Caroline Brandt als Sylvana

[215] Sylvana's Rolle war übrigens der jungen Schauspielerin und Sängerin zugetheilt, die in ihrer Person und ihren Talenten die meisten Garantien für die entsprechende Durchführung dieser schwierigen, stummen Rolle bot und diese war wiederum keine andere als die kleine, lachende, zierliche Caroline Brandt, deren nymphenhafter Wuchs, deren kleiner Fuß, deren graziöse Bewegung es bedauern ließ, daß sie nicht Tänzerin sei, deren liebenswürdige Drollerie, treuherzige Keckheit und decente Koketterie im Schauspiele es wünschenswerth machte, daß diese Feinheit und miniaturhafte Durchführungsmethode nicht durch Verwendung der Künstlerin in der Oper leiden möge, während ihre sympathische, hohe Sopranstimme, die vortrefflich gebildet war, ihr reiches Repertoir, sie sehr vortheilhaft für die Oper machte.

Caroline Brandts reiche, durch die Anschauung des Musterbildes aller naiven Munterkeit auf der deutschen Bühne, der Frau Renner zu München und Bamberg befruchtete Darstellungskraft, hatte sie zur Schöpferin einer neuen Auffassungsform der Vorführung junger Liebhaberinnen, junger Burschen und naiver Mädchen gemacht, die ihr durchaus eigenthümlich war und in der sie sich voll Geist und Anmuth so sicher fühlte, daß sie sich sogar an die Darstellung des »Lorenz« im[215] »Hausgesinde« wagte, und in welcher sie später eine glückliche Nachfolgerin an Doris Böhler (Emil Devrients nachmalige Gattin) hatte. Die Proben brachten Carl Maria mit diesem interessanten Wesen in Beziehung und obwohl sein, der eben verklungenen Liebe noch nachzitterndes Herz noch keinen Eindruck von ihrem Wesen als Weib empfing, so erkannte er, der Bühnenpraktische, doch sehr bald ihre bedeutsamen Talente und billigte ihre Darstellung und Auffassung der »Sylvana«. Als Honorar für die Oper erhielt Weber 100 Gulden, mit denen er sofort eine Schuld in Stuttgart tilgte und nun wieder »Nichts als sein Talent im Haus« hatte.

In der That befand er sich damals oft in drückender Noth und selbst zu den Reisen nach Frankfurt mußte ihm Vogler oft kleine Summen leihen. Ende August auf einige Tage nach Darmstadt zurückgekehrt, schrieb er dort am 23. das ganze Allegro zu seinem großen Clavier-Concerte in C dur (Op. 18), das er auf den Reisen in sich hatte reisen lassen, ohne aufzustehen, nieder.

Das weitere Einstudiren der »Sylvana« rief ihn am 6. Sept. wieder nach Frankfurt, wo am 13. Generalprobe der Oper war.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 215-216.
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