Die Verbindung störende Verhältnisse

[472] Seine, beim Theaterleben gemachten, reichen Erfahrungen geboten ihm aber, kategorisch zu verlangen, daß sein Weib der Bühne nicht angehören dürfe. Er wußte, daß dieß durchaus unvereinbar mit innerm, äußerm und häuslichem Frieden sei und stellte es als erste Bedingung, daß Caroline, noch vor ihrer Vermählung mit ihm, das Theater, auf Nimmerwiederbetreten, verlassen müsse.

Sie aber war damals das Schooßkind der Prager und jedes Publikums, dem sie sich zeigte; reizend, jung, höchst talentbegabt, stand ihr die Welt, eine glänzende, künstlerische und weit behaglichere bürgerliche Laufbahn offen, als der junge Capellmeister ihr bieten zu können schien, dessen Einkünfte sich noch dazu damals weit niedriger, als die der beliebten Sängerin und Schauspielerin, beliefen.

Alles dieß fiel bei den, zwischen Mutter und Tochter gepflogenen Berathungen über das Anerbieten Weber's, den sie beide schätzten und dem Caroline auch zugethan war, obwohl wenn wahre Leidenschaft im Spiele[472] gewesen wäre, diese äußeren Rücksichten sicherlich geschwiegen hätten sehr in's Gewicht und das Resultat war, daß ihn Caroline bat, ihr noch Zeit zu lassen, ehe sie sich entschlösse, ihrer Kunst zu entsagen.

Auf diesen Bescheid hin, unfähig die Qual des Zusammenlebens zu tragen und den Ruf der Geliebten vielleicht mehr und mehr zu gefährden, entschloß er sich, Prag so bald wie möglich zu verlassen.

Er schreibt am 4. Februar an Lichtenstein:


»– – Mein Weib muß mir gehören, nicht der Welt, ich muß sie ernähren, ohne Nahrungssorgen. Kein Teufel von einer Mutter etc. darf dazwischen stehen. Daß man darin Mangel an Liebe findet, kannst du denken, aber so weit soll mich nie die Leidenschaft bringen mit Ueberzeugung und um der frohen Gegenwart willen, nach dem gewissen folgenden Elende des ganzen Lebens zu greifen. Wer bürgt für ihre ewige Liebe unter dem folgenden Kummer und Sorgen, die auch mich unangenehm und mürrisch machen würden. – – Sie sagt sie sähe ein, daß sie sich und mich um etwas, das nicht zu ändern ist, gequält hätte. Sie liebte mich zu sehr um mich lassen zu können und ich mußte ihr heilig versprechen nicht um Ihretwillen Prag zu verlassen, weil dieß sie wahrhaft unglücklich machen könnte – ich bin also nun in einer sonderbaren Stimmung. Diese ewigen Zweifel in mir, obwohl ich sie ihr nicht verargen kann – machen nicht den besten Eindruck auf mich und doch liebe ich sie zu sehr, um ihr wehe thun zu können, ja auch ich würde keinen frohen Augenblick mehr leben! Ich stelle also alles der Zeit und dem Schicksale anheim. – –«


Ganz wunderlicher Weise mischte sich in Carl Maria's Beziehungen zu Carolinen durch seine Composition von »Leyer und Schwert«, ein neues störendes Element, von dem er nie einen ähnlichen Einfluß auf sein Leben und Glück erwartet hätte. Caroline war eine glühende Verehrerin des großen Helden der Zeit und fühlte sich verletzt, daß Weber, der sich sonst politisch ziemlich indifferent gehalten, nun plötzlich so gewaltig mit diesen Liedern gegen ihn Front machte und so kam es, daß sich fortwährend die drolligsten, politischen Controversen zwischen den Liebesleuten entspannen, die oft, nach Art solcher[473] fruchtloser Streitigkeiten einen sehr bittern Charakter annahmen und, um Nichts und wieder Nichts, trennende Empfindungen zwischen sie stellte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 472-474.
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