Ludwig v. Bayern

[210] Diese Caroline Brandt, damals ein 17jähriges, zierliches Mädchen, war Carl Maria's nachmalige, heißgeliebte, treffliche Gattin Nachdem er Vogler noch nach Hanau und Mainz, wo derselbe als Orgelvirtuos Triumphe feierte, begleitet und in Offenbach an André sein Clavier-Concert, die Symphonie, und 6 noch ungeschriebene Sonaten für zusammen 150 fl. verkauft hatte, zog er die heitere Straße über Heidelberg, Mannheim und Carlsruhe hinab nach Baden-Baden, um dort, da er als nächsten Centralpunkt für Kunstreisen München zu nehmen gedachte, die bestmögliche Vorbereitung für den dortigen Aufenthalt zu treffen, indem er sich, von Vogler eingeführt, dem in Baden sich aufhaltenden Kronprinzen Ludwig von Bayern vorstellte.

Die frohen Sänger in Mannheim, in ihrer Sommerferienfreiheit jederzeit bereit mitzufliegen, wo es zu genießen und zu musiziren gab, gesellten sich zu ihm in Mannheim, und rechten Glanz erhielt die Partie durch Frau Auguste Weber's Anschluß an dieselbe. Die Guitarren, die Sänger, eine liebenswürdige Frau, verschiedene Flaschen und sehr leichtes Gepäck füllten den Wagen, ein wahres Nest des frohen Sinnes. Der Tenorist Berger sagte seine Mitwirkung bei einem von Weber in Baden zu gebenden Concerte zu.

Aus Baden, wo damals die Natur noch in ihrer reinen Herrlichkeit zu genießen und die elegante und die sittenlose Welt, die jetzt dort die Schönheit der Welt verdirbt, noch nicht eingezogen war, schreibt Weber an Gänsbacher über diese Partie: »etc. etc. den 19. reisten Weber und Frau, Dusch und ich ab und kamen Abends in Carlsruhe an, die Reise war eine der angenehmsten meines Lebens und Ihrer wurde unzählige Male dabei gedacht und mitunter wacker geschimpft, daß der Seehund sich so schnell aus dem Staube gemacht; geh! sagte Weber, s'ist gar zu dumm, daß der Kerl fort ist. – Den 20. kamen wir endlich in Baden an und fanden Alles so voll, daß wir kaum bei einigen Bekannten uns einquartieren konnten, ich fand da viele Bekannte[210] aus allen Weltgegenden und dachte wirklich gute Geschäfte da zu machen. Den 22. reisten Weber's et Comp. wieder ab und ich blieb nun allein meinem Schicksale überlassen. Den Brief von Vogler an den Kronprinzen von Bayern, gab ich ab, wurde recht gut empfangen, bestimmte den Tag meines Concerts ungefähr und wartete nun sehnsuchtsvoll auf die Ankunft Berger's und auf Musik, die mir Weber schicken sollte, da an kein Orchester zu denken ist, und man sich mit Kleinigkeiten behelfen muß. Aber weder Musik noch Berger kamen und; um das Leidwesen zu vollenden, war in ganz Baden und der Gegend kein spielbares Instrument, man sagte mir von einem in Rastatt, ich reiste hin und kam eben an, als der Eigenthümer davon verreist war. Ueber alle dem verging die Zeit, die Prinzessin Stephanie machte eine Reise, der Kronprinz wollte abreisen und so wurde ich ärgerlich und gab es ganz auf, ich erkannte in alle diesem meinen feindlichen Genius, der mir es zu lange hatte gut gehen lassen, um mich nicht einmal wieder bedeutend zu necken.

Der Aufenthalt und die Reise kosteten mich über 10 Carolin, die mich sehr schmerzten. Doch habe ich einige sehr interessante Bekanntschaften gemacht, die mir in der Folge sehr nützlich werden können. Der Kronprinz von Bayern1 ist oft ganze Nächte mit mir herumgezogen, wenn ich Ständchen brachte, auch traf ich den bekannten Dichter Tieck und eine Menge meiner Freunde aus Stuttgart, wodurch mir mancher Augenblick versüßt wurde. Am liebsten aber war es mir, daß ich meinen Freund Cotta, den bekannten großen Buchhändler aus Tübingen antraf, der mich bat etwas über Baden fürs Morgenblatt zu schreiben,2 (welches ich auch unter der Firma des H. Melos that)« etc.

Ludwig von Bayern, dieser echte große Beschützer der Künste, der »die Muse selbst im Busen trägt« und dessen Namen die deutsche Geschichte unvergänglich neben dem der Medizeer eingetragen haben[211] wird, wenn die der meisten mit ihm lebenden Fürsten von ihren Tafeln, wie aus den Herzen der Völker ohne Spur verschwunden sein werden, und der, das Amt des Mittelstaats im großen Culturleben der Völker geistvoll erfassend, ein Kunstleben in seiner Residenz schuf, das ohne Gleichen in den Annalen Deutschlands dasteht, blieb Weber stets gewogen und zeigte sich ihm gegenüber immer in seiner cordial-jovialen Weise, die er Künstlern, die er hochschätzte, gegenüber anzunehmen verstand und die ihm so wohl kleidete.

Carl Maria hatte in Baden die Freude seinen älteren Bruder Fritz (Fridolin) wieder zu sehen, der zu jener Zeit als Stadt-Musikdirektor in Freiburg wohnte und mit ihm dort auf einen Tag zusammentraf.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 210-212.
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