I. Briefe an Frau von Streicher.

[483] (Vgl. S. 9 und S. 94.)


Nachstehender Abdruck erfolgt nach den in Thayers Materialien befindlichen Abschriften, die Thayer nach seiner Beischrift von O. Jahns Abschriften der Briefe genommen hat (mit Ausnahme von Nr. 1, 2, 3 und 32, bei denen diese Notiz fehlt). – Gedruckt sind sie größenteils bei Nohl die dort fehlenden jetzt bei Kalischer, Neue Beethovenbriefe S. 21ff. – Über Nanette Streicher s. Kalischers Abhandlungen über Beethovens Frauenkreis, Rhein. Musikzeit. 1901 Nr. 18ff.


1. (Nohl N. Br. Nr. 155.)


(Adr.) Für die gnädige Frau v. Streicher.


»27. Jänner 1817.


Meine werthe Streicher!


Sie überraschen mich, und versetzen mich mit meiner schnellen Einbildungskraft sogleich nach Bremen.1 Es ist unterdessen etwas zu weit in diesem Augenblick mich dahin zu verfügen mir mangelt Oberons Horn – Ich bin ohnehin heute auf der Landstraße und kann meinen mir schon lange vorgenommenen Besuch bei ihnen abstatten,2 da ich mich mit ihnen über etwas zu besprechen habe – gegen 3 Uhr Nachmittags sage ich ihnen selbst wie sehr ich bin

(in Eil)


Ihr Freund und Diener

L. v. Beethoven.«


[483] 2. (Nohl N. Br. Nr. 160.)


(Adr.) An die Frau Nanette v. Streicher.


7. Feb. 1817.


»Meine werthe Streicher!


Ich bitte sie tausendmal um Verzeihung wegen gestern; es war eine Zusammenkunft wegen der Angelegenheit meines Neffen, die schon Tags vorher bestimmt war, und bei dergleichen bin ich vielleicht immer in Gefahr den Kopf zu verlieren; so ging es auch gestern.

Mögen sie sich nur nicht dadurch beleidigt finden, und mir das Vergnügen des Besuche ein andermal gewähren. Gestern Nachmittag hatte ich in derselben Angelegenheit zu thun und heute um 10 wieder, ich werde daher zwölf oder halb Ein Uhr mich bei ihnen anfragen; sollten sie verhindert sein so komme ich ein andermal. Ich bitte nochmals die gestrige Begebenheit all den verwirrten Umständen zuzuschreiben worin mich die Sorgen für meinen lieben Neffen verwickelt haben.


In Eil Ihr Freund

Beethoven.«


3. (Kalischer S. 22.)


(Adr) Für die Fr. v. Streicher.


»Meine liebe werthe Streicher


Ich darf heute nicht ausgehen. allein morgen um 10 Uhr will ich mich bei Ihnen einfinden. Machen Sie da aus, daß uns der Hausmeister im ersten Stocke eine Idee von der oberen Wohnung gibt. Finde ich sie alsdann mir angemessen, so nehme ich sie alsogleich. – Gestern war es mir mehrerer Hindernisse wegen nicht möglich Sie zu sehen. – Sorgen Sie also daß wir den einen Tag Aufschub erhalten.


31 Februar 1817.3


In Eile

Ihr Freund

Beethoven.«


4. (Nohl N. Br. Nr. 190.)


»Beste Fr. v. Streicher!


Sobald sie den ersten Brief gelesen, bitte ich sie ihn mir zuzusenden – ich schrieb neulich ihnen neulich (sic) in Eile u. mag ihnen vielleicht anstößig gewe sen sein, allein einige Täge nach ihrem Besuch mit Winter hatte ich einen fürchterlichen rheumatischen Anfall, So daß ich erst morgen oder übermorgen wieder ausgehe.


Ihr Freund

Beethoven.«


[484] Nohl meint, der Brief falle in den Herbst 1817, da Winter 1816 aus München reiste und 1818 in Mailand war. Könnte es nicht früher gewesen sein? Die Krankheitsanfälle fielen in die ersten Monate des Jahres, dauerten freilich geraume Zeit.


5. (Nohl N. Br. Nr. 212.)


»Ich war die ganze Zeit nicht sehr wohl auf u. konnte sie daher wenig sehen, mit so vielen Dingen u. manches Durcheinander hingehalten, bedarf ich der Landluft, Karl hätte heute zu ihnen kommen sollen u. wäre schon gekommen, nun ist aber mein Bruder von Linz auch angelangt und geht der ganze heutige Tag drauf, ohne daß wir sie sehen u. [ihnen]4 danken können, unterdessen muß ich in einigen Tägen schon wieder hier seyn, wo ich sie sehen werde u. von ihrer Besserung gewiß zu vernehmen hoffe, daß sie uns besuchen werden, versteht sich von selbst


in Eil

ihr Beethoven.«


Der Brief muß dem Inhalt nach vor der Abreise nach Heiligenstadt geschrieben sein Es ist zwar von einer erwarteten Besserung der Frau Streicher die Rede, aber wie können wir deren Krankheiten alle kennen? Die inneren Gründe zwingen ihn ins Frühjahr, wie auch Nohl meint. Er ist wohl im April geschrieben


6. (Nohl N. Br. Nr. 189.)


»Ich bitte sie gefälligst zu ihrem cultivirten Schneider zu schicken, er hat schon 14 Täge 2 Beinkleider von mir, u. sie sind eben zur Kälte dienend, ich kann sie aber gnädigst nicht von ihm erhalten.«


Vorstehende Zeilen teilt Thayer (nach Jahn) auf demselben Blatt mit, wie Nr. 5. Er zweifelt selbst, ob sie für Frau Streicher bestimmt waren. Vielleicht für Zmeskall? Sie sind doch aus derselben Sammlung!


7. (Kalischer S. 29. Der Brief stammt, mit dem folgenden verglichen, aus Heiligenstadt, also wohl aus dem Mai 1817. – Vgl. o. S. 27.)


Für die Fr. v. Streicher.


»Für heute kann ich ihnen, meine liebe Frau v. Streicher, nichts sagen, als daß ich hier bin; wie ich hier bin, wo ich hier bin, das werde ich ihnen bald nachholen. – Beygeschlossenes bitte ich der mir empfohlenen Wäschfrau zukommen zu machen, noch zur Flickwäsche gehörig. Alles schöne an die ihrigen.


in Eil

ihr Freund u. Diener

L. v. Beethoven.«


[485] 8. (Kalischer S. 30.)


»Werthe Freundin!


Ich mache Gebrauch von ihrer Erlaubniß ihnen die Wäsche zur gütigen Besorgung zu übermachen, bald sehe ich sie und bin wie immer


ihr Freund u. Diener

Beethoven.

Alles schöne den Ihrigen.

Heiligenstadt am 16ten May.«


9. (Nohl N. Br. Nr. 168.)


(Adr.) »An die Fr. v. Streicher.«


»Nußdorf am 7ten Juli.


Meine werthe Freundin!


Ihr Schreiben erhielt ich hier u. zwar darin ihren schlimmen Fall bestätigt, ich hoffe, daß es sich bald bessern, warme laue Bäder heilen alle Wunden – Das schlechte Wetter vorgestern hielt mich; da ich in der Stadt war, ab, zu ihnen zu kommen ich eilte gestern Morgens wieder hieher, fand aber meinen Bedienten nicht zu Hause, er hatte den Schlüssel zur Wohnung sogar mitgenomen. Es war sehr kühl, ich hatte nichts aus der Stadt als ein sehr dünnes Beinkleid am Leibe u. so mußte ich mich 3 stunden lang herumkeilen,5 dies schadete mir u. machte mich den ganzen Tag übel auf. – Da sehen sie die Bedienten-Haushaltungen! – so lange ich krank bin, wäre mir ein anderes Verhältniß zu anderen Menschen nöthig, so sehr ich sonst die Einsamkeit liebe, so schmerzt sie mich jetzt um so mehr, da das kaum möglich ist mich bei all dem Mediciniren u. den Bädern so selbst zu beschäftigen wie sonst, hiezu kommt noch die ängstliche Aussicht, daß es sich vielleicht nie mit mir bessert, daß ich selbst zweifle an meinem jetzigen Arzt, er erklärt nun doch endlich meinen Zustand für Lungenkrankheit. Wegen einer Haußhälterin will ich nochs überlegen, wäre man [bei] dieser gänzlichen moralischen Verderbtheit des österreichischen Staats nur einigermaßen überzeugt eine rechtschaffene Person erwarten zu können, so wäre es leicht gemacht, aber – aber –!!! Nun eine große Bitte an Streicher, bitte sie ihn in meinem Namen, daß er die Gefälligkeit hat, mir eines ihrer Piano mehr nach meinem geschwächten Gehör zu richten, so stark es nur immer möglich ist, brauch ichs, ich hatte schon lange den Vorsatz mir eins6 zu kaufen, allein in dem Augenblick fällt es mir sehr schwer, vielleicht ist es mir jedoch etwas später eher möglich, nur bis dahin wünschte ich eines von ihnen geliehen zu haben, ich will es durchaus nicht umsonst, ich bin bereit, ihnen das, was man ihnen für eins gibt, auf 6 Monathe in Konvenz. Münze voraus zu bezahlen, vielleicht wissen sie nicht, daß ich, obschon ich nicht immer Piano von ihnen gehabt, ich die ihrigen doch immer besonders vorgezogen seit 1809 – Streicher allein wäre im Stande mir ein solches Piano für mich zu schicken, wie ichs bedarf. – Es fällt mir überhaupt schwer, jemanden beschwerlich zu fallen, da ich gewohnt bin eher für andere etwas zu [486] thun als für mich thun zu lassen – was sie mir für Vorschläge hierüber machen werden, ich werde sie annehmen u. ihre Bedingnisse gern erfüllen. – Viel Dank für ihre mir geliehenen 20 fl., auch der Löffel folgt, welche ich hier zurücksende – ich werde sie bald auf einen Augenblick sehen – ich empfehle mich allen den Ihrigen.


ihr Freund u. Diener

L. v. Beethoven.«


Beethoven war um Anfang Juli (vielleicht aber vorher) von Heiligenstadt nach Nußdorf umgezogen, wo er bis Anfang September blieb, hatte aber gleichzeitig seine Stadtwohnung.


10. (Kalischer S. 30.)


»Ich werde bald heute zu ihnen kommen, schreiben sie mir doch, wohin sie ihre Briefe nach Nußdorf hier aufgeben u. wohin man sie dahin in der Stadt aufgeben muß?


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«

An die Fr. v. Streicher.


Der Brief, auf den Beethoven in Nr. 11 Bezug nimmt, wird dieser sein; also wohl beide aus dem Juli.


11. (Nohl N. Br. Nr. 173.)


»Es war nicht möglich, meine Werthe, sie gestern zu sehen – allzuviel beschäftigt – heute habe ich ein neues Pflaster auf den Nacken gelegt erhalten – O Noth, Noten sind besser als Nöthen u. Noth. Die Frage, wo sie ihre Briefe nach Nußdorf hier aufgeben, muß ich wiederholen u. sie bitten mir selbe zu beantworten, wegen meines armen Neffen, der sich manchmal bei Hottentotten befindet, die seine Briefe an mich nicht zu besorgen wissen – hoffentlich sehe ich sie heute


in Eil ihr Freund

Beethoven.«


Der Brief ist, wie man sieht, in Wien geschrieben, aber nur bei einem vorübergehenden Aufenthalt, Beethoven war schon in Nußdorf.


12. (Nohl N. Br. Nr. 172.)


(Adr.) »An die Frau von Streicher

in Baden

abzugeben im Johannes-Bau

1terStock No. 7.«


»Wien am 20ten Juli 1817.


Me werthe Freundin!


Ich konnte wegen dem schlechten Wetter nicht eher als Donnerstags herein kommen u. sie waren schon fort von hier – welcher Streich von der Frau v. Streicher!!! nach Baden???!!!

[487] Also in Baden – – – –

Mit ihrem Manne habe ich gesprochen, seine Theilnahme an mir hat mir wohl und wehe gethan, denn beynahe hätte mir Streicher meine Resignation erschüttert, Gott weiß was es geben wird, da ich aber immer andern Menschen beigestanden, wo ich nur konnte, so vertraue ich auch auf seine Barmherzigkeit mit mir – wegen der Haußhälterin, die sie kennen u. wenigstens als brav geprüft haben, könnte man ja das Kochen versuchen, ehe sie zu mir käme. Dieses läßt sich nun nicht eher bewerkstelligen, bis sie wieder in die Stadt kommen, wann? Uebrigens lassen sie sich nicht durch ihren Mann zu gewissen Ehestreichen verführen –

Wegen der Wohnung wäre es auch Zeit, in der Gärtnergasse gibt es auch auf der gegenüberstehenden Seite Wohnungen, wo man wirklich eine außerordent lich schöne Aussicht genießen würde das alles beruht auf ihrem Wiederkommen. Wie haben sie denn ihre Briefe an mich nach Nußdorf besorgt?

Halten Sie ihre Tochter fleißig an, daß sie eine Frau werde. – Heute ist eben Sonntag, soll ich ihnen noch etwas aus dem Evangelium vorlesen ›Liebet euch untereinander‹ etc. etc. etc. – ich schließe u. empfehle mich ihnen u. ihrer besten Tochter bestens, wünsche ihnen Heilung aller ihrer Wunden.

Kommen Sie an die alten Ruinen, so denken sie, daß dort Beethoven oft verweilt, durchirren sie die heimlichen Tannenwälder, so denken sie, daß da Beethoven oft gedichtet, oder wie man sagt componirt


in Eil

Ihr Freund u. Diener

L. v. Beethoven«


(Oben auf dem Briefe:)


»NB. Heute gehe ich wieder nach Nußdorf, haben Sie dahin etwas zu bestellen?«


Zu dem Briefe gehört noch als Einlage ein Zettel ohne Datum.


»Beste Frau v. Streicher! Beiliegender Brief hat ihnen7 vorigen Sonntag wie sie aus dem Datum8 sehen, sollen geschickt werden was die Frau von Stein anbelangt, so bitte ich selbe, daß sie den Hr. v. Steiner nicht versteinern soll lassen, damit er mir noch dienen könne, oder die Frau v. Stein möchte nicht zu sehr von Stein sein, in Ansehung des Herrn von Steiner etc. etc.

Was meine Gesundheit anbelangt, so ist es wohl sicher, daß sich Simptome der Besserung zeigen, allein das Hauptübel ist noch da, u. ich fürchte ohne je gehoben werden zu können. – Beste Fr. v. Streicher spielen sie ihrem Männchen keine Streiche – sondern heißen sie lieber gegen jedermann Frau v. Stein!!! Künftigen Mittwoch u. Donnerstag bringe ich in der Stadt zu, wo ich mit Streicher wieder reden werde; – wegen [488] der Haußhälterin wünschte ich sie hier, d.h. als Nebenursache, so sehr ich mich mit ihnen freue, daß sie die Badener Luft genießen, wann werden sie unterdessen mich hier wieder mit ihrer Gegenwart erfreuen? –


Alles Schöne ihrer lieben Tochter u. Hr. v. St.

ihr Freund u. Diener

Beethoven.«

Wo sind meine Bettdecken?


1. Briefe an Frau von Streicher

Dieser Brief befand sich im Besitz von Alexander Dreyschock in Prag Thayer hatte auch von ihm Abschrift (außer der Jahnschen). – Nohl hat das Datum 30ten Juli, Thayer zweimal 20. Juli.

Beethoven war noch in Nußdorf, hatte aber daneben seine Stadtwohnung.


13. (Nohl N. Br. Nr. 177. – Noch in Nußdorf.)


An Frau v. Streicher, Ungargasse.


»Werthe Frau v. Streicher!


Ich bitte sie die Bettdecken dem Ueberbringer dieses mitzugeben u. se in Geschwätz gar nicht anzuhören, er ist nicht rein, dieser Mensch – auch bitte ich sie gefälligst zu sorgen, daß die Wäscherin die Wäsche längstens Sonntag liefert, meine Westen, wovon jetzt 2 zum Teufel sind, u. andere nicht zahlvolle Artikel, machen mich dieses wünschen – übrigens bitte ich sie, nicht zu denken, daß ich glaube, daß durch irgend eine Nachlässigkeit von ihnen irgend etwas verloren gegangen sei, dies würde mir wehe thun, schließen sie nicht von den Reden schlechter Bedienten auf meine gewöhnliche Denkungsart – wegen einem anderen Bedienten oder wie ich es sonst einrichte, werde ich ihnen sagen sobald wir uns sehen – ich muß mir kochen lassen, denn durch diese schlechten Zeiten sind so wenig Menschen hier aufm Lande, daß es schwer fällt, zu essen zu haben in den Wirthshäusern, viel weniger das zu finden, was mir ersprießlich u. gut wäre.


in Eil

ihr Freund und Diener

L. v. Beethoven.«


14. (Nohl N. Br. Nr. 180. – Nußdorf.)


»Montags den 25ten Aug. Die Einlage ist Sonnabends geschrieben, allein ich hatte Freytags nothwendig in der Stadt zu thun erhitzte mich u. darauf [befand]9 ich mich Sonntags gestern und heute noch gar nicht wohl – was es für ein Gefühl ist ohne Pflege, ohne Freunde, ohne alles sich selbst überlassen leidend zubringen zu müssen, dies kann man nur selbst erfahren, [489] wahrscheinlich komme ich morgen selbst in die Stadt u. sehe sie dann, wo wir manches besprechen müssen.


in Eil

der ihrige

Beethoven.«


»NB. Es wird gut seyn, dem überbringer dieses den Wäschzettel nebst ein Paar freundlichen Worten von ihnen an mich zugemacht mitzugeben – den Mann, welchen sie wissen nehmen sie nur gleich an bis wir das mit der Haushälterin überlegt haben.« –


15. (Nohl N. Br. Nr. 181.)


»Werthe Frau v. Streicher!


Mit Vergnügen habe ich ihre Einladung empfangen u. werde ihr Folge leisten, heute u. morgen kann ich ihnen nicht beschwerlich fallen, da ich trotzschlechtem Wetter nach Wien muß. – Mein Gutachten braucht wohl keinesweges ihr Patent Piano, aber um meinetwillen habe ich schon längst gewünscht, mich damit bekannt zu machen; – in einigen Tagen werde ich fragen lassen, wenn sie zu hause sind u. mir das Vergnügen machen sie zu besuchen am 26. Aug.


wie immer

ihr Freund

Beethoven.

Den Brief an

Elise Müller

habe ich empfangen.«


Adresse: »Für die Frau v. Streicher gebohrene

Stein bei H. Kaufmann Perger

die Stiege im Hof.«


16. (Gedruckt bei Frimmel, Neue Beeth. S. 106.)


»Liebe Fr.10 ich bin bereit mit ihnen morgen dieses Instrument zu sehen, wann morgen werde ich mit ihnen heute Nachmittage, wo ich sie besuchen werde, besprechen, übrigens haben sie Geduld mit mir, in meiner jetzigen Lage, kann ich nicht mehr, wie ich sonst handelte handeln, obschon ich noch Beethoven heiße.«


(Adr.) An die Fr. v. Streicher.


Aus Vergleichung mit 15 meint Frimmel diesen Brief auf den 28. August setzen zu dürfen, das ist aber unsicher und kein Anhalt gegeben, Beethoven spricht dort von einigen Tagen. – Frau v. Streicher scheint nach Wien zurückgekehrt, in Nr. 15 noch nicht. Beethoven ist der Einrichtung des Haushalts näher. Obiger Zettel also wohl später.


[490] 17. (Nohl N. Br. Nr. 186.)


»Am 25 September 1817.


Trotz Wind u. Regen bin ich schon heute früh um 7 Uhr hier angekommen, obschon ich in dem Regen gestern Abends mich versucht aufzumachen, allein – dem Wasser kann das Feuer nicht widerstehen – den Bedienten sammt Medizin fand ich – ihren Brief aber nicht – ich hätte aber sehr gewünscht ihre Erläuterungen über das Wildpret in der Haushaltung zu lesen – die Wohnung in der Gärtnergasse könnte ich noch aufsagen wenn mathematisch berechnet wäre, wie lang beide Wege von der Stadt aus – was meinen Sie? etc. etc. Ihr Schuster u. der möchte

mir eine gute Stiefelwichs

schicken die nicht anschmutzt, denn mein Fidelis hat mich mit einer solchen angeschmiert, seine Rechnung von 27 fl. werde ich in einigen Tägen in der Stad bezahlen – wenn sie mir wollten gütigst nur 25 fl. auf ein paar Täge schicken, das wäre recht schön, ich habe gestern die Schlüssel vergessen zu meinem Kasten, da ich wieder Geld umsetzen wollte. – Wegen dem Wildpret sammt Haushälterin wünschte ich was erkleckliches zu lesen – dero sich gut aufführende Tochter sei uns gegrüßt. Tantus quantus lumpus L. v. Beethoven.


NB. Eine Portion Abwischsetzen brauch-


1. Briefe an Frau von Streicher

ten wir als praeliminaria zur künftigen Haushaltung.«


Beethoven ist noch in Nußdorf, hatte aber in Wien die Wohnung in der Gärtnergasse.


18. (Kalischer S. 32. – Aus Nußdorf.)


»Liebe Freundin!


Damit sie mich nicht schlecht beurtheilen, sende ich ihnen hier 3 holländer Dukaten, welche sie wieder dem Herrn Vetter in Krakau zum wechseln geben können, wollten sie sogleich ihre Auslagen u. d. Rechnung der Wäscherin tilgen könnten u. mir das übrige, sobald ich darum schicke, nach Nußdorf senden können.


in Eil

ihr dankbarer

Beethoven.«


Adr. »An die gnädige Fr. v. Streicher«.


Wer der »Herr Vetter in Krakau« ist, wissen wir nicht, vgl. o. S. 87 s.


[491] 19. (Kalischer S. 33.)


»Ich bitte Sie, werthe Fr. v. Streicher, diese 6 Flaschen ächten Köllnerwasser, welches sie hier so leicht nicht für Geld bekommen, von mir anzunehmen. Hoffentlich sehe ich sie bald, wenn nur die 2te Sündfluth nicht herannathe, wenigstens müssen wir wässericht werden, nachdem der Himmel sich immer über uns ergießt.


in Eil

ihr Freund u. Diener

Beethoven.«

»An die Frau v. Streicher«.


Frau v. Streicher scheint in die Stadt zurückgekehrt zu sein. Das Briefchen ist wohl bald nach Nr. 17 geschrieben (1817).


20. (Nohl N. Br. Nr. 175. – Nußdorf. Im Oktober?)


»Wie sehr verbindlich machen sie mich ihnen, werthe Freundin, u. ich bin so ein armer Mensch geworden, daß ich ihnen nichts vergelten kann. – Montags oder Dienstags werde ich in die Stadt kommen, wo wir über die Wohnung sprechen werden, die auf der andern Seite der Gärtnergasse dürfte doch besser seyn u. im Zins gleich seyn mit der gegenüberstehenden? – Streicher danke ich recht sehr für seine Bemühungen u. bitte ihn nur fortzufahren, Gott wird mich einmal wieder in den Fall kommen lassen, daß ich gutes mit gutem vergelten kann, da das Gegentheil davon mich am meisten betrübt. Ich überschicke ihnen die Wäsche wie auch 11 fl. welche ich ihrer Wäscherin noch schuldig bin – lassen sie den Bedienten nicht zur Wäscherin, – Was einen neuen Bedienten anlangt, so denke ich für diesen Augenblick, da ich diesem einmal aufgesagt, dabey zu bleiben, schreiben wir alle verlohrne Sachen wem immer zu, sein übriges schlechtes Wesen, wie er hier die Haußleute in Ansehung des Obers verläumdete u. manches noch andere sich ereignete haben mir einmal alles Zutrauen zu ihm benommen u. ich halte ihn eher für den Thäter als jeden anderen; ich bitte ihm nur zu sagen, daß sie geglaubt haben, es seien ein paar Fußsöckel verlohren gegangen, dies erhellt aus dem Brief, den sie mir deswegen geschrieben, er beruft sich nur immer auf Sie, daß sie die Strümpfe wiedergefunden hätten. Die Waschfrau erhielt 2 P. Strümpfe wie die 2 Wäschzettel, der ihrige u. der meinige ausgewiesen haben, hätte sie selbe nicht erhalten, so hätte sie entweder ein Paar ausgestrichen od. sagen lassen, daß sie nur 1 paar erhalten, beydes geschah nicht, ich bin also überzeugt, daß sie ihm 2 Paar Strümpfe übergeben, wie sie selbe auch sicher erhalten hat u. daß selbe bloß durch ihn verkommen sind, wo er nur hinkommt schreyt11 er über mein Mißtrauen u. dichtet Sachen, die gar nicht vorgefallen um sich rein zu machen u. wieder Fürsprach dort zu erhalten, um in meinem Dienst zu bleiben, nur bey Gelegenheit wollte ich ihnen einmal um [492] die Strümpfe fragen, allein ich hatte ganz drauf vergessen u. nur durch sein Geplauder haben sie wegen dem Bettel etwas hören müssen, übrigens worüber er sich am meisten entschuldigt, das thut er gewiß. So kenne ich ihn u. ich spreche nichts ohne gewisse Ueberzeugung – fort mit ihm – Sie haben mir von einem Menschen gesagt, welchen sie wissen, er könnte künftigen Monath den ersten Tag bey mir eintreten, da es beschwerlich ist für diese Menschen, einen ganzen Monat warten zu müssen auf ihre Besoldung, so will ich ihm täglich 2 fl. 20 Xr. ausbezahlen, so lange ich hier in Nußdorf hause, will er sich kochen, d.h. für sich allein, so kann er von meinem Holz Gebrauch machen, da er die Woche 2 auch 3 mal in die Stadt muß, so werde ich ihm hiefür noch besonders eine angemessene Belohnung z.B. das was ein paar Stiefel kostet anzuschuhen geben. Vielleicht nehmen ihn die Haußleute hier in die Kost, denn mit diesem wollen sie so wenig als ich zu thun haben, mit der Haußhälterin dürfte es wohl eher nichts, als bis ich in die Stadt komme, seyn – nun Gott sei Dank diese Perioden haben ich glücklich mit Sch weiß zusammen gebracht, Gott gäbe es, daß ich nur nichts, gar nichts darüber reden, schreiben, noch denken müßte, denn Sumpf u. Schlamm sind im Kunstboden noch mehr werth, als all das Teufelszeug für einen Mann!!! leben sie wohl u. halten sie etwas auf


ihren Freund

Beethoven.

An Streicher u. Streicherin

alles Schöne.«


21. (Nohl N. Br. Nr. 188.)


»An die Frau v. Streicher

gebohrene Stein«

»Nußdorf den 2. Oct.12


Morgen werde ich Nachmittage zu ihnen kommen, wenn sie gütigst die Haußhälterin bestellen wollten, so würden sie mich sehr verbinden – gestern rechnete ich mit Jemanden über die zukünftigen Ausgaben, der schilderte mir alles gräßlich – er rechnete auf Bedienten 2 fl. u. auf die Haußhälterin 2 bloß für die Kost, auf die Weise würde der Bediente mit 20 fl. monatlich u. die Haushälterin mit 120 fl. jährlich die Summe für ein Jahr beide allein 1704 fl. kosten! – Sollte dieses so seyn? – Gott erbarme sich unser – leben sie wohl.

Morgen hoffe ich sie sicher zu finden, denn ich komme bloß deswegen vom Lande auf die Landstraße.


in Eil

dero

L. v. Beethoven.«


Auf Beethovens Rechenkunst brauchen wir uns hier nicht einzulassen. Das Briefchen ist ersichtlich in großer Aufregung und Unklarheit geschrieben. Alles kurz vor Einrichtung der Haushaltung.


[493] 22. (Nohl N. Br. 167.)


»Ich bitte – bitte zur Wäscherin zu schicken,

damit ich die Wäsche Sonntags erhalte.


An die Fr. v. Streicher.


Nicht Vergessenheit – denn ich vergesse lieber, was ich mir schuldig als was ich andern schuldig bin – nur dem Bedienten, da er schon das vorigemal soviele Aufträge hatte, nicht so viel habe aufbürden wollen – hier den fl., welchen sie die Güte hatten, der Wäscherin zu geben, der Löffel, den der Bediente mit Dank zurückstellt, war ebenfalls bei meinem Fortgehen auf der Landstraße in meiner Wohnung bereit gelegt, allein es war das vorige Mal zu viel für ihn, daher er ihn heute erst bringt.


in Eil

ihr Freund u. Diener

L. v. Beethoven.


Alles Schöne den Ihrigen

u. an Streicher besonders.«


Der Brief ist nicht datiert und nicht genau zu bestimmen.


23. (Nohl N. Br. 187.)


»Beste Fr. v. Streicher


redlich ist dieser Bediente schwerlich, obschon ich ihn nicht ganz sogleich verdammen will – ich glaube ihn unterdessen ihn noch hier zu behalten mit der Haußhälterin, was glauben Sie? – leicht wird man jemanden andern wohl nicht gleich finden, u. doch fürchte ich der Kerl könnte auf eine brave Person bösen Einfluß haben? – Ich schicke ihnen hier die 2 Schlüssel wo sie alles besehen können, sie können mir sagen, ob es möglich wäre, daß die Haußhälterin spätestens Dienstag früh sich hierher verfügte? – oder gar Montags Nachmittags? – Abwischfetze fehlen – selbst hier, denn der Teufel hat meine 2, 3 malige Einrichtung schon immer geholt – leben sie wohl werthe Freundin


NB. Verfluchen sie mich nicht

wegen so vieler Beschwer-

lichkeiten.«

in Eil

ihr Freund

L. v. Beethoven.


24. (Nohl N. Br. 166.)


»Liebe Fr. v. Str.


Ich bin voller Verdrießlichkeiten heute, ihnen sie aufzuzählen ist unmöglich, doch morgen hoffe ich sie zu sehen – leben sie wohl, Gott waltet über uns alle!!

Mit Empfehlungen an

die ihrigen


In Eil ihr Freund

Beethoven.«


[494] 25. (Kalischer S. 31.)


»Ich werde ihnen die Antwort diesen Abend sagen, wenn es sich Dienstag machen ließ, wär es mir lieber, wo ich ohnehin ein von mir bearbeitetes 5tet aus einer Sonate probiren werde.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


Das ist das Quintett Op. 104, arrangiert nach dem Klaviertrio Op. 1, 3. Beethoven gebraucht das Wort Sonate hier der Form entsprechend im weiteren Sinn. (Vgl. dazu Nottebohm Beethoveniana (I) S. 8.) – Der Brief ist also noch im August 1817 geschrieben.


26. (Kalischer S. 32.)


»Sehr übel befand ich mich gestern u. heute auch noch, ich gedr. nach Nußdorf, ob ich Dienstag kommen werde weiß ich nicht – Gott mit euch –


L. v. Beethoven.«


27. (Nohl N. Br. Nr. 174.) Vielleicht vor Nr. 26.


»Werthe Freundin!


Aufs ungewisse, ob sie heute zu sprechen, alles schöne u. gute ihnen und den ihrigen. Meine Wohnung habe ich um einer anderen ziemlich besseren verlassen, möchten sie es über sich nehmen mir nur zu rathen, wie ich nun gewöhnlich gut essen u. trinken zu Hause kann?! – Der Bediente hat von der vorigen Wäsche ein P. Strümpfe verlohren, oder – ich bitte sie ihm die Nachtshemden mitzugeben, welches ganz sicher deswegen geht, weil ich ihm erklärt, daß jedes, was er verliert ersetzen muß – vielleicht sehe ich sie bald – ich bitte sie zuweilen an einen armen kränklichen österreichischen Musikanten zu denken.


in Eil

ihr Freund u. Diener

L. v. Beethoven.«


28. (Nohl Nr. 166, Kalischer S. 32. – Bei Jahn-Thayer als besonderer Brief, ebenso Kalischer. Bei Nohl als Nachschrift zu dem Brief Nr. 24. Das Briefchen kann auch früher fallen, wo er noch mehr über seine Krankheit klagte.)


»Ein Brechpulver habe ich nur, muß ich hierauf öfter Thee nehmen? ich bitte sie um einen zinnernen Löffel.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


[495] 29. (Nohl N. Br. Nr. 201.)


»Für die Fr. v. Streicher.«


»Ich bin in Sichtung meiner Papiere begriffen, mitunter in Ueberlegung was für die künftige Veränderung nöthig ist, schreiben [sie es] allem dem zu, daß ihre Rechnungen noch nicht getilgt sind und daß ich nicht bei ihnen war. Zu d. g. wie meine Papiere in Ordnung bringen gehört schreckliche Geduld, die aber unser eins, wenn sie sich einfindet, festhalten muß, weil es sonst nie geschieht; dieses hängt denn auch mit dem, was wir an Geräthschaften brauchen, zusammen – vielen Dank für ihre Empfehlung der neuen H. u. für ihren noch fortdauernden Willen sich unserer anzunehmen, ohne welches ich immer in jede Mißtrauen setzen werde, obschon bei dreien man leichter alles aufdecken wird. ich hoffe sie morgen oder übermorgen zu sehen.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


Also kurz vor der Übersiedlung in die neue Wohnung.


30. (Nohl N. Br. Nr. 207.)


»An die Frau v. Streicher.«


»Ich sage Ihnen nur, daß es mir besser geht, ich habe zwar diese Nacht öftere an meinen Tod gedacht; unterdessen sind mir diese Gedanken am Tage auch nicht fremd. –

Wegen der künftigen Haushälterin wünschte ich zu wissen, ob sie ein Bette und Komodekasten hat? Unter Bette verstehe ich zum Theile das Gestell, zum Theil das Bett, die Matratze etc. etc. selbst. Wegen der Wäsche sprechen Sie doch auch mit ihr, damit wir über alles gewiß sind. Sie wird auch Darangeld haben müssen, welches ich ihr schon noch geben werde –; wegen allem Uebrigen morgen oder übermorgen; meine musikalischen und unmusikalischen Papiere sind beinahe in Ordnung.

Das war eine von den 7 Mühen des Herkules –


In Eile

Ihr Freund

Beethoven.«


31. (Nohl N. Br. Nr. 191.)


»An die Frau v. Streicher.


Ich befinde mich nicht wohl u. kann daher nicht zu ihnen kommen, verzeihen sie, daß ich ihnen die 17 fl. so spät schicke, ich bin überhaupt noch immer nicht in meinem Gleise; mit meiner Haußhaltung glaube ich wirklich daß es besser gehen müste, die Kocherei für sich schon ist mir selten genügend, ich glaube, daß wir einer vernünftigeren Person nöthig hätten, denn beide [496] sind stumpfsinnig, ich bin dabei sehr verdrießlich. Sprechen sie übrigens nicht viel mit ihnen, denn es wird dadurch doch nicht besser u. macht sie erboster auf mich, soviel ich einsehen kann, bedarf dieN. jemanden, der über sie die Aufsicht hat, ohne dieses wird alles hinken – ich bitte sie die Gefälligkeit zu haben, mir so viel Ellen von beigefügtem Barchent (je dicker je besser) als man zu 2 Beinkleidern braucht, zu kaufen, u. noch ein Ehle darüber.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


32. (Kalischer S. 24.)


»An die Fr. v. Streicher.«


»Verzeihung – Es fehlt Scheere, Messer etc. Ich glaube, daß die Lumpen zu schlecht und es besser sei Leinwand zu kaufen – Die Halstücher brauchen auch eine flickung – darüber mündlich, wie auch mündlich eben um Nachsicht wieder


In Eil

ihr Freund

Beethoven.«


33. (Nohl N. Br. 192.)


»Ich befinde mich noch übel u. wenig Trost ist im Hauß; gestern u. heute habe ich wirklich schlecht gegessen, es fehlt dieser Person an Ueberlegung, – über ihr übrigens mündlich, ich weiß ihren guten Willen, auch sind beide wohl nicht die schlechtesten, doch erfüllt besonders die N. meine Bedürfnisse nicht, gewaltsam u. übereilt soll nichts geschehen, doch fürchte ich, daß sie doch gar zu viel zu thun hätten, um hier Ordnung oder Ordentliches zu erschaffen, wie, wenn sie krank oder abwesend sind – wir müssen eine Person haben, auf die wir uns ohne anderer Zuthun verlassen können – ohnehin ist es mir hart in den Zustand gerathen zu sein, so mancherlei Menschen brauchen zu müssen – meinen herzlichen Dank für ihren Einkauf, übermorgen werde ich sie wohl gewiß sehn, da ich morgen viel zu thun habe, wenn ich nur anders mich besser befinde


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


34. (Nohl N. Br. 195.)


»Fürs erste leuchtet aus allem hervor, daß wenn Sie nicht gütigst eine Art von Oberaufsicht führen, ich bei meinem Gebrechen beinahe mit allen Leuten dasselbe Schicksal haben werde – die Undankbarkeit gegen Sie ist es, was bei mir beide Menschen auf das tiefste heruntergesetzt hat.

[497] Was sie sonst von Geschwätz sagen, begreise ich nicht, ein einziges mal erinnere ich mich in Ansehung eines dritten Gegenstandes einen Augenblick selbst mich vergessen zu haben, jedoch bei ganz anderen Menschen. – das ist alles was ich hierüber zu sagen weiß – ich meiner Seite achte u. höre nie das Geschwäz des Pöbels an, ich habe ihnen selbst hierüber Winke gegeben, ohne ein Wort zu sagen von dem was ich gehört habe – fort, fort, fort, fort mit d. g. Es ist schon mehrmal der Fall gewesen, daß ich die N. zu ihnen geschickt, daß sie ihr vergeben möchten u. seit ihrem letzten Besuch bei mir, habe ich sie zwar nicht ausgescholten, aber ich habe kein Wort, keine Sylbe mehr mit ihr gesprochen u. ihr so deutlich genug meinen Willen zu erkennen gegeben, denn ich muß sagen, von Menschen die sich so gegen Sie betragen, kann ich unmöglich einen guten Schluß für mich selbst ziehen u. es liegt mir an beiden nichte. –

Die Aufsagung wird heute mit der B. geschehen, vielleicht daß sie die N. um Vergebung bittet, da sie schon einen Schritt gethan, übrigens wiederhole ich, wenn nicht wie [mir?] Jemand diese Sache unter seine Obhut stellt, dürfte es uns auch mit andern nicht besser ergehn. – Uebrigens verlasse ich mich auf ihre Menschenfreundlichkeit, die ihnen innerlich sagt, Gutes zu thun, ich kann das nicht in diesen Fall mit ihnen gegenseitig kommen, leider habe ich dieses schon früher gefühlt u. hoffe nichts destoweniger, daß sie immer gern für mich handeln werden, für ihren Freund


und Diener

Beethoven.


Die N. braucht eine Person über sich, eine vernünftigere, die diese nicht nöthig hätte, würde wohl besser zu uns passen, obschon auch nicht ohne Aufsicht, auch wollen wir nicht die Vorwände zu sehr treiben, denn ›jeder Mensch fehlt, nur immer auf eine andere Art.‹ Nehmen sie nur sogleich die andere auf, u. verzeihen sie mir alle die Beschwerlichkeiten, welche ich ihnen verursache – Sobald sie von Klosterneuburg kommen, bitte ich sie, daß sie recht brav sind! Ich habe der Nany gesagt, daß ich einen Bedienten aufgenommen, lassen sie selbe in diesem Wahn.«


Dieser Brief ist kurz vor dem folgenden (35) geschrieben, wie aus der Bemerkung über die Aufsagung an die B. hervorgeht.


35. (Nohl Br. B. Nr. 157, der den Brief sicher unrichtig ins Ende 1816 setzt.)


»An die Fr. v. Streicher geb. Stein


(mit einer Visitenkarte Ludwig van Beethoven).


Schon gestern sollte ihnen die N. die Neujahrsbillete geben, sie that es unterdessen nicht – Vorgestern hatte ich mit Mälzel, der sehr pressirt ist, da er bald von hier abreißt, zu thun, daher sie wohl von selbst wissen werden, daß ich sonst unfehlbar gleich wieder hinauf geeilt wäre – gestern sah ich ihre liebe gute Tochter bei mir, war aber so krank als ich mich nicht bald erinnere, die saubern Bedienten hatten vorgestern von 7 Uhr bis 10 Abends gebraucht [498] bis ich Feuer im Ofen hatte, die grimmige Kälte, besonders bei mir, machte mich zu sehr erkühlen, und ich konnte gestern beinahe den ganzen Tag kein Glied bewegen. Husten und die fürchterlichsten Kopfschmerzen, welche ich gehabt, begleiteten mich den ganzen Tag, schon Abends gegen 6 Uhr mußte ich mich ins Bett begeben, ich liege noch, unterdessen ist mir besser, ihr Herr Bruder speiste gestern bei mir, er hat mir eine sehr große Gefälligkeit erzeigt – am selben Tag, wie sie wissen, nämlich: den 27. Decemb. habe ich der B. aufgesagt. Die Niedrigkeit von beiden Personen ist mir unausstehlich u. mich soll wundern, ob die N. sich besser bei der Abwesenheit der anderen betragen wird, ich zweifle, doch wir machen dann ohne weiteres den Kehraus mit ihr, für eine Haußhälterin ist sie zu ungebildet, zu viehisch, die andere aber steht bey ihrem Gesicht noch unter dem Vieh. – Da das Neujahr da ist, so glaube ich, daß 5 fl. für die Nany genug sein wird, die 4 fl. für den Macherlohn ihres Spenzers habe ich ihr nicht gegeben nach dem schlechten Betragen gegen Sie – die andere verdient wirklich kein Neujahr, ohnehin hat sie 9 fl. voraus, bei ihrem Weggehen werde ich ihr doch nicht mehr als höchstens 4 oder 5 fl. davon abhalten können, ich wünsche ihr Gutachten über alles das. – Nun nehmen sie meine Wünsche für ihr Wohl an, die wahrhaft gemeint sind, ich bin in so vielen Rücksichten ihr Schuldner, daß ich hiebei oft genug ein beschämendes Gefühl habe.

Leben Sie wohl, erhalten Sie mir Ihre Freundschaft.


Wie immer

ihr Freund

L. v. Beethoven.«


Das neue Jahr (1818) war herangekommen, Beethoven war in der neuen Haushaltung, die noch viel Schwierigkeiten verursacht. Vorstehender Brief ist um Neujahr geschrieben.


36. (Nohl N. Br. Nr. 193.)


»An die Frau von Streicher gebohrne Stein.


Ihre letzte Unterredung mußte ich theuer bezahlen, die N. hat sich danach so gegen mich betragen, daß ich Sonnabends wüthend geworden bin, darauf hat sie freilich wieder getaugt – allein ihr zuthun wird nichts helfen, das übel dieser Person, ihr Eigensinn ist nicht zu bessern u. mein Zutrauen hat sie schon verloren – hiezu kommt noch, daß nun nach und nach die Zeit heranrückt, wo Karl sicher bei mir sein wird,13 und ich glaube sie werden mit mir einstimmen beide Personen mit anderen und besseren zu vertauschen.

Vielleicht sehe ich sie morgen, übermorgen gewiß.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


[499] 37. (Nohl Br, B. Nr. 158 unvollständig. – Kalischer S. 28.)


»Ich danke ihnen für ihren Antheil an mir – es geht schon besser – heute habe ich unterdessen viel ausgestanden von der N. – habe ihr aber ein halb duzend Bücher zum Neujahr an den Kopf geworfen – die Blätter rotten wir aus (indem wir die B. fortschaffen) oder die Aeste, aber wir werden wohl selbst bis an die Wurzel kommen müssen, so daß nichts mehr übrig bleibt als der Grund. – ich glaubte die Sophie gesehen zu haben und als ich das 2te mal nach Hauß kam, konnte ich vor schmerzen nichts anderes thun als mich niederlegen aufs Kanapee – ich hoffe sie bald bei mir oder mich bei ihnen zu sehn


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


38. (Nohl N. Br. Nr. 199.)


»An die Frau v. Streicher geborne Stein.


Co freut mich, daß Sie selbst fühlen, daß ich unmöglich mehr ihr Haus betreten kann –; der beiliegende Zettel ist von diesem Morgen geschrieben; ich wollte ihn Ihnen schicken, wenn der ihrige durch ihren Diener anlangt.

Ich erwarte sie mit Vergnügen Dienstags Morgens –; Sie finden mich sicher. – von Karls Arzt weiß ich, daß es seinem Leibe gut geht; was die Seele anbelangt, so ist dieses nur dem Himmel anheimzustellen.


In Eile

Ihr Freund

Beethoven.«


32. (Nohl N. Br. Nr. 200.)


»An Frau Nanette v. Streicher

geborne Stein.


Es wird gut sein, daß sie meinen zwei Dienstleuten ebensowenig als ich merken lassen, daß ich leider nicht mehr das Vergnügen haben kann, zu ihnen zu kommen, dieß müsse im Nothfalle sehr üble Folgen für mich haben, ebenso als wenn sie sich gänzlich hierin entzie hen wollten – ich bitte sie mir gütigst ihre Auslagen für mich anzuzeigen, die ich sogleich ihnen mit vielem Danke schicken werde, ebenfalls mir gefälligst anzuzeigen, wo ihr Silberarbeiter sein Gewölb habe? – Die Nany habe ich, wie auch die andere ob ihres Betragens gegen sie ausgescholten, nichts desto weniger hat sich die Jüngere gestern so frech und keck betragen, daß ich ihr gedroht, im Falle sie noch einmal sowohl Bosheiten an Anderen als an mir ausübe, ich sie auf der Stelle aus dem Hause jagen werde; sie sehen, [500] daß wir beinahe von beiden gleiche Behandlung erfahren; dieses liegt schon in den Naturen ja in der wahrhaft bösen Natur der Jüngeren –; hieran sind sie ebenso wenig als ich schuld – sobald sie können, machen sie mir das Vergnügen, mich zu besuchen, oder auch bei mir zu speisen. –

Jede kleine Gefälligkeit von ihnen werde ich im Gedächtniß behalten, und mich immer nennen ihren


dankbaren

L. v. Beethoven.«


40. (Frimmel N. Beeth. S. 107.)


»An die Frau v. Streicher

gebohrne Stein.


Ja wohl ist diese ganze Haußhaltung noch ohne Haltung, und sieht einem Allegro di Confusione ganz ähnlich – wenn ich recht lese so wollten sie mir diesen Nachmittag um halb 5 Uhr das Vergnügen ihres Besuches schenken, oder solls heißen um halb 3 Uhr? – Dies bedarf noch einer Aufklärung, weswegen sie schon ihre kleine Brieftaube noch einmal schicken müssen, denn die Weiber waschen sich heute jede eine und die andere im Waschtrog.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


41. (Nohl Br. B. Nr. 161, doch lückenhaft.)


»An die Fr. v. Streicher gebohrne Stein.


Der bewußten Missethäterin ist heute ihr Urtheil angekündigt worden – sie benahm sich dabei beinahe wieCaesar bei Brutus Dolch, nur daß in ersterem Wahrheit zu Grunde lag und bey ihr eine heillose Tücke. – Das Küchenmädchen scheint brauchbarer als das vorige schlechte schönheits gesicht, sie läßt sich nicht mehr blicken, ein Zeichen, daß sie auf kein gutes Zeugniß hofft, welches ich ihr doch zugedacht hatte. – Nun fehlt mir eine neue Hauptperson, ich bitte jedoch hierin alles aufs beste zu erwägen, gut kochen damit man gut verdaue, sie dürfte ebenfalls für das flicken (nicht im Staate) der Hembden etc. brauchbar sein, soviel Gehirn haben als nöthig ist, für die Bedürfnisse mehrerer Personen hinlänglich u. zugleich auslangend des Beutels wegen zu sorgen. Das neue Küchenmädchen hat ein etwas schiefes Gesicht beim Holztragen gemacht, ich hoffe aber sie wird sich erinnern daß unser Erlöser sein Kreuz auch auf Golgatha geschleppt hat. – ich sehe sie wahrscheinlich morgen.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


[501] 42. (Nohl N. Br. Nr. 197.)


»Es freut mich, daß sie sich noch ferner um das Hauswesen annehmen wollen, ohne das alles andere vergebens wäre, beym hier folgenden Küchebuch liegt ein Brief, welchen ich ihnen, noch ehe sie nach K. N. [Kloster Neuburg] gingen geschrieben, mit der N. geht es jetzt, was ihr Betragen angeht, besser, u. ich denke gar nicht, daß sie den Willen dazu hat, vielleicht ist es möglich mit dem andern Mädchen unsere Haushaltung vortheilhafter zu wirken, doch dürfen sie sich nicht entziehen, leicht können sie im Küchenbuch sehen, ob ich allein oder zu mehreren oder gar nicht zu Hause gegessen habe. – ganz ehrlich halte ich die N. nicht, außerdem, daß sie noch obendrein ein schreckliches Vieh ist, nicht durch Liebe, sondern durch Furcht müssen d. g. Leute gehandhabt werden, ich sehe das jetzt ganz klar ein. – Es versteht sich, daß das Dienstmädchen Sonnabend früh eintreten kann, nur bitte ich sie mir gütigst anzuzeigen, ob die Baberl sich Freytags früh oder nach Tisch zu entfernen hat? – Das Küchenbuch allein kann ihnen nicht alles klar anzeigen, sie müssen manchmal beim Essen als ein richtender Engel unverhofft erscheinen, um auch in Augenschein zu nehmen, was wir haben, – ich speise nun niemals zu Hause als wenn jemand bei mir zu Gaste ist, denn ich will nicht so viel für meine Person bezahlen daß 3 od. 4 davon essen könnten. –Meinen lieben Sohn Karl werde ich nun bald bei mir haben, um so mehr bedürfen wir der Oekonomie. – ich kann mich nicht wohl überwinden zu ihnen zu kommen, sie verzeihen mir schon, ich bin sehr empfindlich u. dgl, nicht gewohnt, noch weniger mag ich mich aussetzen – – – sobald sie können besuchen sie mich, nur lassen sie michs voraus wissen, ich habe viel mit ihnen zu reden, schicken sie mir das Büchel gegen Abend ebenso wieder zurück, bis die andere Person da ist gehen wir einen stärkeren Weg u. mit ihrer gütigen freundschaftlichen Gefälligkeit wäre es doch möglich hierin fortzukommen. – Die N. hat außer ihren 12 Kr. Brotgeld eine Semmel Morgens, ist das mit der Küchenmagd auch der Fall, eine Semmel macht für ein Jahr 18 fl. – leben sie und weben sie wohl, die Fräulein N. ist ganz umgewandelt seit ich ihr das halb duzend Bücher an den Kopf geworfen. Es ist wahrscheinlich durch Zufall etwas davon in ihr Gehirn oder schlechtes Herz gerathen, wenigstens haben wir eine busige Betriegerin!!!


in Eil

ihr

L. v. Beethoven.«


43. (Nohl N. Br. Nr. 198.)


»Was die B. betrifft, so geht sie Montag in der Früh, zu Mittag kann also die andere od. Nachmittags gegen 2 od. 3 Uhr, wie Sie am besten glauben, einstehen, die N. hat mich heute gefragt, ob die B. bleibe, ich [502] sagte nein, sie könne höchstens bis Montag in der Frühe bleiben, übrigens habe ich guten Grund zu glauben, daß die N. oder die andere ihre Spionereyen in ihrem Hause fortsetzt. – Vorgestern Abend fing die N. an mich auf ihre allem Mistvolk eigene Art des Läutens wegen aufzuziehen, sie wußte also schon daß ich ihnen davon geschrieben, gestern Morgen gingen die Teufeleyen wieder an, ich machte kurzen Spaß u. warf der B. meinen schweren Sessel am Bette auf den Leib, dafür hatte ich den ganzen Tag ruhe, immer nehmen sie Rache an mir, so oft sie eine Korrespondenz verrichten oder sonst etwas bemerken zwischen uns. – Was die Ehrlichkeit der N. anbelangt, so glaube ich sie [ist] nicht weit her, sie nascht gern, dies mag dazu beitragen – sobald das andere Mädchen da ist, werde ich in ihrer Gegenwart sobald sie mich besuchen, die N. hineinrufen, u. meine Zweifel des Küchenbüchels wegen äußern – Monathrechnungen gehen bei mir nicht eher an, bis alle Tage eine gewisse Anzahl Personen bei mir speist, auch machten die Anschaffungen dies nicht möglich, aber daß ich allein beinahe so viel brauche, als wenn auch noch 2 Personen bei mir essen, das hat seine Richtigkeit – wahrscheinlich werden wir zu Mittage immer zu Dreyen, außer den 2 Dienstbothen essen, da der Lehrer meines Karls zu Mittage bei mir essen wird, dem Himmel muß ich danken, daß ich überall Menschen finde, die sich besonders jetzt meiner annehmen, so hat sich einer der ausgezeichnetsten Professoren an der hiesigen Universität gefunden, der mir alles was Karls Unterricht betrifft aufs beste besorgt und anräth. – sollten sie bei Czerny mit diesen Gianalasischen zusammen kommen, so wissen sie von gar nichts was mit meinem Karl geschieht, sagen es sei meine Gewohnheit nicht meine Vorsätze auszuplaudern indem jeder ausgeplauderte Vorsatz einem schon nicht mehr zugehört, sie mögten ferner sich noch gerne einmischen u. ich will sie diese alltags Menschen ebenso wenig für mich wie für meinen Karl. – Daß sie der N. gern verzeihen, glaube ich auch, ich denke auch so, aber ich kann sie doch nun nicht mehr anders als eine unmoralische Person betrachten, wir werden schon sehen, wie es sonst geht, aber gemeiniglich thut das was nun schon vorgefallen, zwischen Herren und Dienstbothen nicht gut mehr – das nun eintretende Küchenmädchen bitte ich sie so zu unterrichten, daß sie ihnen u. mir als Parthey gegen die N. dient, dafür werde ich ihr manchmal etwas schenken, welches die andere nicht zu wissen braucht, ohnehin wird sie nicht so naschhaft sein als die N. u. B. kurzum, das Küchenmädchen muß als Gegenparthey der N. immer sich betragen, so wird die außerordentliche Frechheit, Bosheit u. Niedrigkeit der N., die zwar jetzt etwas gedämpft ist, auch nachlassen, ich versichere sie, daß das mit der N. erlebte noch über manche gehabte Bediente geht. – alle fremde Besuche und besonders vom 1sten Stock habe ich der N. gänzlich untersagt. – u. nun leben sie herzlich wohl, was die Dienstbothen an geht, so ist nur eine Sprache überall über ihre Immoralität, welchem alle übrigen Unglück allhier zuzuschreiben, u. so dürfen sie nie von meiner Seite hierüber eine Kränkung erleiden können oder erwarten, dankbar werde ich alles anerkennen, was mir ihre Freundschaft dargebracht, nur ist es mir leid, daß ich unschuldiger Weise an einer kleinen Entzündung [503] in ihrem Hause schuld bin – statt der Klosterneuburger Geistlichkeit segne ich sie.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.


Die N. frug mich nebenbey, ob

ich denn Jemand andern an der Stelle

der B. habe, ich antwortete ja.«


44. (Nohl N. Br. Nr. 179.)


»An die Fr. v. Streicher.«


»Ich bitte sie, werthe Fr. v. Str., von meinem Entschlusse mit dem Hofmeister für Karl bei keinem Menschen etwas laut werden zu lassen, damit weder ihm noch Karl dadurch geschadet werde, bis die Sache ganz sicher ist – für mein übriges Daseyn bedarf ich einer besseren Pflege u. Aufwartung, dazu gehört eine Haushälterin, da wir einen guten Hofmeister gefunden, bedürfen wir wohl jetzt nicht der Französin, indem Karl doch eines wissenschaftlichen französischen Unterrichts genießen muß, u. dazu wohl unsere Französin nicht taugen dürfte, auf der anderen Seite dürfte, Hofmeister u. Hofmeisterin zu viel kosten, nun höre ich aber, daß man auch recht wohl für 100 fl. jährlich sammt Kost u. Wohnung wohl eine Haußhälterin haben kann – denken sie darüber und rathen u. helfen sie


An Streicher die liebevollsten

Mahnungen.


ihrem

armen leidenden

Freunde

Beethoven.«


45. (Nohl N. Br. Nr. 205.)


(Adr.) »Für die Frau v. Streicher geb, Stein.

C'est justement que j'entends que la N.

demain s'en va sûrement.«


»Es war nicht möglich Sie gestern zu besuchen – mit größtem Vergnügen erwarte ich sie heute Nachmittag. Die N. geht ohnehin aus, übrigens kann wohl kein Zusammentreffen mit ihr und ihnen jemals stattfinden. Wir könnten hernach auch das Silber kaufen gehen, da es doch nöthig ist, – Nach 3 Uhr ist die N. schon aus. Ich müßte mich sehr irren, wenn nicht morgen oder heute ihr Austritt sei.


In Eil

Ihr

Beethoven.«


[504] 46. (Nohl N. Br. Nr. 203.)


»An die Frau v. Streicher.«


»In Eil.

Die N. hat mir gestern Abends erst ihren Brief übergeben; ich wünsche jeden Tag ihre geendigte Laufbahn bei mir, – ich habe mich wieder erkühlt und habe starken Schnupfen und Husten, Ich sehe sie bald, ich danke für die Baumwolle.

Sobald das Silber abgeliefert erhalten sie selbe.


Ihr Freund

Beethoven.«


47. (Nohl N. Br. Nr. 202.)


»An die Frau v. Streicher geborne Stein.«


»Ich schrieb ihnen zwar neulich von besser mich befinden, allein es ist noch nicht ganz, daher konnte ich sie nicht sehen und nun ist seit gestern der Tischler da – Morgen trifft Karl ein und ich habe mich in ihm geirrt, daß er vielleicht doch vorziehen würde, da zu bleiben. Er ist frohen Muthes und viel aufgeweckter als sonst, und zeigt mir jeden Augenblick seine Liebe und Anhänglichkeit; übrigens hoffe ich, daß sie sehen, daß ich in einem einmal etwas fest beschlossenen nicht wanke, und Es war so gut!

Wegen der N. der Einschreibung des Küchengeräthes haben sie recht, ich werde heute überlegen wie es zu machen; vielleicht sehe ich sie morgen oder heute.

Montage sind ihre 14 Tage schon zu Ende. Es frägt sich, ob sie am selben Tage schon fortgehen muß; ich wäre ganz zufrieden; sie hat manches Unheil angestiftet, da vor ihrer Bosheit und Konfusion nichts sicher ist – Den Hofmeister können wir eintreten lassen, wann wir wollen, ohnehin können wir eher nichts gemeinschaftlich überlegen und durchführen, bis die N. fort ist. Das Nöthigste nur, da es ganz gewiß ist, daß ich entweder halben Juni oder Ende September Wien verlassen muß – Leben Sie wohl; ich danke ihnen für die Sorgfalt.


Ihr Freund

Beethoven.«


Der Brief ist, wie Thayer in seiner Abschrift bemerkt, am 23. Januar 1818 geschrieben; denn am 24. erfolgte der Austritt aus Giannatasios Institut.


48. (Nohl N. Br. Nr. 208.)


»An die Frau v. Streicher gebohrne Stein.«


»Eben im Begriffe ihnen zu schreiben, erhalte ich ihren Brief nebst Silber; wir werden alles übrige besprechen. Karl darf noch nicht, und das [505] vor einigen Tagen14 noch nicht ausgehen, und mit der Einrichtung gibt es auch einige Tage zu thun; wegen allen diesem konnte ich sie nicht sehen, hoffe aber morgen oder übermorgen dazu zu kommen. Die P. kocht gut, und ich muß ihnen hiefür wieder unendlich Dank wissen, wenn sie nur fortfahren sich zuweilen um uns zu bekümmern, so möchte das Ganze immer noch leidlich, u. vielleicht noch etwas mehr ausfallen. Es gehen noch einige Tage dazu, bis ich ganz in Ordnung bin. Es war für mich eine Herkulesarbeit. Gott gebe nur, daß ich nur meiner Kunst mich wieder ganz widmen kann; alle meine übrigen Umstände wüßte ich sonst dieser ganz unterzuordnen, nun bin ich freilich hierin etwas verrückt worden.

Mündlich mehr; – Karl empfiehlt sich ihnen –


In Eil

ihr Freund u. Diener

Beethoven.«


49. (Nohl N. Br. Nr. 206.)


»Für die Fr. v. Streicher.«


»Ich bitte sie, meine Werthe, das noch abzuthuende Geschäft des Silberzeugs abzumachen. Es dürfte gar zu lange währen, bis ich dazu komme. Fürs erste ist zu wissen ob wir noch Geld herausgeben müssen? und wie viel? Die Zuckerbüchse geben wir aus jeden Fall zurück. Hiezu gebe ich noch 3 Kaffeelöffel von mir, können wir nur hiefür ohne viel herauszugeben noch ein paar Eßlöffel, einen leichten Oberslöffel haben, so wäre für unsere Bedürfnisse gesorgt, denn an weiteres darf ich armer oesterreichischer, ärmster Musikant, nicht denken – in Eil – nebst Empfehlung wegen exemplarischer Aufführung ihrer und dero Tochter.


ihr Freund

Beethoven.«


»Für die Fr. v. Streicher

nebst Silberrechnung, silberner Zuckerbüchse

u. 3 Kaffeelöffel.


50. (Kalischer S. 25.)


Vielen Dank, werthe Frau v. Streicher für ihre neue Gefälligkeit –; ich werde morgen Nachmittag selber zu Sieber gehen und ihm den Rest einhändigen –

Bald werde ich das Vergnügen haben, sie und Karl zu sehen.


In Eil

ihr Freund

Beethoven.«


Jakob Matthias Sieber war Galanteriewarenhändler in Wien am Graben 1171 (Thayer). (Kalischer will hier an den Chirurgus Seibert denken.)


[506] 51. (Nohl N. Br. Nr. 209.)


»An die Fr. v. Streicher.«


»Wir waren früh auf, Karl und ich, denn der Hofmeister war über Nacht nicht nach Hause gekommen – ich begreife daher nicht ganz unsere Unordnung, die sie verhinderte zu uns zu kommen, ob wohl öfters d. g. bei uns überall zu Hause ist. – Mein Gast ist heute einer der ersten Professoren meines Karl wegen! – Hoffentlich sehe ich sie diesen Nachmittag gewiß, der Haushälterin gab ich auf, sie zu befragen um die Mehlspeise, die sie einmal uns gütigst auf Neujahr machten – leben sie wohl.. – Gott helfe mir, ich appelire an ihn als letzte Instanz.


ihr Freund

Beethoven.«


52. (Kalischer S. 26.)


»Werthe Frau v. Streicher!


Czerny war eben hier – ich werde diesen Abend bey demselben seyn, ob bey ihnen morgen, weiß ich noch nicht. Es haben mir einige Teufel von Menschen wieder einen solchen Streich gespielt, daß ich nicht vermag unter Menschen zu seyn – Carl hat morgen um 11 Uhr Prüfung, weshalb er nicht mitkommen kann, doch vielleicht sehen wir sie morgen Nachmittag.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


Die Prüfung bezog sich wohl auf Karls Aufnahme in das akademische Gymnasium; dann würde der Brief in etwas spätere Zeit fallen. (August?)


53. (Nohl N. Br. Nr. 194.)


»Ich danke ihnen. Es scheint sich schon stark zu bessern. Ich sende auch das Sprachrohr mit, bitte es morgen wiederzuschicken, da meine Beobachtungen dadurch um vieles gewonnen.


ihr dankbarer

Beethoven.«


Vielleicht aus Ende 1817, als Mälzl noch in Wien war.


54. (Kalischer S. 24.)


»Für die Frau v. Streicher.«


»Ich danke ihnen recht sehr für ihre mir erwiesene Gefälligkeit – ich werde mich dieser Täge zur S. verfügen und hören, wie es mit der ganzen Sache steht, – alle Hände u. süße voll zu thun, es ist mir beinahe nicht[507] möglich gewesen sie zu sehen – Karl empfiehlt sich ihnen, nächstens besuchen wir sie


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«

»Verlassen sie ihren Posten als

Oberhofmeisterin nicht ganz. Es wird

immer auch eine selten gute Wirkung

hervorbringen. für die Frau v. Streicher.«


55. (Kalischer S. 25.)


»Eben erhalte ich die Medizin, und glaube daß es in einigen Tägen ganz sich bessern würde, ich danke ihnen, beste Frau v. Streicher recht sehr für ihre Theilnahme, wegen dem Leibchen wollen wir morgen sprechen, wenn ich das Vergnügen habe sie zu sehen.


in Eil ihr Freund

Beethoven.«


56. (Kalischer S. 28.)


»An die Fr. v. Streicher.«


»Ich bitte in Eile, mit Eile u. durch Eile, daß sie Streicher bitten, daß wir heute gegen 12 Uhr allein sind


in eiligster Eile

ihr Freund

Beethoven.«


57. (Kalischer S. 23.)


»An die Frau von Streicher

gebohrene Stein.«


»Werthe frau v. Str.


Ich bitte sie, ja nicht böse auf mich zu sein, daß ich noch nicht bei ihnen war, und daß ich – – – noch nicht gedankt habe – – – unterdessen hoffe ich sie morgen oder übermorgen zu sehen – Nachmittag nach 3 Uhr.


in Eil

ihr wahrer Freund

Beethvn.«


[508] 58. (Kalischer S. 23.)


»An die Frau v. Streicher.«


»Wertheste frau v. St.


Etwas wichtig Vorgefallenes läßt mich nicht heute zu ihnen kommen, aber morgen Nachmittag vor 3 Uhr bin ich bei ihnen.


in Eil

ihr freund

Bethoven.«


59. (Nohl N. Br. Nr. 213, nach Nottebohm Deutsche Musikzeit. II 1861 Nr. 161. In Thayers Nachlaß finden sich zwei Abschriften: die eine hat das Datum des 10. Juni, die andere [nach Jahn] den 18. Juni. – Der Brief befand sich im Besitz des Superintendenten Pauer, Schwiegersohnes der Frau Streicher, und ging von ihm in den seines Sohnes, des Pianisten Pauer, über.)


»Beste Frau v. Streicher!


Es war nicht möglich, ihnen eher zu schreiben auf ihr letztes. Ich hätte ihnen schon einige Täge zuvor als die Dienstbothen weggejagt wurden geschrieben, zauderte aber noch mit meinem Entschluß, bis ich gewahr wurde, daß besondere Frau D... Karl abhielte alles zu gestehn; ›Die Mutter sollte er doch schonen‹ sagte sie ihm; eben so wirkte die Peppi mit; natürlich wollten sie nicht entdeckt werden; beide haben schändlich mitgespielt, und sich brauchen lassen von der Frau v. Beethoven; beide empfingen Kaffee und Zucker von ihr, die Peppi Geld, die Alte vermuthlich auch dasselbe; denn es unterliegt gar keinem Zweifel, daß sie bei der Mutter Karls selbst gewesen; sie sagte auch zu Karl daß, wenn ich sie aus dem Dienst jagte, sie gleich zu seiner Mutter gehen würde. Dies geschah bei Gelegenheit, als ich ihr ihr Betragen verwiesen, womit ich öfter Ursache hatte unzufrieden zu sein; die Peppi, welche öftere lauschte, was ich mit Karl sprach, schien versucht zu werden, die Wahrheit gestehen zu wollen, allein die Alte hielt ihr ihre Dummheit vor und zankte sie tüchtig aus – und so verstockte sie wieder, und suchte mich auf falsche Spuren zu bringen. – Die Geschichte dieser abscheulichen Verrätherei kann beinahe 6 Wochen gedauert haben,15 beide würden nicht so bei einem weniger großmüthigen Menschen davon gekommen sein. Die Peppi erhielt von mir 9 oder 10 fl. für Hembdentuch, die sie aufnahm,16 und ich ihr hernach schenkte, und erhielt statt 60 fl.: 70 fl.; sie hätte schon können sich diese elenden Bestechungen versagen. Bei der Alten, die sich überhaupt am schlechte sten benommen, mag wohl Haß mitgewirkt haben, da sie sich immer zurückgesetzt glaubte, (ohnerachtet sie mehr erhalten [509] als sie verdient) denn selbst durch ihr hohnlächelndes Gesicht an einem Tage, als mich Karl umarmte, ahndete ich Verrätherei, und wie schändlich eine solche alte Frau, wie heimtückisch sie sein konnte. Stellen sie sich vor, 2 Täge vorher als ich hieher mich begab, ging K. ohne mein Wissen nachmittags zu seiner Mutter, und sowohl die Alte als P. wußten es ebenfalls. Aber hören sie den Triumpf einer greifen Verrätherin; als ich mit K. und ihr hieher fuhr, sprach ich mit K. über die Sache im Wagen, obschon ich noch nicht alles wußte, und indem ich Furcht äußerte, daß wir in Mödling nicht sicher würden sein, rief sie aus, ›ich sollte mich nur auf sie verlassen‹. O der Schändlichkeit! Nur 2 mal mit diesemmal ist mir in dem sonst ehrwürdigen Alter beim Menschen nur so etwas vorgekommen. Mehrere Täge vorher, als ich beide wegjagte, hatte ich ihnen schriftlich aufgesetzt, daß sich keine unterstehen sollte, von der Mutter Karls irgend etwas an ihn anzunehmen. Die Peppi statt in sich zu gehen, suchte sich heimlich an K. zu rächen, indem er schon alles gestanden hatte, welches ihnen deutlich wurde, indem ich aufgeschrieben auf obiges Blatt alles sei entdeckt – ich erwartete, daß sie beide mich um Verzeihung nach diesem bitten würden; statt dessen spielten sie uns eine um die andere schlimme Streiche. Da nun keine Besserung bei solchen verstockten Sünderinnen zu erwarten war u. ich jeden Augenblick eine neue Verrätherei erwarten mußte, so beschloß ich meinen Körper, meine Gemächlichkeit dem bessern ich meines armen verführten Karls aufzuopfern, und Marsch zum Hause hinaus zum abschreckenden Beispiel aller Künftigen. – ich hätte das Attestat weniger vortheilhaft machen können, aber bewahre, ich habe jeder volle 6 Monate angesetzt, obschon es nicht so war. Rache übe ich nie aus; in Fällen, wo ich muß gegen andere Menschen handeln, thue ich nichts mehr gegen sie als was die Nothwendigkeit erfordert, mich vor ihnen zu bewahren, oder sie verhindert weiter Uebeles zu stiften. – Um der Peppi ihre sonstige Redlichkeit ist mir's leid, sie verlohren zu haben, daher ich ihr Attestat noch vortheilhafter als der Alten gemacht habe, u. sie auch scheint von der Alten mehr verführt worden zu sein. daß es aber mit der P. ihrem Gewissen schlecht gestanden, erhellt daraus, daß sie zu K. sagte, ›sie getraue sich zu ihren Eltern zu gehen nicht mehr,‹ und wirklich ist sie noch hier, wie ich glaube – Spuren von Verrätherei hegte ich schon lange, bis ich den Abend vor meiner Abreise einen anonymen Brief empfing, welcher mich mit Schrecken erfüllte durch seinen Inhalt; allein es waren mehr Vermuthungen. Karl, den ich gleich Abends faßte, entdeckte gleich aber doch nicht alles. Da ich ihn öfter erschütternd nicht ohne Ursache behandle, so fürchtete er sich zu sehr, als daß er ganz alles gestanden hätte, über diesem Kampf langten wir hier an. Da ich ihn öfter vornahm, so bemerkten die Dienstbothen dieses u. besondere die alte Verrätherin suchte ihn abzuhalten, die Wahrheit nicht zu gestehen. Allein da ich Karl heilig versicherte, daß ihm alles vergeben sei, wenn er nur die Wahrheit gestände, indem Lügen ihn in einen noch tieferen Abgrund als worin er schon gerathen, stürzen würde, so kam alles ans Tageslicht, knüpfen Sie nun die noch früher ihnen angegebenen Data über die Dienstbothen hier an, und Sie haben die ganze schändliche Geschichte beider Verrätherinnen klar vor sich. – K. hat gefehlt, [510] aber – Mutter – Mutter – selbst eine schlechte bleibt doch immer Mutter.17 – In so fern ist er zu entschuldigen, besonders von mir, da ich seine ränkevolle leidenschaftliche Mutter zu gut kenne. – Der Pfaffe hier weiß schon, daß ich von ihm weiß, denn K. hatte mir es schon gesagt. Es ist zu vermuthen, daß er nicht ganz unterrichtet war, und daß er sich hüthen werde, allein um damit K. nicht übel von ihm behandelt werde, da er überhaupt etwas roh scheint, so ist es für jetzt genug. Da aber K.'s Tugend auf die Probe gesetzt, denn ohne Versuchungen gibt es keine Tugend, so lasse ich es mit Fleiß hingehen, bis es noch einmal (was ich zwar nicht vermuthe) geschehe wo ich dann seiner Hochwürd. ihre Geistlichkeit mit solchen geistigen Prügeln u. Amuletten u. mit meiner ausschließlichen Vormundschaft u. daher rührenden Privilegien so erbärmlich zurichten werde, daß die gantze Pfarrei davon erbeben soll. – Mein Herz wird schrecklich bei dieser Geschichte angegriffen, und noch kann ich mich kaum erholen. – Nun von unsrer Haushaltung; sie bedarf ihrer Hülfe, wie wir es brauchen, wissen Sie schon, lassen Sie sich nicht abschrecken, ein solcher Fall kann sich überall zutragen, ist es aber einmal geschehen und man kann den nachkommenden Dienstbothen dieses vorhalten, so wird es sich schwerlich mehr ereignen – Was wir brauchen wissen Sie, vielleicht die Französin, und was sich dann zum Stubenmädchen findet, die gute Kocherey bleibt eine Hauptsache. – selbst in Ansehung der Oekonomie, für jetzt haben wir hier eine Person, die uns zwar kocht aber schlecht. Ich kann Ihnen heute nicht mehr schreiben, Sie werden wenigstens sehen, daß ich hier nicht anders handeln konnte; es war zu weit gekommen. – ich lade sie noch nicht ein hieher, denn alles ist in Verwirrung; jedoch wird man nicht nöthig habe mich in den Narrenthurm zu führen. – ich kann sagen, daß ich schon in Wien schrecklich wegen dieser Geschichte gelitten u. daher nur still für mich war. – Leben Sie recht wohl; machen sie nichts hiervon bekannt, da man [auf] K. nachtheilig schließen könnte; nur ich da ich alle Triebräder hier kenne, kann für ihn zeugen, daß er auf das schrecklichste verführt ward. – ich bitte uns bald etwas Tröstliches wegen der Koch-Wäsch-Näh-Kunst zu schreiben.

Ich befinde mich sehr übel und bedarf bald einer Magen-Restauration.


In Eil ihr Freund

Beethoven.«

»Mödling am 18. [10?] Juni 1818.«


Beethoven war für den Sommer 1818 nach Mödling gezogen und hatte Karl mitgenommen. Der briefliche Verkehr mit Frau Streicher wurde von dort aus fortgesetzt, und über seine Erlebnisse schrieb er ihr im Juni diesen langen, unerfreulichen Brief, der ihn uns in seiner ganzen Reizbarkeit, Leidenschaftlichkeit, Unbehülflichkeit und seinem Mißtrauen zeigt; in derselben Zeit arbeitete er an der großen B dur-Sonate. Vgl. o. S. 96 s.


[511] 60. (Nohl N. Br. Nr. 214. – Wie der Inhalt ergibt, ebenfalls aus Mödling, und kurz nach dem vorigen geschrieben.)


»An die Fr. v. Streicher

nebst einem Paquet.«


»Sie können nicht urtheilen wie das zugeht. – Datum [?] u. später etc. – Stubenmädchen haben wir u. zwar nicht so Elephantenartig wie die Peppi, aber weit geschickter u. ich hoffe auch redlich. Mit der Haußhälterin ist es nicht so, u. wir wünschen eine bessere, jedoch läßt es sich noch besser abwarten bis wir eine bessere haben – u. daher Zeit genug, die bessere zu finden. Der beygeschlossene Brief ist abzugeben im Institut von H. Giannatasio auf dem Zimmerplatz 379 so glaube ich wenigstens ist die Numero – Es ist ober dem Portal mit goldenen Buchstaben geschrieben ›Erziehungsanstalt‹ soll aber heißen Verziehungsanstalt – ich bitte sie innigst ihre Kleine gegen 11 Uhr dahin Morgens zu schicken u. ihr zu bedeuten, daß sie diesen H. Langer herausrufen lasse u. ihm den Brief selbst übergebe. Er soll gar nicht wissen, daß weder sie noch ich ihn schicken – unendlich werden sie sich verwundern, was ich in dieser Zeit erfahren habe, mein armer Karl war mir augenblicklich berückt worden, aber es gibt Vieh Menschen – unter diese gehört der Pfaff18 hier auch, der verdient geprügelt zu werden.


in Eil

ihr Freund

Beethoven.«


Darüber steht:


»Zu Langer können sie erst Freitags Vormittags um eilf Uhr schicken, denn Donnerstags ist er nicht da – ihr No. weiß ich nicht daher ich nur durch einen ehemaligen Unteroffizier diesen Brief schicke; – ich hoffe bald auf Bestätigung des empfangenen, ohne was empfangen zu haben.


in Eil

ihr B.«

Fußnoten

1 W. C. Müller wirkte in Bremen für das Verständnis Beethovenscher Musik; seine Tochter Elise war Klavierspielerin. – Fanny Giannatasio spricht in ihrem Tagebuch am 31. Januar von einem Geschenk, welches Beethoven von einer Bremer Bürgerin erhalten habe; gewiß Elise Müller.


2 Beethoven hatte die Absicht, in der Nähe von Giannatasios Institut auf der Landstraße eine Wohnung zu suchen.


3 Statt des seltsamen Datums, das ich so zweimal in Thayers Abschriften finde, hat Kalischer, wohl richtig, 13t. Febr.


4 [ihnen] fügt Nohl bei.


5 »herumtreiben« bei Nohl.


6 »eins von Ihnen« Nohl.


7 »schon (?)« statt »ihnen« in Dreyschocks Abschrift. (s.u.)


8 »selben« statt »Datum«. Ders.


9 Von Nohl beigefügt.


10 Freundin bei Frimmel.


11 »scherzt« bei Nohl.


12 Dies Datum hat Nohl, in Thayers Abschrift steht es nicht.


13 Anfangs Januar 1818.


14 »und vor Tägen« bei Nohl, wohl richtig.


15 Also schon in Wien begonnen. –


16 = borgte, s. Nohl.


17 Hätte Beethoven doch dieser Gesinnung etwas mehr Raum gegeben.


18 Pfarrer in Mödling, Nohl N. Br. S. 173.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 4, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1907..
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