersten Trios noch etwas verweilen. Schon oben (S. 319) wurde mitgeteilt, daß der Verfasser geneigt war, die Entstehung derselben noch für die Bonner Zeit in Anspruch zu nehmen. Dafür könnte sprechen, daß Beethoven sie schon früh in Wien zur Darstellung gebracht hat; denn an der Richtigkeit von Ries' Erzählung (S. 386), sie seien beim Fürsten Lichnowsky in Anwesenheit Haydns gespielt worden, kann wohl nicht gezweifelt werden, zumal er Beethoven als seine Quelle angibt. Diese Aufführung mußte vor dem 19. Januar 1794 stattfinden, weil Haydn an diesem Tage wieder nach England ging. Nun zeigen aber Beethovens Skizzen, daß Beethoven wenigstens am zweiten und dritten der Trios noch 1794 arbeitete, und daß sie vor Ende des letzteren Jahres nicht fertig für die Veröffentlichung waren23.

Dies wird durch folgenden kleinen Umstand noch näher erläutert. Die Aufführung bei Lichnowsky muß, da Haydn dabei anwesend war, aus dem Manuskript erfolgt sein. In den Morgenmusiken, welche der [401] »Soiree« wohl nur kurze Zeit vorangingen, wurde Beethoven durch Kraft außer auf die Bezeichnung sulla corda C noch auf eine wünschenswerte Änderung im letzten Satze des 2. Trios aufmerksam gemacht; jener schlug ihm nämlich vor, den anfänglichen 4/4-Takt in den 2/4-Takt umzuwandeln (s. S. 393). Das hat Beethoven tatsächlich ausgeführt24. Aus Vorstehendem darf man schließen, daß wir auch bei diesen Trios eine erste und eine spätere, endgültige Fassung anzunehmen haben, nach deren Fertigstellung die frühere verschwand, vielleicht vernichtet wurde; wie denn dieses Umarbeiten bereits fertiger Kompositionen nach des Herausgebers Ansicht in Beethovens früherer Zeit weiter greift, als gewöhnlich angenommen wird25. Die Sache scheint hiernach so zu liegen. Haydn hat die Trios bei Lichnowsky in ihrer ersten Fassung gehört; Beethoven hat sie dann nochmals vorgenommen und sie im Laufe des Jahres 1794 und Anfang 1795 in die Gestalt gebracht, in welcher wir sie kennen. Ob die frühere Gestalt, namentlich die des ersten Trios, wenigstens dem Entwurfe nach noch in die Bonner Zeit fällt, wird nicht bestimmt gesagt werden können26.

Über diese Trios, das erste Werk, welches Beethoven für bedeutend genug hielt, mit einer Opuszahl zu erscheinen und seinen Namen zu verkünden, möchte man gerne ausführlicher sprechen und in eine Einzelbetrachtung eingehen; das würde aber die der vorliegenden Lebensdarstellung gesetzten Grenzen weit überschreiten. Auch sind sie ja jedem bekannt; Fertigkeit und Geschmack der Musikübenden hat sich seit langer Zeit an ihnen emporgerankt; wir brauchen nur an einige Züge zu erinnern. Die Erhebung über die gleichartigen Arbeiten der Bonner Jugendperiode springt bei der Vergleichung sofort in die Augen. Überraschend ist ihnen gegenüber der große Reichtum selbständiger und eigenartiger Erfindung; wird man auch den fortwirkenden Einfluß großer Vorgänger [402] noch gewahr, so ist doch von einer erkennbaren Anlehnung keine Rede mehr, sondern die voll ausgereiste Künstlerpersönlichkeit tritt uns entgegen. Gehaltvolle Melodien und Motive schüttet er wie aus dem Füllhorn aus; neben herrlichen, zum Herzen dringenden Kantilenen (man denke an die langsamen Sätze) finden wir kürzere Motive und Perioden, die gleichsam über sich hinausweisen und zu weiterer Verarbeitung einladen. Wie er dann die Gedanken weiterführt, die Abschnitte vorbereitet und verbindet, teils mit Bestandteilen des Hauptthemas, teils mit neuen verwandten Motiven, wie er namentlich in den Durchführungssätzen ganz neue Wirkungen mit dem gegebenen Stoffe herbeiführt und jene bei ihm immer mehr bewunderte thematische Arbeit übt, das kann ohne Notenbeispiele nicht so in Kürze beschrieben werden; hervorzuheben ist, wie sich in diesen Teilen, trotz der bekannten sorgsamen Skizzierung seiner Gedanken, doch nie die Wahrnehmung mühsamer Arbeit aufdrängt, sondern wir auf dem Strome voller innerer Empfindung und gesättigten tonlichen Lebens dahingetragen werden. Schon durch die äußere Ausdehnung, mehr noch durch den sprechenden inneren Gehalt erhebt er sich hier weit über seine Vorgänger. Und wenn er z.B. die Imitation schon früher häufig und geschickt verwendete, so begegnen uns in der Modulation, wie vielfach auch in den gleichzeitigen Variationen, ganz überraschende Züge, die wir als eigenartig Beethovensche anzusprechen haben; man denke an den Schluß der letzten Sätze im ersten und dritten Trio; die frappanten und schönen Übergänge sind nicht nur äußerlich, sondern dienen (wie er das selbst irgendwo ausspricht) einem Wechsel der Stimmung. Neu ist ferner die Ausgestaltung der Coda in den ersten Sätzen; neu auch die Einfügung des vierten Satzes zwischen Adagio und Finale in diese Gattung, welchem er nun dauernd die Form des Scherzo gibt. Die letzten Sätze, von seinen Vorgängern als leichte und mühelos aufzunehmende Schlußstücke behandelt, hebt er, wie Wasielewski richtig bemerkt27, zu höherer Bedeutung; im C-moll-Trio wird dieser Satz zum Höhepunkte der Entwickelung. Ganz selbständig verfährt er endlich in der Behandlung und Verbindung der drei Instrumente, welche durchweg als gleichberechtigte Individuen an der Gestaltung sich beteiligen, und deren Betätigung die genaueste Kenntnis ihrer Wirkungen zeigt; insbesondere ist das Violoncell jetzt frei geworden und sowohl in ausdrucksvollem Gesange wie in den sonstigen Passagen ganz seiner Natur entsprechend behandelt. [403] Nur selten treten die beiden Instrumente dem Klavier als gleichartige, geschlossene Tongruppe gegenüber. Auch in der technischen Behandlung des Klaviers erkennen wir den weiter fortgeschrittenen Meister des Instruments; er stellt an Geläufigkeit und Treffsicherheit hohe Anforderungen, verlangt geschmackvollen Vortrag und fordert mitunter Leistungen, welche auch unsere hochentwickelte Technik als schwierig gelten läßt. Über allem aber schwebt das Gemütsleben des jungen Meisters, dessen Ausdruck wir empfinden, wenn wir es auch nicht in Worte fassen können. Das jugendlich frohe und feste Hinausstreben, die hoffnungsfreudige Regsamkeit des ersten Trios mit seinem sehnsuchterfüllten Adagio und dem frischen humorvollen letzten Satze; die sonnige Heiterkeit des zweiten, welche sich in dem Largo (E-dur) zu tiefer Innigkeit und warmem Glückesgefühle erhebt und im letzten Satze zu einer mutwilligen Fröhlichkeit steigert, wie sie kaum wiederkehrt, welche aber nirgendwo die seine Linie der Grazie und des Wohllauts überschreitet28: alles läßt uns in eine befriedigte Stimmung blicken, welche mit allem, was wir von dieser ersten Wiener Periode erfahren, in vollem Einklange steht. Höher hebt uns das dritte Trio in C-moll; hier waltet tiefer Ernst, stellenweise nicht ohne trübe Anklänge, aber auch nicht ohne feste Entschlossenheit und stolze Erhebung. Schön tritt namentlich im letzten Satze der wehmütigen Klage des Hauptthemas das feierlich mahnende, Zukunft verheißende zweite Thema gegenüber, und neu und anmutig läßt er am Schlusse Klage und Zweifel in leise hinziehenden Wölkchen sich lösen. Man mag sich denken, wie Vater Haydn zu den ihm neuen Wirkungen dieses Trios den Kopf schüttelte und zweifelte, ob die Zuhörer sie auffassen würden. Für uns bezeichnet gerade dieses Werk den Höhepunkt von Beethovens Schaffen in jenen ersten Wiener Jahren. Durch dieses Opus 1 wurde Beethoven, wie man es kaum ähnlich finden wird, mit einem Schlage der erste lebende Meister, nicht nur der Vollender der einen Gattung, für welche die Trios mustergültig geblieben sind, sondern der gedankenreichste, gemütvollste und gestaltungskräftigste von allen, die vor ihm waren und mit ihm lebten. Es ist unser Beethoven, der uns hier zum ersten Male in voller Reise entgegentritt.

Eine interessante Anekdote, welche mit diesen Trios zusammenhängt, [404] mag wohl hier Platz finden. Sie wurde dem Verfasser von Frau Mary de Fouche, der Tochter Tomkisons, welcher vor 60 Jahren (um 1800) einer der berühmtesten Klavierfabrikanten Londons war, erzählt. In jenen Tagen pflegte eine kleine Gesellschaft von Musikern: der Pianist J. B. Cramer, sein Halbbruder, der Violinist F. Cramer, J. P. Salomon, dem wir schon öfter begegnet sind, Bridgetower, ein Mulatte und namhafter Violinist, der uns wieder begegnen wird (Bd. II2, S. 389ff.), die Tenoristen Watts und Morant, welcher letztere die Witwe Dusseks geheiratet hatte, und die Violoncellisten Dahmen, Lindley und Crosdale sich regelmäßig im Hause Tomkisons zu treffen, um die neue Musik aus der deutschen Schule zu probieren und zu kritisieren, welche zu den Londoner Musikhändlern kam. Bei einer dieser Zusammenkünfte wurden die neuen Trios von Beethoven Op. 1 durchgespielt. »Das ist der Mann«, rief J. B. Cramer, der am Klaviere saß, »der uns für den Verlust Mozarts trösten wird!«

Einige andere von Wegeler erwähnte Ereignisse gehören in dieses Jahr. Haydn kam am 30. August29 von seiner zweiten Londoner Reise nach Wien zurück. Beethoven hatte damals die drei SonatenOp. 2 fertig und spielte sie an einem der Freitagmorgen-Konzerte beim Fürsten Lichnowsky Haydn vor, dem sie gewidmet waren. »Hier«, erzählt Wegeler S. 29, »trug Graf Appony Beethoven auf, gegen ein bestimmtes Honorar ein Quartett zu componiren, deren er bisher noch keines geliefert hatte. Der Graf erklärte, er wolle das Quartett nicht, wie sonstge wöhnlich, ein halbes Jahr vor der Herausgabe für sich allein haben, er fordere nicht die Dedication desselben u.s.w. Auf meine wiederholte Erinnerung an diesen Auftrag machte Beethoven sich zweimal an's Werk, allein beim ersten Versuch entstand ein großes Violin-Trio (Op. 3), bei dem zweiten ein Violin-Quintett (Op. 4).« Daß diese letztere Angabe irrtümlich ist, wurde bereits früher (S. 310) bemerkt.

Die drei Klaviersonaten, welche Haydn gewidmet wurden, waren also das zweite Werk, welches Beethoven als seiner würdig und seinen künstlerischen Absichten entsprechend der Öffentlichkeit übergab. Über die Zeit ihrer Entstehung läßt sich Bestimmtes nicht sagen. Aus den Worten in Schönfelds Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag, welche wenigstens acht Monate vor dem Erscheinen der Sonaten geschrieben sind: [405] »Man hat schon mehrere schöne Sonaten von ihm, worunter sich seine Letzteren besonders auszeichnen«, schloß der Verfasser wohl mit Recht, daß die Sonaten schon im Frühjahr 1795 in Wien handschriftlich bekannt waren30. Als erschienen wurden sie am 9. März 1796 in der Wiener Zeitung angezeigt31.

Die Sonaten sind so bekannt und so oft besprochen, daß man wohl keinem, welcher sie mit innerem Anteil gehört oder gespielt hat, etwas Neues darüber sagen kann. Und dennoch wird leicht dabei vergessen, was sie zu ihrer Entstehungszeit zu bedeuten hatten, und wie überraschend die Erhebung des jungen Meisters nicht nur über seine Vorgänger Mozart und Haydn, sondern auch über seine eigenen ersten Versuche in dieser Gattung sich darstellen mußte. Man müßte in ausführliche Analyse eingehen, wollte man alle einzelnen Züge aufzeigen, welche der bisherigen Entwickelung gegenüber als neu und echt Beethovensch erscheinen. Man beachte die überall charakteristischen, oft in kurzem Verlaufe mit tiefem Gehalt gesättigten, melodisch und rhythmisch schön geformten Hauptgedanken; die Gegensätzlichkeit, in welche er die Motive zu stellen weiß; den kunstvollen organischen Aufbau aus den oft ganz verschiedenartigen Elementen; die Freiheit, welche er sich bei der Wahl der Tonart der Seitensätze gestattet; die ganz neu und selbständig gestalteten Durchführungs- und Schlußteile; die tiefe Innigkeit der langsamen Sätze; und man wird, wenn man von Mozart und Haydn kommt, innewerden, daß man in einer neuen Welt lebt. Wir haben es schon hier, wie fortan immer, mit einer künstlerischen Wiedergabe von Seelenstimmungen zu tun, welche man nur nicht zu voreilig versuchen soll in Worte zu fassen oder gar auf bestimmte Situationen und Erlebnisse zurückzuführen32. Es ist gewiß richtig, wenn Marx diese Darstellung von Seelenbewegungen festzustellen [406] und darzulegen sich bemüht, wenn wir auch seinen Träumen nicht überall folgen können. Gleich in der ersten Sonate in F-moll ist es ganz sprechend, wie das unruhig hinausstrebende Gemüt, nach kurzem Anlauf rasch abbrechend, sich besänftigendem Zuspruche öffnet, aber in den teils klagenden, teils unruhigen Wendungen zu rechtem Frieden nicht kommen kann. Einer sanften, Beruhigung suchenden Klage gibt das Adagio Ausdruck; es ist der Satz, dessen Thema dem C-dur-Quartett von 1785 entnommen ist. Wie schön hat er hier das Thema in seiner Entwicklung zu gestalten und durch neue Zwischenglieder dem Satze erhöhte Bedeutung zu verleihen gewußt! Daß der Satz als Klage aufzufassen ist, empfindet man wohl von selbst; es wird aber auch dadurch bestätigt, daß ein Text dieses Charakters, welchen Wegeler im Anhange der Notizen mit der Melodie mitteilt, und der vielleicht zu tragisch lautet, nach Wegelers Zeugnis mit Beethovens Zustimmung gedruckt wurde. Als dritten Satz hat Beethoven diesmal nicht das lebhafte Scherzo, sondern den Menuett gewählt, der trüberen Stimmung entsprechend, welche nur im Trio mit seinen anmutigen Passagen einer frohen Erhebung Raum gibt. Im letzten Satze stürmt dann wilde Leidenschaft und Ungestüm, wenn auch nicht ohne gegensätzliche Elemente; hier ist ein neuer, echt Beethovenscher Zug die lange, hoffnungsreiche Kantilene zu Anfang des zweiten Teiles, in welcher er sich lange ergeht, bis die heftigen Regungen wieder anpochen und schließlich das Feld behaupten. Als wollte er uns nun die entgegengesetzten Seiten seiner Natur und seines Gemütslebens künstlerisch fühlbar machen, bietet er uns in der zweiten Sonate (A-dur) ein Bild kecker Fröhlichkeit, auch dies auf dem Grunde tiefer Innigkeit sich abhebend. Bemerkenswert ist im ersten Satze, wie er das zweite Thema, statt in E-dur, in E-moll beginnen läßt33; auch die imitatorische Behandlung des Seitensatzes des Hauptthemas im zweiten Teile sei hervorgehoben, wie überhaupt die große Kunst, mit welcher aus verhältnismäßig kurzen und anspruchslosen Motiven ein organisches Ganzes gestaltet wird, damals wohl zum ersten Male hervortrat. Das Largo appassionato, in ruhig [407] stiller Sammlung und Ergebung, nur durch die Baßfigur belebt, wandelt »in nachtstiller Bahn unter dem Sternenhimmel dahin« (Marx); es ist eine der schönsten Offenbarungen des sinnigen Jünglings aus jenen hoffnungsvollen Jahren. Die beiden letzten Sätze führen zu der heiteren Grundstimmung zurück, insbesondere atmet der letzte mit seinem weit ausgreifenden Thema ein frisches Selbstvertrauen, welches auch vor Schwierigkeiten nicht zurückscheut. Diese Sonate ist von den dreien nicht nur die anmutigste, sondern wohl auch die, welche uns in Beethovens damaliges Gemütsleben am klarsten hineinblicken läßt34. Die dritte Sonate tritt recht gewichtig auf und gewährt in Erfindung und technischer Arbeit hohes Interesse, spricht aber wenigstens in ihren raschen Sätzen weniger zum Gemüte wie die beiden ersten; es war hier mehr auf ein glänzendes, reich ausgestattetes Musikstück abgesehen. Eine Ausnahme bildet das reizvolle Adagio in E mit seinem kunstvoll und sinnig ausgeführten Mittelsatze. Im ersten Satze sind nicht weniger als drei Motive aus dem ersten Satze desC-dur-Quartetts von 1785 verwendet35; wohl auch ein Beweis rascherer Konzeption dieses Stückes. Neu und eigentümlich ist in diesem Satze die ausgeführte Kadenz vor der Coda. Bemerkenswert ist auch die weitere Steigerung der Klaviertechnik in diesen Sonaten, namentlich die erhöhte Anforderung an die Unabhängigkeit der linken Hand, an das Überschlagen der Hände und an klare Darstellung mehrstimmiger Passagen. Mehrere Stellen erschienen technisch so ungewohnt, daß der Meister sich selbst veranlaßt sah, den Fingersatz anzudeuten; man denke an die Sextengänge im Trio der ersten Sonate, an die Oktavenfiguren in Sechzehnteltriolen im ersten Satze der zweiten, an die Achtelfiguren am Schlusse der dritten. Alles in allem: auch in diesem Opus 2 hatte Beethoven ein Muster der Gattung aufgestellt, neben welchem der Glanz der gleichzeitigen oder nachher aufsteigenden Sterne verblassen mußte.

Noch eine andere Erzählung Wegelers [Not. S. 80 Anm.] gehört in das Jahr 1795 und führt zugleich auf eine weitere Komposition aus [408] dieser Zeit. »Beethoven war mit einer ihm sehr werthen Dame in einer Loge, als eben La Molinara aufgeführt wurde. Bei dem bekannten : Nel cuor più non mi sento, sagte die Dame: sie habe Variationen über dieses Thema gehabt, sie aber verloren. Beethoven schrieb in der Nacht die VI Variationen hierüber und schickte sie am andern Morgen der Dame mit der Aufschrift: Variazioni u.s.w.Perdute par la – ritrovate par Luigi van Beethoven. Sie sind so leicht, daß die Dame sie wohl a vista sollte spielen können36Paesiellos Molinara (Die schöne Müllerin), 1788 für Neapel geschrieben, wurde am 8. März 1794 im National-Hoftheater und dann wieder am 24. und 27. Juni 1795 im Kärntnertor-Theater zu Wien aufgeführt37. Mit Rücksicht auf die Zeit der Herausgabe darf die Entstehung dieser kleinen und anspruchslosen, in ihrem herzlichen Ausdrucke sehr wohltuenden Variationen in die Zeit nach den letzten Aufführungen gesetzt werden. Zu derselben Zeit fertigte Beethoven noch weitere Variationen über ein Thema derselben Oper (Quant' è più bello), die noch vorher herauskamen und dem Fürsten Carl Lichnowsky gewidmet wurden38. Auch sie sind überaus anmutig und atmen in bescheidenerem Ausdruck eine ähnliche Stimmung, wie sie aus der zweiten Sonate Op. 2 zu uns spricht. Bemerkenswert ist, wie Beethoven auch in diesem kleinen Werkchen, wie auch in den meisten der übrigen, durch sorgfältige Zeichensetzung auf guten Vortrag hinzuwirken bestrebt ist.

Außer den genannten mögen noch andere Variationen, zu welcher Kompositionsgattung Beethoven in jener Zeit viel Vorliebe hegte, in diesen ersten Wiener Jahren entstanden sein. Bestimmt dürfen noch die Variationen in C-dur über den Menuet à la Vigano aus dem Ballett Le Nozze disturbate dem Jahr 1795 zugeschrieben werden. Dieses Ballett, verfaßt von dem Ballettmeister Chechi, mit Musik von dem Sänger [409] Jakob Haibel (beide bei Schikaneders Theater), wurde am 18. Mai 1785 in ebendiesem Theater zu Wien zuerst aufgeführt; am 27. Febr. 1796 werden die Variationen als erschienen angezeigt39. Wie schon ihre Zahl größer ist, so stellen sie auch nach Erfindung und Technik höhere Ansprüche. Die ziemlich ausgeführte Coda läßt erkennen, mit welcher Liebe Beethoven daran arbeitete. Daß Beethoven im ganzen mit diesen früheren Variationen vorzugsweise der Unterhaltung der Klavierspieler dienen wollte, nicht neue eigene Wege versuchen wollte, und daß er in dieser kleinen Gattung nicht wesentlich über Mozart hinausging, darin wird man Marx40 beistimmen dürfen, wenn man auch das Beethovensche Gepräge auch hier, namentlich bei den letztgenannten, nicht vermissen wird. Daß er sie nicht mit Opuszahlen versehen hat, wie mehrere der später komponierten, sagt wohl genug.

Beethoven wurde in diesem vielbeschäftigten Jahre noch weiter in Anspruch genommen. Die Gesellschaft der bildenden Künstler hatte im Jahre 1792 einen jährlichen Ball im Redoutensaale im Monat November eingerichtet, und Haydn, welcher eben damals ruhmbedeckt aus England zurückgekehrt war, komponierte für diese Gelegenheit 12 Menuette und 12 deutsche Tänze. Im Jahre 1793 folgte der K. K. Komponist Koželuch dem Beispiele Haydns, 1794 schrieb Dittersdorf die gleiche Zahl solcher Tänze für den großen Saal und Eybler für den kleinen. Im Hinblick auf diese Reihe bedeutender Namen und in der Erwägung, daß damals die TriosOp. 1 das einzige Werk Beethovens von einer höheren Bedeutung waren, als die Variationen, welche er hatte drucken lassen, dürfen wir in den folgenden Anzeigen dieses jährlichen Balles für den 22. November 1795 einen lebendigen Beweis von dem Rufe erblicken, welchen der junge Mann als Komponist erlangt hatte, als er jetzt im dritten Jahre in Wien war. Diese Anzeige41 schließt so: »Die Musik zu Menuetten und deutschen Tänzen ist für diesen Ball wieder eine ganz neue Bearbeitung. Für den größeren Saal hat sie der K. K. Kapellm. Süßmeyer, und für den kleinen Saal die Meisterhand des Herrn Ludwig van Beethoven aus Liebe zur Kunstverwandtschaft verfertigt.« Diese Tänze, von Beethoven selbst (nach der Anzeige) für Pianoforte [410] arrangiert, kamen wenige Wochen später bei Artaria heraus, wie auch jene von Süßmayr, und Beethovens Name wurde in der Anzeige groß und hervorragend gedruckt; aber obgleich sie jetzt auf diese Weise öffentliches und allgemeines Eigentum waren, wurde ihnen doch zwei Jahre später noch eine Ehre zuteil, von der es wahrscheinlich, solange diese jährlichen Bälle fortgesetzt wurden, kein zweites Beispiel gibt. In der Ankündigung vom 26. November 1797 wird gesagt, daß Kapellmeister Henneberg die Menuette und deutschen Tänze für den größeren Saal komponiert habe; aber im kleinen »werden die beliebten Menuetten und deutschen Tänze des Herrn Ludwig van Beethoven aufgeführt werden«; die Tanzmusik dieses jungen Mannes erlangte also eine Ehre, zu welcher die von keinem der Kapellmeister, nicht einmal die von Haydn und Dittersdorf, gelangt war; sie wurde für zwei verschiedene Gelegenheiten zur Aufführung bestimmt42.

Diese Tänze Beethovens waren für ein Orchester von zwei Violinen und Baß mit Blasinstrumenten von verschiedener Zusammensetzung geschrieben. Sie wollen, gleich denen seiner Vorgänger, nur dem einen bestimmten Zwecke dienen, lebhafte und anregende Tanzmusik zu liefern, und erreichen diesen Zweck in vollem Maße. Es sind kurz geformte (in 8 taktigen Teilen gesetzte), scharf rhythmisierte und melodisch wohlklingende Stücke, meist feurig und belebend, nicht selten auch zart und einschmeichelnd; den genialen Meister gewahrt man oft auch in der einfachen Form, besonders in manchen Wendungen der Modulation; im übrigen wird kaum etwas Charakteristisches über dieselben zu sagen sein, außer daß es dem zu Höherem berufenen Meister trefflich gelingt, sich seiner bestimmten Aufgabe anzubequemen, ohne über dieselbe hinaus eigene Intentionen zu verfolgen. Die Instrumente verwendet er, wie zu erwarten, sachgemäß und wirksam; in der ausgeführten Coda des letzten deutschen Tanzes erlaubt er sich den Scherz, dem vollen Chore der Blasinstrumente noch das »Posthorn« (Cornetto) beizufügen. Für sein technisches Können liefern die Tänze einen trefflichen Beweis, ohne daß er dabei die tieferen Forderungen seiner Kunst preisgegeben hätte. Es war noch nicht die letzte Arbeit dieser Art, welche von ihm ausging43.

[411] Wie das Jahr 1795 mit Beethovens erstem Auftreten als Virtuose und Komponist begonnen hatte, so schloß es mit dem zweiten. Die Wiener Zeitung vom 16. Dezember enthielt die Anzeige desselben in folgender Weise: »Am künftigen Freitage, als dem 18. dieses, wird der Herr Kapellmeister Haydn eine große musikalische Akademie in dem kleinen Redoutensaale geben, worin Mad. Tomeoni und Herr Monbelli singen werden, Herr van Beethoven ein Concert von seiner Composition auf dem Forte-Piano spielen wird; und drei, hier noch nicht gehörte, große Symphonien, welche der Herr Kapellmeister während seines letzten Aufenthaltes in London verfertigt hat, aufgeführt werden sollen. – Die Eintrittszettel [412] sind bei dem Herrn Kapellmeister Haydn in seiner Wohnung am Neuen Markt in dem Hoföbstlerischen Hause im dritten Stock in allen Stunden zu haben.« Man möchte gern wissen, welches Konzert gespielt wurde; aber es gab damals wenig öffentliche Kritik außer in London; in Wien war sie sehr selten44. Die einfache Tatsache aber, daß Beethoven in dem Konzerte seines alten Lehrers auftrat, ist ein neuer Beweis, daß man auf die übrigen zu Ries gesprochenen Worte zu viel Gewicht gelegt hat. »Haydn«, sagt dieser S. 86, »hatte gewünscht, daß Beethoven auf den Titel seiner ersten Werke setzen möchte: ›Schüler von Haydn.‹ Beethoven wollte dieses nicht, weil er zwar, wie er sagte, einigen Unterricht bei Haydn genommen, aber nie etwas von ihm gelernt habe.« Nichts konnte natürlicher sein, als daß Haydn, der von seines Zöglings Unterricht bei Schenk nichts wußte, einen solchen Wunsch in bezug auf die ihm gewidmeten Sonaten aussprach; ebenso natürlich war es auch, daß der Komponist dies ablehnte; aber es war etwas davon ganz Verschiedenes, wenn er die Anziehungskraft einer Akademie seinerseits zu erhöhen bereit war; dies war eine seine und artige Gefälligkeit, welche er seinem Lehrer mit Vergnügen erweisen konnte45.

Dieses Kapitel und damit der erste Band mag passend geschlossen werden mit dem einzigen wichtigen Familienereignisse dieses Jahres. Der Vater, die Mutter, zwei kleine Brüder und Schwestern ruhten auf dem Bonner Kirchhofe; aber Ludwig, Kaspar und Johann sollten deren Grabstätte nicht wiedersehen. Die drei Brüder vereinigten sich zu jener Zeit; Wien wurde ihre neue Heimat, und keiner von ihnen sah die Ufer des Rheins jemals wieder46.

Fußnoten

1 »Zmeskall«, heißt es in den Aufzeichnungen O. Jahns (nach Karl Holz), »war in der Ungarischen Kanzlei und hatte Weinberge in Ungarn. Er war etwas trocken. Bei ihm waren viele musikalische Unterhaltungen.« Anm. d. Herausg.


2 Noch ein weiterer Grund lag sicherlich darin, daß Beethoven vor der Herausgabe eine neue und endgültige Bearbeitung der Trios für nötig hielt. Wir kommen darauf weiter unten zurück. Anm. d. Herausg.


3 So das Fischhofsche Manuskript.


4 Die beiden Briefe an Eleonore folgen hier nach genauer Vergleichung mit den Originalen, welche der Besitzer, Herr Geheimer Kommerzienrat Wegeler in Koblenz, dem Herausgeber freundlichst gestattete. Anm. d. Herausg.


5 Hierzu bemerkt Wegeler: »Beethoven klagte mir noch über diese Art Spionerie. Er nannte mir H. Ab. G. (Herrn Abbé Gelinek), einen sehr fruchtbaren Compositeur in Variationen, der sich stets in seiner Nähe einquartirte. Es mag dieses eine Ursache mehr gewesen sein, warum Beethoven auch immer eine Wohnung auf einem freien Platz oder auf der Bastei zu haben suchte.«


6 Die außerordentliche Jugend des Violinisten Schuppanzigh in jener Zeit [geb. 1776 nach Schindler] führt uns auf die Möglichkeit, daß Beethoven vielleicht etwas zur Ausfüllung der Mängel seiner früheren Erziehung unter der Leitung von Schuppanzigh dem Vater, der Professor an der Wiener Realschule war, zu tun beabsichtigte. Zwei Posten in Beethovens Tagebuche: »Schulz D.M.I. Elementarbuch der kaufmännischen Rechenkunst, Erster Theil. Vorübungen zu Crusius Contoristen«; und »Robertson, Geschichte von Amerika« könnten ebenfalls darauf führen.


7 Diesen Brief setzte der Verfasser in den Mai oder Juni 1794. Er ist ohne Datum und Überschrift; Wegeler nahm an, daß es nur die Fortsetzung eines verloren gegangenen ersten Blattes sei. Der Inhalt (man beachte besonders die, »gestrigen Empfindungen bei diesem Vorfall«) macht es wahrscheinlich, daß er gar nicht in Wien, sondern noch in Bonn geschrieben ist. Die wiederholte Erinnerung an einen unangenehmen Zwist nimmt sich gar zu sonderbar aus, zumal die Versöhnung längst geschlossen war. Auch ist er sichtlich ungeschickter geschrieben als der erste, und die falsche Schreibung des Namens fällt ebenfalls auf. Einige Unsicherheit wird bleiben, da der Anfang des Briefes fehlt. Das Rondo (doch wohl das bekannte in G mit Violine, Serie XII. Nr. 102) würde dann noch in die Bonner Zeit gehören, in welche es auch ganz gut paßt. Die Sonate wird die unvollendete Sonate in C sein, welche Eleonore von Breuning gewidmet war, und über welche oben S. 326 das Nähere gesagt ist. Anm. d. Herausg.


8 Sollte wohl heißen sulla corda C. Vgl. die neue Ausgabe des 3. Trios, Seite 21 T. 25, S. 28 T. 18. Anm. d. Herausg.


9 L. Nohl, Beethoven II, S. 18f. Die Erzählung reicht zum Teil schon in die folgende Zeit, gehört aber der Sache nach hierher. Anm. d. Herausg.


10 Nach Nohl hat sie Beethoven so geschildert: »Er war klein und unscheinbar, mit einem häßlichen rothen Gesicht voll Pockennarben. Sein Haar war ganz dunkel und hing fast zottig ums Gesicht, sein Anzug war sehr gewöhnlich und nicht entfernt von der Gewähltheit, die in jener Zeit und zumal in unsern Kreisen üblich war. Dabei sprach er sehr im Dialekt und in einer etwas gewöhnlichen Ausdrucksweise, wie denn überhaupt sein Wesen nichts von äußerer Bildung verrieth, vielmehr unmanierlich in Geberden und Benehmen erschien. Er war sehr stolz« usw., worauf die im Text enthaltene Angabe über die Gräfin Thun folgt. Anm. d. Herausg.


11 Dieselbe erfolgte durch Wegelers Enkel, Herrn Karl Wegeler, in dem früher erwähnten Aufsatze der Koblenzer Zeitung vom 20. Mai 1830. Anm. d. Herausg.


12 Daß diese Worte chronologisch wichtig sind, wurde schon oben (S. 220ff.) bemerkt. Anm. d. Herausg.


13 In einem beigegebenen Blatte weist der Verfasser darauf hin, daß der jüdische Philosoph Lazarus Ben David in jenen Jahren (1792–1798) in Wien war und Vorlesungen über Kant hielt, zuerst in einem Hörsaale der Universität, und als ihm dieses verboten worden, in einem Saale des Schlosses des Grafen Harrach, und daß es zweifellos Ben David war, welchen Beethoven nicht hören wollte.


14 Vgl. Allg. Mus. Ztg. 1874. 23. Dez. (S. 805.)


15 Nottebohm 2. Beeth. S. 66, Anm. 1.


16 Nottebohm 2. Beeth. S. 71.


17 Das Konzertfragment in D (oben S. 315f.) muß hier außer Betracht bleiben. Anm. d. Herausg.


18 Nottebohm 2. Beeth. S. 71, 72. Derselbe macht noch darauf aufmerksam, daß eine Probe zu dem Konzert »in Beethovens Zimmer«, von welcher Wegeler erzählt, mehr auf das Konzert in B paßt, in welchem keine Trompeten und Pauken vorkommen, als auf das in C. Anm. d. Herausg.


19 Nottebohm 2. Beeth. S. 71.


20 Wlassak, Chronik des Burgtheaters S. 98. Anm. d. Herausg.


21 »16. März« in dem chronol. Verzeichnis des Verfassers (S. 8) ist ein Druckfehler. Anm. d. Herausg.


22 Wir teilen den Vertrag und das Subskribentenverzeichnis im Anhange (XI) mit. Nohl erfuhr von Herrn Artaria nach Mitteilung von dessen Vater, daß letzterer das Geld zur Honorierung Beethovens ohne dessen Vorwissen vom Fürsten Lichnowsky erhalten habe, Bd. II, S. 59. Anm. d. Herausg.


23 Nottebohm, Beeth. Studien S. 203, 2. Beethov. S. 27. Anm. d. Herausg.


24 Wegeler, Not. S. 29. Nottebohm 2. Beeth. S. 21f. teilt Skizzen zum 2. und 3. Trio mit, zum Teil spätestens 1793 geschrieben, welche sich (wie besonders die zum Finale des 2. Trios) auf eine erste Bearbeitung zu beziehen scheinen. Vom 1. Trio haben sich keine Skizzen gefunden. Anm. d. Herausg.


25 Über das erste Streichquartett in F (Op. 18), welches er Amenda geschenkt hatte (es war also fertig), schrieb er diesem: »Dein Quartett gib ja nicht weiter, weil ich es sehr umgeändert habe, indem ich erst jetzt recht Quartette zu schreiben weiß« usw. Man denke auch an die Leonoren-Ouvertüre und anderes. Anm. d. Herausg. [Vgl. Bd. II2, S. 120. H.R.]


26 »In der chronologischen Bestimmung der TriosOp. 1 wird immerhin einiges unsicher bleiben, namentlich in Betreff des Trios in Es-dur.« Nottebohm 2. Bd. S..28. Die große Ges.-Ausg. bringt sie Serie XI, Nr. 79–81.


27 Vgl. Bd. 1 S. 103f., wo über diese Trios manches Treffende gesagt ist.


28 Bei Artaria befand sich von Beethovens Hand eine Fassung des Scherzos dieses 2. Trio für Klavier allein, die aber nicht vollständig ist. Vielleicht wollte Beethoven diesen Satz anfangs für Klavier allein setzen. Nottebohm, handschr. Bem. Anm. d. Herausg.


29 Dieses Datum gibt Wurzbach in dem Biograph. Lexikon des Kaisertums Österreich, Art. Haydn. Dies (und ebenso Pohl, Mozart und Haydn in London, II, S. 313) sagt, daß Haydn am 15. August London verließ. Da Haydn über Hamburg reiste, muß dies ein Irrtum sein.


30 S. des Verfassers chronol. Verzeichnis Nr. 40. Ein Blatt mit Skizzen zur F-moll-Sonate, im Besitze der Ges. der Musikfreunde in Wien, deutet auf die Zeit der theoretischen Studien. Anm. d. Herausg.


31 Der Titel lautete: Trois Sonates pour le Clavecin ou Pianoforte composées et dediées A Mr. Joseph Haydn Docteur en musique par Louis van Beethoven. Oeuvre II. à Vienne chez Artaria et Comp. Die große Ges.-Ausgabe bringt sie Serie XVI, Nr. 124–126, nach Reineckes Revision.


32 Vgl. O. Jahn, Ges. Aufsätze S. 230f. Über die Sonaten Op. 2 schrieben Marx, Beethoven I, S. 100f., Wasielewski I, S. 121. Vgl. auch C. Reinecke, Die Beethovenschen Klavier-Sonaten S. 30f., wo außer anderen treffenden Bemerkungen besonders hinsichtlich des Vortrages gute Hinweise gegeben werden. Anm. d. Herausg.


33 Diese auffällige Tonartenordnung, welche den kontrastierenden weichen Charakter des zweiten Themas durch die dunkeln Schatten des Moll verstärkt, hat aber auch der letzte Satz von Op. 2 III (C-dur), und zwar auch schon (nicht so klar zutage liegend) in der Gestalt als Klavierquartett von 1785. Der Herausgeber hat schon mehrfach darauf hingewiesen, daß dieselbe auf Johann Stamitz' Trios Op. 1 zurückgeht (im 1. Satz des F-dur-Trio und in den in Sonatenform geschriebenen Finales des C-dur- undB-dur-Trio); sie ist zunächst vielfach nachgeahmt, aber doch als für gewöhnlich zu künstlich wieder aufgegeben worden. [H.R.]


34 Es ist ganz unverständlich, wie Wasielewski (I, S. 124) diese Sonate als »nicht in ganz so glücklicher Stunde empfangen« bezeichnen und den beiden andern nachsetzen konnte. Er muß sie nicht genau gekannt haben, was auch daraus hervorgeht, daß er sagt, ihrem ersten Allegro seien Stellen aus dem Quartett 1785 einverleibt, was vielmehr in der dritten Sonate der Fall ist. Anm. d. Herausg.


35 Es sind folgende: Takt 18–23 des Quartetts = T. 21–26 der Sonate; T. 37–42 (des Themas in G-moll) des Quartetts = T. 27–38 der Sonate; T. 43–47 des Quartetts = T. 39–45 der Sonate. Anm. d. Herausg.


36 Thayer, Chronol. Verz. S. 17 Nr. 40. Die Variationen erschienen nach der Anzeige vom 23. März 1796 bei Joh. Traeg als Op. 3. Die neue Ausgabe von Br. &. H. bringt sie Serie 17 Nr. 168. Variationen über dasselbe Thema gab es von Lipawski in Wien. Anm. d. Herausg.


37 Nach Nottebohms handschr. Bem., der sich auf den Wiener Theater-Almanach bezieht. Der Theater-Alm. von 1794 ergibt, daß die erste Aufführung schon 1790 am 13. Nov. war. Anm. d. Herausg.


38 Von J. Traeg in der Wiener Zeitung vom 30. Dez. 1795 als Op. 2 angezeigt. Br. & H. S. 17 Nr. 167. Auf diese Variationen bezieht sich die Bemerkung in der Zeitungsanzeige [bei Thayer chron. Verz. Nr. 40]: »Sie sind leicht, fließend und durchaus naif«, welche Thayer bei den vorigen erwähnte. Anm. d. Herausg.


39 Sie erschienen bei Artaria u. Co. als Nr. 3. Vgl. Thayers chronol. Verz. Nr. 34. Br. & H. G.-A. S. 17 Nr. 169.


40 Marx, Beeth. I, S. 66. Über Mozarts Variationen O. Jahn, Mozart II, S. 157f.


41 Wiener Zeitung 14. und 18. Nov.


42 Über derartige öffentliche Tänze in Wien und die Tätigkeit angesehener Musiker für dieselben vgl. O. Jahns Mozart II, S. 458f. Pohl, Haydn I, S. 102. II, S. 152. Nottebohm, ein Skizzenbuch von B. S. 39. Anm. d. Herausg.


43 Die Klavierbearbeitung beider Sammlungen erschien im Dezember 1795 in Wien bei Artaria. In Partitur bringt sie Ges.-Ausg. Serie II, Nr. 16. 17. [Über die 12 Menuetten, die Beethoven 1799 für die Redoute der Tonkünstlersozietät schrieb, vgl. Bd. II2, S. 62, über die 11 Mödlinger Tänze von 1819 Bd. IV, S. V ff. H.R.]

Hier ist noch ein ungedruckter kleiner Menuettsatz in As-dur zu erwähnen, dessen Handschrift Herr Charles Malherbe in Paris besitzt und dem Herausgeber freundlich zur Einsicht übermittelt hat. Sowohl die Handschrift wie die Beigaben erweisen die Beethovensche Herkunft. Ein Bogen in kleinem Querformat (4 Seiten zu je 12 Notensystemen) enthält auf der ersten Seite oben in der Ecke die Worte »Elementarbuch der psichologie« (etwas verwischt) und in der Mitte »Ordnung der Geschäfte«, beides ersichtlich Beethovens Handschrift. Dann folgen ein paar kurze, nicht ausgeführte Skizzen, und mit dem 4. System der Menuett für Klavier geschrieben, zwei Teile mit kurzer Coda, vor letzterer ein Zeichen, daß das Ganze wiederholt werden soll; an welcher Stelle die Coda einsetzen soll, ist nicht bezeichnet, und verschiedene Striche und Änderungen sowie die kleine eilige Notenschrift und manche Ungenauigkeiten lassen auch diesen Satz als Entwurf erkennen. Ein Trio ist nicht dabei. Auf der zweiten Seite stehen oben, nach einer Tonleiter, 8 Übungstakte mit der Überschrift »contrapunto all' ottava«, auf theoretischen Unterricht deutend; dann auf der 2. und 3. Seite derselbe Menuett für Streichquartett, mit unwesentlicher Abweichung; am Schlusse noch drei Takte, anscheinend Ansatz zu einem Trio. Die letzte Seite bringt in derselben Handschrift 19 Takte Skizzen zum ersten Satze des B-dur-Konzerts, von der gedruckten Fassung abweichend und wohl auf die erste Gestalt bezüglich. Der Menuett zeigt in seinem anmutigen, etwas neckischen Thema und der feinsinnigen Ausführung durchaus Beethovensches Gepräge und kann von keinem anderen herrühren. Die Gestaltung als Quartett erweist sich nach der ganzen Art des Satzes als die beabsichtigte, die Bearbeitung für Klavier, wie bereits bemerkt, als Entwurf. Ob das Stück für ein Streichquartett bestimmt war, wie Benedikt meinte (in einer Zuschrift an Herrn Kurtz), wird sich nicht beweisen lassen. Das Manuskript war von Fischhoff dem Fürsten von Hohenzollern-Hechingen überreicht worden, von diesem, wie es scheint, an den Violinspieler Täglichsbeck übergegangen und von dessen Witwe durch Benedikts Vermittelung von Herrn G. O. Kurtz gekauft worden. Die Zeit ergibt sich durch die Hinweisung auf die Studien bei Albrechtsberger und die Skizzen zum Konzert leicht: es muß aus dem Anfange des Jahres 1795, frühestens Ende 1794 stammen. Anm. d. Herausg.


44 Es dürfte nochmals das B-dur-Konzert gewesen sein; vgl. Nottebohm 2. Beethoveniana S. 72. Anm. d. Herausg.


45 Das für den 18. Dezember 1795 angezeigte Konzert scheint aber aus irgend einem Grunde verschoben worden zu sein. Eine Vergleichung seiner Anzeige mit derjenigen des Konzerts der Signora Bolla vom 8. Januar 1796 (II. Bd. S. 7 Anm.) zwingt zu der Annahme, daß letzteres mit ersterem identisch ist, nur daß statt Haydn die Signora Bolla die Veranstalterin ist und als dritte italienische Gesangskraft hinzukommt. Andernfalls würde doch sicher auf das 3 Wochen vorher stattgefundene Konzert Bezug genommen worden sein. Dazu kommt, daß Beethoven um Weihnachten 1795 in Prag konzertiert hat (II, 8f.), wo er auch Mitte Februar von neuem mit Erfolg auftritt (»diesmale«).


46 Das folgende Dokument, im Besitz von Frau van Beethoven in Wien, verbunden mit einem später mitzuteilenden Briefe, deutet mit hinreichender Genauigkeit den Zeitpunkt dieser Vereinigung der überlebenden Geschwister Beethoven an:

»Armée de Sambre et Meuse.


Hospice de Bonn.


Vu la quantité des malades dans l'hospice du chateau Electoral de Bonn, je requierre le nomé Bethoven [Johann] de se rendre demain matin à 6 heures precise pour y faire le service en qualité de pharmacien d 3e classe et jouira du traitement accordé a ce grade.

Bonn ce 26 Ventose [18. März] an 3e Republ. [1795]

Diné phcien

en chef,

Vu par la commission de guerre«

(Unterschrift unlesbar.)


»a compter du 6 Floreal

le citoyen Bethoven cessera

de jouir (?) de son traitement

de pharmaclen de 3e classe.

Diné pheien

en chef


Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 1, 3. Auflage, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1917, S. 415.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Pascal, Blaise

Gedanken über die Religion

Gedanken über die Religion

Als Blaise Pascal stirbt hinterlässt er rund 1000 ungeordnete Zettel, die er in den letzten Jahren vor seinem frühen Tode als Skizze für ein großes Werk zur Verteidigung des christlichen Glaubens angelegt hatte. In akribischer Feinarbeit wurde aus den nachgelassenen Fragmenten 1670 die sogenannte Port-Royal-Ausgabe, die 1710 erstmalig ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Karl Adolf Blech von 1840.

246 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon