Johann Nepomuk Kalcher

[44] Kalcher, der später auf Grätz's Verwendung hin, als Hoforganist angestellt wurde, war würdiger Schüler seines Meisters, dessen Klarheit, Systemhaftigkeit und Zugänglichkeit beim Unterricht ihm so großen Ruhm erworben hatten, lebte aber ziemlich unbekannt und zurückgezogen in München, hat auch niemals bedeutenden Ruf als Componist erlangt. Er unterzog sich dem Unterrichte Carl Maria's mit hoher Gewissenhaftigkeit, ging aber gefügiger als Heuschkel und Michel Haydn auf des Knaben Neigungen und des Vaters Wünsche ein, die beide, täglich bestimmter, auf die dramatische Laufbahn des Talentes des Knaben hindeuteten. Weber sagt später selbst vom Einflusse von Kalchers Lehre:

»Dem klaren, stufenweis fortschreitenden, sorgfältigen Unterrichte des Letztern (Kalcher) danke ich größtentheils die Herrschaft und Gewandtheit im Gebrauche der Kunstmittel, vorzüglich in Bezug auf den reinen, vierstimmigen Satz, die dem Tondichter so natürlich werden müssen, soll er rein sich und seine Ideen auch dem Hörer wiedergeben können, wie dem Dichter Rechtschreibung und Sylbenmaß.«

Wenn aber Kalcher, mehr durch Nachgeben die Richtung des Knaben begünstigte, so geschah dieß Seiten des andern Mannes, um dessentwillen Franz Anton und Sohn in München waren, direkt und mit großem Nachdrucke.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 44.
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