Achtes Kapitel

Das Jahr 1813.

Beethovens »Tagesbuch«. Kinskys Tod. Gescheiterte Akademien. Beziehungen zu Gratz. Die geplante Englandreise. Mälzel und die Schlachtsymphonie. Die Akademien vom 8. und 12. Dezember. Die A-Dur-Symphonie.

Die zwingenden Gründe, welche das vorige Kapitel für die Verweisung des Liebesbriefes vom 6.–7. Juli in das Jahr 1812 ergeben hat, rücken die ersten Einzeichnungen Beethovens in dem sogenannten »Tagebuche« des Fischhoffschen Manuskripts in eine ganz andere Beleuchtung. Bildet jener Tag zu Anfang des Juli 1812, welcher zur Erklärung der gegenseitigen Liebe führte, einen Höhepunkt in Beethovens Herzensgeschichte, woran wohl nicht zu zweifeln, so gibt uns die Tagebuchnotiz die Gewißheit, daß die in dem Briefe angedeuteten Hindernisse, die einer ehelichen Verbindung entgegenstanden, nicht geschwunden sind, sondern vielmehr sich als unüberwindliche herausgestellt haben. Die erste Eintragung zeigt nur die Jahrzahl 1812 und dürfte wohl in das Ende des Jahres gehören. Ob der etwas verschnörkelte Buchstabe in der letzten Zeile wirklich ein A sein soll, mag wenigstens in Frage gestellt werden. Wer in den Beziehungen zu Amalie Sebald mehr sieht als eine oberflächliche Tändelei, wird natürlich in dem A den Namen Amalie suchen. Die »weite Reise« ist jedenfalls die in Olivas Briefen zweimal erwähnte beabsichtigte mit Mälzel nach England. Die Dienstgeschäfte sind zweifellos die ihm allmählich immer drückender werdenden durch den Jahresgehalt festgelegten Verpflichtungen, in erster Linie die gegenüber dem Erzherzog Rudolf. Ob der Satz »alles mußt du finden« usw. von dem Kopisten der eigenhändigen Notizen Beethovens s. Z. richtig gelesen sind, darf billig bezweifelt werden, wenn auch ähnliche Beispiele nicht ganz logischer Ausdrucksweise bei Beethoven öfter vorkommen.


»Ergebenheit, innigste Ergebenheit in dein Schicksal, nur diese kann dir die Opfer – – – zu dem Dienstgeschäft geben – o harter Kampf! – Alles anwenden, was noch zu thun ist, um das Nöthige zu der weiten Reise zu entwerfen – alles mußt du finden, was dein seligster Wunsch gewährt, so mußt du es doch abtrotzen – absolut die stete Gesinnung beobachten.«

[361] »Du darfst nicht Mensch sein, für dich nicht, nur für andere, für dich gibt's kein Glück mehr als in dir selbst, in deiner Kunst – o Gott! gib mir Kraft, mich zu besiegen, mich darf ja nichts an das Leben fesseln. Auf diese Art mit A geht alles zu Grunde.«


Die nächstfolgende1 Bemerkung in jenem Manuskripte ist datiert


»den 13. Mai 1813.


Eine große Handlung, welche sein kann, zu unterlassen, und so bleiben – o welch ein Unterschied gegen ein unbeflissenes Leben, welches sich in mir so oft abbildete – o schreckliche Umstände, die mein Gefühl für Häuslichkeit nicht unterdrücken, aber deren Ausführung o Gott, Gott, sieh auf den unglücklichen B herab, laß es nicht länger so dauern –


Lerne schweigen, o Freund! Dem Silber gleichet die Rede,

Aber zu rechter Zeit schweigen, ist lauteres Gold!«


Daß hier von Hindernissen, die einer Eheschließung im Wege stehen, die Rede ist, kann wohl nicht bestritten werden. Man vergleiche damit, was Fanny Giannatasio del Rio am 16. September 1816 in ihr Tagebuch eingetragen (s. Kap. 11). Vor 5 Jahren habe er eine Person kennen gelernt, mit welcher sich zu verbinden er für das höchste Glück seines Lebens gehalten hätte. Es sei nicht daran zu denken, fast Unmöglichkeit, eine Chimäre. »Dennoch ist es jetzt wie den ersten Tag, ich habs noch nicht aus dem Gemüt bringen können«. Das »vor fünf Jahren kennen lernen« paßt allerdings besser auf Amalie Sebald oder Bettina von Arnim als auf Therese Brunswik; aber man vergesse nicht, daß es sich um Belauschung eines Gesprächs zwischen Beethoven und Fannys Vater von einiger Entfernung aus handelt. Die Gründe gegen die Annahme einer Liebesleidenschaft Beethovens für Bettina oder Amalie sind im vorigen Kapitel ausgeführt worden. Wer auch Therese Brunswik ausschalten zu müssen glaubt, der ist auf eine gänzlich unnachweisbare andere Persönlichkeit verwiesen.

[362] Andere Ursachen kamen hinzu, um seine Lage damals zu einer in der Tat beklagenswerten zu machen. Die Folgen seiner Einmischung in die Angelegenheiten seines Bruders Johann, so unangenehm und demütigend sie sein mochten, waren doch von geringer Bedeutung im Vergleich zu der Sorge und Not, die ihm die Lage seines Bruders Karl bereitete. Im Jahre 1809 war Karl zu der Stellung eines »Liquidations-Adjunkten« mit 1000 fl. Gehalt und 160 fl. Quartiergeld emporgestiegen; da aber alle Besoldungen damals in Banko-Zetteln bezahlt wurden, so befanden sich die niederen öffentlichen Beamten, besonders seit dem Finanzpatent, damals in drückendster Armut. Freilich war Karl Eigentümer eines Hauses in der Alservorstadt in der Nähe der Herrnalser Linie, welches Wohnungen für etwa zehn oder zwölf kleine Familien enthielt und zu welchem ein Garten mit Obstbäumen usw. gehörte, so daß der Wert des Ganzen im Jahre 1816 auf 16, 400 fl. geschätzt wurde; doch ist nicht gewiß, ob er dieses Haus bereits in dem gegenwärtigen Jahre gekauft hatte. Solange er seine Wohnung in der Rauhensteingasse behielt, war jenes Haus vollständig vermietet und brachte ihm nach Abzug der Zinsen und Steuern eine sehr wünschenswerte Zugabe zu seinem Gehalte. Wenn Beethoven schreibt, daß er »einen unglücklichen kranken Bruder sammt seiner Familie gänzlich unterstützen« müsse, so muß dies hiernach cum grano salis verstanden werden; daß er jedoch eine Zeitlang gezwungen war, der Familie sehr reichliche Unterstützungen zukommen zu lassen, damit sie auch nur die nötigen Lebensbedürfnisse befriedigen konnte, steht außer Frage. Gerade damals, als seine eigenen pekuniären Aussichten in solche Unsicherheit geraten waren, sah er seine Sorgen vermehrt durch Karls traurigen Gesundheitszustand, der denselben zum Teil zur Erfüllung seiner amtlichen Pflichten unfähig machte und ihn, wie es scheint, nötigte, sich gelegentlich auf eigene Kosten eine Hilfe zu verschaffen. Im März schien er in reißender Schnelligkeit an der Auszehrung hinzusiechen und war auch im April so hoffnungslos hinsichtlich der Besserung, daß er sich, aus wohlbegründetem Mißtrauen in den Leichtsinn und die Unklugheit seiner unglücklichen Frau, zum Erlasse folgender testamentarischen Bestimmung veranlaßt sah.


»Erklärung.


Da ich von den offenherzigen Gesinnungen meines Bruders Ludwig van Beethoven überzeugt bin, so wünsche ich daß selber nach meinem Ableben die Vormundschaft über meinen rückgelassenen minderjährigen Sohn Karl Beethoven übernehme. Ich ersuche daher die löbliche Abhandlungs-Instanz [363] meinem gedachten Bruder diese Vormundschaft bei meinem Ableben zu übertragen und bitte meinen lieben Bruder dieses Amt zu übernehmen und meinem Kinde wie ein Vater mit seinem Rathe und That in allen. vorkommenden Fällen an die Hand zu gehen. – Urkund dessen meine Fertigung.

Wien den 12. April 1813


(L. S.)Ludwig van(L. S.)Karl v. Beethoven m/p

Beethoven m/pk. k. Kassier

(L. S.)Fr. Oliva m/p(L. S.)Joh. Freiherr v.

als ersuchter Zeuge.Pasqualati m/p

k. k. priv. Großhändler

als erbetener Zeuge

(L. S.)Peter v. Leben m/p«


Zum Glücke für alle beteiligten Parteien brachte der Frühling »Heil unter seinen Flügeln«; Karls Gesundheit besserte sich; er wurde in die Stellung eines »Kassirers der Universal-Staats-Schuldenkasse« befördert, mit einer Vermehrung des Quartiergeldes um 40 Gulden; und jetzt erging endlich auch die Anordnung, alle Besoldungen öffentlicher Beamten in Silber zu bezahlen. Zwölfhundert Gulden in Silber, mit vernünftiger Sparsamkeit verwendet, genügten reichlich, um Ludwig seinerseits weiterer Unterstützungen zu entheben2.

Beethovens bittere Worte in dem zuletzt mitgeteilten Briefe (S. 352) an Erzherzog Rudolf: »weder Wort, weder Ehre, weder Schrift scheint jemanden binden zu müssen«, beziehen sich auf die Nichtzahlung der von Kinsky und Lobkowitz gezeichneten Beiträge zu seinem Jahrgehalte.

Kinsky war am 2. des vorhergegangenen Novembers3 durch einen Sturz vom Pferde plötzlich ums Leben gekommen.

Oberst Graf Bentheim berichtet über dieses Ereignis am 6. Nov. 1812 an Varnhagen (E. Jacobs in der »Musik« IV. 6 nach dem Original in der Sammlung Varnhagen der Kgl. Bibliothek zu Berlin):


»Mein lieber Varnhagen! Von einer der traurigsten Fahrten, die ich in meinem Leben gemacht, erkältet und unpäßlich in der Nacht zurückgekehrt,. schreibe ich Ihnen diese Zeilen aus meinem Bette, um die heutige Post nicht zu versäumen.

[364] Ich war gestern in Budenitz und habe die Leiche des Fürsten Ferdinand Kinsky zur Ruhestätte begleitet. Dieser als Mensch, Patriot und Freund so seltene Mann, der vor Kurzem Oberst des Schwarzenbergi schen Regiments geworden und von Wien auf einige Wochen mit Urlaub hierherkam, starb auf eine so unglückliche Art, die mich und alle die ihn kannten, unbeschreiblich betrübte. Er eilte seiner ehemals bey Klenau comandierten Division nach Weldus entgegen, aß in dem Wirthshaus bey seinen alten Kameraden und ersuchte den Major Nesselrode, ihn eins seiner Lieblingspferde reiten zu lassen. Es geschieht und Nesselrode, aus einer Ahndung vielleicht, will ihn ein anderes reiten lassen, doch er entetiert sich auf dieses. Sie reiten und Kinsky, der gleich in carriere fällt, last den Nesselrode etwas zurück – er folgt indessen und bemerkt, daß die... Gurte gerissen und rechts und links vom Sattel herunterhangen. Er schreit auf Kinsky, dieser hört nicht oder konnte nicht hören und bey einer kleinen Biegung im Wege fallt Kinsky vorwärts mit samt dem Sattel herunter. Nesselrode und noch ein Offizier steigen ab und finden ihn ganz ohne Besinnung und ohne Bewegung. Er wird ins Wirtshaus gebracht nachmittags 3 Uhr fangt gleich an zu röcheln und stirbt 3 Uhr Nachts.

Ganz Prag ist in Trauer versetzt und die Fürstin, die einige Meilen von dort war, ist unbeschreiblich unglücklich, doch ist man nicht mehr um ihr Leben besorgt. Eine schreckliche Begebenheit, von der auch Sie sehr ergriffen sein werden.«


Bei der Regelung der Verhältnisse des Fürsten erhob sich die Frage, ob während der Geltung des Finanzpatents Beethoven einen höheren Betrag zu erhalten berechtigt wäre, als den der Subskription, wie er nach der Skala berechnet wurde: oder richtiger – denn nach dem Gesetze kam das allerdings nicht in Frage – Beethoven erhob einen solchen Anspruch auf die volle Nominalsumme (1800 Gulden) in Einlösungsscheinen. Die Kuratoren der Masse lehnten es, wie es ihre beschworne Pflicht war, ab, diesen Anspruch zuzulassen, solange er nicht von zuständiger gerichtlicher Autorität bestätigt wäre, und hielten, solange die Entscheidung schwebte, alle Zahlungen zurück.

Was Lobkowitz betrifft, so hatten seine verschwenderischen Ausgaben ihn zur Einstellung seiner Zahlungen geführt und ihn der Kontrolle über sein ausgedehntes Vermögen beraubt; was also eben über Kinskys Subskription für Beethoven gesagt wurde, gilt wörtlich auch von der seinigen. Infolge dessen wurde von den Kinskyschen Kuratoren vom 3. November 1812 bis zum 31. März 1815, von den Lobkowitzschen vom 1. September 1811 bis nach dem 19. April 1815 nichts von dem Jahrgehalte ausgezahlt. Aus der weitläufigen Korrespondenz, welche durch diese Meinungsverschiedenheiten hervorgerufen war, ob nämlich Gesetz oder Billigkeit in diesem Falle maßgebend sein müsse, wählen wir drei Briefe [365] an die verwitwete Fürstin Kinsky zur Mitteilung aus, welche Beethovens Ansichten erläutern und auch an sich selbst von mehr als gewöhnlichem Interesse sind. Dieselben wurden dem Verfasser schon vor vielen Jahren von Dr. Schebek in Prag für dieses Werk mitgeteilt.


1.


»Eure Durchlaucht!


Das unglückliche Ereigniß, – welches Seine Durchlaucht den Fürsten von Kinsky, Hochdero seeligen Gemahl, dem Vaterlande, Ihren theuern Angehörigen, und so Vielen entriß, die Sie großmüthig unterstützten; welches jedes für das Große und Schöne empfängliche Gemüth mit tiefer Trauer erfüllte,– traf auch mich auf ebenso sonderbare als für mich empfindliche Weise. Die herbe Pflicht der Selbsterhaltung zwingt mich Eurer Durchlaucht eine gehorsamste Bitte vorzulegen, welche, wie ich hoffe, in ihrer Billigkeit zugleich die Entschuldigung mit sich führen wird, Eure Durchlaucht in einem Augenblicke, wo so viele wichtige Gegenstände Sie beschäftigen, damit belästigt zu haben. – Erlauben Eure Durchlaucht! Ihnen diese Angelegenheit vorzutragen.

Es wird Eurer Durchlaucht ohne Zweifel bekannt sein, daß, als ich im Jahre 1809 den Ruf nach Westphalen erhielt, Seine Durchlaucht der Fürst von Kinsky, Hochdero seeliger Gemahl, vereint mit seiner kais. Hoheit dem Erzherzog Rudolph, und Seiner Durchlaucht dem Fürsten von Lobcowitz sich erboten, mir lebenslänglich einen jährlichen Gehalt von Vier Tausend Gulden zu bewilligen, wenn ich diese Anstellung aufgeben und in Oesterreich bleiben wollte. Obwohl schon damals diese Summe in keinem Verhältnisse mit jener stand, welche mir in Westphalen zugesichert war, so ließ mich dennoch die Vorliebe für Oesterreich sowohl, als die Anerkennung dieses höchst großmüthigen Antrags keinen Augenblick anstehen, denselben anzunehmen. Der Antheil, welchen Seine Durchlaucht der Fürst von Kinsky an diesem Gehalte nahmen, beträgt fl. 1860 – welche ich seit 1809 in vierteljährigen Raten aus der Hochfürstlichen Cassa erhielt. Die späterhin eingetretenen Zeitumstände verringerten zwar diesen Betrag auf eine Kleinigkeit, dennoch beschied ich mich gerne, bis im vorigen Jahre das Patent in Betreff der Reduktion der Be« Zettel in Einl. Scheinen erschien. Ich wendete mich an Seine kais. Hoheit den Erzherzog Rudolph mit der Bitte mir den Höchstdieselben betreffenden Antheil an meinem Gehalt, nehmlich fl. 1560. –, künftig in Einl. Scheinen ausbezahlen zu lassen, Seine kais. Hoheit gestanden sie mir augenblicklich zu, und ließen mir eine schriftliche Versicherung darüber ausstellen. Dasselbe bewilligte mir auch der Fürst von Lobcovitz für seinen Antheil v. fl. 700. –

Da Seine Durchlaucht der Fürst von Kinsky dazumahl in Prag waren, so ließ ich Hochdenselben im Monathe May dieses Jahres durch den Herrn Varnhagen von Ense, Offizier im Regiment Vogelsang die gehorsamste Bitte überreichen, mir den Seine Durchlaucht betreffenden Theil an meinem Gehalte v. fl. 1800. – gleich den andern beiden hohen Theilnehmern in Einl. Scheinen bezahlen zu lassen. Herr von Varnhagen berichtet folgendes, wie es sein in Original existirender Brief beweist:

[366] »Gestern hatte ich mit dem Fürsten v. Kinsky eine gehörige Unterredung. Unter den größten Lobsprüchen für Beethoven gestand er augenblicklich dessen Forderung zu und will demselben von der Zeit an, daß Einlösungsscheine aufgekommen sind, die Rückstände und die zukünftigen Summen in dieser Währung auszahlen. Der Kassier erhält hier die nöthige Weisung und Beethoven kann bei seiner Durchreise hier alles erheben, oder falls es ihm lieber ist, in Wien, sobald der Fürst dorthin zurückgekommen sein wird. –


Prag, d. 9. Juni 1812«4.


Da ich einige Wochen darauf, auf meiner Reise nach Töplitz, durch Prag kam, stellte ich mich dem Fürsten vor und erhielt von demselben die Bestättigung dieser Zusage in ihrem ganzen Umfange. Seine Durchlaucht erklärten mir überdies, daß Sie die Rechtmäßigkeit meiner Bitte vollkommen einsähen und sie nicht anders als billig fänden. Da ich mich nicht in Prag aufhalten konnte bis diese Angelegenheit ganz abgemacht war, so hatte Seine Durchlaucht die Gnade mir als a Conto Zahlung 60 Stücke Ducaten zu geben, welche nach Hochdero Aeußerung mir für fl. 800 Wien. Währ. gelten sollten. Bey meiner Zurückkunft nach Wien sollten die Rückstände in Ordnung gebracht und der Befehl an die Cassa gegeben werden mir in Zukunft meinen Gehalt in Einl. Scheinen zu bezahlen. So lautete der Wille Seiner Durchlaucht. Meine Kränklichkeit nahm in Töplitz zu und ich war gezwungen länger dazubleiben, als ich mir früher vorgenommen hatte; ich ließ daher Seiner Duchlaucht, welche sich damals in Wien befand im Monathe December dieses Jahres durch einen meiner hiesigen Freunde Herrn Oliva eine gehorsamste schriftliche Erinnerung an Ihr Versprechen überreichen und Seiner Durchlaucht hatten neuerdings die Gnade diesem Herrn das gegebene Versprechen zu wiederholen u. zwar mit dem Zusatze, daß Sie in einigen Tagen das Nöthige deshalb an die Cassa verfügen wollten.

Einige Zeit darauf reisten Sie fort. –

Bei meiner Ankunft in Wien ließ ich mich bei dem fürstlichen Herrn Rath erkundigen, ob mein Gehalt vor der Abreise des Fürsten angewiesen worden sei, und hörte zu meinem Erstaunen, daß Seine Durchlaucht nichts in dieser Sache verfügt hätte.

[367] Die Liquidität meiner Bitte beweist das Zeugniß der Herren von Varnhagen und Oliva, mit welchen beiden Seine Durchlaucht gesprochen und welchen Sie Ihre Zusage wiederholten. – Auch bin ich überzeugt, daß die Hohen Erben und Nachkommen dieses edlen Fürsten gewiß im Geiste Seiner Humanität u. Großmuth fortwirken und Seine Zusage in Erfüllung bringen werden.

Ich lege daher meine gehorsamste Bitte,

»mir die Rückstände meines Gehaltes in Einl. Scheinen zu bezahlen, und an die Hochfürstl. Cassa die Weisung zu geben, daß mir die künftigen Beträge in derselben Währung verabfolgt werden«

getrost in die Hände Eurer Durchlaucht und erwarte von Ihrer Gerechtigkeit die günstige Entscheidung derselben.


Eurer Durchlaucht

ganz gehorsamster

Ludwig van Beethoven m/p


Wien den 30. Dec. 1812.


(L. S.)


2.


»Verehrte Fürstin!


Da der fürstliche Rath erklärte, daß meine Sache erst nach einer Wahl eines Vormundes könne vorgenommen werden, ich nun aber höre, daß Ihre Durchlaucht selbst die Vormundschaft in höchst eigner Person übernommen haben, sie aber Niemanden sprechen, so lege ich hier schriftlich meine gehorsamste Bitte an Sie bei und bitte zugleich um eine sehr baldige Beförderung, denn leicht werden Sie sich vorstellen können, wenn man einmal auf etwas sicher rechnet, es schmerzlich ist, solches so lange entbehren zu müssen, um somehr da ich einen unglücklichen kranken Bruder sammt seiner Familie gänzlich unterstützen muß, und mich ohne Rücksicht meiner selbst ganz ausgegeben, indem ich hoffen konnte, durch die Erhebung meines Gehalts wenigstens meinen Lebens Unterhalt zu bestreiten, wie wahrhaftig übrigens meine Forderungen sind, können Sie daraus sehen, daß ich die 60 ff, welche der hochseelige Fürst mir in Prag auf Abschlag derselben gegeben, getreulich angegeben, indem der fürstliche Rath selbst sagte, daß ich diese erhaltene Summe hätte verschweigen können, da vom hochseeli gen Fürsten weder ihm noch dem Kassier etwas darüber zu wissen gemacht worden. –

Verzeihen Sie mir ihnen in dieser Sache beschwerlich fallen zu müssen, allein die Noth gebeut es mir, in einigen Tagen werde ich mir die Freiheit nehmen mich deswegen bei dem fürstlichen Herrn Rath, oder wo Sie mir es sonst die Gnade haben werden, mir es anzuzeigen, anfragen.


Verehrte

Durchlauchtige Fürstin

ihr

Ergebener Diener

Ludwig van Beethoven m/p


[368] 3.


»Eure Durchlaucht!


Sie hatten die Gnade Sich in Ansehung des mir von Dero höchstseeligen Herrn Gemahl zugesicherten Gehaltes dahin zu äußern, daß Sie wohl die Billigkeit, mir den diesfälligen Betrag in Wiener Währung bezahlen zu lassen, wohl einsähen, daß aber hiezu die Einwilligung der Obervormundschaftsbehörde erforderlich wäre.

In der Ueberzeugung, daß die obervormundschaftliche Behörde, welche nur die Person der von ihr vertrettenen Fürstlichen Pupillen vorstellt, sich von eben jenen Grundsätzen müsse bestimmen lassen, die dem höchstseeligen Fürsten selbst zu Gründen seiner Handlungsweise dienten, in dieser Ueberzeugung glaube ich an der Ratification dieser Behörde nicht zweifeln zu dürfen, indem ich das Versprechen, und die Willensmeinung des Hochseeligen Fürsten – welche für seine Kinder und Erben Gesetz ist – durch bekannte angesehene und rechtschaffene Männer erweisen und dieselbige selbst beschwören kann und indem dasjenige was vielleicht der rechtlichen Form dieses Beweises abgeht, durch die hohen Gesinnungen des fürstlichen Hauses und durch die eigene Tendenz desselben für erhabene Handlungen ganz gewiß ergänzet werden wird.

Eine ganz andere Ansicht wird freilich durch die Verhältnisse der Verlassenschaft für den gegenwärtigen Zeitpunkt begründet, da durch den so traurigen und unvorhergesehenen Hintritt des Höchstseeligen, ja durch die Zeit-Verhältnisse selbst, dem zurückgelassenen Verlassenschaftsvermögen so manche Last mußte aufgeladen worden sein, die eine genaue Zusammenhaltung aller Hilfsquellen für den Augenblick zum höchsten Bedürfniß und Gesetz macht.

Aus diesem Grunde bin ich auch weit entfernt, dermahl größere Ansprüche geltend zu machen, als wie solche durch meine Existenz bedingt, und in dem bestehenden Contracte gegründet sind, dessen Rechtswirkung für die Erben des Höchstseeligen Fürsten nicht im Mindesten in Zweifel gezogen werden kann.

Ich bitte nehmlich, Eure Durchlaucht wollen gnädigst veranlassen, daß mir mein seit 1. September 1811 rückständiger Gehalt, berechnet in W. W. nach der Scala des Contract Tages mit w. w. fl. 1088. 42 Gehalt ausgezahlt, und einstweilen die Frage ob und in wieferne mir dieser Gehalt ganz in Wiener Währung gebühre, bis zu einem Zeitpunkte aufgeschoben werde, wo die Verlassenschaft geordnet und es folglich nützlich sein wird, der Behörde diesen Gegenstand vorzulegen und meine diesfälligen gerechten Ansprüche durch die Genehmigung und durch den Ausspruch derselben zu realisiren.

Da Seine Durchlaucht der Höchstseelige Fürst mir die von mir selbst angegebenen 60 ⌗ nur als eine à Conto Zahlung auf den mir für voll in Wiener Währung bewilligten Gehalt gegeben haben, und da, – wie jeder einsichtsvolle Mann Eurer Durchlaucht versichern muß –, dieses Einverständniß entweder in seinem ganzen Umfange angenommen werden muß, oder gar nichts zu meinem Nachtheil beweisen kann, so versteht es sich von selbst und Eure Durchlaucht werden erlauben, daß ich diese 60 ⌗ nur als a Conto desjenigen Betrages nehme, welchen ich an meinen ganz in W. W. verwilligten [369] Gehalt mehr, als den vorläufig flüssig zu machenden Scalabetrag würde zu fordern haben, so daß also von meiner Einrechnung in den unstreitig verfallenen Scalabetrag keine Rede sein kann.

Eure Durchlaucht werden Ihren erhabenen Gesinnungen gemäß die Gerechtigkeit meines Vorschlags und mein Bestreben, die Auseinandersetzung dieser Angelegenheit so viel es meine Umstände erlauben, nach Ihrer Bequemlichkeit zu verschieben, nicht verkennen, und Sie werden mit eben jenen hohen Gesinnungen, durch welche Sie sich für die Erfüllung des von dem Höchstseeligen Fürsten mir gegebenen Versprechens gestimmt fühlen auch die Nothwendigkeit würdigen, in welche ich durch meine Lage versetzt bin, und die mich zwingt, um die unmittelbare Anwei sung und Auszahlung des verfallenen unstreitigen Betrags, welcher zu meinem Unterhalt höchst nöthig ist, noch einmal anzusuchen.

Indem ich der Gewährung meiner Bitte, mit froher Erwartung entgegensehe, habe ich die Ehre mit unbegränzter Achtung zu unterzeichnen


Eurer Durchlaucht


ganz ergebener Diener

Ludwig van Beethoven m/p


Wien den 12. Feb. 1813.


Der erste und der dritte dieser Briefe sind von fremder Hand geschrieben und von Beethoven bloß unterzeichnet; den zweiten hat Beethoven vollständig selbst geschrieben. Die in dem dritten ausgesprochene Bitte wurde nicht gewährt.

Schindler hat sich weitläufig verbreitet über Beethovens Unerfahrenheit und Mangel an Gewandtheit in geschäftlichen Angelegenheiten, sowie über seine Neigung, durch nutzloses Wechseln seiner Wohnung seine Mittel zu verbrauchen; Wegeler und andere unterrichten uns über seine mangelhafte Kenntnis vom Werte des Geldes; der Bruder Karl hatte ihm große Auslagen verursacht; fünf Achtel seines Jahrgehalts waren eine Zeitlang unbezahlt geblieben. Trotz alledem bleibt es unmöglich, den so sehr ungünstigen Stand seiner Finanzen in jener Zeit genügend zu er klären; er muß in unbegreiflicher Weise ungeschickt gewesen sein, mit seinem Gelde haushälterisch umzugehen. Vom 1. März 1809 bis zum 1. März 1813 hatte er von Kinsky etwas mehr als fünf halbjährige Zahlungen erhalten (die »60 Stück Ducaten« eingeschlossen), von Lobkowitz ebenfalls fünf, und vom Erzherzog sieben, darunter fünf in Einlösungsscheinen; im ganzen also 11, 500 fl. Von Collard (Clementi) waren im Frühjahr 1810 200 ₤ bezahlt, Thomson hatte ihm wenn nicht schon im Juli 1810 so doch jedenfalls im Juli 1811 150 Dukaten und im Februar 1813 wieder 90 Dukaten bezahlt, und Breitkopf & Härtel hatten im Laufe der letzten Jahre mehrere tausend Gulden an Honorar für die lange Reihe großer Werke an ihn abgeführt; außerdem hatte er [370] wenigstens 1100 fl. von Brentano geborgt. Letzteres folgt daraus, daß er höchstens zwei oder drei Jahre später notiert hat: »2300 fl. bin ich den F. A. B. schuldig, einmal 1100 und 60 ⌗« und daß seit dem Anfange des Jahres 1814 sich keine Zeit angeben läßt, in welcher er in die Notwendigkeit versetzt gewesen wäre, um eine Summe von der Höhe der erstgenannten sich an jenen edelmütigen Freund zu wenden. Aber was auch die Ursache war und wer die Schuld tragen mochte, Beethoven erhielt in jener Periode bis zu der Zeit, als sein Bruder Karl seine neue Stelle erhielt, durch bittere Erfahrungen eine Belehrung in ökonomischen Angelegenheiten, zum Glücke zu seinem Nutzen.

Um diesen Gegenstand hier mit einem Male zu erledigen, wenden wir uns zu dem folgenden Sommer, welchen der Komponist in Baden zubrachte. Dort traf er mit seinen Freunden Streicher zusammen. Frau Streicher erzählte später Schindler, daß sie Beethoven im Sommer 1813 hinsichtlich seiner körperlichen und häuslichen Bedürfnisse im desolatesten Zustande gefunden habe. »Er hatte nicht nur keinen guten Rock, auch kein ganzes Hemd«. Schindler fügt hinzu: »Ich muß Anstand nehmen, seinen Zustand so zu beschreiben, wie er wirklich war«. Nach ihrer Rückkehr zur Stadt brachte Frau Streicher seine Garderobe und seinen sonstigen Hausstand in Ordnung, sorgte mit Hilfe ihres Gemahls für Herbeischaffung des Nötigen, und, was das Wichtigste war, sie überzeugte ihn von der Notwendigkeit, durch Zurücklegen von Geld für seine Zukunft zu sorgen; »und Beethoven gehorchte in allem«.

Diese Schilderung des verwahrlosten Zustandes von Beethovens Garderobe und Wäsche ist sehr auffallend, wenn man sich erinnert, daß er sich 1810 im Frühjahr gründlich neu equipiert und besonders auch Hemden angeschafft hatte (S. 204) und dem Schneider 300 zum voraus bezahlt hatte, auch nach Bettinas Bericht »mehrere gute Röcke« besaß. Von einer pekunären Notlage kann in diesen Jahren nicht ernstlich die Rede sein, sondern nur von einem allerdings sehr großen Mangel an vernünftiger Disposition über die eingehenden Gelder. Nur dadurch erklärt sich, daß er immer wieder ohne Mittel war und von Brentano Geld borgte (s. oben), von den Freunden in Graz 150 Gulden annahm (vgl. S. 380) und schließlich Ende 1813 auch von Mälzel 50 Dukaten sich geben ließ. Der Ton von Beethovens Korrespondenz während der ersten Hälfte dieses Jahres ist auch weit weniger niedergeschlagen, als man unter so widrigen Umständen, wie sie Schindlers Bericht darstellt, und noch obendrein bei den fortgesetzten Störungen seiner Gesundheit [371] erwarten müßte. Insbesondere sind seine Billetts an Zmeskall von verschiedenen Blitzen seines alten Humors belebt. Indem wir nachstehend wieder eine Auswahl aus denselben mitteilen, müssen wir zur Erläuterung vorausschicken, daß Graf Brunswik am 21. Februar in Wien ankam;

daß Beethoven zu Kuffners Tragödie »Tarpeja«, welche am 26. März zum ersten Male im Burgtheater aufgeführt werden sollte, einen »neu komponirten Triumph-Marsch« geschrieben hatte;

daß eine seiner älteren Symphonien in dem Konzerte für den Theater-Armenfonds im Kärnthnertor-Theater am 16. April gespielt wurde;

daß er die Benutzung jenes Theaters von dem Fürsten Lobkowitz (Fitzly-Putzly) zu einem Benefizkonzert mit Recht beanspruchen konnte;

daß Varena sich von neuem an ihn um ein Musikstück für ein Wohltätigkeitskonzert in Gratz gewendet hatte;

daß Louis Bonaparte, Exkönig von Holland, welcher damals in Graz residierte, der »reiche Dritte« war, auf welchen in einem der Briefe Bezug genommen wird;

daß endlich die pekuniären Verlegenheiten von Lobkowitz in diesem Sommer ihren Höhepunkt erreichten und Beethoven aus Baden zurückriefen, um die nötigen Schritte zu tun, sich wo möglich vor weiteren Verlusten zu sichern.

Am 24. Januar schreibt er an Zmeskall:


»Wir melden ihnen, bester Z. dieses und jenes, woraus Sie sich das Beste wählen können, und sind Ihnen ganz entsetzlich zugethan. Wir hören daß Sie Briefe von B. an uns haben und bitten Sie uns selbe zukommen zu machen – Sind Sie heute frey? so finden Sie mich im Schwann – wo nicht so werden wir uns schon wo anders finden. –


ihr Freund

Autor

Beethoven Bonnensis


In die Zeit zwischen diesem und dem nächstfolgenden Billett fällt ein längerer französischer Brief an Thomson vom 19. Februar 18135, welcher von dem Fortgange der Arbeiten für denselben Nachricht gibt.


»Ich habe,« schreibt Beethoven, »Ihre drei werthen Briefe vom 5. August, 30. October und 21. December erhalten und mit vielem Vergnügen erfahren, daß die 62 Lieder, welche ich für Sie componirt habe, endlich an Sie gelangt und Sie von denselben befriedigt sind, mit Ausnahme von 9, [372] welche Sie mir bezeichnen, und von denen Sie die Ritornelle und die Begleitungen von mir geändert sehen möchten. Es thut mir leid, Ihnen hierin nicht gefällig sein zu können. Ich bin nicht gewohnt, meine Compositionen zu überarbeiten. Ich habe das nie gethan, da ich von der Wahrheit durchdrungen bin, daß jede theilweise Aenderung den Charakter der ganzen Composition verändert. Es ist mir leid, daß Sie dadurch Verlust haben; aber Sie können mir wohl nicht die Schuld davon zuschieben, da es Ihre Sache gewesen wäre, mich über den Geschmack Ihres Landes und die geringen Fertigkeiten Ihrer Spieler genauer zu unterrichten. Nachdem ich nunmehr mit Ihren desfallsigen Belehrungen versehen bin, habe ich die Lieder jetzt ganz auf's neue und, wie ich hoffe, so componirt, daß sie Ihrer Erwartung entsprechen werden.

Sie dürfen mir glauben, daß ich mich nur mit großem Widerstreben entschlossen habe, meinen Gedanken Zwang anzuthun, und daß ich mich dazu nie hätte bereit finden lassen, wenn ich nicht bedacht hätte, daß meine Weigerung einen Ausfall für Sie verursachen könnte, da Sie in Ihre Sammlung nur Compositionen von mir aufnehmen wollen, und daß Sie demnach die große Mühe und die Kosten, um ein vollständiges Werk zu erhalten, umsonst aufgewendet hätten.«


Unter den weiteren Bemerkungen dieses Briefes, die wiederum großenteils auf die geschäftliche Seite und auf die Vortragsweise sich beziehen, verdienen folgende als charakteristisch hervorgehoben zu werden.


»Die beiden letzten Lieder in Ihrem Briefe vom 21. Dec. haben mir sehr gefallen. Aus diesem Grunde habe ich sie con amore componirt, hauptsächlich das zweite der beiden. Sie haben dasselbe in


8. Kapitel. Das Jahr 1813

geschrieben, da mir aber diese Tonart zu wenig natürlich und so wenig der Aufschrift Amoroso entsprechend erschienen ist, daß sie dasselbe vielmehr inBarbaresco verwandeln würde, habe ich das Lied in der für dasselbe passenden Tonart gesetzt.« Und weiter bittet er, wo ein Lied die Bezeichnung Andantino habe, ihm doch mittheilen zu wollen, ob dieses langsamer oder schneller wie Andante sein solle; »denn dieser Begriff ist, wie so viele andere in der Musik, von einer so unbestimmten Bedeutung, daß Andantino sich manchmal dem Allegro nähert und manchmal andrerseits wie Adagio gespielt wird.«


Ein längerer Brief an Zmeskall vom 25. Februar, der sich auf eine Dienstmagd bezieht und im übrigen der Mitteilung nicht wert erscheint, beginnt mit den Worten: »Ich bin, mein lieber Z. seit der Zeit ich Sie nicht gesehen beinahe immer krank« und schließt, nach der Unterschrift, mit dem Worte »Miserabilis«. Indem wir auch noch andere von ähnlichem Inhalte übergehen, kommen wir zu folgendem interessanten Briefe an Varena.


[373] »Mein werther Herr!


Rode hatte wohl in allem Recht was er von mir sagte; meine Gesundheit ist nicht die beste u. unverschuldet ist eben meine sonstige Lage wohl die ungünstigste meines Lebens; übrigens wird mich das und nichts in der Welt nicht abhalten, ihren eben so unschuldig leidenden Convents-Frauen so viel als möglich durch mein geringes Talent zu helfen. – Daher stehen ihnen zwei ganz neue Sinfonieen zu Dienste, eine Arie für Baßstimme mit Chor, mehrere einzelne kleine Chöre; – brauchen Sie die Ouvertüre von Ungarn's Wohlthäter die Sie schon voriges Jahr aufgeführt, so steht sie ihnen zu Dienste.

Die Ouvertüre von den Ruinen von Athen, diese obschon in einem etwas kleinen Styl, steht Ihnen auch zu Dienste. Unter den Chören befindet sich ein Derwisch- Chor, für ein gemischtes Publikum ein gutes Aushangschild.

Meines Erachtens würden Sie wohl am besten thun, einen Tag zu wählen, wo Sie das Oratorium: Christus am Oelberge, geben könnten; es ist seitdem an allen Orten aufgeführt worden; dieses machte denn die eine Hälfte der Akademie; zur 2ten Hälfte machten Sie eine neue Sinfonie, die Ouvertüre und verschiedene Chöre, wie auch die obbesagte Baß-Arie mit Chor; so wäre der Abend nicht ohne Mannigfaltigkeit: doch reden Sie dieses am besten mit den dortigen musikal. Rathsherren ab. – Was Sie von einer Belohnung eines Dritten für mich sagen, so glaube ich diesen wohl errathen zu können; wäre ich in meiner sonstigen Lage, nun ich würde geradezu sagen: ›Beethoven nimmt nie etwas wo es für das Beste der Menschheit gilt‹, doch jetzt, ebenfalls durch meine große Wohlthätigkeit in einen Zustand versetzt, der mich zwar eben durch seine Ursache nicht beschämen kann, wie auch die anderen Umstände, welche daran Schuld sind, von Menschen ohne Ehre, ohne Wort herkommen, so sage ich ihnen gerade: ich würde von einem reichen Dritten so etwas nicht ausschlagen; von Forderungen ist aber hier die Rede nicht; sollte auch das alles mit einem Dritten nichts sein, so seyn Sie überzeugt, daß ich auch jetzt ohne die mindeste Belohnung eben so willfährig bin, meinen Freundinnen, den ehrwürdigen Frauen etwas gutes erzeigen zu können, als voriges Jahr, und als ich es allzeit sein werde für die leidende Menschheit überhaupt, so lange ich athme. Und nun leben Sie wohl. Schreiben Sie bald und mit dem größten Eifer werde ich alles Nöthige besorgen. –

Meine besten Wünsche für den Convent.


Mit Hochachtung ihr Freund

Ludwig v. Beethoven.«


Diesem Briefe schließt sich nach Zeit und Inhalt der folgende an Zmeskall passend an:


»Besorgen Sie diesen Brief an Brunswick doch gleich heute, daß er so geschwinde als möglich und richtig ankomme. – Verzeihen Sie die Beschwerde, die ich Ihnen auflege. Eben werde ich wieder ersucht, Werke nach Gratz in Steiermark zu schicken, um damit eine Akademie zum besten für den Ursuliner und Erziehungs Konvent zu geben. Schon voriges Jahr hatten sie dadurch eine reichliche Einnahme. Mit dieser Akademie und derjenigen, welche ich in Karlsbad zum besten der Abgebrannten in Baden gegeben, sind in einem [374] Jahre 3 Akademieen von mir und durch mich gegeben worden und – für mich hat man überall die Ohren an den Füßen.


Ihr

Beethoven.«


Hierauf schrieb er wieder an Varena.


»Wien am 8. April 1813.


Mein werther V.!


Ich empfange mit vielem Vergnügen ihren Brief, aber wieder mit vielem Mißvergnügen die mir zugedachten 100 fl. unserer armen Klosterfrauen; sie liegen unterdessen bei mir, um zu den Copiaturen angewendet zu werden. Was übrig bleibt, wird den edlen Klosterfrauen nebst der Einsicht in die Rechnungen zurückgesendet werden.

Nie nehme ich etwas in dieser Rücksicht – ich glaubte, vielleicht die dritte Person, derer Sie erwähnten, sei der ehemalige König von Holland und – nun ja von diesem, der vielleicht von den Holländern auf weniger rechtmäßige Art genommen, hätte ich kein Bedenken getragen, in meiner jetzigen Lage etwas zu nehmen; nun aber verbitte ich mir freundschaftlich, nichts mehr davon zu erwähnen; – schreiben Sie mir, ob ich vielleicht, wenn ich selbst nach Gratz kommen würde, eine Akademie geben könnte; denn leider wird Wien nicht mehr mein Aufenthalt bleiben können; vielleicht ist es jetzt schon zu spät, eine Erläuterung hierüber von Ihnen wird mir immer angenehm sein.

Die Werke werden copirt u. so bald als möglich haben Sie selbe; – mit dem Oratorium schalten Sie und walten Sie wie Sie wollen, wo es zu was gutes taugt, da wird es meinem Endzweck am besten entsprechen.


Mit Hochachtung

Ihr ergebenster

Beethoven m. p.


P. S. Alles Schöne an unsere werthen

Ursulinerinnen, denen ich mich freue,

wieder nützlich sein zu können.«


Der achte und neunte der Briefe an Erzherzog Rudolf und seinen Kammerherrn in Köchels Sammlung enthalten die Bitte an den Erzherzog, sich für ihn bei dem Rektor der Universität zu verwenden, damit er die Erlaubnis erhalte, in dem Universitätssaale zwei »Akademieen« zu geben. Über das zunächst negative Resultat dieser Bewerbung orientieren die im folgenden mitzuteilenden Billetts an Zmeskall. Dieselben beziehen sich auf die Probe der neuen Symphonien (7. und 8.) mit vollem Orchester beim Erzherzog im April, von denen auch drei Briefe an Erzherzog Rudolf (Nr. 46–48 bei Köchel) handeln, die zunächst hier ihre Stelle finden mögen (Köchel datiert dieselben irrtümlich mit 1819):


[375] 1.


(An Erzherzog Rudolph)

(Köchel Nr. 47)


»Ich bitte Sie die Gnade zu haben, noch heute dem Hr. von Wranitzky6 wegen der Musik Ihre Befehle wissen zu lassen und ob 2 oder 4 Hörner? – Ich habe schon mit ihm gesprochen und ihm anempfohlen nur solche Musici zu wählen, durch die wir eher und mehr eine Production oder Probe zu Stande bringen können.«


2.


(An Erzherzog Rudolph)

(Köchel Nr. 46)


»Ich sehe daß Baron Schweiger Sie noch nicht von meinem gestrigen Überfalle benachrichtigt hat, I. K. H. Ich wurde plötzlich von einem solchen Fieber überfallen, daß ich gänzlich ohne Bewußtsein war – ein verwundeter Fuß mag dazu beigetragen haben. Heute ist es unterdessen unmöglich auszugehen; morgen bin ich aber sicher hergestellt und bitte also Ihro Kaiserl. Hoheit auf morgen Nachmittag das Orchester um dreiviertel auf 3 Uhr bestellen zu lassen, damit die Herren Musiker desto zeitlicher kommen und Zeit genug wird auch die 2 Ouvertüren zu probieren. Sollten das letztere I. K. H. wünschen, so brauchte ich 4 Hörner, bei den Sinfonien sind jedoch nur 2 dergleichen. In der Besetzung der Sinfonien wünschte ich wenigstens 4 Violinen, 4 Sekund, 4 Prim, 2 Kontrabässe, 2 Violonschell. – Ich bitte nur mich gnädigst heute wissen zu lassen, was Sie beschließen werden. Kein größeres Vergnügen kann mir werden, als meinen Erhabenen Schüler meine Werke hören zu machen. Gott gebe nur bald Ihre Gesundheit wieder, indem ich mich oft deshalb ängstige.«


3.


(An Erzherzog Rudolph)

(Köchel Nr. 48)


»Es ist nicht möglich bis morgen um eilf Uhr die Stimmen verdoppelt zu haben; die Kopisten haben hier diese Woche meistens viel zu schreiben. Ich glaube daher daß Sie Gnädigst den Auferstehungs-Tag, künftigen Sonabend nehmen, bis dahin bin ich auch gewiß wieder hergestellt und kann besser dirigieren, welches mir morgen etwas schwer geworden wäre trotz meinen guten Willen. Freitags hoffe ich sicher auszugehen und mich anfragen zu können.«


Der Auferstehungstag war der 18. April. Entweder hat nun der Erzherzog den Sonnabend nicht akzeptiert, oder die Musiker waren nicht abkömmlich, oder aber Beethovens Befinden hatte sich noch nicht genügend gebessert; denn die Probe ist anscheinend mindestens auf den 20. April weitergeschoben worden, wenn das folgende Billett an Zmeskall von diesem richtig mit dem Datum des »19. April 1813« versehen worden ist.


(An Zmeskall.)


»Der Universitäts S., mein werther Z. ist – abgeschlagen – vorgestern erhielte ich diese Nachricht, seit gestern krank konnte ich nicht zu Ihnen [376] kommen und auch heute nicht, um Sie zu sprechen – Es bleibt wahrscheinlich nichts, als das Kärnthnerthortheater, oder das an der Wien, und zwar glaube ich nur eine A. – Geht das alles nicht, so müssen wir zum Augarten unsere Zuflucht nehmen, dort müssen wir freylich 2 A. – Ueberlegen Sie mein Lieber ein wenig mit, und theilen Sie mir Ihre Meinung mit – Vielleicht werden morgen die Sinfonieen beym Erzherzog probirt, wenn ich ausgehen kann, welches ich Ihnen zu wissen machen werde.


Ihr Freund

Beethoven.«


Auf dieselbe Probe bezieht sich auch noch folgendes kleine Billett an Zmeskall, das die im Schlußsatz des vorigen verheißene bestimmte Nachricht gibt.


»Ich danke ihnen derweil, lieber Z. und melde ihnen nur daß Morgen Nachmittag um 3 Uhr die Probe beym Erzherzog seyn wird – doch werde ich sie morgen Vormittag noch genauer davon unterrichten

vor der Hand habe ich sie schon angesagt –


ihr

Beethoven.«


Ebenfalls an Zmeskall schrieb er weiter am 23. April, jedenfalls nach der Probe, bei welcher ihm der Erzherzog wohl Zusicherungen gegeben:


»Lieber Z. Es wird alles gut gehen, der Erzherzog wird diesen Fürst Fitzly Putzly gehörig bey den Ohren nehmen – lassen Sie mir sagen ob Sie heute oder wann immer im Wirthshause essen?.. – Dann bitte ich Sie mir [zu sagen] ob ›Sentivany‹ recht geschrieben ist, da ich an ihn auch zugleich um den Chor schreiben will7 – Abreden muß ich noch mit Ihnen, welchen Tag wir aussuchen, übrigens müssen Sie sich von der Verwendung des Erzherzogs nichts merken lassen, denn erst Sonntags kommt der Fürst Fitzly Putzly zum Erzherzog, Merkte dieser böse Schuldner etwas voraus, so würde er suchen auszuweichen –


ganz ihr

Beethoven.«


Am 26. April: »Nach dem 15. Mai oder wenn solcher vorbei ist will mir Lobkowitz einen Tag im Theater geben, mir scheint, das ist so viel als gar keiner – und fast bin ich gesonnen an gar keine Akademie mehr zu denken – der oben wird mich wohl nicht gänzlich zu Grunde gehen lassen.


Ihr

Beethoven.«


Am 10. Mai: »Ich bitte Sie, lieber Z., von dem was ich Ihnen wegen Fürst L. gesagt gar nichts laut werden zu lassen, da die Sache nun wirklich [377] für sich geht, und es auch ohne diesen Schritt hierin nie zur völligen Gewißheit kommen würde – Ich habe Sie alle Tage im S. gesucht jedoch vergebens.«


Dann folgt wieder ein längerer Brief an Varena.


»Wien am 27. Mai 1813.


Mein werther V.!


Im voraus ihnen zu melden, was ich Ihnen schicke, kann wohl nicht schaden; vielleicht können Sie mehr oder weniger davon brauchen. Sie erhalten 3 Chöre, welche eben nicht lang, u. welche Sie in verschiedenen Intervallen des Konzert's brauchen können, – eine große Szene für einen Bassisten mit Chören; sie ist aus den Ruinen von Athen und ergreift eben den Augenblick wo das Bildniß unseres Kaisers zum Vorschein kommt, (in Ofen in Ungarn kam dieses auf dem Theater von unten herauf hervor.) Vielleicht können Sie von so etwas Gebrauch machen und die Menge – reizen.

Zur Noth könnte auch die Baßstimme in eine Altstimme verändert werden. – Sie erhalten jedoch nur die Partitur von allen diesen Stücken; hätte ich gewußt, was Sie davon brauchen könnten, so hätte ich sie Ihnen hier abschreiben lassen; morgen erhalte ich die Partituren und H. von Rettich wird sie ihnen gütigst gleich besorgen; außerdem erhalten Sie noch einen Marsch für Instrumente schon ausgeschrieben. – Statt eine Sinfonie erhalten Sie 2 Sinfonieen, 1stens die verlangte ausgeschriebene u. Duplicat. – 2tens eine andere, welche mir scheint, daß Sie sie auch noch nicht in Gratz aufgeführt haben, auch ausgeschrieben. Da alles andere ausgeschrieben ist, werden Sie das, was Sie von den Singstücken brauchen können, leichtlich u. zeitlich genug abschreiben lassen können.

Hr. von Rettich wird schon eine außerordentliche Gelegenheit8 finden ihnen alles geschwinde zu übermachen, indem zu solchem wohltätigem Zweck jeder gern mitwirkt. – Warum kann ich nicht mehr für die guten Fr. – thun!

Gern hätte ich Ihnen 2 ganz neue Sinfonieen von mir geschickt, allein meine jetzige Lage heißt mich leider auf mich selbst denken, und nicht wissen kann ich, ob ich nicht bald als Landesflüchtiger von hier fort muß, danken Sie es den vortrefflichen Fürsten, die mich in dieses Unvermögen versetzt, nicht wie gewöhnlich für alles Gute und Nützliche wirken zu können. Vielen Dank für ihren Wein, ebenfalls danken Sie den würdigen Frauen für

ihr mir geschicktes Zuckerwerk.


Ihr Freund

Beethoven.«


An denselben (ohne Datum). »P. P. In Eil' nur meld' ich ihnen, daß Sie, statt der 4 Horn, wenn sich die 2 ersten davon schwer ausführen ließen, 2 Bratschen, jedoch Solostimmen, nehmen; die anderen 2 in C dur sind leicht zu blasen u. können von 2 Hornisten geblasen werden9.

[378] Meiner Gesundheit zu Folge eile ich nach Baden, um sie einigermaßen zu verbessern.

Für die Copiatur der Partituren macht die Auslage 8 fl. 24 xr., wovon ich die Quittung erhalten werde; 3 fl. habe ich für meinen Bedienten um alles nöthige zusammen zu treiben angerechnet, also zusammen 11 fl. 24 xr.; nach Abzug dieser Summe werde ich Ihnen den Rest von den 109 fl. in einigen Tagen zusenden, – in diesem Augenblick ist's nicht möglich. –

Im Falle Sie an mich schreiben, belieben Sie ihren Brief unter folgender Adresse nach W. einzuschlagen, nehmlich: An Hrn. Oliva, abzugeben bei den Gebrüder Offenheimer auf dem Bauernmarkt.


In größter Eil

Ihr

Beethoven«


In einem Briefe an den Erzherzog, der sich damals in Baden befand, ebendaselbst am 27. Mai geschrieben, zeigt Beethoven seine Ankunft an. Die Antwort, welche Schindler aufbewahrt hat, lesen wir mit Freude:


»Lieber Beethoven!


Mit vielem Vergnügen habe ich aus Ihrem Briefe vom 27. d. v. M., den ich erst vorgestern Abends erhielt, Ihre Ankunft in meinem lieben Baden erfahren, und hoffe Sie, wenn es ihre Zeit erlaubt, morgen Vormittag bei mir zu sehen, da der Aufenthalt von einigen Tagen, den ich hier gemacht, schon so vortheilhaft auf meine Gesundheit gewirkt, daß ich ohne Nachtheil für dieselbe zu befürchten, Musik hören und selbst ausführen kann. Möchte Ihr Aufenthalt in dieser gesunden und schönen Gegend gleiche Wirkung auf Ihren Zustand hervorbringen, so wäre mein Zweck, den ich durch Sorge für Ihre Wohnung beabsichtigt, gänzlich erfüllt.

Baden, den 7. Juni 1813


Ihr Freund

Rudolph.«


Von hier aus wurde auch die Korrespondenz mit Varena fortgesetzt, wie nachstehender aus Baden datierter Brief vom 4. Juli 1813 zeigt; leider beweist derselbe wieder Beethovens jede schuldige Rücksicht außer acht setzende Verstimmung über die Stockung in den Zahlungen von Lobkowitz und Kinsky:


»Mein werther Herr!


Verzeihen Sie meine so späte Antwort, die Ursache ist noch immer dieselbe, meine hiesigen Verdrießlichkeiten, Verfechtungen meiner Rechte, u. alles das geht sehr langsam, hab' ich es doch mit einem Fürstlichen Lumpenkerl Fürst Lobkowitz zu thun; ein anderer edler Fürst, das Gegentheil von diesem, [379] starb, allein er so wenig als ich dachte an seinen Tod, und in Rücksicht meiner hinterließ er nichts schriftlich; dieses muß nun in Prag bei der Landrechte ausgefochten werden, welche Beschäftigung für einen Künstler, dem nichts so sehr am Herzen liegt als seine Kunst! und in alle diese Verlegenheiten haben mich S. K. H. der Erzherzog Rudolph gebracht.

Was die Werke anbelangt, welche Sie von mir empfingen, so bitte ich Sie mir folgende sogleich zurückzusenden, indem sie nicht mir angehören, nehmlich die Sinfonie aus C moll, die Sinfonie aus B dur, den Marsch; die übrigen Stücke können Sie bei sich behalten, wenn Sie wollen, nur bitte ich Sie, selbe nicht wei ter zu geben, da nichts von alledem heraus ist; – ohnehin werden ihnen ja die Unkosten von den 100 fl. die ich E. W. zurückzusenden habe abgezogen für die Chöre, was das Oratorium anbelangt, hat's auch noch Zeit, da ich es nicht brauche, also nur die oben benannten Werke. –

Nehmen Sie meinen Dank für die 150 fl. von der hochgeschätzten10 Gesellschaft, empfehlen Sie mich dieser angesehenen Gesellschaft, jedoch bin ich darüber beschämt; warum wollen Sie die kleine Gefälligkeit, die ich den guten ehrwürdigen Frauen erzeigt, so hoch anschlagen? Ich hoffe daß meine Verdrießlichkeiten sich bald endigen werden und ich in völligen Besitz komme dessen, was mir zugehört; sobald dieses der Fall ist komme ich im Herbst nach Gratz und dann sollen die 150 fl. in Anschlag gebracht werden, ich werde alsdann zum Besten der guten Ursulinerinnen oder für ein anderes Institut, welches man mir als das bedürftigste, nützlichste vorschlagen wird, eine große Akademie geben.

Empfehlen Sie mich hierbei Seiner Excellenz dem Herrn Gouverneur Graf Bissingen, sagen Sie ihm, daß ich mir es immer zur angenehmsten Pflicht machen werde, wo ich im Stande bin, für Gratz irgendwo nützlich zu sein. – Dank für ihr Gemälde! wozu das Alles? ich sehe, Sie wollen mich durchaus zu ihrem großen Schuldner machen, nun denn ich nenne mich ihr


Schuldner und Freund

Beethoven.


P. S. Alles Schöne den ehrwürdigen Frauen

insbesondere der Oberin.

N. B. Mit meiner Gesundheit geht es besser u.

wird wohl ganz gut gehen, sobald die moralischen

Ursachen die darauf wirken sich verbessern.

Da ich noch in Baden bin, bitte ich Sie die

Musikalien unter der nehmlichen Adresse ihres

vorigen Briefes nach Wien zu senden.«


Wir erfahren aus dem Grazer »Aufmerksamen«, daß am Palmsonntag, den 11. April, im zweiten Teile eines Konzerts für die Armen, das Oratorium Christus am Ölberge, welches Beethoven im letzten Jahre dorthin gesendet hatte, mit einem Beifalle gesungen wurde, welcher dem [380] guten Geschmacke des musikalischen Publikums der steierischen Hauptstadt zur Ehre gereichte. Der Bericht über die Aufführung schließt so:


»Wie wir aus achtungswürdiger Quelle vernehmen, folgt Beethoven den herzlichen Einladungen seiner innigsten Verehrer und kommt vielleicht diesen Frühling noch in unsere Hauptstadt. Fröhlich ruft unser gebildetes, entzücktes Publicum diesem genialen, melodischen Mahler der ländlichen Natur und des Hirtenlebens, diesem tieffühlenden Sänger der Leiden des Erlösers am Genethsaret schon im voraus das freundlichste Willkommen entgegen.«


Die guten Bewohner von Graz sollten aber leider diesmal enttäuscht werden, und sie haben überhaupt niemals Gelegenheit gehabt, die Aufrichtigkeit der Versicherung ihres Wohlwollens dem Künstler persönlich zu beweisen, den sie so bewunderten und würdigten.

Aus anderen Artikeln desselben Journals11 (vom 1. und 16. Juni), die von dem Lobe Beethovens erfüllt sind, erfahren wir, daß das Konzert für die Nonnen »am Pfingstentage den 6. Juni« stattfand, und daß von seinen Kompositionen eine Symphonie (die nicht bestimmt genannt wird), der Derwisch-Chor aus den Ruinen von Athen, der Triumphmarsch aus Tarpeja, und zum Schlusse die Ouvertüre zu Egmont auf dem Programme stand.

In Wien eröffnete damals die C-Moll-Symphonie das erste der Schuppanzighschen Maikonzerte im Augarten, während der neue Marsch aus Tarpeja dasselbe beschloß. Für die beabsichtigten eigenen Akademien (S. 375) war nun die Saison zu weit vorgeschritten; auch brachte der Sommer die Anregung für ein neues Werk, das in den großen Invaliden-Akademien Mälzels mit Beethoven, welche zu Ende des Jahres stattfanden, den neuen Symphonien der Rang ablaufen sollte.

Früh im Juli finden wir Beethoven wieder in Wien, um die Angelegenheit seiner strittigen Gehaltszahlungen vorwärts zu bringen; er schrieb von dort am 24. Juli den nachstehenden Brief an Erzherzog Rudolf, mit welchem wir die an dieser Stelle zu gebende Auswahl schließen (Köchel Nr. 7).


»Von Tag zu Tag glaubte ich wieder nach Baden zurückkehren zu können, unterdessen kann es sich wohl noch mit diesen mich hier aufhaltenden Dissonanzen verziehen bis künftige Woche. – Für mich ist der Aufenthalt in Sommerszeit in der Stadt Qual, und wenn ich bedenke, daß ich noch dazu verhindert bin, I. K. H. aufwarten zu können, so quält er und ist mir noch mehr zuwider. Unterdessen sind es eigentlich die Lobkowitzischen und Kinskyschen [381] Sachen, die mich hier halten; statt über eine Anzahl Täkte nachzudenken, muß ich nur immer eine Anzahl Gänge, die ich zu machen habe, vormerken; ohne dieses würde ich das Ende dorten kaum erleben. – Lobkowitzens Unfälle werden I. K. H. vernommen haben. Es ist zu bedauern, aber so reich zu sein, ist wohl kein Glück! Graf Fries soll allein 1900 ⌗ in Gold an Duport12 bezahlt haben, wobei ihm das alte Lobkowitzische Haus zum Pfande dienen mußte. Die Details sind über allen Glauben. – Graf Rasumowsky, höre ich, wird nach Baden kommen und sein Quartett mitbringen, welches ganz hübsch wäre, indem I. K. H. dabei gewiß eine schöne Unterhaltung finden werden. Auf dem Lande weiß ich keinen schönern Genuß als Quartett-Musik. Nehmen I. K. H. meine innigsten Wünsche für Ihre Gesundheit gnädig auf, und bedauern Sie mich, in so widerwärtigen Verhältnissen hier zubringen zu müssen. Unterdessen werde ich alles, was Sie ebenfalls dabei verlieren, in Baden doppelt einzuholen mich bestreben.«


Erst Anfang September kehrte Beethoven nach Baden zurück. Am 7. September (Datierung Zmeskalls) zitiert er seinen Freund Zmeskall hinaus nach Baden, wo, wie es scheint, Degen sich wieder als Aeronaut produzierte (die »Degenschen Hilfsmittel« sind aber natürlich die Beethoven für seine Gedankenflüge unentbehrlichen Federn, für die nach wie vor Zmeskall sorgen mußte):


»Für Herrn von Zmeskall.

Geschrieben auf der Post.


Lieber Z. Heute bin ich fort – vergessen sie nicht auf meine Degenschen Hilfsmittel – und kommen sie, da das Wetter beginnt schön zu werden, bald nach Baden.


Ihr Freund

Beethoven.«


Wir verlassen nun Beethoven einstweilen im Genusse der schönen Natur, der Rasumowskyschen Quartettaufführungen – soweit ihm seine Taubheit noch diesen Genuß ermöglichte – und endlich in Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte beim Erzherzog, denen er sich mit aller Geduld, die ihm nur möglich war, unterzog. –

Mätzel hatte in dem vergangenen Winter sein »Kunstkabinett« als öffentliche Ausstellung eröffnet. Dort sah man Marmorbilder, Bronzen und Gemälde und eine große Mannigfaltigkeit von Gegenständen wissenschaftlicher und sonst die Neugierde fesselnder Art, welche verschiedene Künstler ihm geliefert hatten; darunter eine große Elektrisiermaschine mit Einrichtungen zu populären Versuchen. Die größte Anziehungskraft aber übte der von ihm selbst verfertigte mechanische Trompeter und sein neues [382] Panharmonikon. Der Trompeter spielte einen französischen Kavalleriemarsch mit Signalen und Melodien, welche Mälzel selbst auf dem Pianoforte begleitete. Das Panharmonikon vereinigte die gewöhnlichen Instrumente, welche damals in den Militärkapellen angewendet wurden; es hatte oben einige Trompeten und eine Trommel, unten Flöten, Klarinetten und Oboen und die diesen ähnlichen Instrumente, vorne ein Paar Becken, noch eine Trommel, ein Triangel usw., und hinten einen mächtigen Blasebalg; das Ganze war in einem Gehäuse von 7 Fuß Länge, 6 Fuß Breite und 12 Fuß Höhe eingeschlossen, weiß und golden bemalt und mit blauer und roter Drapierung geschmückt. Die bewegende Kraft war automatisch, und die Tasten wurden von Stiften berührt, welche in einem sich drehenden Zylinder befestigt waren, wie bei der gewöhnlichen Drehorgel oder der Spieldose. Kompositionen von beträchtlicher Ausdehnung hatten jede ihren besondern Zylinder. Die ersten für das Instrument eingerichteten Stücke waren Cherubinis Lodoiska-Ouvertüre, Haydns Militärsymphonie, die Ouvertüre und ein Chor aus Händels Timotheus; Ende Januar war Mälzel damit beschäftigt, ein Echo-Stück für dasselbe einzurichten, welches einige Jahre vorher von Cherubini für ihn komponiert war. Im Laufe des Sommers fügte er ein paar Märsche von dem beliebten jungen Klavierspieler Moscheles hinzu, der während des »Stechens« häufig die Werkstatt besuchte.

Beethovens »weite Reise« in der Tagebuch-Aufzeichnung von Ende 1812 (S. 361) bezieht sich wohl auf die Absicht, mit Mälzel nach England zu gehen. Es sei auch daran erinnert, daß schon am 29. Februar 1812 Beethoven an Thomson schrieb:


»car je quitterai peut-être ce pays-ci et je me rendrai en Angleterre et puis à puis à Edinbourg en Ecosse, où je me rejouis de faire votre connaissance en personne«


und daß am 3. Juni 1812 Oliva an Varnhagen schreibt:


»vielleicht nehme ich die erneuerte (!) Anerbietung des Beethoven an und reife mit ihm nach England.«


Diese Reise wurde in den ersten Monaten des Jahres 1813 ernstlich ins Auge gefaßt. Brunswiks Besuch in Wien erfolgte gerade zu der Zeit, als die Absicht zur Ausführung reif zu sein schien; da Schindler auf seine Autorität hin von dem Abschiedsmahle und dem Singen des Kanons erzählt, so kann dies als glaubwürdig angenommen werden.

[383] Der Gesundheitszustand Karls van Beethoven zwang aber wohl den Bruder, die Reise zu verschieben. Mälzel fand ebenfalls eine Veranlassung, bis zum Ende des Jahres zu warten; der Gedanke seiner wirklich sehr schönen und überraschenden Darstellung des Brandes von Moskau war ihm aufgegangen, und er blieb gerne in Wien, um dieselbe auszuführen. Nachdem Karls Gesundheit und Geldverhältnisse sich zum Bessern gewendet, und Mälzel den »Brand« vollendet hatte, waren beide, Beethoven und Mälzel, durch nichts mehr gehindert, an die Abreise zu denken.

Der Mechanikus war nicht allein ein Mann von unzweifelhaftem Erfindungsgenie, sondern er kannte auch das Publikum; er wußte gleichsam durch Instinkt, wie die Neugierde zu erregen und zu befriedigen sei, ohne daß die Erwartung getäuscht würde, und er wußte mit richtigem Takte und mit unermüdlichem Eifer seine Darstellungen so einzurichten, daß seine Besucher mit Dank für eine Unterhaltung, für welche sie bezahlt hatten, weggingen. Persönlich war er ebenso geachtet als beliebt. Die wichtigsten Städte des Kontinents und insbesondere London kannte er durch eigene Erfahrung hinlänglich, um voraussehen zu können, daß die großen Kompositionen von Händel, Haydn und Cherubini ihm für sein Panharmonikon einen guten Erfolg sichern würden; doch erwartete er nicht minder, daß, wenn er seinem Repertorium ein neues, fesselndes und allgemein verständliches Stück hinzufügen könnte, welches den großen Namen Beethovens trug, er sowohl dessen Anziehungskraft als auch das Interesse des Publikums für den Komponisten vermehren werde.

Kämpfe und Belagerungen waren viele Jahre hindurch beliebte Gegenstände musikalischer Malerei gewesen, und unter den großen Schlachten der letzten 50 Jahre waren, wie bereits früher (S. 100) bemerkt, nur wenige, welche nicht von Orchestern, Kapellen und jeder Art von Instrumenten noch einmal durchgefochten wurden. Der unglückliche Franz Koczwara, welcher sich in London 1791 im Scherze aufhing, war der Komponist einer »Grande bataille« (in D) für Orchester und der »Bataille de Prague« (in F) für Klaviertrio »avec tambour« oder Klavier allein, zur Erinnerung an den Sieg Friedrichs des Großen. Dies war 40 Jahre lang ein Paradestück durch ganz Europa und sogar in Amerika. François Devienne komponierte 1792 die »Schlacht bei Jemappes«, Franz Christoph Neubauer 1810 die Sinfonie militaire La bataille de Martinestie (Koburgs Sieg), L. Em. Jadin die Schlacht bei Austerlitz, G. Fr. Fuchs die bei Jena usw., sämtlich für Orchester. Das große Schlachtstück für [384] zwei Flöten, von welchem man gewöhnlich annahm, daß es nur ein Scherz sei und seine Pointe eben in seiner Absurdität bestehe, war ein Arrangement von Fuchs' Schlacht bei Jena. Für Klavier allein oder mit Begleitung von Instrumenten in größerer oder geringerer Zahl finden wir eine Menge von Schlachten in den Anzeigen jener Tage. Unter ihnen befanden sich die von Fleurus, Würzburg, Marengo, Jena (verschieden von der von Fuchs) und Wagram, sowie die Belagerung von Wien. Steibelt komponierte zwei Landschlachten und einen »combat naval«; Kauer »Nelsons Seeschlacht«, und so unzählige andere.

Als daher die Nachricht von Wellingtons großartigem Siege bei Vittori a am 21. Juni 1813 nach Wien gelangte, erkannte Mälzel sofort, daß dieselbe den Gegenstand einer Komposition für sein Panharmonikon bilden könne, welche mehr als irgend eine andere geeignet sein mußte, den Geschmack des englischen Volkes zu fesseln. Ein Werk, welches bestimmt war, seinem Helden eine Huldigung darzu bringen, dem Nationalgefühl durch Einführung desRule Britannia und des God save the King zu schmeicheln, den Nationalhaß gegen Frankreich zu befriedigen, einen englischen Sieg und eine französische Niederlage zu feiern, ein solches Werk, welches noch dazu den großen Namen Beethovens trug und durch seinen Genius verherrlicht war – was konnte man mehr wünschen? Mälzel arbeitete den Plan aus und legte ihn dem Komponisten vor, welcher wirklich in diesem allerdings einzig dastehenden Falle einwilligte, die Ideen eines andern auszuführen. In einem Skizzenbuche zu diesem Werke (in Artarias Sammlung), welches auf seiner ersten Seite Signale für die Schlacht enthält, lesen wir: »Wellingtons Victory Vittoria, bloß God save the King, aber eine große Sieges-Ouvertüre auf Wellington«; und in dem sogenannten Tagebuche heißt es: »Ich muß den Engländern ein wenig zeigen, was in dem God save the King für ein Segen ist.« Eine andere Bemerkung, welche gerade auf die zuletzt angeführte folgt, war vielleicht ebenfalls durch die bei dieser Arbeit gemachte Erfahrung veranlaßt: »Daß man gewiß schöner schreibt, sobald man für das Publikum schreibt, ist gewiß, ebenso als wenn man geschwind schreibt«13. Von [385] dem hier Angeführten steht nichts mit Moscheles' bestimmtem und unanfechtbarem Zeugnisse über den Ursprung dieses Werks im Widerspruche. »Ich war Zeuge von dem Ursprunge und dem Fortschreiten dieses Werkes«, schreibt er in einer Anmerkung zu seiner englischen Ausgabe von Schindlers Biographie, »und erinnere mich, daß Mälzel nicht allein mit Entschiedenheit Beethoven überredete, dasselbe zu schreiben, sondern ihm sogar den ganzen Plan desselben vorlegte; er selbst schrieb alle Trommelmärsche und Trompeten-Signale der französischen und englischen Armeen, gab dem Componisten mancherlei Winke, wie er die englische Armee beim Erklingen des ›Rule Britannia‹ ankündigen, wie er das ›Malbrook‹ mit ungeheurer Kraft einführen, die Schrecken der Schlacht schildern und das ›God save the King‹ mit Effecten versehen sollte, welche die Hurrahs einer großen Menge darstellten. Sogar der unglückliche Einfall, die Melodie des God save the King zum Thema einer Fuge in schneller Bewegung zu machen, stammt von Mälzel. Alles dies sah ich in Skizzen und Partitur, die von Beethoven in Mälzels Werkstatt gebracht wurden, damals dem einzigen angemessenen Raume, mit welchem dieser versehen war, um jemanden zu empfangen.«

Die Mitteilungen, welche der Verfasser von Karl Stein erhielt, stimmen mit vorstehenden Erzählungen sowohl im allgemeinen als größtenteils auch in den Einzelheiten überein. Derselbe besuchte täglich Mälzels Räume, welche sich, wie früher bemerkt, in seines Vaters Pianofortefabrik befanden, und hegte die feste Überzeugung, daß Mälzel später in der Angelegenheit dieser Komposition von Beethoven sehr unbillig, um nicht zu sagen ungerecht, behandelt worden sei.

Der Komponist sagt selbst: »Ich hatte schon vorher die Idee einer Schlacht gefaßt, die aber auf seine Panharmonika nicht anwendbar war«; diese Worte gestatten entschieden die Folgerung, daß die wirklich ausgeführte Idee nicht seine eigene war. Überdies enthält die Abschrift eines Teiles der Partitur für das Panharmonikon in der Artariaschen Sammlung auf dem Umschlage von seiner eigenen Hand folgende Worte: »Auf Wellingtons Sieg bei Vittoria, 1813, geschrieben für Hrn. Mälzel von Ludwig van Beethoven«. Dies alles bestätigt in größerem oder geringerem Maße die Angaben von Moscheles, wenn dieselben überhaupt einer Bestätigung bedürfen. Es ergibt sich fast von selbst und scheint kaum noch besonderer Hervorhebung zu bedürfen, daß Mälzels Anteil an dem Werke noch größer war, als oben angegeben; denn wer immer für das Panharmonikon schreiben mochte, mußte von Mälzel über die [386] Leistungsfähigkeit und die Schranken desselben fortgesetzt belehrt werden, mochte es nun Beethoven oder der junge Moscheles sein.

Wir können mit gutem Grunde annehmen, daß während der gelegentlichen Besuche Beethovens in der Stadt im August und September der Plan von »Wellingtons Sieg« im allgemeinen festgestellt wurde und diejenigen Änderungen in der Partitur vorgenommen, welche die Natur des Instruments forderte, so daß früh im Oktober das Ganze für Mälzel so weit fertig war, daß er es auf seinen Zylinder übertragen konnte. –

Nach Beethovens Rückkehr in seine Stadt-Wohnung, zwischen dem 15. und 20. September, werden wie gewöhnlich seine Briefe an Zmeskall wieder zahlreich; der Hauptgegenstand derselben war gerade damals wieder das Engagement eines neuen Bedienten. Einige derselben mögen die Erzählung hier einen Augenblick unterbrechen.

Der folgende (wohl Anfang Oktober) wurde zuerst 1889 durch Frimmel in der Neuen Zeitschrift für Musik (S. 524) veröffentlicht (nach dem Original a. d. Wiener Hofbibliothek):


»Es war mir nicht möglich, Sie, mein werthester Z., bei meinem jetzigen Aufenthalte zu sehen. Ich bitte Sie, nicht auf meine Bitte zu vergessen. Ich brauche den Bedienten eben nicht zu sehen, wenn nur sonst richtige Zeugnisse für seine Treue oder sittlichen Charakter da sind. Denn schwerlich findet man alles was man wünscht. Ein solcher Mensch könnte bei mir schon in der Hälfte dieses Monats 13 oder spätestens Ende dieses Monats eintreten. Von Baden aus schreibe ich ihnen deswegen.


In Eil

Ihr Freund

Beethoven.


Verzeihen Sie das unförmliche Papier und Schreiben.

NB. Der Bedienten-Monat hat mit dem 25 ten jedes Monats seinen Anfang, also in der Hälfte nur noch bis zum 25 ten.«


(21. September.) »Wohlgebohrenster wie auch der Violonscellität Großkreuz!

Sollte Ihr Bedienter brav seyn und einen Braven für mich wissen, so würden Sie mir eine große Gefälligkeit erweisen mir durch den ihrigen Braven, mir auch einen Braven verschaffen zu lassen – einen Verheyratheten wünsche ich auf jeden Fall, wenn auch nicht mehr Ehrlichkeit so ist doch von einem solchen mehr Ordnung zu erwarten. Bis Ende dieses Monaths geht meine jetzige Bestie von B. fort, der Bediente könnte also mit Anfang des künftigen Monaths eintreten – Ich darf seit gestern nicht ausgehen wegen meinem Kathar, und werde wohl noch einige Tage das Zimmer hüten müssen – Sollten Sie mich besuchen wollen so lassen Sie mir die Stunde wissen [387] voraus. – Da ich keine Livrée gebe, außer einem Mantel, hat mein Bedienter 25 fl. Monathlich – Verzeihen Sie lieber Zmeskall


Ihrem Freund

Beethoven.«


Ein Brief vom 8. Oktober giebt Order, ihm vom Dienstbotenamt aus so lange morgens 7–9 Uhr Diener zuzuschicken, bis er abbestelle, und schließt mit jenem in der späteren Korrespondenz so häufigen Wortspiele, welches hier zum erstenmal erscheint:


»Befehlen Sie in Nöthen mit Noten, mir Ihrem Freunde.«


(9. Oktober.) »Lieber guter Z., werden Sie nicht unwillig, wenn ich Sie bitte auf beiliegenden Brief beiliegende Adresse zu schreiben, derjenige beklagt sich immer, an welchen der Brief ist, warum keine Briefe von mir ankommen. Gestern brachte ich einen Brief auf die Post, wo man mich fragte, wo der Brief hin soll? – Ich sehe daher, daß meine Schrift vielleicht eben so als ich selbst mißdeutet werde. –

Daher meine Bitte an Sie. –«


So erhielt Beethoven einerseits unter dem Beistande und der Leitung der trefflichen Familie Streicher seine Wohnung und seine Garderobe in ordentlichen Zustand gesetzt, und fand andererseits mit Hilfe Zmeskalls jenen Bedienten, von welchem Schindler spricht, »der ein Schneider war und im Vorzimmer des Componisten sein Handwerk ausgeübt hat. Derselbe, im Verein mit seiner Frau, die jedoch nicht im Hause wohnte, pflegte den Meister mit rührender Sorgfalt bis in das Jahr 1816, – und diese geregelte Lebensweise bekam unserm Freunde sehr wohl. Hätte sie nur wenige Jahre noch fortdauern können.«

»An diese Situation«, fährt Schindler fort (I. S. 188), »knüpfen sich Merkmale von Liebe und Verehrung Seitens des Fürsten Lichnowsky, die wohl einer näheren Erwähnung werth sind. Der Fürst war es gewohnt, seinen Liebling recht oft in seiner Werkstätte zu besuchen. Nach beiderseitiger Uebereinkunft sollte von seiner Anwesenheit keine Notiz genommen werden, damit der Meister nicht gestört werde. Der Fürst pflegte nach einem Morgengruß irgend ein Musikwerk durchzublättern, den arbeitenden Meister eine Weile zu beobachten und dann wieder mit einem freundlichen ›Adieu‹ die Stube zu verlassen. Dennoch fühlte sich Beethoven durch diesen Besuch gestört und verschloß zuweilen die Thür. Unverdrossen stieg der Fürst wieder 3 Stockwerke hinab. Als aber der schneidernde Bediente im Vorzimmer saß, gesellte sich die fürstliche Durchlaucht zu ihm und harrte so lange, bis sich die Thür öffnete und sie [388] den Fürsten der Tonkunst freundlich begrüßen konnte. Das Bedürfniß war somit gestillt. – – Es war jedoch dem allverehrten Kunst-Mäcen beschieden, nicht lange mehr seines Lieblings und dessen Schöpfungen sich freuen zu können.« – Diese rührende Erzählung ist völlig glaubwürdig. –

Wir kehren zu »Wellingtons Sieg« zurück. Schindler bemerkte in der ersten Ausgabe seines Buches in der Voraussetzung, das Panharmonikon habe das Werk bereits gespielt: »Der Effect dieses Stückes war so unerwartet, daß Mälzel unsern Beethoven aufforderte, es für Orchester zu instrumentieren.« Hinsichtlich des Grundes befindet er sich im Irrtum; denn Mälzel hatte, nach Beethovens Worten, erst »zu stechen angefangen«. In Wahrheit war Mälzel Musiker genug, um schon aus der Partitur zu erkennen, welche Wirkung dasselbe üben müsse, wenn es für großes Orchester instrumentiert würde, und wiederum scharfsinnig genug, um einzusehen, daß die Komposition in dieser letzteren Form sich für sie in London von weit größerem Vorteil erweisen, und wenn sie dann später auf dem Panharmonikon gespielt würde, um so größere Anziehungskraft üben würde. Doch dies war eine Erwägung von viel geringerer Wichtigkeit.

Vor dem Zeitalter des Dampfes war eine Reise von Wien nach London mit den vielen ungeheueren Kisten, welche selbst schon ein Teil von Mälzels Sammlung in Anspruch nahm, ein sehr kostspieliges Unternehmen. Es erhob sich daher nunmehr die Frage, wie die nötigen Mittel zu beschaffen seien. Die Geldmittel Beethovens waren erschöpft, Mälzels eigene sehr beschränkt. Hätte Mälzel die Reise allein unternehmen und in den wichtigsten Städten auf dem Wege Vorstellungen geben wollen, so würde ihm das wenig oder keine Gefahr gebracht haben, wie die Erfahrung des nächsten Jahres bewies; aber die Reise direkt und in Begleitung Beethovens zu machen, war unmöglich, solange nicht auf irgend eine Weise eine ansehnliche Summe baren Geldes herbeigeschafft war.

Die einzige Hilfsquelle für Beethoven, wenn er nicht das Geld leihen wollte, war natürlich die Aufführung der beiden neuen Symphonien, von welchen für die Probe Ende April beim Erzherzog Rudolf die Stimmen ausgeschrieben waren; ein Umstand, welcher die Ausgaben für ein Konzert nicht unerheblich vermindern mußte. Da seit seinem letzten Benefiz fünf Jahre verflossen waren, so konnte mit gegründeter Sicherheit für ein en Konzertabend auf ein volles Haus gerechnet werden. Aber keins seiner Konzerte war jemals wiederholt worden, und [389] ein einmaliges volles Haus konnte nur geringe Hoffnung auf Erzielung eines namhaften Vorteils bieten. Überdies waren die fruchtlosen Versuche aus dem Frühjahr, eine »Akademie« zu arrangieren, entmutigend für ihn. Wenn nicht die neuen Symphonien ohne Kosten für ihn selbst aufgeführt werden konnten, und wenn nicht das Interesse und die Neugierde des Publikums so stark erwachte, daß auch von zwei oder drei einander folgenden Konzerten ein sicherer Erfolg zu erwarten war, so konnte ein angemessener Fonds für die Reise nicht beschafft werden. Konnte jedoch in irgend einer Weise ein so großes Aufsehen erregt werden, um diesen Punkt sicherzustellen, dann war zu erwarten, daß ihnen der Ruf davon vorangehen und sie in London ehrenvoll einführen werde.

Beethoven war ratlos; Mälzels Scharfsinn aber war der Sache gewachsen. Er wußte, daß für die gebildeten Klassen der Musikliebhaber, welche fähig und bereit waren, das Beste zu würdigen, nichts Besseres gewünscht werden konnte als neue Symphonien von Beethoven. Aber die Zahl solcher Zuhörer ist immer eine beschränkte; das Programm mußte auch etwas Überraschendes, Aufsehen Erregendes, ad captandum vulgus Geeignetes enthalten, um die Massen heranzuziehen und ihre Beutel zu öffnen. Sein Trompeter reichte dazu nicht aus; er hatte den Reiz der Neuheit verloren; höchstens wäre er mit einem Orchester anstatt mit Pianofortebegleitung allenfalls noch etwas gewesen. Beethoven allein war imstande, wenn er wollte, dasjenige hervorzubringen, was unerläßlich war.

Die Zeit drängte. Mälzel hatte längst seine Ausstellung geschlossen, und jeder Tag des Aufschubs brachte ihm ernstlichen Verlust. Der »Brand von Moskau«, das Modell seines Chronometers und die Zylinder für sein Panharmonikon waren sämtlich fertig; es fehlte nur noch der »Sieg«, und auch dieser sollte bald fertig sein. Er konnte daher vor Ende des Jahres in München sein, wie sein Interesse gebieterisch verlangte, vorausgesetzt, daß Beethoven nicht sein Begleiter sein würde. Es gab nichts, was ihn nach Vollendung des »Sieges« in Wien hätte zurückhalten können, außer seinen Beziehungen zum Komponisten. Ihn kannte er freilich zu wohl, als daß er von ihm irgend eine Arbeit hätte hoffen dürfen, welche ausdrücklich mit der Absicht geschrieben wäre, der Menge zu gefallen, selbst wenn die Zeit ihm dies gestattet hätte; und dies war nicht der Fall. –

Im Oktober wurden die Vorbereitungen zu zwei großen Aufführungen von Händels Timotheus für den 11. und den 14. November in der [390] K. K. Winterreitschule getroffen, zum Vorteile der Witwen und Waisen von Österreichern und Bayern, welche in dem letzten Feldzuge gegen Napoleon gefallen waren.

Auf diesen Umstand baute Mälzel seinen Plan. Derselbe bestand darin, falls Beethoven sich bereit erklären würde, seinen »Sieg« für Orchester zu instrumentieren – eine Arbeit, bei welcher er, frei von den Beschränkungen des Panharmonikon, seiner Phantasie freien Spielraum lassen konnte –, dem Komponisten seine Partitur zurückzugeben und es zu wagen, die Benutzung derselben zu dem ursprünglichen Zwecke zum Opfer zu bringen, in Wien zu bleiben und das Werk in dieser neuen Bearbeitung in einem großen Wohltätigkeitskonzerte »zum Besten der in der Schlacht bei Hanau invalid gewordenen österreichischen und bairischen Krieger« aufführen zu lassen. Er erwartete, daß durch dasselbe auf das große Publikum eine besondere Anziehungskraft werde ausgeübt werden. Der Erfolg sollte dann, so vertraute er, den Weg zu zwei oder mehreren weiteren Aufführungen bahnen, welche sie zu ihrem eigenen Benefiz geben wollten. Es ist schwer zu sagen, ob man unter allen diesen Umständen Mälzels richtiges Urteil oder sein mutiges Vertrauen auf das Werk und auf Beethovens Genie mehr bewundern soll. Er eröffnete seinen Plan und seine Absichten dem Komponisten, dieser billigte sie, und die Partitur wurde ihm zurückgegeben.

Während Beethoven eifrig bei der Arbeit war, beschäftigte sich Mälzel mit den Vorbereitungen zum Konzerte. Seine persönliche Beliebtheit, der wohltätige Zweck, die Neugierde, Beethovens neue Erzeugnisse und insbesondere das Schlachtstück kennen zu lernen, sicherten ihm die Mitwirkung aller namhaften Musiker, welche damals in Wien waren, von denen einige, wie Dragonetti, Meyerbeer, Romberg u.a., sich nur auf der Durchreise oder nur für kurze Zeit dort aufhielten.

Tomaschek, welcher den »Sieg« im folgenden Jahre hörte, war, wie er sagt, »sehr schmerzlich berührt, einen Beethoven, dem die Vorsehung im Tonreiche vielleicht den höchsten Thron angewiesen, unter den gröbsten Materialisten zu finden. Man erzählte mir zwar, daß er selbst das Werk für eine Dummheit erklärte, und es ihm nur insofern lieb war, als er damit die Wiener total schlug.« Es ist nicht zu bezweifeln, daß dies wirklich so war; und ebensowenig, daß diejenigen, welche an der Aufführung beteiligt waren, das Werk als einen großartigen musikalischen Scherz betrachteten und sich an demselben con amore beteiligten, weil er ihnen Quelle einer ungeheuren Erheiterung in ihrem Berufe [391] wurde. Sehr ernsthaft weist, freilich erst zwölf Jahre später, Gottfried Weber (Cäcilia 1825, S. 156–72) das Werk ab: »Jeder, je theurer ihm Beethoven und seine Kunst ist, muß wünschen, daß doch recht bald die Vergessenheit den versöhnenden Schleier werfen möge über solche Verirrung seiner Muse.«

Der Universitätssaal wurde zu dieser Gelegenheit gewährt und der 8. Dezember als Tag des Konzertes bestimmt. Der junge Glöggl war in Wien, besuchte Beethoven und erhielt von ihm die Vergünstigung, den Proben beiwohnen zu dürfen. »Ich erinnere mich in einer Probe«, schreibt er, »daß die Violinspieler durchaus eine Stelle in der Symphonie nicht spielen wollten und ihm den Vorwurf machten, wie man so schwer schreiben kann, was nicht zu spielen ist. Beethoven aber bat die Herren die Stimme mit nach Hause zu nehmen, wenn sie es zu Hause praktisiren, wird es gewiß gehen. Den andern Tag in der Probe ging diese Stelle ausgezeichnet und die Herren hatten darüber selbst ihre Freude, Beethoven das Vergnügen gemacht zu haben.«

Spohr, welcher unter den Violinisten mitspielte, »sah Beethoven zum erstenmal dirigiren und war überrascht in hohem Grade, obgleich man ihm erzählt hatte, was er jetzt mit Augen sah. Beethoven hatte sich angewöhnt, sagt er, dem Orchester die Ausdruckszeichen durch allerlei sonderbare Körperbewegungen anzudeuten. Bei dem Piano bückte er sich nieder, und um so tiefer, je schwächer er es wollte. Trat dann ein crescendo ein, so richtete er sich nach und nach wieder auf und sprang beim Eintritt des forte hoch in die Höhe. Auch schrie er manchmal, um dasforte noch zu verstärken, mit hinein, ohne es zu wissen. – – – Daß der arme, taube Meister die piano seiner Musik nicht mehr hören konnte, sah man ganz deutlich. Besonders auffallend war es aber bei einer Stelle im zweiten Theile des ersten Allegro der Symphonie. Es folgen sich da zwei Halte gleich nach einander, von denen der zweite pianissimo ist. Diesen hatte Beethoven wahrscheinlich übersehen, denn er fing schon wieder an zu taktiren, als das Orchester noch nicht einmal diesen zweiten Halt eingesetzt hatte. Er war daher, ohne es zu wissen, dem Orchester bereits zehn bis zwölf Takte vorausgeeilt, als dieses nun auch, und zwar pianissimo begann. Beethoven, um dieses nach seiner Weise anzudeuten, hatte sich ganz unter dem Pulte verkrochen. Bei dem nun folgenden crescendo wurde er wieder sichtbar, hob sich immer mehr und sprang hoch in die Höhe, als der Moment eintrat, wo, seiner Rechnung nach, das forte beginnen mußte. Da dieses ausblieb, sah er sich [392] erschrocken um, starrte das Orchester verwundert an, daß es noch immer pianissimo spielte, und fand sich erst wieder zurecht, als das längst erwartete forte endlich eintrat und ihm hörbar wurde. Glücklicher Weise fiel diese komische Scene nicht bei der Aufführung vor«14.

Die ersten Anschlagzettel, mit welchen Mälzel das Konzert ankündigte, sprachen von dem Schlachtstücke als von seinem Eigentum; da aber Beethoven Einwendungen dagegen erhob, wurden andere Worte an die Stelle gesetzt, in welchen gesagt war, dasselbe sei komponiert »aus Freundschaft für seine Reise nach London«. Über Mälzels Anteil an der Komposition wurde keine Andeutung aufgenommen.

Das Programm des Konzerts enthielt:

1. »Eine ganz neue Sinfonie«, die 7te in A dur, von Beethoven.

2. Zwei Märsche, gespielt von Mälzels mechanischem Trompeter, mit vollständiger Orchesterbegleitung, der eine von Dussek, der andere von Pleyel.

3. Wellingtons Sieg.

Die Wiener Zeitung berichtet unterm 20. Dezember 1813:


»Der durch seine mechanische Kunstfertigkeit, das durch ihn erfundene Panharmonikon und andere Kunstwerke berühmte hiesige Bürger und Hofmechaniker Herr Maelzel, da derselbe in Begriff steht mit einem Teile seiner Kunstarbeiten eine Reise nach England anzutreten und vorher noch dem hiesigen Publikum einen Beweis seiner Verehrung geben, und damit zugleich einen wohlthätig-patriotischen Zweck verbinden wollte, hat von unsern berühmten Tonsetzer Ludwig van Beethoven, dem dieser Anlaß, ein Opfer seiner Kunst bey gegenwärtiger Zeit auf dem Altare des Vaterlandes niederzulegen, sehr willkommen war, eine von ihm ganz neu verfaßte große vollstimmige Instrumentalkomposition, welche Wellingtons Sieg bei Vittoria zum Gegenstand hat, als freundschaftliches Geschenk erhalten, und auf Herrn Maelzels Ansuchen zeigten die auserlesensten ausübenden Künstler dieser Kaiserstadt, von gleichen Gesinnungen beseelt, sich ebenso bereitwillig, ohne Ansprüche auf den ihrem Ruhme und ihrer Kunstfertigkeit gebührenden Rang, jeden auch untergeordneten Platz anzunehmen, um das Ganze der Komposition des berühmten Tonsetzers in ihrer Vollkommenheit vorzutragen.

So wurde mit der Bestimmung des Ertrages für die in der Schlacht bei Hanau invalid gewordenen österreichischen und bayerischen Krieger am 8ten d. M. in dem Saale der Universität ein Kunstfest gegeben, das durch die hinreißende Schönheit der Beethovenschen Kompositionen, durch die vollkommene Ausführung von mehr als 100 Virtuosen von erstem Range (wobei der K. K. Hofkapellmeister Salieri es nicht unter seiner Würde fand, den Takt der Trommeln und Kanonaden zu geben, ein Ludwig Spohr und Mayseder, jeder durch Kunstfertigkeit der obersten Leitung gewachsen, zweite [393] und dritte Stellen nahmen, ein Hummel die große Trommel schlug, ein Siboni, ein Giuliani und andere berühmte Nahmen an untergeordneten Stellen standen), das durch Herrn Maelzels Kunst-Trompeter und endlich durch den einstimmigen enthusiastischen Beifall aller Zuhörer in seiner Art Einzig war. Die Aufführung bestand in einer von Herrn o. Beethoven ganz neu komponirten großen Simphonie, nach welcher Herr Maelzel seinen mechanischen Trompeter hören ließ, zu dessen Spiel das Orchester die eigens von Dussek und Pleyel verfaßte Begleitung ausführte, und den Beschluß machte das oben erwähnte v. Beethoven'sche Instrumental-Stück in zwey Abtheilungen, wovon die erste Wellingtons Schlacht, die andere dessen Sieg bey Vittoria zum Gegenstand hatte. Der Beyfall, den Beethovens kraftvolle Komposizionen, von ihm selbst dirigirt und durch die aus Eifer für die Kunst und die Sache des Vaterlandes zu diesem Feste der Kunst und patriotischen Wohlthätigkeit vereinigten ersten Künstler der Kaiserstadt bei allen Zuhörern fanden, stieg bis zur Entzückung. Von mehreren Musikstücken der Beethovenschen Kompositionen wurde durch anhaltendes Zuklatschen die Wiederholung und endlich die nochmalige Aufführung dieser patriotischen Unterhaltung verlangt. Der Künstlerverein, immer von denselben Gesinnungen belebt, ließ sich dazu bereit finden und so wurde am 12. d. M. die Wiederholung vor einer noch weit zahlreicheren und ansehnlicheren Versammlung von Kunstliebhabern gegeben und mit gleichem, einstimmigem Beyfalle aufgenommen.

An der Spitze der ersten Violinen stand der als Künstler rühmlich bekannte gräfl. Rasumowskische Kammer-Virtuos, Hr. Schuppanzigh, der durch seinen feurigen ausdrucksvollen Vortrag das Orchester mit sich gleichsam fortriß; unter den übrigen mitwirkenden Künstlern bemerkte man mit Vergnügen die Herren Belloni, Gebrüder v. Blumenthal, Bagner, Breymann, Dragonetti, Dreßler, Friedlowsky, Gebauer, Gering, Gottlieb, Hänsel, Hauschka, Hummel, Gebrüder Kail, Kraft Vater und Sohn, Sieber, Linke, Mayseder, Mayerbär, Moscheles, Pechatschek, Pixis, Romberg, Salieri, Schlesinger, Siboni, Sina, Louis Spohr, Weiß und andere vollkommene Künstler, welche alle zu nennen der Raum nicht gestattet.

Die reine Einnahme von beyden Aufführungen nach Abzug der unvermeidlichen Kosten betrug 4006 Guld., welche dem hohen Kriegs-Präsidio zu der angegebenen Bestimmung ehrfurchtsvoll überreicht worden sind.«


Aus dem Bericht des »Österreichischen Beobachter« vom 11. Dezember über die erste Aufführung sei nur der Teil mitgeteilt, welcher auf den Aufbau der Schlachtsymphonie näher eingeht und auch die Bedenken gegen die Kunstgattung maßvoll durchblicken läßt:


»Es ist hier weder Ort noch Zeit den alten Streit auszugleichen, ob die Musik die Mittel habe, Handlungen oder Ereignisse, als da sind Schlachten, Feuersbrunst, Wassersnoth etc. darzustellen; soviel ist gewiß, daß Beethovens Composition von wahrhaft herrlicher, siegender Wirkung war, daß sie sich durch die lebendigste Charakteristik aussprach und gewiß jeder gestehen mußte, daß, wenn etwas derart je zulässig, es nur so und nicht anders zulässig ist. Man hört die französischen und englischen Heere anrücken, jene [394] mit ihrem, ›Marlborough s'en va-t-en guerre‹, diese mit ihrem herrlichen ›Britannia rule the waves‹ etc. Immer näher wälzt sich das Schlachtengewühl, das Geräusch des Kleingewehrfeuers und der Donner des Geschützes; immer lebendiger wird das Getöse, immer hitziger der Kampf, bis es zum Sturm und Sieg geht, das Getümmel allmählich verhallt und die geschlagenen abziehen. Eigenthümlich und höchst bedeutend ist die Wiederkehr des ›Marlborough‹ etc. Der zweite Theil drückt die Siegesfeier des Wellingtonschen Heeres aus und macht mit dem dazwischen tönenden ›God save the king‹ den unwiderstehlichsten Eindruck«... Am Schluß wird auf die Wiederholung des Konzerts am 12. Dezember hingewiesen. »Die Eintrittspreise werden wie beim ersten Male 10 und 5 fl. seyn.«


Die Äußerungen der gleichzeitigen Presse fanden ihre Bestätigung durch folgende Worte des bejahrten Spohr: »Die neuen Compositionen Beethoven's gefielen außerordentlich, besonders die (A-Dur-) Symphonie; der wundervolle zweite Satz wurde da capo verlangt (in beiden Concerten); er machte auch auf mich einen tiefen, nachhaltigen Eindruck. Die Ausführung war eine ganz meisterhafte, trotz der unsicheren und dabei oft lächerlichen Direktion Beethoven's.«

Franz Glöggl erzählt bei diesem Anlasse einen jener hübschen kleinen Züge von Beethovens Liebenswürdigkeit. »Sonntags bei der Aufführung war gar keine Karte mehr zu haben, und Beethoven erlaubte mir ihn in seiner Wohnung um 1/2 11 Uhr abzuholen. Er nahm seine Partituren in den Wagen. Während des Hinfahrens war mit ihm nichts zu reden, denn er war ganz im Geiste in seine Compositionen versunken, und gab mit der Hand mehrere Tempos an. Bei der Ankunft am Saale hieß er mich die Partitur untern Arm zu nehmen und mit ihm in den Saal zu gehen, wo er mir einen Platz anweisen werde. Ich war nun im Saale und hatte den Hochgenuß, das ganze Concert zu hören. Alles ging vortrefflich, mit ungeheurem Applaus begleitet. Salieri und Jos. Weigl dirigirten bei der Schlacht auf den Gallerieen rechts und links.«

Schindler nennt dieses Konzert mit Recht einen der »wichtigsten Momente im Leben des Meisters, in welchem alle bisher dissentirenden Stimmen, mit Ausnahme weniger Fachmänner, sich endlich dahin geeinigt hatten, ihn des Lorbeers würdig zu halten«. Er führt eine längere Stelle aus der Allg. Mus. Zeitung an, welche so endigt: »Was sodann die Schlacht betrifft: will man nun einmal sie durch Töne der Musik auszudrücken versuchen, so wird man wenigstens es eben auf die Art machen müssen, wie es hier geschehen. Einmal in die Idee eingegangen, erstaunt man freudig über den Reichthum und noch mehr über die genialische [395] Verwendung der Kunstmittel zu jenem Zweck. Der Effect, ja selbst die recht eigentliche Täuschung ist ganz außerordentlich; und es läßt sich wohl ohne alles Bedenken behaupten, es existire gar nichts im Gebiete der malenden Tonkunst, das diesem Werke gleichkäme.«

Was würde der Berichterstatter wohl gesagt haben, wenn er gewußt hätte, daß der ganze Plan Mälzel angehörte?

»Ein Werk wie die Schlacht-Sinfonie mußte kommen«, fügt Schindler treffend und richtig hinzu, »um die noch immer auseinandergehenden Urtheile zu vereinigen und somit den Gegnern jeder Art plötzlich den Mund zu stopfen.«

Schindler bewahrte auch ein für die Wiener Zeitung geschriebenes, von Beethoven unterzeichnetes »Dankschreiben«, welches mit einem gerechten und verdienten Lobe Mälzels endet. Wir teilen dasselbe hier mit.


(Für das Intelligenz-Blatt der Wiener Zeitung.)


»Ich halte es für meine Pflicht, allen den verehrten mitwirkenden Gliedern der am 8. u. 12. Dec. gegebenen Akademie, zum Besten der in der Schlacht bei Hanau invalid gewordenen Kais. öfter. u. Kgl. bayer'schen Krieger, für ihren, bei einem so erhabenen Zweck dargelegten Eifer zu danken.

Es war ein seltener Verein vorzüglicher Tonkünstler, worin ein jeder einzig durch den Gedanken begeistert, mit seiner Kunst auch etwas zum Nutzen des Vaterlandes beitragen zu können, ohne alle Rangordnung auch auf untergeordneten Plätzen, zur vortrefflichen Ausführung des Ganzen mitwirkte.

Wenn Herr Schuppanzigh an der Spitze der ersten Violine, und durch seinen feurigen, ausdrucksvollen Vortrag das Orchester mit sich fortriß, so scheute sich ein Hr. Ober-Capellmeister Salieri nicht, den Takt der Trommeln und Canonaden zu geben; Hr. Spohr und Hr. Mayseder, jeder durch seine Kunst der obersten Leitung würdig, wirkten an der zweiten und dritten Stelle mit, und Hr. Siboni und Giuliani standen gleichfalls an untergeordneten Plätzen.

Mir fiel nur darum die Leitung des Ganzen zu, weil die Musik von meiner Composition war; wäre sie von einem andern gewesen, so würde ich mich eben so gern, wie Hr. Hummel15, an die große Trommel gestellt [396] haben, da uns Alle nichts als das reine Gefühl der Vaterlandsliebe und des freudigen Opfers unserer Kräfte für diejenigen, die uns so viel geopfert haben, erfüllte.

Den vorzüglichsten Dank verdient indessen Hr. Mälzel, insofern er als Unternehmer die erste Idee dieser Akademie faßte, und ihm nachher durch die nöthige Einleitung, Besorgung und Anordnung der mühsamste Theil des Ganzen zufiel. Ich muß ihm noch insbesondere danken, weil er mir durch diese veranstaltete Akademie Gelegenheit gab, durch die Composition, einzig für diesen gemeinnützigen Zweck verfertigt und ihm unentgeltlich üb ergeben, den schon lange gehegten sehnlichen Wunsch erfüllt zu sehen, unter den gegenwärtigen Zeitumständen auch eine größere Arbeit von mir auf den Altar des Vaterlandes niederlegen zu können.


Ludwig van Beethoven.«


Warum diese Erklärung nicht gedruckt wurde? – es war zwischen Beethoven und Mälzel plötzlich Streit ausgebrochen, wie wir weiterhin darzustellen haben werden. –

Im Herbst 1813 traf ein Musiker namens Hagen mit einer Empfehlung Kotzebues an Beethoven aus Reval in Wien ein (das Original war im Besitz der Witwe des Neffen Karl):


»Reval 24. Sept. 1313


Überbringer dieses, Herr Hagen, ist 3 Jahre in meinem Hause Musik-Lehrer gewesen und da ich sowohl in Rücksicht seiner Kenntnisse und seines Fleißes als auch in Rücksicht seines moralischen Charakters ihn schätzen gelernt habe, so bin ich so frey, Ihnen denselben bestens zu empfehlen als einen Ihrer aufrichtigsten Verehrer. Zu diesen zähle auch ich mich und verharre


Ihr

ganz gehorsamster

Kotzebue.«


Der Name begegnet uns in der Folge nicht. Auf Beethovens Wunsch eines Operntextes aus der Feder Kotzebues (S. 299) scheint Kotzebue nicht eingegangen zu sein, wenigstens liegen keine Belege für dergleichen vor.

Einen neuen Beleg für die Ungeduld, mit welcher Beethoven die Durchsetzung besserer Zahlungsbedingungen für sein Gehalt seitens der Kinskyschen Erben betrieb, gibt ein 1906 im Juniheft der »Musik« erstmalig von Kalischer veröffentlichter Brief Beethovens an den Rechtsanwalt [397] Dr. Beyer in Prag (Original im Besitz von Karl Meinert in Frankfurt a. M.):


»An Herrn Dr. von Beyer in Prag.

(Durch die Güte des Herrn von Kranz.)


Wien den 18. Dezember 1813.


Mein werther Freund!


So nenne ich sie, und so werde ich sie einmal umarmen – verflucht habe ich dieses unselige Dekret schon mehrmals, da ich dadurch in unzählige Leiden gerathen. Oliva ist nicht mehr hier16 und es ist mir unerträglich, so viele kostbare Zeit mit Sachen zu verliehren, die ich meiner Kunst raube, sodaß die Sachen liegen geblieben – ich habe nun Wolf ff neues Gutachten geschickt er meint mit Prozeß anzufangen, allein ich glaube am besten, wie ich es auch Wolf geschrieben, daß Gesuch zuerst bey den Landrechten einzureichen – tragen sie das ihrige dazu bey und lassen sie mich nicht zu Grunde gehen, hier von unzähligen Feinden umgeben, bey allem, was ich thue, ich bin beynahe in Verzweiflung – Mein Bruder, den ich mit Wohlthaten überhäuft, mit dessen willen ich gewiß... mit zum Theil im Elende bin, ist – mein größter Feind!17 Küssen sie Koschak in meinem Namen, sagen sie ihm, daß meine Erfahrungen und meine Leiden [seit] er mich gesehen, ein Buch voll machen – gern hätte ich Wolf die ganze Geschichte abgenommen und sie ihm übergeben, allein wir hätten nur neue Feinde – thun sie nur das ihrige – nächstens mehr hiervon – schicken sie mir doch ihre und Koschaks Straße und N° wo sie wohnen, denn immer muß ich meine Briefe durch andere an sie schicken – beantworten sie gleich den Empfang dieses –


ihr

Beethoven.«


Kompositionen des Jahres 1813.

Die große Novität, welche Beethoven im Jahre 1813 der Welt schenkte, ist die 7. Symphonie A-DurOp. 92, dem Reichsgrafen Moritz von Fries gewidmet. Wie wir früher gesehen, war die Symphonie bereits in Mai 1812 beendet, im Juli 1812 hatte Erzherzog Rudolf bereits eine Kopie anfertigen lassen (Beethoven an Varena aus Teplitz 19. Juli 1812), ja dieselbe war wohl schon am 8. Mai bestellt (Beethoven an Varena: »da ich jetzt Gelegenheit habe, so soll die Copiatur keinen Heller kosten«). Wenn trotz mehrmaliger Verheißung doch eine Übersendung der Symphonie (und auch der im Oktober 1812 beendeten achten) an Varena nicht erfolgte, so wird der Grund wohl darin [398] zu suchen sein, daß er die Partituren wieder, wie er seit langem pflegte, einem seiner Gönner gegen ein Honorar für einige Zeit als alleiniges Eigentum übergeben hatte, oder aber daß er hoffte, dieselben zuerst selbst in einer Akademie vorführen zu können; auch die beabsichtigte Reise mit Mälzel nach England kommt hier ernstlich mit in Betracht. Schreibt er doch am 27. Mai 1813 an Varena: »Gern hätte ich Ihnen 2 ganz neue Sinfonien von mir geschickt, allein meine jetzige Lage heißt mich leider auf mich selbst denken, und nicht wissen kann ich, ob ich nicht als Landesflüchtiger von hier fort muß«. Die im April 1813 geplanten zwei Akademien, welche aber trotz der persönlichen Bemühungen des Erzherzogs (bei dem am 20. April auch eine Probe der beiden Sinfonien statthatte) an der Lokalfrage scheiterten, waren für die ersten Aufführungen der beiden neuen Symphonien bestimmt (vgl. S. 375ff.) und sollten zugleich Mittel für die englische Reise beschaffen. Als dann im Herbst die Schlachtsymphonie in den Vordergrund trat – offenbar, wenn auch nur vorübergehend, selbst in der Schätzung Beethovens –, wurde die achte Symphonie zurückgestellt, und die beiden Invaliden-Akademien mit Mälzel am 8. und 12. Dezember im Universitätssaale brachten außer der Schlachtsymphonie nur die A-Dur. Auch die eigene Akademie Beethovens im großen Redoutensaale am 2. Januar 1814 fügte statt des ausfallenden automatischen Trompeters nicht die 8. Symphonie, sondern Teile aus den Ruinen von Athen ein. Man wird aber auch von diesem Konzerte annehmen müssen, daß der gesteigerte instrumentale Apparat der Schlachtsymphonie und die patriotische Erregung der Zeit beim großen Publikum den Löwenanteil des Interesses für dieses Werk in Anspruch nahmen, so daß die hohe Schönheit der A-Dur-Symphonie, die wieder einen ganz neuen Typus neben die 6 älteren Symphonien des Meisters stellte, zunächst nicht voll zur Geltung gelangte. In der zweiten Akademie am 27. Februar 1814 erschien das Werk zwar in der Gesellschaft der 8. Symphonie, aber auch diesmal folgte noch als Schlußeffekt die Schlachtsymphonie, deren erster Teil wiederholt werden mußte. Die A-Dur-Symphonie eröffnete das Konzert und wurde schon stärker bemerkt; dafür fiel die achte Symphonie ab, in deren abermals so ganz anderes Stimmungsmilieu die Zuhörerschaft sich nicht sogleich hinüberzufinden wußte. Den schlagenden Beweis für die schnell gewachsene Popularität der A-Dur-Symphonie gibt aber die Pränumerationsanzeige des Verlegers S. A. Steiner vom 6. März 1816 in der Wiener Zeitung, die nicht weniger als 7 Ausgaben der A-Dur-Symphonie auf einmal ankündigte:


[399] 1. Vollständige Partitur, 25 fl. W. W.

2. Vollständige Partitur, große Orchester-Auflagstimmen 30 fl. W. W.

3. Für vierstimmige Harmonie 20 fl.

4. Quintett für 2 Viol., 2 Violen und Violoncello 10 fl.

5. Trio für Ps., Violin und Violoncello 10 fl.

6. Für das Pianoforte auf 4 Hände 10 fl.

7. Für Pianoforte allein (2händig) 6 fl.


Diese alle nebst einer achten für zwei Pianoforte waren im Dezember 1816 erschienen und zwar »unter der unmittelbaren Revision ihres Schöpfers«.

Das Allegretto, dessen starker Eindruck auf Spohr oben (S. 395) berichtet ist, wurde übrigens in sämtlichen vier ersten Aufführungen da capo verlangt.

Die allgemeine Bekanntheit und ungeschwächte Beliebtheit des Werkes macht hier ein näheres Eingehen auf dasselbe entbehrlich. Das Thema des Allegretto hat Nottebohm in seiner im Druck vorliegenden Gestalt auf einem ins Jahr 1806 gehörigen Notenblatte gefunden, das Skizzen des zweiten und dritten Satzes des C-Dur-Quartetts Op. 59 III (1. Beeth. S. 86) enthält. Freilich findet sich auch auf einem Skizzenblatte des Quartetts Op. 59 III (Nottebohm, das. S. 83) die Aufzeichnung »Eine Trauerweide oder Akazienbaum aufs Grab meines Bruders«, welche beweist, daß sogar 1815 diese Skizzen noch in Beethovens Arbeitszimmer gelegen haben müssen. Es könnte also auch jenes Thema ähnlich auf einem älteren Blatte aufgezeichnet worden sein, eine Annahme, die allerdings den Wert der Skizzen für die Chronologie stark in Frage stellen würde. Es steht ja aber auch nichts der Annahme im Wege, daß jenes Thema 1806 Beethovens Phantasie entsprungen ist, aber noch außer jedem Zusammenhange mit der viel später keimenden A-Dur-Symphonie. Ja, wenn Abt Stadlers Aussage auf Wahrheit beruht (S. 302), daß das Trio des Scherzo einem alten niederösterreichischen Wallfahrtsliede angehöre, so mag auch das Hauptthema des Allegretto mit seinem feierlichen Rhythmus einen ähnlichen Ursprung haben. In diesem Zusammenhange ist es auch wohl angebracht, darauf hinzuweisen, daß Schuberts »Kreuzzug« mit einer sehr markanten Stelle


8. Kapitel. Das Jahr 1813

[400] verrät, daß auch auf ihn das Allegretto der A-Dur-Symphonie einen starken Eindruck gemacht hat. Auf die Verwandtschaft des Hauptthemas des Scherzo (nach den beiden »Vorhang« bildenden forte-Takten):


8. Kapitel. Das Jahr 1813

mit einem Coda-Thema in dem Finale einer B-Dur-Symphonie Christian Cannabichs (Denkmäler der Tonkunst in Bayern, IX, 1, S. 39)


8. Kapitel. Das Jahr 1813

ist Bd. V, S. 41 hingewiesen worden, leider mit versehentlicher Nennung des Scherzo der Eroica statt desjenigen der A-Dur-Symphonie.

Mit Recht weist schon Marx uns auf den romantischen Geist dieser Symphonie hin, Wasielewski möchte sie die dithyrambische nennen, auch hat man sie wohl geradezu als eine Apotheose des Rhythmus qualifiziert. Inzwischen hat freilich Grove den Romantiker Beethoven in der Coda des Finale der D-Dur-Symphonie gefunden, und wir haben seine Spur bis in den ersten Satz der C-Dur-Symphonie zurückverfolgt (Bd. II2, S. 376f.). Daß die dritte, vierte und fünfte Symphonie dieses Wandeln in neuen Bahnen weiter fortgesetzt haben, sei aber nicht vergessen. Doch ist allerdings zu konstatieren, daß in der A-Dur-Symphonie mehr als in einer der anderen (ausgenommen vielleicht die achte) die konstante Durchführung eines rhythmischen Motivs charakteristisch hervortritt, ähnlich wie späterhin bei Schubert, Schumann und ihren Nachfolgern. Daß das gleiche für die C-Moll-Symphonie vielfach in Anspruch genommen wird, ist ja bekannt; aber das ungestüme Drängen in gleichen Achteln im ersten Satze der C-Moll-Symphonie ist doch ernstlich kein wirklich rhythmisches Element. Dagegen hat der im ersten Satze der A-Dur-Symphonie fortgesetzt dominierende anapästische Rhythmus 8. Kapitel. Das Jahr 1813 (Daktylen zu hören, ist natürlich falsch) in der Tat etwas Dithyrambisches. In ihm feierte die inzwischen längst begrabene Gigue der alten Suiten eine fröhliche Auferstehung in einer der neuen Zeit angemessenen Umwandlung. Der [401] zweite Satz (das Allegretto) zeigt aber eine ganz ähnliche Konstanz der Rhythmik, aber mit dem feierlichen8. Kapitel. Das Jahr 1813 einen an die Spondeiasmen der antiken Tempelkulte mahnenden Rhythmus. Der starke Eindruck, den derselbe von Anfang an gemacht hat, ist verwandt mit dem des Andante der Klaviersonate Op. 57 (Appassionata). Es sei dazu auf den begeisterten Artikel der Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom 1. April 1807 verwiesen (S. 24). Ähnlich wie dort wird das einfachere Thema nur in schlichtester Weise variiert, aber als unterscheidendes Moment kommt das herrliche Trio hinzu, das über dem festgehaltenen Rhythmus der Bässe: 8. Kapitel. Das Jahr 1813 neue melodische Gebilde erstehen läßt.

Das Scherzo steht als ebenbürtiger Genosse neben dem der Eroica und der C-Moll-Symphonie und löst wie diese die kompakte Masse des Orchesters in leichtbewegliche Elemente auf, die sich aber immer wieder zu kräftigen Tuttiwirkungen zusammenfinden, ohne aber dabei ihren Elan und ihre Schnellfüßigkeit einzubüßen. Doch ist in bezug auf die »durchbrochene Arbeit« eine gewisse Mäßigung der Anforderungen zu konstatieren, die Stimmen treten mehr streckenweise zu Gruppen zusammen. An köstlichen Farbenwirkungen ist kein Mangel; hervorgehoben sei das


8. Kapitel. Das Jahr 1813

des zweiten Horns.

Ausgelassene Lustigkeit beherrscht den letzten Satz (Allegro con brio). Wasielewski nimmt denselben ganz überflüssigerweise gegen den Vorwurf der Trivialität in Schutz. Allein schon die starken Akzente auf das dritte und vierte Achtel im 2/4, Takt erheben das tanzartige Hauptthema weit über das Gewöhnliche:


8. Kapitel. Das Jahr 1813

Wir erkennen auch weiterhin sehr wohl die feschen Bewohner der Pußta, wo das noch schärfer rhythmisierte Thema mit den bekannten Verschränkungen der Endnoten mit neuen Auftakten auftritt:


8. Kapitel. Das Jahr 1813

[402] Wenn in dem Satze tanzmäßige straffe Gliederung in viertaktigen Gliedern mehrfach dominiert, so muß das beinahe als conditio sine qua non für die beabsichtigte und erreichte Wirkung übermütiger Lustigkeit hingestellt werden. Die Hörer sowohl wie die Spieler haben gerade noch genug zu tun, die contretemps-sforzati fortgesetzt zu bewältigen, ohne aus dem Gleis geworfen zu werden.

Den Klavierauszug der Symphonie widmete Beethoven der Kaiserin Elisabeth von Rußland, als er 1815 die C-Dur-Polonäse Op. 89 überreicht hatte (S. 487), bei welcher Gelegenheit ihm auch noch eine nachträgliche Ehrengabe für die Widmung der Violinsonate Op. 30 an den Zaren zuteil wurde.

Über »Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria« Op. 91 sind die nötigen Ausführungen im Text (S. 385ff.) gemacht worden. Das Werk erschien im Januar 1816 mit der Widmung an den Prinzregenten (nachmals König Georg IV.) von England bei Steiner und zwar in 7 Bearbeitungen (auch »für vollständige türkische Musik«). In der Breitkopf & Härtelschen Gesamtausgabe ist das selbe Serie II als Nr. 10 abgedruckt. Aus Beethovens dem Werk vorgedruckten Bemerkungen sei auszugsweise einiges mitgeteilt:


»1. Es müssen zwey Chöre Blasinstrumente dabey sein; der erste Marsch Rule Britannia wird von der ersten Harmonie geblasen, der zweyte Marlborough von der zweyten Harmonie. Bey den nachfolgenden Stücken blasen beyde Harmonien zusammen. Das übrige Orchester muß natürlicherweise verhältnißmäßig so stark als möglich besetzt werden: je größer der Saal, desto stärker die Besetzung.

2. Für die zwey großen Trommeln (nicht große türkische Trommeln) wodurch die Kanonenschüsse bewirkt werden, gehören die größten Gattungen derselben (hier maßen sie 5 Wiener Schuh ins Gevierte), welche man gewöhnlich in den Theatern braucht um einen Donnerschlag zu bewirken... (hier wurden sie von den ersten Kapellmeistern gespielt).

3. Die Maschinen Ratschen genannt, welche das kleine Gewehrfeuer vorstellen und gewöhnlich bey den Theatern zum Krachen des Donners, auch selbst zu Peletons-Feuer gebraucht werden, müssen ebenfalls auf entgegengesetzten Seiten wie die Kanonen und auch in deren Nähe gesetzt werden...

4. Die Trompeten in Es und C werden ebenfalls auf entgegengesetzter Seite in der Nähe der Kanonade geblasen, die in Es auf der englischen, die [403] in C auf der französischen Seite, außerdem befinden sich noch 4 Trompeten im Orchester, wovon die zwei in Es und C stehend im Orchester geblasen werden müssen.

5. Auch müssen auf jeder Seite zwei gewöhnliche Militärtrommler sein, welche vor jedem Marsch auf ihren Trommeln gleichsam die Entrade machen: nur ist zu bemerken, daß diese Entrade nicht zu lange dauere, jedoch länger als angezeigt, und womöglich sich in eine Entfernung stelle und sich immer mehr nähere, um das Anrücken der Truppen recht täuschend vorzustellen« etc. etc.


An der Abfassung dieser Anweisungen und den weiter folgenden von der ersten Nummer ist wahrscheinlich Mälzel stark beteiligt. Vor den drei Stücken der ersten Abteilung sind die Trompetenfanfaren notiert. Die Stücke sind:

1. Marcia Rule Britannia.

2. Marsch: Marlborough.

3. Die Schlacht, die Kanonenschläge sind mit 8. Kapitel. Das Jahr 1813 [englische] und 8. Kapitel. Das Jahr 1813 [französische] über der Piccolostimme notiert, die »Ratschen« nach Art der Pauken mit Noten und tr~~ als c2 mit8. Kapitel. Das Jahr 1813

4. Sturmmarsch.

5. Siegessymphonie (2. Teil).

Die Siegessymphonie läßt Kanonen und Ratschen weg, bringt nach einer kurzen Einleitung zunächst ein selbständiges Marschthema in 8. Kapitel. Das Jahr 1813-Takt, dann im 3/4-Takt das God save (Klarinetten und Fagotte) und nach erneuter Wiederkehr des Marschteils in voller Instrumentierung wieder das God save, dessen Anfangstakte in der Stretta in 3/8-Takt fugiert bearbeitet werden. Der ästhetisch bedenklichste Teil ist natürlich das Nr. 3 bis 4 umfassende Schlachtgemälde, das an musikalischem Wert an das Gewitter der Pastoralsymphonie nicht entfernt heranreicht.

Der für Kuffners Trauerspiel »Tarpeja« geschriebene Triumphmarsch (Ges. – Ausg. Serie II, Nr. 14) ist mit groben Zügen hingeworfen, zwei Teile von 28 und 31 Takten mit Reprisen (ohne Trio), ohne jeden Aufwand höherer Kunstmittel schablonenmäßig instrumentiert und ohne größeres Interesse.

Den Beschluß der Kompositionen des Jahres 1813 bildet das Lied »Der Bardengeist« (1814 erschienen als Beilage von Erichsons »Musenalmanach«, Wien bei Gerold & Co., abgedruckt in der Ges. – Ausg. Br. & H. in Serie II als Nr. 14), der Kanon »Kurz ist der Schmerz und ewig ist die Freude« (erste Form) »für Herrn Naue, zum Andenken an [404] L. v. Beethoven. Wien am 23. Novemb. 1813«18 und Irische Gefänge (ganz oder beinahe vollendet) für Thomson. Noch kleiner ist die Zahl der Publikationen dieses Jahres.

In Thomsons Vorrede zum ersten Bande von »A Select Collection of original Irish Airs«, datiert »Edinburgh Anno 1814«, wird bemerkt: »Nachdem der Band gedruckt und einige Exemplare desselben ausgegeben worden waren, fand sich eine Gelegenheit, denselben an Beethoven zu senden, welcher die wenigen Ungenauigkeiten verbesserte, welche der Wahrnehmung des Herausgebers und seiner Freunde entgangen waren; und so vertraut er, daß man denselben ohne irgend einen Fehler finden werde.«

Hieraus läßt sich schließen, daß der erste Band spätestens im Jahre 1813 veröffentlicht wurde; die Verbesserungen wurden aber erst im September 1814 an Thomson geschickt19. Die Gesänge wurden ursprünglich in Lieferungen gedruckt; so enthielt von dem ersten Bande der schottischen Lieder, an welchem hauptsächlich Koǯeluch und Pleyel beteiligt waren, die erste, dritte und vierte Sammlung, welche dem Verfasser vorliegen, je 25 Lieder. Daraus darf man folgern, daß wenigstens ein Teil der irischen Lieder im Jahre 1813 die Presse verließ.

Fußnoten

1 Zwischen beiden steht eine in anderer Richtung hochinteressante Bemerkung: »Die genaue Zusammenhaltung mehrerer Stimmen hindert im Großen das Fortschreiten einer zur andern«. Das ist doch wohl nichts anderes als ein direkter Beweis, daß die an verschiedenen Stellen hervorgehobene »durchbrochene Arbeit«, das Überspringen des Melodiefadens von einer Stimme zur andern eine dem Meister vollbewußte Eigenschaft seiner Schreibweise war. Daß dieselbe in einem kompakteren Satze, sei er schlicht harmonisch oder auch kontrapunktisch, nicht durchführbar ist, leuchtet ohne weiteres ein und ist mehrfach in der Besprechung einzelner Werke zum Ausdruck gekommen.


2 Karl van Beethoven hatte die 2 1/2 prozentige Banko-Obligation Nr. 58962 Serie 64 über 2060 fl. als Dienst-Kaution erlegt. Die Devinkulierung derselben wurde von der K. K. Allg. Hofkammer unterm 23. Okt. 1830 z. 38698 bewilligt.


3 Nach der Wiener Ztg. vom 19. November am 2., nach Wurzbach, Gothaer Hofkalender, am 3. November. Da der Tod erst nachts 3 Uhr eintrat, so ist der 2. November der Tag des Sturzes und der 3. November der wirkliche Todestag.


4 In der ersten Auflage ist das Datum »9. Juli 1812« gedruckt; natürlich kann dasselbe nicht richtig sein. Da bestimmt feststeht, daß Beethoven nicht einige Wochen nach, sondern einige Tage vor dem 9. Juli 1812 auf der Reise nach Teplitz Prag passierte und dort ein paar Tage (wenigstens zwei) blieb, so muß Varnhagens Brief am 9. Juni geschrieben sein, mit welchem Datum er bereits richtig bei Nohl (Br. S. 02) steht. E. Jacobs (Musik 1904 S. 396) druckt den bezüglichen Passus auch mit einigen andern Abweichungen (vgl. S. 315f.) nach dem Original in der Sammlung Varnhagen in der Berliner Kgl. Bibliothek ab mit dem Datum 9. Juni 1812, und das Datum wird noch weiter ausdrücklich bestätigt durch Olivas Brief an Varnhagen vom 27. Jan. 1813 (Jacobs a.a.O. S. 401). »Um Dir die Sache ganz ins Gedächtnis zurückzurufen, schreibe ich wörtlich Deinen Brief an mich v. 9. Juny v. I. ab.«


5 Siehe Anhang I.


6 Anton Wranitzky, der Dirigent des Lobkowitzschen Orchesters.


7 Die Baßarie mit Chor aus den Ruinen von Athen, die er für die Grazer Akademie (vgl. S. 378) brauchte.


8 Wie 1812 die Stafette (S. 308).


9 Wie ein Blick in die Partitur zeigt, bezieht sich diese Anweisung auf die Baßarie mit Chor aus den »Ruinen von Athen«, deren erstes Hörnerpaar (in F) in der Tat eine heikle Aufgabe hat; die Bratschisten können die Partie glatt herunter spielen, wenn sie das bekannte Mittel anwenden, zu denken, daß sie auf der Violine spielen, so daß das eine Quinte tiefer stehende Instrument die Transposition besorgt.


10 Verbessert statt des sinnlosen »Holzschützen-Gesellschaft« der ersten Auflage nach Frimmels II. Beeth. – Jahrbuch (1909) S. 158 (Bischoff). Gemeint ist die Vereinigung der Kunst- und Musikfreunde zu den Wohltätigkeitsveranstaltungen.


11 Dem Verfasser von Herrn Matthias Sirk zu Graz mitgeteilt.


12 Der berühmte Tänzer und Ballettmeister.


13 Diese Bemerkung bestätigt die bei der Besprechung einer ganzen Reihe von Werken von uns gemachte Erfahrung, daß die »geschwind« geschriebenen Werke Beethovens (doch nicht ohne Ausnahmen!) diejenigen sind, welche sofort beifällige Aufnahme fanden; wir wissen aber auch, daß Beethoven seine ausgetragenen Werke doch höher hielt, wenn sie auch nicht »für manche Leute die schönsten« waren.


14 Vgl. den ähnlichen Bericht Wilds S. 408.


15 Moscheles (Life of Beethoven p. 147) berichtet: »I must claim for my friend Meyerbeer the place here assigned to Hummel, who had to act in the cannonade: and this I may the more firmly assert, as the cymbals having been instructed to me, Meyerbeer ad I had to play from the same part«. Diese Berichtigung ist verwirrend, da nicht einzusehen ist, was Hummel anders in der Kanonade besorgt haben kann als eben das Schlagen einer großen Trommel (Kanonenschläge), da Salieri die Kanonade dirigierte. Da zwei solche große Trommeln auf der entgegengesetzten Seite aufgestellt waren, hat wohl Meyerbeer die eine und Hummel die andere bearbeitet. Bei den beiden folgenden Wiederholungen des Werkes am 2. Januar und 24. Februar stand dagegen Hummel an Salieris Stelle.


16 Oliva war zwar Ende Januar 1813 noch bei Offenheimer, hat aber wahrscheinlich bald darauf seine unhaltbar gewordene Stellung aufgegeben und ging nach Ungarn. (Vgl. S. 311.)


17 Vgl. S. 343ff. Auf Karl kann sich das wohl kaum beziehen (vgl. jedoch S. 526); für Johann aber ist freilich der Hinweis auf die »Wohlthaten« unverständlich.


18 Johann Friedrich Naue, Nachfolger Türks als Musikdirektor usw. zu Halle, geboren 1730, war, wie aus jener Widmung hervorgeht, in diesem Herbste in Wien zum Besuche.


19 Vgl. den italienischen Brief vom 5. Sept. 1814 im Anhang I Nr. 7.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 3, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1911..
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