Weber's Enthusiasmus für politische Ideen

[454] Dieser Schöpferdrang erhielt in Berlin selbst, trotz dem Andringen seiner Freunde, gleich am Platze eine größere, auf die Zeit Bezug habende Arbeit zu liefern, und so mit einem Schlage das ganze Terrain zu erobern, noch keine bestimmte Form, wohl aber eine bestimmte Richtung durch die Kraft der neuen Ideen und Empfindungen, welche die sich vor Weber entrollende Welt in ihm hervorrief. Zum ersten Male fühlte er sich politisch als Deutscher, zum ersten Male erwärmten die Begriffe von Freiheit, Vaterland, Heldentod, Bürgertugend, Tyrannenhaß seine Seele, und gewannen bald eine so intensive Kraft in ihm, daß sie, auf eine Zeit lang, alle andern künstlerischen Motive in den Hintergrund drängten und ihn mit allem Feuer den Stoff suchen ließen, in dessen künstlerischer Gestaltung er seine Wärme für diese Ideen, die sehr bald die Gestalt von glühendem Enthusiasmus annahm, austönen lassen könnte.

Diesem Enthusiasmus, der in seiner direkten Beziehung zu den positiven Interessen der Außenwelt zu viel Heterogenes von Weber's ganzem Kunstdenken hatte, um dasselbe dauernd zu beherrschen, verdanken die unsterblichen Freiheits-, Sturm- und Dranglieder ihre Existenz, die einige Monate später entstanden und auf dem Boden des preußischen Enthusiasmus von 1814 gewachsen sind. Sie haben, bald alle politischen Lieder seiner Vorgänger verdunkelnd, die Herzen der deutschen Jugend entflammt und nicht wenig dazu beigetragen, die Liebe zur Freiheit und das Gefühl für Manneswürde im deutschen Volke heimisch zu machen und Weber's Ruf nicht allein in Ruhm verwandelt, sondern ihm auch eine ehrenvolle Stelle unter den Männern erworben, die in dichten, Schulter an Schulter geschlossenen Phalanxen, von Ulrich von Hutten an, bis Schlosser und Uhland, gegen geistige und materielle Sklaverei in den Kampf rückten und das deutsche Volk sich seines Werthes bewußt machten.

Sie, die Produkte einer fast momentanen Stimmung und Richtung,[454] reihten ihn, den treuen Diener und guten ruhigen Bürger, dem sogar vielleicht fast zu viel Respekt vor Fürstenrang und hoher Stellung beiwohnte, aber auch, wunderlicher Weise, für immer unter die Individualitäten ein, die den Fürsten nicht sympathisch und in den Augen der Rückschrittspartei Volksführer und Stimmungslenker sind, mit denen er niemals Beziehungen pflog, obgleich er auf Jugend und Volk jederzeit, unwillkührlich, eine fast magnetische Anziehungskraft geübt hat.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 454-455.
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